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Johann Christoph Gottsched - Wikipedia

Johann Christoph Gottsched

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Johann Christoph Gottsched (* 2. Februar 1700 in Juditten (heute zu Königsberg); † 12. Dezember 1766 in Leipzig) war ein deutscher Schriftsteller, der sich sehr um eine Reform der deutschen Sprache und Literatur bemühte.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Johann Christoph Gottsched
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Johann Christoph Gottsched

Gottsched war der Sohn des Pastors von Juditten, Christoph Gottsched und dessen Ehefrau Johanna Biemann. Johann Heinrich Gottsched, der Redakteur des hessischen Hof- und Staatskalenders, war sein Bruder. Johann Daniel Gottsched war sein Neffe und zeitweise der Sekretär von Gabriel de Riqueti, Comte de Mirabeau.

Nach dem ersten Unterricht, den er bei seinem Vater erhielt, immatrikulierte sich Gottsched 1714 mit 14 Jahren an der Albertina, der Universität Königsberg, um Theologie zu studieren. Sein Interesse für die Philosophie brachte Gottsched die Beschäftigung mit den Werken von Gottfried Wilhelm Leibniz und dessen Popularisator Christian Wolff ein. Anschließend wechselte er zum Studienfach Philosophie und blieb sein Leben lang unbeirrbarer Wolffianer.

Im Januar 1724 flüchtete Gottsched, der inzwischen den akademischen Grad eines "Magister Artium" erworben hatte, nach Leipzig. Gerüchte über die brutalen Methoden der preußischen Militär-Werber hatten den hochgewachsenen Dozenten vertrieben. An der Universität Leipzig freundete er sich bald mit dem Polyhistor Johann Burckhardt Mencke an, der ihn als Hofmeister für seinen ältesten Sohn engagierte. An der Acta eruditorum, welche Mencke herausgab, konnte Gottsched nicht mitarbeiten. Deshalb habilitierte er sich noch in demselben Jahr mit einer Arbeit ganz im Sinne Wolffs und erhielt eine Lehrerlaubnis.

Mencke führte Gottsched nicht nur in die Gesellschaft ein, sondern war ihm auch ein Fürsprecher bei der Aufnahme in die Deutschübende poetische Gesellschaft. Als er 1727 zu ihrem "Senior" gewählt wurde, wandelte er diese Vereinigung in die Deutsche Gesellschaft in Leipzig um. Diese Gesellschaft wurde für Gottsched das ideale Forum für seine Reformbemühungen der Sprache und Literatur.

1725 begann Gottsched seine Zeitschrift Die vernünftigen Tadlerinnen zu veröffentlichen. Im darauffolgendem Jahr stellte diese ihr Erscheinen wieder ein, aber 1727 bis 1729 folgte dann Der Biedermann. Bereits in diesen wöchentlichen Zeitschriften begann er das literarische Leben der Frühaufklärung zu gestalten.

Im Laufe des Jahres 1727 machte Gottsched die Bekanntschaft des Theaterprinzipals Johann Neuber und dessen Ehefrau Friederike Caroline Neuber. In einer fruchtbaren Zusammenarbeit sollte ein regelgerechtes nationales deutsches Theater entstehen. Das große Vorbild hier waren die antikisierenden, meist aus dem Französischen übersetzten, Dramen von Pierre und Thomas Corneille, Philippe Destouches, Moliere, Jean Racine, Voltaire u.a. Im Oktober 1737 wurde in einem extra dafür geschaffenen Stück die Figur des Harlekins (Hanswurst) von der Bühne verbannt.

1730 avancierte Gottsched zum außerordentlichen Professor für Poetik und vier Jahre später ernannte man ihn zum ordentlichen Professor der Logik und Metaphysik. Während dieser Zeit wurde er mehrmals zum "Rector magnificus" (Dekan der Philosophischen Fakultät) gewählt.

Wegbereiter und Vordenker in Gottscheds Reformbestreben war sein ehemaliger Königsberger Prof. Johann Valentin Pietsch. Dieser bestärkte Gottsched immer wieder in dessen Abneigung gegen die Literatur der Barockzeit, insbesondere der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, und deren sprachliche Manierismen. Gottscheds Streben nach einer nationalen deutschen Sprache und Literatur setzte sich in seinen literaturkritischen Periodika fort. In den Jahren 1732 bis 1744 erschienen die Beyträge zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Fortgesetzt wurden sie von 1745 bis 1750 mit dem Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste und in den Jahren 1751 bis 1762 erschien Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit. Gottsched war der Hauptautor und Herausgeber der Zeitschriften, die aber auch anderen Wissenschaftlern ein Diskussionsforum boten. Insgesamt produzierte der Leipziger Gelehrte so im Laufe seines Lebens etwa 20.000 gedruckte Zeitschriftenseiten.

1731 wurde in Leipzig Gottscheds Tragödie Sterbender Cato uraufgeführt. Dieses überaus erfolgreiche Stück hatte er streng nach den Vorgaben Aristoteles - bzw. der zeitgenössischen Deutung dieser Vorgaben - verfasst. Dazu angeregt wurde Gottsched durch das gleichnamige Stück von Joseph Addison. Das Drama war wenig später Zielscheibe für Spott Kritik der Stürmer und Dränger und Lessings, und bis heute gilt der Cato als besonders abschreckendes Beispiel für die misslungene mechanische Anwendung von streng normierenden Regeln der Dichtkunst (Regelpoetik) in dramatischen Werken.

1735 heiratete Gottsched in Danzig die Dichterin Luise Adelgunde Victoria Kulmus. Seine Ehefrau unterstützte ihn nach allen Kräften und bearbeitete die meisten Stücke, welche in den Jahren 1741 bis 1745 in sechs Bänden unter dem Titel die deutsche Schaubühne publiziert wurden. Aber auch als ungenannte Übersetzerin und Hauptbearbeiterin des Dictionnaire von Pierre Bayle ist die Gottschedin zu nennen, von ihrem Ehemann stammt nur ein Teil der in der deutschen Ausgabe neu hinzugekommenen Kommentare.

In der Critischen Dichtkunst, seinem heute noch bekannten literaturtheoretischen Werk, verteidigte Gottsched vehement seine Ansicht, dass Poesie nach Regeln funktioniert und als Regelwerk mechanisch erlernbar sei (Regelpoetik). Über die hierin entfalteten Ansichten zur Rolle der Phantasie und der poetischen Darstellung übernatürlicher Erscheinungen (das Wunderbare), die sich an zeitgenössischen Werken wie John Miltons religiösem Epos Paradise Lost festmachte, kam es zum sogenannten "Zürcher Literaturstreit" mit den beiden Schweizer Professoren Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger. Doch auch in Deutschland geriet Gottsched unter Beschuss: Im Jahr 1743 eröffnete Jakob Immanuel Pyra einen Angriff auf Gottsched durch den "Erweis, dass die Gottschedianische Sekte den Geschmack verderbe". Durch die Massivität und Allgemeinheit der Angriffe auf Gottsched gingen im Urteil seiner Zeitgenossen seine Gegner als Sieger des Streits hervor. Gottsched wurde nach seinem Tod für lange Zeit zum Gespött des gesamten Literaturbetriebes. Es dauerte sehr lange, bis Wissenschaftler wie Georg Gottfried Gervinus, Wilhelm Wackernagel, August Koberstein und vor allem aber Eugen Reichel und Theodor Danzel seine Verdienste erkannten und ihn in seiner historischen Rolle als Übergangsfigur zwischen barocker und klassisch-romantischer Ästhetik würdigten.

1736 erschien seine Ausführliche Redekunst, in der Gottsched die Regeln der Rhetorik nach zeitgenössischer Auffassung summierte. Ähnlich wie schon in der Dichtkunst vertrat er die Ansicht, ein guter Redner sei derjenige, der ein seit der Antike (Aristoteles, Cicero, Quintilian) feststehendes System der rhetorischen Regeln nur auswendig lernen und in die Praxis umsetzen müsse. Damit stand er der von ihm bekämpften Rhetorik und Poetik der Barockzeit näher als den Zeitgenossen der Aufklärung, die das freie Spiel der Einbildungskraft als wesentliches Moment der Kreativität erkannt hatten, und er handelte sich schon kurze Zeit nach dem Erscheinen des Werks heftige Kritik ein. Zweierlei kennzeichnet Gottscheds Position in Poetik und Rhetorik: Zum einen die nur auf die Stilhaltung begrenzte Kritik an den Autoren des Barock ("schülstiger Stil"), zum anderen die an Wolff ausgerichtete Lehrmeinung, alles sei durch die "Vernunft" erkennbar, durch Regeln und Systeme zu beschreiben und mechanisch umsetzbar; einziges Kriterium für die Unterscheidung zwischen "guter" und "schlechter" Dicht- und Redekunst sei der vom "Witz" (im Sinne von "gewitzt", "klug") gesteuerte "gute Geschmack". Die mit einer solchen Anthropologisierung einhergehende Frage nach der Irrationalität dieses Prinzips, die Frage nach der Gebundenheit an die individuelle Disposition und Sozialisation des Menschen, stellte sich für Gottsched nicht.

Zu diesen beiden Hauptwerken Gottscheds kamen noch die umfangreichen Ersten Gründe der gesamten Weltweisheit, die im wesentlichen eine Übersetzung der lateinischen Wolffschen Metaphysik darstellen, und die Deutsche Sprachkunst, eine Grammatik des Deutschen. Alle vier Monographien sind viele Hundert Seiten dick und ganz im Stil der Zeit streng systematisch in der Darstellung. Trotzdem sind sie zäh zu lesen, weil sie auf umständliche Weise die gleichen Sachverhalte immer wieder neu aufgreifen und wiederholen. Gottsched war damit einer der produktivsten Autoren seiner Zeit, er war aber nie "originell", sondern fasste das Wissen seiner Zeit zusammen. Er war mit Sicherheit der prominenteste, nicht aber der kompetenteste Literaturtheoretiker und -kritiker seiner Zeit, ähnlich wie heute Marcel Reich-Ranicki.

Zwischen 1757 und 1765 begann Gottsched seinen Nötigen Vorrat zur Geschichte der deutschen dramatischen Dichtkunst zu veröffentlichen. Diese Kompilation sollte alle Dramen der Jahre 1450 bis 1760 verzeichnen, blieb aber unvollendet. Aber noch heute ist dieser Torso ein wichtiges Hilfsmittel für das Studium der Geschichte des deutschen Schauspiels.

Am 26. Juni 1762 starb seine Ehefrau nach kurzer Krankheit im Alter von 49 Jahren. Nach einer dreijährigen Trauerzeit heiratete Gottsched in Camburg, Saale seine zweite Ehefrau; die 19jährige Ernestine Susanne Katharina Neunes.

Im darauffolgendem Jahr starb Johann Christoph Gottsched im Alter von 66 Jahren am 12. Dezember 1766 in Leipzig.

[Bearbeiten] Werke

Theoretische Werke

  • Versuch einer critischen Dichtkunst vor die Deutschen, Leipzig 1730
  • Erste Gründe der gesamten Weltweisheit, Leipzig 1733
  • Ausführliche Redekunst, Leipzig 1736
  • Grundlegung einer deutschen Sprachkunst, Leipzig 1748

Literarische Werke

  • Sterbender Cato 1732

Zeitschriften

  • Die Tadlerinnen. 1725-1726, Olms, Hildesheim, 1993 (Nachdruck der Ausgabe Frankfurt 1725/26)
  • Der Biedermann. 1727-1729, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-00317-5 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1727/29)
  • Beyträge zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit, Olms, Hildesheim, 1970 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1732/45)
  • Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste. 1745-1750, Saur (MF-Ausgabe), München 1994 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1732/45)
  • Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit. 1751-1762, Saur (MF-Ausgabe), München 1994 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1732/45)

[Bearbeiten] Literatur

  • Michael Bernays: J. W. Goethe, J. C. Gottsched. 2 Biographien, Duncker & Humblot, Leipzig 1880
  • Friedrich J. Braitmaier: Die poetische Theorie Gottscheds und die Schweizer, Programm des Gymnasiums, Tübingen 1879
  • Theodor W. Danzel: Gottsched und seine Zeit, Klotz, Eschborn 1997, ISBN 3-88074-700-8 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1848)
  • Gerhard Dünnhaupt: Der Milton-Plagiatsskandal und sein Nachhall in Deutschland, in: Philobiblon 43.2 (1999), 135-141
  • Eugen Reichel: Gottsched. 2 Bände, Berlin, Gottsched-Verlag 1908-1912
  • Hermann Stauffer: Erfindung und Kritik. Rhetorik im Zeichen der Frühaufklärung bei Gottsched und seinen Zeitgenossen. Frankfurt am Main u. a. 1997

[Bearbeiten] Weblinks

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