Geschichte des assyrischen Reiches
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Das assyrische Reich existierte ca. 1000 Jahre, vom 17. Jahrhundert vor Christus bis zu seiner vollständigen Vernichtung um 608 v. Chr. Es ist von der Forschung in drei Perioden eingeteilt worden: das alt-, mittel- und neuassyrische Reich.
Die Sprache der Assyrer war assyrisch, ein akkadischer Dialekt. Die Assyrer zeichneten sich einerseits durch ihre Eroberungen aus, vollbrachten aber auch hohe kulturelle Leistungen. Die Kultur Assyriens war wie die der Akkader sumerisch beeinflusst, jedoch lassen sich auch Einflüsse der Hurriter, Hethiter sowie der Iranier feststellen. Ihr Hauptgott war Assur, der Schutzgottheit der gleichnamigen Hauptstadt.
Das neuassyrische Reich (ca. 750–620 v. Chr.) gilt als das erste Großreich der Weltgeschichte.
[Bearbeiten] Geografie des Reiches
Der Schriftsteller und Wissenschaftler Harry Sager beschreibt in seinem Buch die Herrlichkeit Babylons die regionale Bezeichnung des Gebietes:
- Die Bezeichnungen Assyrien und Babylon sind homogen und bedeuten ursprünglich die Bezeichnungen der Hauptreiche, des nördlichen und des südlichen in der Region.... Doch sie wurden in einer ungenauen Form benutzt um die nördlichen und südlichen Gebiete zu beschreiben, ohne auf die politische Lage zurückzublicken, um auch Zeiten zu beschreiben vor der Existenz Babylons.
[Bearbeiten] Aufstieg zur Regionalmacht – das altassyrische Reich
Die Assyrer sind seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. am mittleren Tigris nachgewiesen. 1800 v. Chr. bis 1375 v. Chr. In der Nachfolge der sumerischen Reiche gewann Assur an Bedeutung, als es die nördlichen Gebiete von Babylon eroberte, und wurde unter Schamschi-Adad I. (König der Gesamtheit, 1745 v. Chr.–1712 v. Chr) zu einer Regionalmacht im nördlichen Mesopotamien; jedoch wurde das Zweistromland zu großen Teilen weiterhin von Babylon dominiert.
Es folgte eine Zeit unter den Hurritern. Die Levante war zwischen Hethitern, Mitanni und Assyrern umkämpft. Die durch das aufstrebende Ägypten im Süden und die Hethiter im Norden geschwächten Mitanni unterlagen Assyrien unter Salmanassar I. (etwa 1400 v. Chr.). Durch einen Hethitereinfall wurde Assyrien geschwächt. In der Endphase des altassyrischen Reiches wurde Assyrien wieder (?) ein Vasallenstaat der Mitanni (ab 1450 v. Chr.).
[Bearbeiten] Das Mittelassyrische Reich
Eriba-adad (1392 v. Chr.–1366 v. Chr.) konnte Assyrien von der Herrschaft der Mitanni befreien, gegen den von den Hethitern eingerichteten Nachfolgestaat Hanigalbat mussten die Assyrer aber auch weiterhin schwere Kämpfe austragen, um sich in Obermesopotamien als Macht etablieren zu können.
[Bearbeiten] Assur-uballit I. – der Wegbereiter
Unter König Assur-uballit I. (1363 v. Chr.–1328 v. Chr.) übernahm Assyrien die Vormachtstellung in Mesopotamien. Um seine Position auch im südlichen Mesopotamien zu festigen, vermählte Assur-uballit seine Tochter mit dem babylonischen König; als deren Sohn bei einem Aufstand in Babylon getötet wurde, schritt der Assur-uballit ein und installierte einen neuen Herrscher in Babylon.
[Bearbeiten] Tukulti-ninurta – erster Höhepunkt der Macht
Tukulti-ninurta (1243–1207) nahm nach Siegen über die Hethiter und die Babylonier den Titel „König der Gesamtheit“ an. Unter ihm werden erstmals Deportationen der Bevölkerung aus den unterworfenen Gebieten erwähnt – eine Praxis, die im späteren neuassyrischen Großreich riesige Ausmaße annahm. Etwa 3 km nördlich von Assur ließ der König eine neue Residenz errichten; diese wurde aber bereits kurze Zeit später wieder aufgegeben, nachdem Tukulti-ninurta bei einer Palastrevolution von seinen Söhnen getötet worden war. Durch diese inneren Unruhen geschwächt, verlor das mittelassyrische Reich Babylon an Elam. König Assur-rescha-ischi I. (1132–1115) begann eine erneute Expansionspolitik und ebnete damit seinem Nachfolger Tiglatpileser I. den Weg.
[Bearbeiten] Tiglatpileser I. – Ausdehnung bis zum Mittelmeer und erster Niedergang
Unter Tiglatpileser I. (1114–1076) wurden erstmals neue Waffen aus Eisen angefertigt. Der neue König konnte den assyrischen Machtbereich enorm erweitern. Im Süden waren die in Babylon ansässigen Kassiten bereits sehr schwach, so dass die erneute Einnahme der altehrwürdigen Stadt möglich wurde. Im Norden war das Reich der Hethiter untergegangen; dadurch konnte Tiglatpileser in neue Gebiete vordringen und das assyrische Reich bis zum Taurus und der Küste des Mittelmeeres erweitern. In seinen Inschriften stellt der König die Fahrt mit einem Boot, bei der er ein Meerestier (wohl einen Delphin) erlegte, als Höhepunkt seiner Herrschaft dar. Seine Nachfahren konnten dieses große Reich aber nicht zusammenhalten. Die einwandernden Aramäer eroberten weite Teile Nordsyriens. Die Assyrer wurden auf ihr Kerngebiet im nördlichen Mesopotamien zurückgedrängt.
[Bearbeiten] Das Neuassyrische Großreich
[Bearbeiten] Assur-Nasirpal II. – ein erster Höhepunkt neuassyrischer Macht
Die unmittelbaren Vorgänger von Assur-Nasirpal II. (883–859 v. Chr.) machten Assyrien durch zahlreiche Feldzüge zur Vormacht im mesopotamischen Tiefland. In mehreren Schlachten brachte Assur-Nasirpal die Routen zum Mittelmeer, die bereits unter Tiglatpileser I. kurzfristig kontrolliert worden waren, unter assyrische Herrschaft. Assurnasirpal II. legte in diesen Gebieten Garnisonen an und ging gegen Aufstände mit brutaler Grausamkeit vor. Sein Sohn Salmanassar III. (858–824) schob die Grenze des assyrischen Reiches noch weiter in Richtung auf das südliche Syrien und Israel vor. Angesichts der drohenden Gefahr schlossen sich mehrere Fürstentümer zu einer Allianz zusammen, der unter anderm Israel und der König von Damaskus angehörten. In der Schlacht von Karkar 853 v. Chr. konnte diese Koalition aus ansonsten rivalisierenden Herrschern den assyrischen Vormarsch stoppen. Auch im Norden leistete ein neues Reich namens Urartu Salmanassar erfolgreich Widerstand.
[Bearbeiten] Innere Krisen
In den nächsten 80 Jahren konnten die neu eroberten Gebiete nicht gehalten werden; durch innere Krisen, die bereits zu Lebzeiten Salmanassars entstanden, mussten sich die folgenden Herrscher wieder mehr auf die Schlichtung innerer Konflikte konzentrieren. Vor allem das Königreich Urartu machte den Königen enorm zu schaffen; aufgrund seiner bergigen Landschaft war es kaum zu erobern und stellte eine enorme Bedrohung für das assyrische Kernreich dar. So war das neuassyrische Reich beim Regierungsantritt Tiglatpilesers III. an einem neuen Tiefpunkt seiner Geschichte angelangt.
[Bearbeiten] Tiglatpileser III. – Begründer des neuassyrischen Großreiches
- „Auf meinem zweiten Feldzuge lenkte ich den Weg nach Ägypten [...] und zog bis nach Theben, der Stadt seiner Stärke. Er sah das Heranrücken meiner gewaltigen Schlacht, verließ Theben und floh [...]. Diese Stadt ganz und gar eroberten im Vertrauen auf Asúr und Istar meine Hände. Schwere Beute ohne Zahl erbeutete ich aus Theben. Über Ägypten [...] ließ ich meine Waffen funkeln und [...] kehrte wohlbehalten nach Niniveh, meiner Residenz, zurück.“
So überliefern es die Annalen Assurbanipals, des Großkönigs von Assyrien, (667 v. Chr.).
[Bearbeiten] Reform der Provinzeinteilung
Als Tiglatpileser III. den Thron bestieg, war das Land war durch Seuchen, innere Unruhen und den Machtanstieg des Königreichs Urartu geschwächt. Bis heute ist nicht genau geklärt, wie Tiglatpileser an die Macht kam. Da seiner Königskrönung eine Militärrevolte vorausging, gehörte er wahrscheinlich nicht zur bis dahin herrschenden Dynastie. Emil Forrer vermutet, Tiglatpileser sei Statthalter einer der riesigen Bezirke des assyrischen Reiches gewesen. Diese Verwalter hatten im Lauf der Zeit ihre Macht sehr erweitert, schließlich wurde das Amt erblich. Sofort nach seiner Machtübernahme verdoppelte Tiglatpileser die Zahl der Bezirke. Vielleicht wollte er verhindern, dass noch einmal ein Statthalter wie er selbst mächtig genug werden konnte, um die herrschende Dynastie vom Thron zu stoßen.
[Bearbeiten] Auf dem Weg zum Großreich
Das Hauptinteresse Tiglatpileser galt dem Zugang zum Mittelmeer und den dortigen Handelszentren. In mehreren Schlachten gelang es ihm, die Fürstentümer des heutigen Syrien und Libanon zu erobern und im Jahr 733 v. Chr. bis Aram (Damaskus) vorzudringen, das er belagerte. Damaskus war noch nie zuvor von einem assyrischen König erobert worden, und Tiglatpileser berichtet in seinen Annalen: „Jener (der König von Damaskus) floh allein, um sein Leben zu retten, und ging durch das Tor seiner Stadt wie eine Gans. […] 45 Tage lang lagerte ich um seine Stadt und hielt ihn gefangen wie einen Vogel im Käfig.“ Der Fall der Stadt wird nicht berichtet, die Forschung stimmt darin überein, dass dieser im Jahr darauf erfolgt sein muss. Jedenfalls spielt Damaskus ab dieser Zeit als Gegner Assyriens keine Rolle mehr und Tiglatpileser kann sein Herrschaftsgebiet bis nach Palästina und Gaza an die ägyptische Grenze ausweiten: „Hanno von Gaza […] floh zum Lande Ägypten. Gaza... eroberte ich.“ Damit erstreckte sich das assyrische Reich vom heutigen Israel bis zum persischen Golf. Nun ging Tiglatpileser daran, das eroberte Gebiet fester in sein Reich einzubinden.
[Bearbeiten] Deportationen
Bereits 100 Jahre zuvor hatten die Könige Assurnasirpal und Salmanassar III. das assyrische Gebiet ähnlich ausgeweitet, jedoch nicht verstanden, es längerfristig zu behaupten. Dies wollte Tiglatpileser nicht wiederholen, und er teilte die eroberten Gebiete ebenso wie das Kernland in kleinere Distrikte auf, die er ihm genehmen Statthaltern übertrug. Außerdem griff Tiglatpileser rigoros zum Mittel der Massendeportation. Während Tausende von Landsleuten in den Grenzgebieten angesiedelt wurden, mussten die meisten der dort lebenden Stämme den Weg ins assyrische Kernland antreten: „Tausende in die Provinz der Turtanu, 10.000 in die Provinz des Palastboten, [...] tausend in die Provinz des obersten Mundschenks, Tausende in die Provinz Barhalzi, 5.000 in die Provinz Mazamua, die ich aufteilte und wo ich siedeln ließ. Ich vereinte sie; ich behandelte sie als Bewohner Assyriens.“ Alleine für die Regierungszeit Tiglatpilesers wird mit der Deportation von mehreren 100.000 Personen gerechnet. Damit wurden rebellische Staaten nicht nur besiegt, sondern vernichtet. Die deportierten Personen befanden sich in einer fremden Umwelt, waren von assyrischen Rationen abhängig, ohne Kontakt mit ihren ehemaligen Landsleuten und hatten keine Wahl, als die assyrische Herrschaft zu akzeptieren und sich in das Reich einzugliedern. Diese Politik führte zu einer Vermischung der Bevölkerung und auch einer sprachlichen Vereinheitlichung. Die immer wieder auftretenden Aufstände schlug Tiglatpileser mit brutaler Gewalt nieder. Das Schicksal der Rebellen wird in allen Einzelheiten geschildert, um Nachahmer einzuschüchtern.
[Bearbeiten] Pulu, König von Babylon
In Babylon regierte seit 747 v. Chr. König Nabunasir von Gnaden Tiglatpilesers. Nach dem Tod Nabunasirs brachen in Babylon Thronwirren aus, die die Südgrenze Assyriens gefährdeten. Die Forschung ist sich über die Machtübernahme Tiglatpilesers nicht einig, doch liefert die babylonische Chronik einen relativ detaillierten Bericht: „Nadinu […] setzte sich in Babylon auf den Thron. Im Jahre 2 wurde Nadinu in einem Aufstand getötet. […] Sumu-ukin, […] am Aufstand beteiligt, setzte sich auf den Thron. Ukin-zir […] bemächtigte sich des Thrones. Im dritten Jahre Ukin-zirs zog Tiglatpileser nach Akkad […] und nahm Ukin-Zir gefangen. Tiglatpileser bestieg in Babylon den Thron.“ Tiglatpileser ließ sich unter dem Namen Pulu als babylonischer König krönen, damit kam es erstmals zu einer Vereinigung der Throne Assyriens und Babyloniens. Als Tiglatpileser 727 v. Chr. starb, hinterließ er seinem Sohn Salmanassar V. ein Reich ungeheuren Ausmaßes, das sich sowohl im Inneren als auch nach außen hin relativ stabil und gefestigt präsentierte.
[Bearbeiten] Urartu – Gefahr aus dem Norden
Im Bergland nördlich der Euphratebene hatte sich bereits unter den Vorgängern Tiglatpilesers – wahrscheinlich ironischerweise durch die Bedrohung Assyriens – aus mehreren Kleinfürstentümern das Königreich Urartu entwickelt, das dem aufstrebenden neuassyrischen Reich zunehmend Widerstand leisten sollte. So war Tiglatpileser auf seinem Weg zum Mittelmeer auf eine urartäische Armee getroffen, die er aber nach heftigem Kampf zurückschlagen konnte: „Sardauri vom Lande Urartu fiel von mir ab und (…) im Lande Kista und dem Lande Halpi schlug ich ihn bis zur Vernichtung.“ Auf Dauer konnte das den urartäischen Widerstand aber nicht brechen und zwei Jahrzehnte später sollte es erneut zu einer – diesmal entscheidenden – Schlacht kommen.
[Bearbeiten] Sargon II. – Das Reich im Zenit seiner Macht
Salmanassar V., der Sohn Tiglatpilesers, konnte sich nicht lange auf dem Thron halten. Nach den Annalen seines Nachfolgers hatte er es gewagt, die Sonderstellung der heiligen Stadt Assur anzutasten. In der darauf folgenden Revolte 722 v. Chr. fiel Salmanassar einem Mordanschlag zum Opfer; es heißt, der Gott Assur habe ihn für seinen Frevel gestürzt. Über die Herkunft seines Nachfolgers Sargon II. ist so gut wie nichts bekannt. Sein Name, der übersetzt „rechter Herrscher“ bedeutet und somit eine Überbetonung der Legitimität darstellt, lässt die Forschung darauf schließen, dass er wohl nicht der bis dahin herrschenden Dynastie angehörte. Ein weiteres Indiz dafür könnte sein, dass sich Sargon als von Gott eingesetzt bezeichnet, aber nie seine Vorgänger nennt: „Sargon, (…) der Günstling der großen Götter, (…) welchem Assur und Marduk ein Königthum ohne gleichen verliehen und dessen Namens Ruf sie an die Spitze berufen haben.“
Nachdem Sargon die Ruhe im Reich wieder hergestellt hatte, wandte er sich zuerst gegen Babylon, wo ein Fürst namens Marduk-apla-iddina (biblisch: Merodochbaladan) die Wirren genutzt hatte, um sich auf den Thron zu setzen. Sargon berichtet in seiner großen Prunkinschrift von einem Sieg gegen die Allianz aus Babyloniern und dem König von Elam: „[…] brachte ich Humbanigas von Elam in der Vorstadt von Duril eine Niederlage bei.“ Einen gänzlich anderen Bericht über diese Schlacht liefert uns aber die babylonische Chronik: „Im zweiten Jahre Merodoch-Baladans lieferte Umbanigas, König von Elam, in dem Bezirke Dur-ilu Sargon, dem König von Assyrien, eine Schlacht. Er überzog Assyrien mit Verwüstung und erschlug ihrer viele. Merodach-Baladan und seine Leute, welche zur Hilfe des Königs von Elam gekommen waren, kamen nicht mehr zur rechten Zeit zur Schlacht und zogen hinterher.“ Sargon hatte also eine Niederlage erlitten, deren Auswirkungen er aber durch ein geschicktes Stillhalteabkommen mit Marduk-apla-iddina beschränken konnte.
[Bearbeiten] Entscheidungsschlacht gegen Urartu
Nach der Niederlage im Süden wandte sich Sargon II. dem Mittelmeer zu. Es gelang ihm, sein Reich bis nach Zypern und Kleinasien auszuweiten und mit den dort ansässigen Phrygern einen Waffenstillstand zu schließen. Unausweichlich jedoch war, dass es früher oder später zum Krieg gegen Urartu kommen würde. Wie gespannt das Verhältnis zum Königreich im Norden war, zeigt der unentwegte Briefwechsel Sargons mit seinen Statthaltern im Norden; so waren die Assyrer durch ein ganzes Heer an Spionen genauestens über alle Truppenbewegungen informiert, bis im Jahr 714 v. Chr. Sanherib, Kronprinz und Chef des Geheimdienstes, die entscheidende Information sandte: „An den König [...]. Der Ukkaen hat mir [diese Botschaft] geschickt: Die Truppen des Königs von Urartu wurden auf seinem Feldzug gegen die Kimmerer vernichtend geschlagen.“ Nun sah Sargon II. seine Chance zum entscheidenden Schlag gekommen. „Ursa von Urartu schlug ich auf dem unzugänglichen Berge Uaus und 250 seiner königlichen Sippe nahm ich gefangen. 55 starke mit Mauern versehene Städte seiner acht Gebiete nebst elf seiner Burgen eroberte und verbrannte ich. […] Musasir, das auf Ursa von Urartu sich verlassen […] hatte […] bedecke ich mit Truppenmassen heuschreckengleich. […] Ursa […] hörte, dass Musasir zerstört, sein Gott fortgeschleppt sei, und nahm sich […] mit dem eisernen Dolche seines Gürtels das Leben.“ Urartu konnte sich von dieser gewaltigen Niederlage zwar erholen, stellte aber für Assyrien keine Bedrohung mehr dar.
[Bearbeiten] Babylon kommt erneut unter assyrische Herrschaft
Mit dem Sieg über Urartu 714 v. Chr. hatte Sargon die größte Bedrohung für das mesopotamische Kernland ausgeschaltet. Es galt nun, die Niederlage gegen Merodochbaladan zu rächen und Babylon zurückzuerobern. 710 v. Chr. zog Sargon gegen Marduk-apla-iddina, der nach Süden in die Sümpfe floh. Die ländlichen Gebiete südlich von Babylon verwüstete Sargon, während er die alten Residenzstädte im Norden verschonte. Sargon zog in Babylon ein und ließ sich zum König krönen. Allerdings führte er diesen Titel in Zukunft – wahrscheinlich wegen der damit verbundenen Verpflichtungen – wohl nicht, wie aus einer seiner Inschriften hervorgeht: „Palast Sargons, des großen Königs, des mächtigen Königs, des Königs der Gesamtheit, des Königs von Assur, des Machthabers von Babylon.“ Gegenteilige Meinungen in der Forschung sind wahrscheinlich nicht korrekt.
[Bearbeiten] Bau einer neuen Residenzstadt – Dur Scharrukin entsteht
Bereits 717 befahl Sargon den Bau einer neuen Residenzstadt in der Nähe des heutigen Khorsabad. Vor allem in den letzten, ruhigen Jahren seiner Herrschaft forcierte er diesen Plan mit allen Mitteln: „Baute ich […] oberhalb Ninives eine Stadt und nannte Dur Scharrukin ihren Namen. […] Jene Stadt bewohnt zu machen […] plante ich bei Tag und bei Nacht.“ Die Anlage, die 706 v. Chr. fertig gestellt wurde, ist jedoch nie zu einer funktionsfähigen Hauptstadt geworden, da Sargon bereits ein Jahr später bei einem Feldzug ums Leben kam und sein Sohn Sanherib den Regierungssitz nach Ninive verlagerte.
[Bearbeiten] Die Sprache
Das in Nordmesopotamien gesprochene Assyrisch gehörte, wie das Babylonischen Südmesopotamiens zur akkadischen Sprache. Akkadisch wurde jedoch schon zur sargonischen und neubabylonischen Zeit vom Aramäischen verdrängt. Aramäer hatten sich in Mesopotamien herum angesiedelt oder waren hierher deportiert worden. Assyrisch blieb die offizielle Sprache, in der die amtlichen Schriftstücke abgefasst wurden, die als Tontafeln erhalten blieben. Das in Keilschrift geschriebene assyrisch nimmt schon unter den Sargoniden die Stellung ein, die Latein im mittelalterlichen Europa hatte.
[Bearbeiten] Assurbanipal – Blütezeit und Niedergang
Innerhalb von 40 Jahren hatten Tiglatpileser und Sargon Assyrien zum größten Reich Vorderasiens gemacht. Die Nachfolger Sargons, Sanherib und Assurhaddon, konnten ihr Herrschaftsgebiet durch zahlreiche Feldzüge und die Niederschlagung von Aufständen halten und sogar noch ausbauen. Als Assurhaddon 669 v. Chr. auf einem Feldzug gegen Ägypten starb, übernahm sein Sohn und Kronprinz Assurbanipal die Regierung. Dieser sollte zwei Jahre später mit der Einnahme Thebens, der Hauptstadt Oberägyptens, dem neuassyrischen Reich die größte Ausdehnung geben. Die 40-jährigen Herrschaft Assurbanipals (668–627) war eine Blütezeit: „ [...] ließ Ramman seinen Regen los, öffnete Ea seine Wasserhöhlen, ward das Getreide fünf Ellen hoch in seinen Ähren, ward die Ähre 5/6 Ellen lang, ließen die Baumpflanzungen die Frucht üppig werden, hatte das Vieh beim Werfen Gelingen. Während meiner Regierungszeit kam der Überfluss massenhaft herab, während meiner Jahre stürzte reichlich Segen hernieder.“ Doch es kam unter Assurbanipal auch zu blutigen Kämpfen, darunter ein Bruderkrieg mit Schamasch-sum-ukkin, dem König von Babylon, durch den das Reich nachhaltig geschwächt wurde.
[Bearbeiten] Aufstand des Schamasch-sum-ukkin, König von Babylon
Assurhaddon hatte bereits während seiner Regierungszeit seine Nachfolge geregelt. Er selbst war als einer der jüngeren Söhne Sanheribs nur dank der Fürsprache seiner energischen Mutter Zakutu auf den Thron gelangt. Diese beeinflusste ihn nun auch bei der Festlegung seiner Thronfolge. Nach dem Tod seines ältesten Sohnes ernannte er den jüngeren Assurbanipal zum Thronprinzen von Assyrien, während dessen älterer Bruder Schamasch-schum-ukkin den Thron in Babylon besteigen sollte. Diese Regelung sollte sich jedoch im Jahr 652 v. Chr. als verhängnisvoll erweisen. Während er in den ersten Jahren noch loyal gewesen war, verbündete sich Schamasch-schum-ukkin nun mit dem König von Elam und wandte sich gegen Assurbanipal. Nach zweijähriger Belagerung eroberte Assurbanipal das ausgehungerte Babylon, das er mit aller Härte bestrafte: „Zu dieser Zeit geschah es, dass die Leute von Akkadu [= Babylon], welche auf Seiten des Sammuges [=Schamasch-schum-ukkin] standen und Böses planten, der Hunger erfasste, und sie gegen ihren Hunger das Fleisch ihrer Söhne und Töchter aßen; und Aššur, Sin […], die vor mir hergingen und meine Widersacher unterjochten, warfen Sammuges, den feindlichen Bruder […] in eine brennende Feuerstelle und vernichteten sein Leben. [...] Kein Einziger entrann. […] Ihr zermetzeltes Fleisch ließ ich Hunde, Schweine und Geier […] essen.“ Nach der Einnahme Babylons zog Assurbanipal gegen Elam und eroberte die Hauptstadt Susa.
[Bearbeiten] Letzte Jahre des Assurbanipal und Niedergang
Aus den letzten Jahren des Assurbanipal wird über keine Feldzüge berichtet, so dass es sich hier wohl noch einmal um eine stabile Phase des Reiches gehandelt hat. Die gut erhaltenen Reliefs Assurbanipals zeigen ihn oft bei der Löwenjagd, die als besondere Leidenschaft des Großkönigs galt. Die Darstellungen zeigen ihn bei übermenschlichen Kämpfen, in denen der König der Tiere zum gewöhnlichen Wild degradiert wird. Wann genau Assurbanipal starb, ist nicht bekannt, es wird wohl um das Jahr 627 v. Chr. gewesen sein. In den nächsten zehn Jahren, über die wenig bekannt ist, änderten sich die Machtverhältnisse dann anscheinend grundlegend. 616 v. Chr. zog ein babylonisches Heer unter König Nabopolassar nach Assyrien, 614 fiel die ehrwürdige Stadt Aššur und 612, nach langem Kampf, auch Ninive. Damit war das assyrische Reich faktisch am Ende. Der letzte Assyrerkönig fand 608 den Tod. Das Ende Assyriens bedeutete den Aufstieg Babylons zur Vormacht in Mesopotamien. Nabopolassar und vor allem sein Sohn Nebukadnezar II. konnten ein Neu-Babylonisches Großreich errichten, bis es durch den Perserkönig Kyros II. unterworfen wurde. Um 539 v. Chr. war mit dem Fall Babylons das endgültige Ende der beiden großen mesopotamischen Kulturen gekommen, während eine noch größere Macht in die Geschichte eintrat: das Perserreich.
[Bearbeiten] Gründe für den Niedergang
Vermutlich waren bereits zur Zeitpunkt der Einnahme von Theben im Jahr 667, zum Zeitpunkt der größten Ausdehnung, die Vorzeichen gegeben für den späteren Niedergang: Das neuassyrische Reich war nach neuerem Forschungsstand einzig und allein auf Expansion ausgerichtet war. Die eroberten Gebiete wurden durch Deportationen und Steuern so lange ausgeblutet, bis nur eine weitere Expansion in Frage kam, um den Lebensstandard der Führungsschicht zu halten. Um die immer weiter entfernten Gebiete unter Kontrolle zu halten, mussten immer mehr Assyrer aus dem Kernland als Soldaten eingesetzt, umgesiedelt bzw. zu Verwaltungsaufgaben abgezogen werden. Die so immer weiter abnehmende Produktivität des Kernlandes zwang wiederum zur Ausbeutung der eroberten Gebiete und damit zu weiteren Expansionen; dass dieser Teufelskreis zur Katastrophe führen musste, ist offensichtlich. So waren wohl bereits bei der Eroberung Thebens die Ressourcen an Verwaltungspersonal erschöpft. Dies führte nicht zu einem sofortigen Zusammenbruch, wie sich an der 40-jährigen Herrschaft Assurbanipals zeigt. Das instabil gewordene Reich konnte durch einen starken König, reiche Ernten und relativ wenig Unruhen an den Außengrenzen noch standhalten. Durch das Zusammentreffen mehrerer negativer, weitgehend unbekannter Parameter (evtl. schwache Herrscher, Aufstand in Babylon, Erstarken der Meder) kam es zum endgültigen und totalen Kollaps. Die Folge war nicht nur ein Einbruch an den Rändern, sondern der komplette Zusammenbruch des ganzen Reiches bis hin zum Kern. Solche und ähnliche Zusammenbrüche expansiver Imperien sollten sich im Lauf der Geschichte auf vielfältige Weise wiederholen.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Quellen
- Rykle Borger: Die Inschriften Asarhaddons, König von Assyrien. Weidner, Graz 1956 (Neudr. Biblio, Osnabrück 1967 =Archiv für Orientforschung, Bh. 9).
- David G. Lyon: Keilschrifttexte Sargon's, Königs von Assyrien. 722-705 v. Chr. Leipzig 1883. (Neudr. Zentralantiquariat, Leipzig 1977)
- Simon Parpola: The Correspondence of Sargon II. Part I and II. Helsinki Univ. Press, Helsinki 1987. ISBN 951-570-003-5
- Wolfgang Schramm: Einleitung in die assyrischen Königsinschriften II. in: Handbuch der Orientalistik (HdO). Hrsg. v. Berthold Spuler. Brill, Köln 1973. ISBN 90-04-03783-7 (Brill, Leiden 1953ff.) ISSN 0921-5239
- Maximilian Streck: Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergang Ninivehs. II. Teil – Die Inschriften Assurbanipals. Hinrichs, Leipzig 1916. (Neudr. Zentralantiquariat, Leipzig 1975).
- Hayim Tadmor: The Inscriptions of Tiglath-Pileser III., King of Assyria. Israel Academy at Sciences & Humanities, Jerusalem 1994. ISBN 9652081116
- Kazuko Watanabe: Die adé-Vereidigung anlässlich der Thronfolgeregelung Assarhaddons. in: Baghdader Mitteilungen. Hrsg. v. Deutschen Archäologischen Institut. Gbr. Mann, Berlin 1987. ISBN 3-7861-1446-3
[Bearbeiten] Allgemeine Literatur
- Eva Cancik-Kirschbaum: Die Assyrer. Geschichte, Gesellschaft, Kultur. C.H.Beck Wissen, München 2003. ISBN 3-406-50828-6
- Emil Forrer: Die Provinzeineinteilung des assyrischen Reiches. Leipzig 1920.
- Rainer Albertz u.a. (Hrsgg.): Frühe Hochkulturen. Theiss, Stuttgart, Mannheim 2003. ISBN 3-8062-1756-4
- Hans-Jürgen Nissen: Geschichte Altvorderasiens. Oldenbourg, München 1999. (=Oldenbourg Grundriss der Geschichte)
- Hartmut Schmöckel: Ur, Assur und Babylon. Stuttgart 1962.