Ruhrbergbau
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Der Ruhrbergbau ist die Förderung von Steinkohle und im geringen Maße Eisenerz und anderen Mineralstoffen im Ruhrgebiet mit einer mehr als 1.000jährigen Tradition.
Südlich des Ruhrgebiets befindet sich der Nordrand des durch die Variszische Orogenese entstandene Mittelgebirge. Im Bereich des Ruhrtals verläuft die Grenze zwischen den Schichten des Devons und des darüber liegenden Karbons. Die flözführenden Schichten des Karbons fallen nach Norden hin ab und werden dort von den Schichten geologisch jüngerer Erdzeitalter, insbesondere Kreidezeit und Quartär, überdeckt.
Der Sage nach fand ein Junge in der Gegend von Sprockhövel und Langenberg beim Schweinehüten glühende schwarze Steine in einer Feuerstelle. Das erste Bergwerk soll "Op de Mutte" geheissen haben. Die Sage wird auch aus Witten kolportiert, das am Wittener Ruhrufer gelegene Muttental spielt in der Geschichte des Ruhrbergbaus auf jeden Fall eine maßgebliche Rolle; urkundlich ist ein erster Kohlebergbau für Dortmund im Jahre 1296 belegt.
Die Anfänge des Stollenbergbaus fanden im 16. Jahrhundert statt. Um 1700 gibt es schon das "Schießen", das Sprengen mit Schwarzpulver. Eine Liste für die gesamte Grafschaft Mark aus dem Jahre 1737 verzeichnet 105 Zechen mit zusammen 688 Bergleuten.
Kurze Zeit vor dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) verauftragte König Friedrich II. im Jahre 1755 Ludwig Philipp Freiherr vom Hagen und Johann Friedrich Heintzmann mit der Inspektion des Ruhrbergbaus und erliess am 29. April 1766 die "Revidirte Bergordnung für das Herzogtum Cleve, das Fürstentum Meurs und die Grafschaft Mark", weil er die Bedeutung für die Kriegsindustrie und den Merkantilismus erkannt hatte. 1780 wurde die letzte von 16, durch Preußen in Auftrag gegebenen Ruhrschleusen fertig gestellt. Die Ruhrschifffahrt diente bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem für Kohletransporte.
Man setzte Pferde ab 1785 Pferde in Pferdegöpeln zur Schachtföderung ein. Grubenpferde wurden etwa bis 1937 eingesetzt. Um 1787 führte man schienengebundene Transporte ein (Rauendahler Schiebeweg).
1804 zählte man im Ruhrgebiet 229 Zechen mit einer Jahresförderung von 380.000 Tonnen.
Einen Aufschwung erfuhr der Ruhrbergbau durch die Einführung der Dampfkraft bei der Wasserhaltung. Der erste, 46 m tiefe Seigerschacht im Rahmen des Tiefbaus wurde 1808 in der Zeche Vollmond in Bochum-Langendreer abgeteuft. 1809 wurde auf der Zeche Vereinigte Sälzer & Neuack auch erstmals mithilfe der Dampfkraft gefördert.
Die erste Koksbrennerei wurde 1816 auf der Zeche Vereinigte Sälzer & Neuack in Essen gebaut. Das erste Drahtseil in der Schachtförderung wird 1835 eingesetzt. Um 1840 wurde die von Humphry Davy entwickelte Grubenlampe verwendet.
Etwa ab 1850 setzte man Grubenpferde untertage ein. Allein die Hauderei Bischoff aus Gelsenkirchen vermietete im Ruhrbergbau bis zu 6.000 Pferde. Das letzte Grubenpferd namens Tobias wurde im Juli 1966 von der Zeche General Blumenthal in Recklinghausen ans Tageslicht gebracht. In der Regel waren die Pferde nach den Jahren untertage blind.
Um 1850 wurden die ersten Malakowtürme gebaut. Bis 1857 steigert sich die Zahl der Zechen auf 296 und die Förderung auf 3,6 Mio Tonnen. Die Kinderarbeit wurde 1854 untersagt, die Bergbehörde untersagte den Einsatz von Jugendlichen unter 16 Jahren untertage.
Um 1855 begann man mit dem zecheneigenen Wohnungsbau und der Anlage von Arbeitersiedlungen. Man setzte erstmalig Tübbinge ein. 1865 testete man die ersten Pressluftbohrer, ab 1866 wurde Dynamit eingesetzt. 1875 testete man die ersten Schrämmmaschinen.
Der Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund, kurz Bergbau-Verein, wird 1858 als Unternehmerverband gegründet. Mit dem "Allgemeinen Berggesetz für die preußischen Staaten vom 24. Juni 1865" ging der Bergbau von der staatswirtschaftlichen in die privatwirtschaftliche Form über.
Die Erschliessung Deutschlands mit der Eisenbahn während der industriellen Revolution verbesserte nicht nur die Infrastruktur des Ruhrbergbaus, sondern steigerte auch den Bedarf nach Kohle und Stahl.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg führen die Kontributionen zu einer großen Investition im Ruhrgebiet. Im Jahre 1873 kam es aber auch zur ersten Depression, der Kohlepreis sinkt.
Die soziale Problematik, Kampf um gerechtere Löhne, bessere Arbeitszeiten, Unfall-, Kranken- und Rentenversicherungen drückte sich im ersten größeren Streik 1872 in Essen aus. Um 1885 zählte man schon über 100.000 Bergleute im Revier. Der große Bergarbeiterstreik von 1889 führte schließlich zur Gründung von Bergarbeitergewerkschaften. Diese spielten bei den großen Streiks von 1905 und 1912 eine wichtige Rolle.
1893 wurde das Rheinisch-Westfälische Kohlen-Syndikat gegründet.
Im Ruhrgebiet wurde auch Toneisenstein und an der Emscher Raseneisenstein abgebaut. Man benötigte das Eisenerz für die Stahlherstellung. In Essen wurde im Mittelalter auch Silber gewonnen, an anderen Stellen Kobalt.
Im Jahre 1920 wurde der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (heute Regionalverband Ruhr) gegründet um vor dem Hintergrund der Reparationsforderungen aus dem Versailler Vertrag zusätzliche 150.000 Bergleute und etwa 600.000 weitere Menschen im Ruhrgebiet anzusiedeln. 1922 erreichte man die höchste Beschäftigtenzahl im Ruhrbergbau mit 576.644 Beschäftigten.
1927 wurden erstmals Diesellokomotiven eingesetzt. Die Kohleverflüssigung begann. 1939 setzte man den ersten Schrämmlader ein.
Auch im Ruhrbergbau kam es immer wieder bei Einstürzen oder Explosionen durch Schlagwetter, Kohlenstaub oder Sprengstoff zu einer grösseren Anzahl von Todesopfern. Beispiel: Am 20. Februar 1946 kamen auf der Zeche Grimberg in Bergkamen 405 Bergarbeiter bei einer Schlagwetterexplosion um.
Die Zeit des Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg führten dazu, dass Zwangsarbeiter im Ruhrbergbau eingesetzt wurden. In der Nachkriegszeit bestand ebenfalls eine hohe Anforderung an die Fördermenge. Es kam noch einmal zu einer kurzen Renaissance der Kleinzechen. 1946 wurden die Gewerkschaft Industrieverband Bergbau gegründet.
Unternehmen im Zuliefererbereich, wie zum Beispiel Gebr. Eickhoff, trugen dazu bei, aus dem Bergbau eine Hochtechnologie zu machen.
Erdöl begann dennoch in den 1960er Jahren, der Steinkohle Konkurrenz zu machen. Hinzu kam die billigere Importkohle. 1964 meldet der Rationalisierungsverband Ruhrbergbau 31 Großzechen zur Stilllegung an. Trotz Hüttenvertrag 1968 und Jahrhundertvertrag 1975 kam es zu weiteren subventionierten Schließungen.
Im Jahre 1997 wurden 47,6 Millionen Steinkohleeinheiten in Deutschland gefördert, davon stammten 37,2 Millionen vom Ruhrbergbau (1957: 123,2 Millionen). Weitere 21,5 Millionen wurden importiert.
Im Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenrevier betreibt die Deutsche Steinkohle AG momentan noch im Norden des Ruhrgebiets bzw. im Münsterland 8 Steinkohlenbergwerke. Das Bergwerk Ost bei Kamen zum Beispiel fördert auf einer Fläche 285 km² und einer Teufe von bis zu 1.560 Metern.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann; Die alten Zechen an der Ruhr; 2003; ISBN 3-7845-6992-7
- Joachim Huske: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten und Fakten von den Anfängen bis 1997. Bochum, 1998, ISBN 3921533627
- Karl Heinz Bader, Karl Röttger: 250 Jahre märkischer Steinkohlenbergbau; ISBN 3-88339-590-0
- Kurt Pfläging: Die Wiege des Ruhrkohlenbergbaus; ISBN 3-7739-0490-8
- Kurt Pfläging: Steins Reisen durch den Kohlenbergbau an der Ruhr; ISBN 3-89570-529-2
- Klaus Tenfelde: Sozialgeschichte der Bergarbeiterschaft an der Ruhr im 19. Jahrhundert, Bonn 1981
- Günter Streich, Corneel Voigt: Zechen, Dominanten im Revier. Geschichte, Gegenwart, Zukunft. Mit den Revieren Ruhr, Saar, Ibbenbüren. 1999. Nobel-Verlag. ISBN 3922785581