Rüstringen
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Das heutige Gebiet des Jeverlandes und Butjadingens gehörte im Mittelalter drei friesischen Gauen an, nämlich Rüstringen, Östringen und Wangerland.
Der Gau Rüstringen war der größte von ihnen. Er umfasste das Gebiet zwischen der Wesermündung und der Maade und bestand aus den vier Vierteln Blexen, Varel, Langwarden und Aldensum, das später durch Sturmfluten im Jadebusen versank. Rüstringen wurde in einer französischen Urkunde aus dem Jahre 787 bei der Aufzählung der Gaue genannt, in denen Willehad Mission treiben sollte.
Rüstringen gehörte zu den friesischen Seelanden, die sich um 1200 zu einem Landfriedensbund zusammenschlossen. Seine bedeutendste Tätigkeit entfaltete der Bund bis 1300 mit dem Ziel, einen großfriesischen Staat zu gründen, der von der Maasmündung bis zu Weser und von der Elbmündung bis nach Dänemark reichen sollte. Die Vertreter der friesischen Seelande kamen jährlich am Dienstag nach Pfingsten beim Upstalsboom zusammen, um über Recht und Gesetz zu beraten. Aus jener Zeit stammt auch das Asegabuch, eine Sammlung friesischen Rechts.
Auf die Glanzzeit des friesischen Friedens aber folgten kriegerische Zeiten. Häuptlinge übernahmen die Macht und führten Fehden gegeneinander. Unter den Häuptlingsgestalten ragt Edo Wiemken d. Ä. besonders hervor. Sein Nachfolger war sein Enkel Sibeth. Er wohnte auf der Sibethsburg (heute auf dem Gebiet der Stadt Wilhelmshaven); dort wurde er von Hamburgern überfallen und getötet. Sein Schwager Hajo Harlda verlegte den Häuptlingssitz auf die Burg in Jever. Edo Wiemken der Jüngere und dessen Tochter Maria von Jever sind als herausragende Figuren in die Geschichte eingegangen.
Der alte Gau Rüstringen wurde durch die Sturmfluten des 12. bis 15. Jahrhunderts, bei denen der Jadebusen entstand, auseinandergerissen. Die Gebiete Boith Jada (östlich der Jade = Butjadingen) und Bova-Jatha (oberhalb = Bovenjadingen = westlich der Jade ) hatten keine Landverbindung miteinander. Der westliche Teil, das Viertel Varel, wurde noch einmal durch eine Sturmflut auseinander gerissen, so entstand im nördlichen Teil das Viertel Bant, in dem der Name Rüstringen erhalten blieb. Es bestand aus den Kirchspielen Heppens, Neuende (mit dem Rest des im Jadebusen untergegangenen Kirchspiels Bant) und Sande. Diese gingen im Jeverland auf. Heppens und Neuende sind heute Teile der Stadt Wilhelmshaven. - Der südliche Teil des Viertels Varel bestand aus Varel mit der Friesischen Wehde.
Fräulein Maria von Jever vererbte 1575 das Jeverland an den Grafen von Oldenburg. Mehrfach wechselte das Jeverland seine Herren. Es gehörte zeitweise zu Anhalt-Zerbst, zu Russland und in napoleonischer Zeit zu Holland, ab 1813 wieder zu Russland. Erst 1818 wurde es an den Großherzog von Oldenburg abgetreten.
Der Name des Gaues Rüstringen ist nicht untergegangen. Es gab eine Vogtei und ab 1902 ein Amt Rüstringen, aus den Landgemeinden Bant, Heppens und Neuende gebildet. Heppens wurde 1907 Stadt, 1911 wurden die Landgemeinden Bant und Neuende mit Heppens zur „Stadt Rüstringen“ vereinigt. Durch die Vereinigung mit Wilhelmshaven 1937 verschwand zwar der Name Rüstringen als Stadtname, aber die evangelischen Kirchengemeinden behielten den Namen bei, und das Wappen der Stadt Wilhelmshaven bekam als Wappenfigur den „Rüstringer Friesen“. Auch das Rathaus hieß lange noch „das Rüstringer Rathaus“.
Siehe auch: Rüstringer Heimatbund (RHB), (Heimatverein in der Wesermarsch), Nordenham
[Bearbeiten] Literatur
- Georg Sello: Östringen und Rüstringen. Ad. Littmann, Oldenburg, 1928
- Hermann Lübbing: Oldenburg. Historische Konturen. Heinz Holzberg - Verlag, Oldenburg 1971, ISBN 3-87358-045-4
- Der Jadebusen und Rüstringen westlich der Jade in Carl Woebcken: Das Land der Friesen und seine Geschichte. Oldenburg i.O. 1932, Nachdruck Dr. Martin Sändig oHG, Walluf bei Wiesbaden 1973
- Rüstringen in Carl Woebcken: Jeverland, Gewesenes und Gebliebenes. Heft 8 der Mitteilungen des Jeverländischen Altertums- und Heimatvereins. C.L. Mettcker & Söhne, Jever, o. J.
- Albrecht Eckhardt, Heinrich Schmidt (Hrsg.): Geschichte des Landes Oldenburg. 3. Aufl. Holzberg, Oldenburg 1998, ISBN 3-87358-285-6
- Hans Patze, Ernst Schubert (Hrsg.): Geschichte Niedersachsens. 3 Bände, Lax, Hildesheim, (letzter Band 3, Teil 1: 1998, ISBN 3-7752-5901-5)