Nordschleife
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Die Nordschleife ist der legendäre Teil der Rennstrecke Nürburgring in der Eifel. Volkstümlich der Ring oder respektvoll „Die grüne Hölle“ (diesen Namen verdankt sie Jackie Stewart) genannt, gehört sie heute neben der modernen Grand Prix-Strecke und weiteren Motorsportanlagen und Freizeiteinrichtungen der Nürburgring GmbH (d.h. dem Land Rheinland-Pfalz sowie dem Landkreis Ahrweiler).
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[Bearbeiten] Geschichte
Seit dem Jahr 1922 wurde auf öffentlichen Straßen in der Eifel das Eifelrennen veranstaltet. Da die Durchquerung von Ortschaften im Renntempo besonders gefährlich ist, kam man auf die Idee, eine permanente Strecke zu erbauen. 1925 wurde mit den Bauarbeiten einer „Ersten Gebirgs-, Renn- und Prüfungsstrecke“ in der strukturschwachen Region begonnen. Nachdem bis zu 3000 Arbeiter das Werk vollendeten, wurde sie feierlich am 18. Juni 1927 eröffnet. Rudolf Caracciola gewann das erste Autorennen auf einem Kompressor-Mercedes. Beim Eifelrennen im Jahr 1934 wurde hier der Begriff Silberpfeil geprägt, mit denen die erfolgreichen Rennwagen von Mercedes bezeichnet wurden. Ein Zuschauerrekord jagte den nächsten, bis Rudolf Caracciola den letzten Grand Prix vor dem Zweiten Weltkrieg gewann. Während des Krieges ruhte das Renngeschehen. Erst 1947 wurden wieder Rennen gefahren.
Mitte der 50er Jahre kehrten nur die Silberpfeile von Mercedes kurz zurück. Juan Manuel Fangio war der Spitzenfahrer dieser Zeit, und sein wohl bestes Rennen mit mehreren Rundenrekorden hat er hier 1957 auf Maserati gefahren.
Im Sommer 1970 wurde die Nordschleife als Grand Prix-Strecke von der Formel 1 kurzfristig boykottiert, nachdem sich auf anderen Strecken schwere Unfälle ereignet hatten. Für Umbaumaßnahmen (weniger Sprungkuppen, Seitenstreifen mit Leitplanken) wurden bis 1971 17 Millionen DM investiert, und die F1 kehrte wieder zurück. Beim Eifelrennen 1974, bei dem abwechselnd Rennen von Autos und Motorrädern stattfanden, kam es zum Boykott der Motorrad-Spitzenfahrer aufgrund der für den Mischbetrieb nötigen Kompromisse bei der Streckensicherung (Strohballen für Motorradfahrer sind eine Feuergefahr für Autos).
Das endgültige Aus als Formel 1-Strecke war nach dem Auslaufen zweier Drei-Jahres-Verträge schon besiegelt, bevor der Formel 1-Weltmeister Niki Lauda am 1. August 1976 schwer verunglückte. Im Jahre 1980 fand der letzte Motorrad-GP auf der Nordschleife statt. Andere Rennserien wie die Formel 2, die Deutsche Rennsport-Meisterschaft und die Sportwagen fuhren weiterhin übergangsweise dort, im Jahre 1983 auch auf einer auf 20.8 km verkürzten Version mit provisorischen Boxen, da im Bereich der bisherigen Start-Ziel-Schleife Bauarbeiten im Gange waren.
Seit der Eröffnung der modernen GP-Strecke 1984 fahren die internationalen Profi-Rennserien nur noch dort, die nationalen Serien meistenteils auch. Die Tourenwagen-Serien und insbesondere die Breitensportveranstaltungen für Amateure bevorzugen weiterhin die abwechslungsreiche Nordschleife.
Bisher sind auf dem Nürburgring bei Motorsportveranstaltungen und Touristenfahrten mehr als 140 Menschen tödlich verunglückt (Quelle: swr, Südwestrundfunk). Auch die möglichst sicher ausgebaute GP-Strecke blieb dabei vor Tragödien nicht gefeit.
[Bearbeiten] Streckenverlauf
Heute ist die eigentliche Nordschleifenrunde 20.832 Meter lang, hat offiziell 73 Kurven (je nach Zählweise und mit zunehmender Motorleistung sind es eher 100) und weist Steigungen zu 17 % (Hohe Acht) und bis zu 11 % Gefälle (Fuchsröhre) auf. Die höchsten Punkte sind bei der Tribüne T13 (km 0) in Nürburg und im Streckenabschnitt Hohe Acht, der niedrigste Punkt in Breidscheid. Dazwischen liegen ca. 290 m Höhenunterschied, was nicht nur Lenker schwach motorisierter Fahrzeuge merken, sondern insbesondere die Radfahrer und Läufer bei Rad am Ring.
[Bearbeiten] Rennbetrieb
Der Saisonhöhepunkt auf der Nordschleife ist das Internationale ADAC 24-Stunden-Rennen für Tourenwagen, das auf der bis zu ca. 26 km langen Kombination von GP-Strecke und Nordschleife durchgeführt wird. Hier nehmen bis zu 800 Amateure und Profis auf über 200 Autos teil. Mit seriennahen Tourenwagen werden auf einer kürzeren Kombination von GP-Strecke und Nordschleife ca. 10 mal im Jahr mehrstündige VLN-Langstreckenrennen absolviert.
Ebenfalls an Samstagen finden die Breitensportveranstaltungen GLP und CHC statt, die sich auf die reine Nordschleife beschränken, so dass parallel andere Rennen auf der GP-Strecke ausgetragen werden können. Es besteht dabei auf der Nordschleife die Möglichkeit, sich mit seinem eigenen Auto durch erfolgreiche Teilnahme an mehreren Gleichmäßigkeitsprüfungen (GLP) für eine Rennfahrer-Lizenz des DMSB bzw. der FIA zu qualifizieren, die dann zur Teilnahme an richtigen Rennen wie CHC oder VLN berechtigt.
[Bearbeiten] Rekordrunden
Die schnellsten Rundenzeiten bzw. aufgrund der unterschiedlichen Streckenvarianten die höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten fanden immer wieder Beachtung. Fahrer wie Niki Lauda, Clay Regazzoni und Stefan Bellof haben hier Bestmarken gesetzt, die aufgrund von Umbauarbeiten oder nicht mehr zugelassener Rennfahrzeug-Kategorien nie mehr unterboten werden können.
Trotzdem erreichen Rennfahrzeuge, die nach Regeländerungen wieder stärker motorisiert sein dürfen, und auch einige straßenzugelassene Fahrzeuge Zeiten, die bis vor einigen Jahren nur Rennfahrern früherer Generationen vorbehalten waren. Diese Entwicklung wird im Artikel Nordschleifen-Rundenzeiten separat beschrieben.
[Bearbeiten] Touristenfahrten
Wenn keine Rennveranstaltungen oder Testfahrten stattfinden, wird die Strecke, wie es seit der Eröffnung 1927 Tradition ist, abends und an Wochenenden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (sogenannte Touristenfahrten).
Nachdem sich die Zufahrt im Bereich der Tribüne 13 (km 0 auf der Karte) neben der GP-Strecke Mitte der 1990er Jahre als zu eng erwies, wurde 1998 eigens ein neuer Zufahrtsbereich neben der langen Geraden (Döttinger Höhe km 18 auf der Karte) eingerichtet, mit großem Parkplatz, Restaurant und vier Mautschranken. Dieser Platz ist an Sonntagen mit gutem Wetter stark überfüllt, Fahrzeuge internationaler Herkunft stauen sich bis auf die Landstraße zurück.
Die große Popularität rührt daher, daß jedes straßenzugelassene Kraftfahrzeug, das wie bei Autobahnen erforderlich eine bauartbedingte Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h erreicht, eine Runde fahren kann. Es gilt die Straßenverkehrsordnung, die StVZO sowie eine zusätzliche Beschränkung der Lautstärke auf 95 dB(A), die überwacht wird. Fahrzeuge mit roten Nummernschildern, Oldtimerkennzeichen und Fahrzeuge die lauter als 95dB sind, dürfen die Strecke nicht befahren.
Die Nordschleife ist dabei nicht als Rennstrecke anzusehen, sondern ist öffentlicher Verkehrsraum mit dem Status einer mautpflichtigen Kraftfahrstraße mit richtungsgetrennten Fahrbahnen (eine Gegenfahrbahn existiert nicht). Es gilt somit das Rechtsfahrgebot sowie das Verbot, rechts zu überholen. Das Befahren der Ideallinie in Gegenwart anderer bleibt den Teilnehmern von Rennen und anderen geschlossenen Veranstaltungen vorbehalten. Da die Strecke nicht durch geschlossene Ortschaften führt, gilt zwar keine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung, aber im Bereich der Ein/Ausfahrt sowie der Ortschaften Nürburg und Breidscheid wurden aus Sicherheits- und Lärmschutzgründen Tempolimits ausgewiesen. Seit einigen Jahren wird die Einhaltung der Vorschriften (mit Unterstützung der Polizei) verstärkt kontrolliert, teilweise mit einem Hubschrauber.
Der Ausbauzustand ist, abgesehen von der langen, ca. vier Fahrspuren breiten Geraden „Döttinger Höhe“, eher nicht mit einer Autobahn oder Kraftfahrstraße zu vergleichen, sondern mit einer kurvigen und unebenen Landstraße. Hinter jeder Kurve oder Kuppe kann ein langsames Fahrzeug, wie etwa ein Reisebus, ein Wohnmobil, ein Pkw mit Wohnwagen-Anhänger, ein Motorroller etc. mit geringer Geschwindigkeit unterwegs sein, insbesondere in den teils steilen Bergpassagen. Gleichzeitig sind jedoch viele Piloten mit guter Streckenkenntnis (oft im Besitz einer Jahreskarte) und schnellen Fahrzeugen mit Geschwindigkeiten über 200 km/h unterwegs, so dass gegenseitige Rücksichtsnahme dringend erforderlich ist.
Um Vergleichszeiten für die eigenen Runden zu erhalten oder sich mit andern Fahrern zu messen, obwohl nicht eine volle Runde gefahren wird, wird zur Zeitmessung die „BTG-Zeit - Bridge to Gantry“ herangezogen. Dabei wird die Fahrzeit von der Brücke nach der Touristenauffahrt (Antoniusbuche) bis zu der Gitter-Brücke nach dem Galgenkopf, wiederum auf der Döttinger Höhe, gemessen. Dabei sei allerdings erwähnt, daß bereits das Mitführen von Stoppuhren während der Touristenfahrten verboten ist und zu "Hausverbot" führen kann. Gleiches gilt für Videokameras, mit denen die eigene Fahrt als Andenken oder zur nachträglichen Zeitnahme aufgezeichnet werden soll.
Gerade Anfänger sollten sich vorsichtig herantasten; denn tückisch ist nicht nur die Streckenführung, sondern auch das Eifelwetter. Motorradfahrer sollten sich von einem erfahrenen Fahrer einführen lassen. Nicht gerade langsam ist auch das Ringtaxi (BMW M5, 507 PS) unterwegs, das man buchen kann, wenn man den eigenen Wagen oder das Motorrad schonen bzw. eine schnellere und sicherere Fahrt erleben will, als es die Fähigkeiten der meisten Hobbyrennfahrer zulassen. Das „Taxi“ wird u. a. von Rennfahrern wie der zweifachen Siegerin des 24h-Rennens Sabine Schmitz, der 2005er VLN-Meisterin Claudia Hürtgen oder Hans-Joachim Stuck pilotiert.
Vergleichbar mit ähnlich anspruchsvollen Landstraßen kommt es immer wieder zu Unfällen, von relativ harmlosen Drehern bis zu Leitplankenkontakten mit Personenschäden, die den Einsatz von Abschleppwagen oder gar Rettungshubschraubern erforderlich machen. Die Strecke kann dabei für mehrere Stunden gesperrt bleiben.
An Tagen, an denen Touristenfahrten stattfinden, stehen meist auch eine ganze Reihe von Hobby-Fotografen entlang der Strecke, die die vorbeifahrenden Fahrzeuge fotografieren. In Foren, wie dem Touristenfahrer-Forum oder Circledriver finden sich am folgenden Tag große Galerien, aus denen man sich als Touristenfahrer "seine" Fotos als schönes Andenken heraussuchen kann.
[Bearbeiten] Simulationen
Mit Computerspielen bzw. Computersimulationen kann die Nordschleife auch am heimischen Bildschirm „befahren“ werden. Den Anfang machte dabei 1998 „Grand Prix Legends“ für den PC. Eine Demo-Version mit der Nordschleife (auf dem Stand der F1-Saison 1967) wurde dabei auf einer CD dem offiziellen „Nürburgring Magazin 1999“ beigelegt bzw. später von einem PC-Magazin verkauft.
Für andere Rennspiele wurden von Fans inoffizielle Erweiterungen mit der Nordschleife entwickelt. Inzwischen erkennen auch die großen Software-Anbieter die Beliebtheit der Nordschleife und bieten diese für PC oder Spiel-Konsolen an. Wer etwa auf eine Playstation 2 zurückgreifen kann, hat die Möglichkeit mit dem aktuellen Spiel „Gran Turismo 4“ den Streckenverlauf einzuüben. Auf der Xbox kann man die Nordschleife mit den Spielen Forza Motorsport und Project Gotham Racing 2 befahren. Für das Spiel Project Gotham Racing 3 auf der Xbox 360 wurde die Nordschleife genau vermessen und mitsamt der Umgebung der Rennstrecke im Spiel möglichst detailgetreu umgesetzt.
Bei der Umsetzung des am Monitor erlernten ist jedoch Vorsicht geboten, da einige der Spiele die Befahrung der Nordschleife selbst mit höchsten Geschwindigkeiten als unrealistisch einfach darstellen. Insbesondere die nicht einsehbaren Kurven (z.B. Anfahrt auf den Adenauer Forst) können im wahren Leben böse Überraschungen bereithalten und den Spaß schnell verderben.
[Bearbeiten] Weblinks
- Die offizielle Seite der Nürburgring GmbH
- Fanprojekt Nordschleife mit Informationen, Sicherheitshinweisen, Fotos
- Mythos Nordschleife anhand von Triumphen, Tragödien, Anekdoten
- Beschreibung der Ideallinie laut Zeitschrift Sportauto 2001/2002
- Beschreibung der Ideallinie für Motorräder
- Diverse Videos von Fahrten über die Nordschleife