Σ-Algebra
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Eine σ-Algebra ist eine in der Stochastik häufig betrachtete mengentheoretische Struktur. Es bezeichnet ein Mengensystem auf einer festen Grundmenge, das vor allem stabil gegenüber der Vereinigung abzählbar vieler Teilmengen ist.
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[Bearbeiten] Definition
Als σ-(Mengen-)Algebra (auch Sigmakörper oder Borelscher Mengenkörper) über einer Menge Ω (Ergebnismenge) bezeichnet man in der Mathematischen Statistik ein Ereignissystem, eine Menge Σ („Sigma“) von Teilmengen von Ω („Omega“), welche die folgenden Bedingungen erfüllt:
- Σ enthält Ω. (Alternative: Σ enthält die leere Menge .)
- Wenn Σ eine bestimmte Teilmenge S von Ω enthält, dann auch deren Komplement .
- Wenn Σ zwei oder mehr Teilmengen von Ω enthält, dann enthält Σ auch deren Vereinigungsmenge; dies gilt auch für eine Folge von abzählbar unendlich vielen Teilmengen.
Aus den Bedingungen 1 und 2 folgt, dass Σ immer Ω und die leere Menge enthält. Ferner ist jede σ-Algebra ein Dynkin-System.
[Bearbeiten] Beispiele
- Für jede beliebige Menge Ω ist die kleinste und die Potenzmenge die größte mögliche σ-Algebra.
- Für jeden topologischen Raum Ω existiert die σ-Algebra der Borelschen Teilmengen von Ω, die unter anderem alle offenen und abgeschlossenen Teilmengen von Ω beinhaltet.
- Die σ-Algebra der Borelschen Teilmengen der reellen Zahlen enthält unter anderem alle Intervalle.
[Bearbeiten] Bedeutung
σ-Algebren bilden den Ausgangspunkt für die Definition des Maßraums und des Wahrscheinlichkeitsraums. Das Banach-Tarski-Paradoxon demonstriert, dass auf überabzählbaren Mengen die Potenzmenge als Grundlage für die Volumenbestimmung zu groß sein kann, der Begriff der σ-Algebra also mathematisch notwendig ist. In der Theorie der stochastischen Prozesse, insbesondere in der stochastischen Finanzmathematik, wird die bis zu einem Zeitpunkt prinzipiell beobachtbare Information durch eine σ-Algebra beschrieben, was zum Begriff der Filtrierung, also einer zeitlich aufsteigenden Familie von σ-Algebren führt. Filtrierungen sind essentiell für die allgemeine Theorie der stochastischen Integration; Integranden (also finanzmathematische Handelsstrategien) dürfen zu einer Zeit t nur von den Informationen bis (ausschließlich) t abhängen; insbesondere dürfen sie nicht „in die Zukunft schauen“.
[Bearbeiten] σ-Operator
Für eine beliebige Teilmenge M der Potenzmenge ist der σ-Operator definiert als
- , wobei
Da die Schnittmenge einer Familie von σ-Algebren (über derselben Grundmenge Ω) wieder eine σ-Algebra ist, ist σ(M) somit die kleinste σ-Algebra, die M umfasst.
Der σ-Operator erfüllt die fundamentalen Eigenschaften eines Hüllenoperators, d.h.
- Ist M selbst schon eine σ-Algebra, so ist σ(M) = M (mit anderen Worten: der σ-Operator ist idempotent)
- gilt , so ist auch (Extensionalität)
σ(M) wird als die von M erzeugte σ-Algebra bezeichnet, M heißt Erzeuger dieser σ-Algebra.
Sind Funktionen von Ω in Messräume , so ist
die kleinste σ-Algebra über Ω, bezüglich derer die fi messbar sind. Sie wird als die von erzeugte σ-Algebra bezeichnet. Entsprechendes gilt für beliebige Indexmengen I statt .
[Bearbeiten] Literatur
Heinz Bauer: Maß- und Integrationstheorie, Walter de Gruyter, Berlin - New York 1992, ISBN 3-11-013626-0