Mordfall Seewen
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf bitte mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. |
Der Mordfall Seewen von 1976 ist einer der grossen ungelösten Schweizer Kriminalfälle und der umfangreichste Schweizer Mordfall überhaupt. Noch mehr als 25 Jahre später brechen die Mutmassungen darüber längst nicht ab, wer der Täter gewesen sein könnte. Die 20jährige Verjährungsfrist ist abgelaufen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Hergang
Am Pfingstwochenende 1976 werden in einem Schrebergarten-Wochenendhäuschen namens "Waldeggli" in Seewen, Kanton Solothurn fünf Menschen mit 13 Schüssen aus nächster Nähe niedergestreckt (11 Kopf-, 2 Brustschüsse). Im Sachbuch "Der Mordfall Seewen" von Robert Siegrist (Sohn der Opfer Elsa und Eugen Siegrist) steht über die Art und Weise der Ausführung der Tötungen: "Eines der Opfer war viermal in den Kopf getroffen worden - und jeder Schuss 'sass' mit grauenhafter Präzision". Vier der Leichen werden danach ins Häuschen geschleppt, die fünfte auf der Terrasse in einen Teppich eingewickelt.
Das Verbrechen wurde am 6. Juni 1976 von einer Passantin bei einem Ferienhäuschen im «Bannwald» bei Seewen entdeckt. Der Polizei bot sich ein schreckliches Bild: Auf dem Vorplatz lag die Leiche einer Frau, eingewickelt in eine Decke. Im Innern wurden die vier weiteren Toten gefunden.
Die Opfer sind:
- Siegrist-Säckinger Elsa Clara (62)
- Siegrist-Säckinger Eugen (63), Ehemann von Elsa Siegrist
- Westhäuser-Siegrist Anna (80), Schwester von Eugen Siegrist
- Westhäuser Emanuel (52), Sohn der Anna Westhäuser
- Westhäuser Max (49), Sohn der Anna Westhäuser
Der Mord soll allerdings ursprünglich nur auf das Ehepaar Siegrist gezielt haben, man vermutet, dass der Täter nicht mit drei weiteren Anwesenden gerechnet habe.
[Bearbeiten] Carl Doser, der Hauptverdächtigte
Die Kriminalpolizei hat erfolglos tausende von Hinweisen ausgewertet und planmässig nach Besitzern von Winchestern gesucht. Als aber im Herbst 1996, zwanzig Jahre später, bei Renovationsarbeiten in der Ex-Wohnung einer Frau namens Doser eine hinter einer Küchenkombination versteckte Waffe gefunden wurde, glaubte man, der Lösung des Falls nahe zu sein. Die italienische nachgeahmte Winchester (Umberti Mod.1866, Kal.38 Spez.) mit gekürztem Lauf wurde als die Tatwaffe identifiziert, und der Besitzer als Carl Doser. Seither gilt Doser in der Bevölkerung als der Täter. Dieser war bereits im Rahmen obenerwähnter Reihenuntersuchung befragt worden, in der er angegeben hatte, er habe seine Winchester auf einem Flohmarkt verkauft gehabt.
Fest steht: Der Einzelgänger, in Basel wohnhaft, hatte im Jahr 1973 die Feuerwaffe bei der Hofmann & Reinhart Waffen AG legal erworben. Ein im Dunkeln liegender Punkt des Falls Seewen ist auch das Motiv: von Doser ist keine Bekanntschaft zu den Ermordeten aktenkundig - weshalb sollte er sie also ermorden haben wollen? Doser ist verschollen.
[Bearbeiten] Adolf "Johnny" Siegrist, ein weiterer Verdächtigter
Hans Blaser, ein geschäftlicher Bekannter von Adolf "Johnny" Siegrist, der mit den ermordeten Siegrists verwandt gewesen ist, vermutet diesen als Täter und Doser als Komplizen. Adolf "Johnny" Siegrist hat sich bei Blaser nach einer MP erkundigt, er sei Combatschütze. Möglicherweise haben sich Doser und Siegrist beim Schiessen getroffen und Waffen getauscht, so dass Dosers Aufgabe nur noch darin bestanden hätte, die Waffe verschwinden zu lassen und allenfalls dem Haupttäter zu assistieren - eine Möglichkeit, die die Polizei nicht in Betracht gezogen hatte. Die Tatmunition wurde zirka drei Wochen vor der Tat in der Firma R. Mayer AG an der Basler Steinenvorstadt beschafft - höchstwahrscheinlich von "Johnny".
Der Verkäufer des Waffenladens hat den sporadischen Kunden Siegrist wie folgt in Erinnerung:
- Fragte nach zwei 50er Pack Patronen "Kal. 38 Spez."
- wünschte jene mit "besonders schwerem Bleigeschoss"
- Fragte "Ob diese Patronen in diese Tschinggen-Winchester passen" ("Tschinggen" = "Italiener", schweizerdeutsch, pejorativ)
- Erwähnte, dass er "diese Patronen für jemanden besorgen" müsse
Als Motiv wird im allgemeinen die Erbschaft aufgeführt, aber auch die vermuteten Minderwertigkeitkomplexe Adolf "Johnny" Siegrists könnten (mit) zur Tat geführt haben: "Johnny", der nur etwa 1,5 Meter gross war und eine "Frauenstimme" hatte, sei gelegentlich jähzornig gewesen, man hätte in seiner Wohnung durchschossene Styroporköpfe gefunden. Es könnte sein, dass er sich dafür gerächt hat, dass er oft mit "Dölfeli" (Verniedlichung von Adolf) und mit "Globi" gehänselt worden war. Zweimal in Untersuchungshaft und durch die Polizei intensiv einvernommen, ist Adolf Siegrist Mitte der achtziger Jahre gestorben.
[Bearbeiten] Literatur und Quellen
- In der DOK-Serie "Ungelöste Kriminalfälle" war ihm 2006 eine der sieben Folgen gewidmet, für die auch der Rechtsprofessor Daniel Jositsch befragt worden war.
- Robert Siegrist: Der Mordfall Seewen. Opinio. Basel 2001.