Grafschaft Baden
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Die Grafschaft Baden war von 1415 bis 1798 eine gemeine Herrschaft der Eidgenossen, also ein Untertanengebiet, das von mehreren Orten gemeinsam verwaltet wurde. Es umfasste den nordöstlichen Teil des heutigen Kantons Aargau in der Schweiz.
Das ursprüngliche Amt Baden war zuerst im Besitz der Grafen von Lenzburg, ab 1173 der Grafen von Kyburg, ab 1264 der Grafen von Habsburg. Es umfasste das Dreieck zwischen Rhein und Reuss und wurde von einem habsburgischen Landvogt von der Festung Stein in Baden aus verwaltet.
Nach der Eroberung durch die Eidgenossen im Jahr 1415 erhielt das Gebiet den Namen "Grafschaft Baden". Die Grenzen wurden verändert: Zur Grafschaft gehörten die früheren habsburgischen Ämter Baden und Siggenthal, die Vogteien Klingnau, Zurzach und Kaiserstuhl (welche vorher dem Fürstbistum Konstanz gehört hatten) sowie das Kirchspiel Leuggern.
Die Grafschaft Baden war in acht innere und drei äussere Ämter gegliedert. Die inneren Ämter waren Birmenstorf, Dietikon, Ehrendingen, Gebenstorf, Leuggern, Rohrdorf, Siggenamt und Wettingen. Die äusseren Ämter waren Kaiserstuhl, Klingnau und Zurzach, zu denen auch die rechtsrheinischen Kirchspiele Kadelburg, Lienheim und Hohentengen gehörten.
Das Rechtssystem in der Grafschaft war sehr uneinheitlich, was zu zahlreichen Konflikten um die Hoheitsrechte führte. Es gab über 30 verschiedene Gerichtsherren. Dazu zählten das Kloster Wettingen, die Johanniterkommende Leuggern, das Kloster Sankt Blasien und der Fürstbischof von Konstanz. Die Städte Baden, Bremgarten und Mellingen besassen eigene Gerichte und Selbstverwaltung und herrschten auch über einige Nachbardörfer.
Die acht alten Orte der Eidgenossenschaft stellten im Turnus von zwei Jahren den Landvogt. Ab 1712, nach der Niederlage der katholischen Orte im Zweiten Villmergerkrieg, regierten nur noch die drei reformierten Orte Zürich, Bern und Glarus im Verhältnis 7:7:2. Die Landvögte residierten in Baden im "Niderhus", dem späteren Landvogteischloss. Dort fanden bis 1712 oft Tagsatzungen der Eidgenossenschaft statt. Die Untervögte stammten meist aus der lokalen Oberschicht.
Die Grafschaft Baden war das einzige Gebiet, in dem ab dem 17. Jahrhundert Juden geduldet wurden. Ab 1776 wurde ihr Wohnrecht auf Endingen und Lengnau beschränkt. Die Juden waren direkt dem Landvogt unterstellt, durften kein Land besitzen und kein Handwerk ausüben. Ausserdem mussten sie sich ab 1696 alle 16 Jahre einen "Schutz- und Schirmbrief" erkaufen. Im 18. Jahrhundert wurden in den beiden Dörfern grosse, repräsentative Synagogen gebaut.
In den Dörfern der Grafschaft wurde fast ausschliesslich Landwirtschaft betrieben. Märkte fanden in Bremgarten, Mellingen, Kaiserstuhl und Klingnau statt; Zurzach war ein bedeutender Messeort. Auf dem Land war das Handwerk zuerst geduldet, ab 1666 sogar ausdrücklich erlaubt. Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsstruktur und der Realteilung im Erbrecht wurde das Land immer mehr zerstückelt. Ende des 18. Jahrhunderts gab es in der gesamten Grafschaft Baden keine einzige Manufaktur oder Fabrik.
1528 wechselten die meisten Gemeinden zum reformierten Glauben, wurden aber 1531 nach dem Zweiten Kappeler Landfrieden wieder rekatholisiert. Da sich protestantische und katholische Landvögte rasch wechselten, konnten sich in Zurzach und Tegerfelden reformierte Mehrheiten halten. Die unter dem Einfluss der Stadt Zürich stehenden Gemeinden im östlichen Limmattal blieben stets reformiert. Birmenstorf, Gebenstorf und Würenlos waren konfessionell gemischt.
Am 19. März 1798 marschierten französische Truppen ein. Aus der Grafschaft Baden, dem Kelleramt bei Bremgarten und den Freien Ämtern wurde am gleichen Tag der Kanton Baden der Helvetischen Republik gebildet; die rechtsrheinischen Gebiete hingegen abgespalten. Fünf Jahre später ging der Kanton Baden in den Kanton Aargau auf.