Entelechie
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In der Philosophie versteht man unter Entelechie (entelecheia) die Eigenschaft von etwas, sein Ziel (Telos) in sich selbst zu haben. Der Begriff wurde von Aristoteles in der Metaphysik IX, 8 eingeführt. Beispielsweise ist die Entelechie einer Blume zu blühen, die Entelechie eines Vogels zu fliegen etc.
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[Bearbeiten] Etymologie
Der Ausdruck Entelechie ist aus den drei Bestandteilen en-tel-echie zusammengesetzt:
- en "in"
- tel von telos "Ziel"
- echie von echein "haben, halten"
[Bearbeiten] Begriffsbedeutung
Der Begriff kann auf verschiedene Weise gedeutet werden.
(1) Entelechie als Reifegestalt
In dieser Deutung bezeichnet Entelechie ein Individuum, das sein Ziel in sich hat, also ein vollendetes Einzelding, ein Individuum im Vollendungszustand. Beispielsweise ist der Schmetterling die Entelechie der Raupe, da der Schmetterling aus Sicht der Raupe die vollendete Gestalt erreicht hat.
(2) Entelechie als Innehaben von Vollendungspotenzial
Setzt man die beiden ersten Wortbestandteile en-tel als entelês ("vollendet"), so bedeutet Entelechie soviel wie "vollendet haben", also das Innehaben von vollendeten Fähigkeiten, die prinzipiell jederzeit abrufbar sind. In diesem Sinne bezeichnet Entelechie ein Vermögen eines Individuums, nicht aber das Individuum selbst. Beispielsweise besitzt der Schmetterling die Fähigkeit zu fliegen, daher ist Fliegenkönnen / Flugfähigkeit die Entelechie des Schmetterlings.
In der Bedeutung (2) kann außerdem zwischen aktiver und passiver Entelechie unterschieden werden:
- Aktive Entelechie ist eine Fähigkeit, die ausgeübt werden kann und somit einem Wirkpotenzial entspricht.
- Passive Entelechie ist die Fähigkeit, eine äußere Einwirkung zu erdulden, und entspricht einem Widerstandspotenzial, z.B. die Fähigkeit eines Materials, einem Druck standzuhalten.
[Bearbeiten] Entelechie und Energie
Der Entelechie-Begriff steht bei Aristoteles in engem Zusammenhang mit dem Energie-Begriff. Energie (energeia) ist ein weiteres von Aristoteles geprägtes Kunstwort aus den Wortbestandteilen en ergô einai ("in Werk sein"). Es bezeichnet die lebendige Wirksamkeit im Unterschied zur dynamis, der bloßen Potenz oder Möglichkeit. Beide Begriffe, Energie und Entelechie, stellen Aspekte des Form-Begriffs dar: Die Form (eidos) ist erstens auch Energie, weil sie die Wirkursache in sich schließt. Die Form ist zweitens auch Entelechie, insofern sie den Zweck des Wirkens beinhaltet.