Empowerment
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Mit Mitwirkungsmöglichkeit bzw. Empowerment bezeichnet man Strategien und Maßnahmen, die geeignet sind, das Maß an Selbstbestimmung und Autonomie im Leben der Menschen zu erhöhen und sie in die Lage zu versetzen, ihre Belange (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortet und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Empowerment bezeichnet dabei sowohl den Prozess der Selbstbemächtigung als auch die professionelle Unterstützung der Menschen, ihre Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen. Wörtlich aus dem Englischen übersetzt bedeutet Empowerment Ermächtigung oder Bevollmächtigung. Im Deutschen wird Empowerment gelegentlich auch als Selbstkompetenz bezeichnet.
Der Begriff Empowerment entstammt der amerikanischen Gemeindepsychologie und wird mit dem Sozialwissenschaftler Julian Rappaport (1985) in Verbindung gebracht.
Empowerment bildet in der Sozialpädagogik/psycho-sozialen Arbeit einen Arbeitsansatz ressourcenorientierter Intervention. Im Umfeld politischer Bildung und demokratischer Erziehung wird Empowerment als Instrument betrachtet, die Mündigkeit des Bürgers/der Bürgerin zu erhöhen. Empowerment ist auch ein Schlüsselbegriff in der Diskussion um die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. Empowerment als Konzept, das sich durch eine Abwendung von einer defizitorientierten hin zu einer stärkenorientierten Wahrnehmung auszeichnet, findet sich zunehmend auch in Managementkonzepten, in der Erwachsenen- und Weiterbildung, in der narrativen Biografiearbeit und der Selbsthilfe.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Empowerment in der sozialen Arbeit
Das Konzept des Empowerment stellt dem in der Sozialpädagogik/Sozialarbeit noch immer verbreiteten defizitären Blickwinkel auf ein mit Mängel behaftetes Klientel eine Ausrichtung auf die Potenziale und Ressourcen der Menschen gegenüber. Im Vordergrund dieses Ansatzes steht die Stärkung (noch) vorhandener Potenziale und die Ermutigung zum Ausbau dieser Möglichkeiten. Empowerment im sozialpädagogischen Handlungsfeld versucht also Menschen bei der (Rück-)Gewinnung ihrer Entscheidungs- und Wahlfreiheit, ihrer autonomen Lebensgestaltung zu unterstützen und sie zur Weiterentwicklung zu motivieren. Soweit es sich um die Arbeit mit z.B. alten Menschen, Menschen mit Behinderungen und psychisch Erkrankten handelt, kann Empowerment bis zu einem höchst möglichen Maß an Autonomie führen, und die Betroffenen immer wieder motivieren, über erlebte und selbst gesetzte Grenzen hinauszugehen.
In der sozialen Arbeit liegt das Hauptaugenmerk oft auf der subjektzentrierten bzw. gruppenbezogenen Ebene. Es ist im Hinblick auf bestimmte Personenkreise (z.B Menschen mit geistiger Behinderung) unerlässlich, auch auf der institutionellen sowie auf der sozialpolitischen Ebene zu arbeiten. Es geht hierbei vorrangig um die Schaffung demokratischer Strukturen und den Abbau von Hierarchien in den Institutionen (z.B. Wohnheimen für Menschen mit geistiger Behinderung), und darüber hinaus um die Schaffung von Möglichkeiten zur Mitgestaltung und Einflussnahme auf politischer Ebene. Professionelle Sozialarbeit stellt sich hierbei als koordinierende und vermittelnde Unterstützung in Zusammenwirkung mit den Betroffenen dar (vgl: Theunissen und Plaute, 2002: 40ff).
[Bearbeiten] Empowerment und neues bürgerschaftliches Engagement
In der Diskussion um das neue bürgerschaftliche Engagement, als moderne Variante des Ehrenamtes, wird großer Wert auf die Förderung der Selbstkompetenz der Bürger und Bürgerinnen gelegt. Das ehrenamtliche Engagement soll sich nicht mehr durch unbezahlte Arbeit und "Ehre" durch die Übernahme von Ämtern in Vereinen und Verbänden definieren, sondern soll dem engagierten Mitbürger eine Plattform bieten, seine Belange selbst in die Hand zu nehmen. Nach den Jahrzehnten der staatlichen Rundumversorgung und der Ausbreitung des Expertentums, in denen der Gestaltungsspielraum des Laien, des normalen Bürgers, außerhalb seiner Privatsphäre immer mehr eingeschränkt wurde, soll jetzt eine Rückbesinnung auf die Laienkompetenzen erfolgen und der Beitrag der Bürger zur Lösung von gesellschaftlichen Problemen gewürdigt werden. Bürgerschaftliches Engagement soll dem Einzelnen die Möglichkeit bieten, wieder gestaltend in der Gemeinschaft mitzuwirken und über diese Tätigkeit seine Kompetenzen z.B. durch Fortbildung zu erweitern.
[Bearbeiten] Empowerment-Zirkel
Zunehmend findet die Idee des Empowerment auch Eingang in Managementkonzepte. Als "Empowerment-Zirkel" wird der stärkenorientierte Ansatz hier zu einem Instrument der Organisationsentwicklung. Die fachübergreifend organisierten Empowerment-Teams haben als Weiterentwicklung der Qualitätszirkel eine Verbesserung der Organisationskultur, eine Stärkung der Motivation und der Fähigkeiten der Mitarbeiter zum Ziel. Durch flache Hierarchien, Partizipation an Entscheidungen, Öffnung von Gestaltungsräumen, eine positive, anerkennende Teamkultur, Selbstevaluation, Übernahme von Verantwortung (auch für Ergebnisse), mehr Selbstbestimmung und ständiges Weiterlernen soll eine subjektive Arbeitszufriedenheit der MitarbeiterInnen bewirkt werden, die eine optimale Nutzung der vorhandenen Potenziale und Fähigkeiten erlaubt. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass der einzelne Mitarbeiter auch die Fähigkeiten hat, der ihm übertragenen Verantwortung gerecht zu werden. Ansonsten bestünde die Gefahr der Überforderung oder Handlungslethargie.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Hilfe zur Selbsthilfe
- Netzwerk People First
- Internationales Jahr der Kleinstkredite
- Bildung von unten
[Bearbeiten] Literatur
- Norbert Herriger, Empowerment in der sozialen Arbeit, Kohlhammer: 2002, ISBN 3170171410
- Theunissen, Georg und Plaute, Wolfgang (2002): Handbuch Empowerment und Heilpädagogik. Freiburg im Breisgau: Lambertus Verlag
- Mohr, Lars: Ziele und Formen heilpädagogischer Arbeit : eine Studie zu "Empowerment" als Konzeptbegriff in der Geistigbehindertenpädagogik / Lars Mohr. - Luzern : Ed. SZH/CSPS, 2004. - 104 S : graph. Darst ISBN 3-908262-48-8
- Thomas Haug: "Das spielt (k)eine Rolle!" Theater der Befreiung nach Augusto Boal als Empowerment-Werkzeug im Kontext von Selbsthilfe, ibidem-Verlag, Stuttgart 2005 (Verbindung des Boal´schen Theaters mit der Selbsthilfe-Idee und dem Empowerment-Konzept, Theoriediskussion, Methodenbeschreibung und konkrete Praxisanregungen für die Soziale Arbeit) ISBN 3898214869
- Knuf, Andreas / Seibert, Ulrich: Selbstbefähigung fördern. Empowerment in der psychiatrischen Arbeit. Psychiatrie-Verlag, Bonn 4. Aufl. 2006, ISBN 978-3-88414-253-0