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Abdülhamit II. - Wikipedia

Abdülhamit II.

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Abdülhamid II.
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Abdülhamid II.

Abdülhamid II. (* 21. September 1842 in Istanbul; † 10. Februar 1918 ebenda) war vom 31. August 1876 bis zum 27. April 1909 Sultan des Osmanischen Reiches. Er war der zweite Sohn des Sultans Abdülmecid und folgte seinem Bruder Murad V. nach dessen Absetzung auf dem Thron.

Abdülhamid begleitete 1867 seinen Onkel, den Sultan Abdülaziz, bei seiner Reise nach England und Frankreich. Man hielt ihn für einen Anhänger liberaler Prinzipien, und die konservativeren unter seinen Untertanen neigten noch Jahre nach seiner Thronbesteigung dazu, ihn mit Argwohn zu betrachten, da sie ihn für einen zu glühenden Reformer hielten.

Aber die Umstände in seinem Land bei seiner Regierungsübernahme waren einer liberalen Entwicklung nicht gerade zuträglich. Zahlungsverzug bei den öffentlichen Ausgaben und eine leere Schatzkammer, die Aufstände in Bosnien und Herzegowina, der Krieg mit Serbien und Montenegro, schließlich der Eindruck, den man in ganz Europa durch die bei der Unterdrückung der bulgarischen Aufstände angewandten Methoden hinterlassen hatte: all das zusammen zeigte dem neuen Sultan, dass er von den europäischen Großmächten wenig Hilfe erwarten konnte. Er klammerte sich aber immer noch an die Hoffnung, von Großbritannien unter allen Umständen unterstützt zu werden, obwohl britische Staatsmänner ihm zumindest zuletzt wenig Grund für diesen Glauben gegeben hatten. Aus diesem Grund lehnte er es hartnäckig ab, den dringenden Forderungen der Mächte Gehör zu schenken, die notwendigen Reformen durchzuführen.

Die internationale Konferenz, die Ende 1876 in Istanbul zusammenkam, wurde in der Tat von Gewehrsalven aufgeschreckt, die die Bekanntmachung einer Konstitution verkündeten. Aber die Forderungen der Konferenz wurden trotz der feierlichen Warnungen, die an den Sultan gerichtet wurden, abgelehnt. Midhat Pascha, der Urheber der Konstituion, wurde ins Exil verbannt; und bald darauf wurde sein Werk außer Kraft gesetzt. Anfang 1877 folgte der verheerende Krieg mit Russland. Die harten Bedingungen, die Abdülhamid durch den Frieden von San Stefano aufgezwungen wurden, wurden in gewissem Umfang im Berliner Kongress abgemildert, hauptsächlich auf Initiative der britischen Diplomatie. Zu dieser Zeit hatte der Sultan jegliches Vertrauen in England verloren; er meinte, in Deutschland den zukünftigen Freund des Osmanischen Reiches zu erkennen. Die Vormachtstellung des Deutschen Reichs sah er dadurch bestätigt, dass dessen Hauptstadt für den Kongress ausgewählt worden war. Er beeilte sich, Deutsche für die Neuorganisation seiner Finanzen und der Armee zu beauftragen, und mit der Entschlossenheit, sein Reich trotz der umgebenden Schwierigkeiten zusammenzuhalten, machte er sich daran, den Ausländern Steine aus dem Weg zu räumen. Allmählich versuchte er die Zügel der absoluten Macht in seine Hände zu nehmen, da er seinen Ministern, nicht ungerechtfertigt, misstraute.

Finanzielle Verlegenheiten zwangen ihn, einer fremden Kontrolle über die Staatsschulden zuzustimmen, und der Erlass vom Dezember 1881, mit dem viele der Staatseinnahmen zugunsten der Gläubiger an die Dette Publique weitergeleitet wurden, war ein Prinzipienbruch, dem er nur mit Widerwillen zustimmte.

Probleme in Ägypten, wo ein diskreditierter Chedive abgesetzt werden musste, und Probleme an der griechischen Grenze und in Montenegro, wo die europäischen Mächte fest entschlossen waren, die Entscheidungen des Berliner Kongresses durchzusetzen, konnten mehr oder weniger zufriedenstellend gelöst werden. In seiner Haltung gegenüber Ahmad Urabi Pascha, der ab 1881 die Urabi-Bewegung gegen die Herrschaft den Vizekönig von Ägypten anführte, zeigte Abdülhamid nicht seine gewöhnliche Klugheit, und die sich ergebende Festigung von Englands Einfluss auf das Land trug zur weiteren Entfremdung von seinem alten Alliierten bei. Die Vereinigung von Bulgarien mit Ostrumelien 1885, deren Trennung der große Triumph des Berliner Kongresses gewesen war, war ein weiterer Tiefschlag. Wenige Leute südlich des Balkans träumten davon, dass Bulgarien mehr als eine russische Provinz sein könnte, und man befürchtete die Konsequenzen der Vereinigung, bis man sah, dass Russland sie tatsächlich missbilligte.

Dann wurde das beste darauf gemacht, und für einige Jahre bewahrte der Sultan eine geschickt ausbalancierte Haltung, um weder mit den Interessen Russlands noch denen Deutschlands zu kollidieren. Deutschlands Freundschaft war nicht völlig selbstlos und musste von Zeit zu Zeit mit einem Eisenbahnprojekt oder Zugeständnissen bei den Krediten gepflegt werden. 1899 wurde ein großes ersehntes Ziel gewährt, der Bau der Bagdadbahn.

Inzwischen war es Abdülhamid gelungen, seine Minister auf den Rang von Sekretären herabzusetzen, und die ganze Landesverwaltung in seinen Händen im Yildiz-Palast zu konzentrieren. Aber dadurch nahm die innere Uneinigkeit nicht ab. Kreta war ständig im Aufruhr, die Griechen waren unzufrieden, und seit ungefähr 1890 begannen die Armenier verstärkt, die ihnen in Berlin zugestandenen Reformen einzufordern.

Kleinere Zwischenfälle gab es 1892/93 in Marsovan und Tokat. 1894 wurde eine durch übermässige Steuerforderungen ausgelöste schwerwiegendere Revolte in der Bergregion von Sasun unbarmherzig niedergeschlagen. Die europäischen Staaten verlangten erneut Reformen; anstelle einer Umsetzung der nach außen hin zugesagten Reformen begann im Herbst 1895 schließlich eine Reihe von Massakern vor allem an den Armeniern, die sich in ganz Kleinasien und in der Hauptstadt über viele Monate hinzogen. Teilweise lieferten armenische Aktivisten den Vorwand; der Hintergrund war jedoch, die 'Armenische Frage' durch die Dezimierung und Einschüchterung der Betroffenen zu lösen. Spätestens diese Massaker brachten dem Sultan in der europäischen Öffentlichkeit die denkbar schlechteste Reputation ein: Er wurde zum "roten [blutigen] Sultan", zur Symbolfigur von Hinterhältigkeit und Grausamkeit. Die Pogrome von 1894-1896, denen ca. 200.000-300.000 Armenier zum Opfer fielen, wurden auch unter dem Namen Hamidische Massaker bekannt. Ebenso geht die Bezeichnung Hamidiye auf den Sultan zurück; unter diesem Namen formierte er großteils aus ehemaligen Strafgefangenen und Kriminellen eine paramilitärische Truppe, die nur seinem Befehl unterstanden. Die Hamidiye wurden zu den Hauptakteuren der Massaker.

Die versprochenen Reformen für die nicht-türkischen Minderheiten standen nach wie vor nur auf dem Papier. Allein Kreta profitierte von erweiterten Privilegien, doch Anfang 1897 startete dennoch eine griechische Expedition, um die Insel mit Griechenland zu vereinigen. Es folgte ein Waffengang, in dem das Osmanische Reich einen leichten Sieg errang, doch die Großmächte schützten Griechenland und gestanden Istanbul nur eine kleine Grenzkorrektur zu. Einige Monate später wurde sogar Kreta en depot von vier Großmächten – ausgenommen Deutschland und Österreich – übernommen und damit faktisch der Herrschaft des Sultans entzogen; statt dessen herrschte bis 1909 eine autonome Regierung unter einem Prinzen von Griechenland. Im folgenden Jahr empfing der Sultan den deutschen Kaiser und die Kaiserin festlich in Istanbul - eine deutsch-osmanische Entente verstärkte sich aufgrund dieser Vorerfahrungen.

Abdülhamid hatte dem Druck der europäischen Mächte immer bis zum letzten Moment widerstanden, um den Anschein zu erwecken, nur überwältigenden Machtmitteln nachzugeben, und sich gleichzeitig als Verfechter des Islam gegen das aggressive Christentum geben zu können. Die panislamische Propaganda wurde gefördert, was zugleich die Lage der christlichen Bevölkerungsteile im Reich unsicherer machte und der seit Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführten Gleichberechtigungspolitik eklatant zuwiderlief. Die Privilegien der Ausländer innerhalb Osmanischen Reich – oftmals ein Hindernis für die Regierung – wurden beschnitten; die neue Eisenbahnstrecke zu den Heiligen Stätten wurde zügig weitergeführt, und Abgesandte wurden in ferne Länder (vor allem in Kolonien feindlicher europäischer Großmächte) geschickt, um den Islam und die Vormachtstellung des Sultan-Kalifen zu predigen.

Dieser Appell an das muslimische Gemeinschaftsgefühl war allerdings machtlos gegen die Unzufriedenheit wegen der anhaltenden Misswirtschaft. In Mesopotamien und Jemen brodelten ständig Unruhen; in der Armee und in der muslimische Bevölkerung wurde der Anschein von Loyalität vor allem durch ein System von Spionage und Denunziation und durch massive Verhaftungen aufrechterhalten. Währenddessen zog sich der Sultan, besessen von der Angst vor einem Mordanschlag, fast völlig in seinen Yildiz-Palast zurück, öffentliche Auftritte wurden auf ein Minimum beschränkt. 1905 überlebte er ein Attentat armenischer Terroristen.

Seit 1903 wurde die Provinz Makedonien, deren inneren Unruhen die Regierung des Sultans nicht mehr Herr wurde, faktisch unter internationale Aufsicht gestellt. Diese nationale Demütigung führte, verstärkt durch den aufgestauten Groll zahlreicher Offiziere gegen die Palastspione und Informanten, schließlich in eine Krise der absolutistischen Herrschaft des Sultans (für eine detaillierte Diskussion siehe Jungtürken). Als Abdülhamid von der Revolte der von jungtürkischen Offizieren angeführten Saloniki-Truppen und von ihrem Marsch auf Istanbul hörte (23. Juli 1908), kapitulierte er unverzüglich.

Am 24. setzte er - wie von den rebellierenden Jungtürken gefordert - die Konstitution von 1876 wieder in Kraft; am nächsten Tag wurden Spionage und Zensur abgeschafft und die Freilassung von politischen Gefangenen angeordnet. Am 10. Dezember eröffnete Abdülhamid das neugewählte Parlament mit einer Rede vom Thron aus, in der er sagte, dass das erste Parlament (von ihm) nur vorübergehend aufgelöst worden sei, bis die Bildung des Volks durch Ausweitung des Unterrichts auf ein ausreichend hohes Niveau gebracht worden wäre.

Die korrekte konstitutionelle Haltung des Sultans bewahrte ihn nicht vor dem Verdacht, mit den immer noch mächtigen reaktionären Elementen im Staat zu intrigieren; ein Verdacht, der durch seine Haltung gegenüber der konservativen Konterrevolution vom 13. April 1909 erhärtet wurde, als ein Aufstand der Soldaten und des muslimischen Pöbels der Hauptstadt die jungtürkische Regierung zu stürzen versuchte ("Konstitutionelle Armee"). Der Umsturzversuch wurde nach drei Tagen durch die Saloniki-Truppen niedergeschlagen. Danach beschloss das "Komitee für Einheit und Fortschritt" unter Enver, Cemal, Talaat und Gökalp die Absetzung Abdülhamids, und am 27. April wurde sein jüngerer Bruder und Thronfolger Reshid Effendi als neuer Sultan Mehmed V. ausgerufen.

Der Ex-Sultan wurde in würdevolle Gefangenschaft nach Saloniki gebracht, von wo er im Herbst 1912 - infolge des Vordringens feindlicher griechischer Truppen im Ersten Balkankrieg - in einen Palast in Istanbul verlegt werden musste. Dort starb er einige Monate vor der Kriegsniederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg Anfang 1918. Den endgültigen Zusammenbruch seines Reiches und den Sturz seiner Dynastie 1922/24 erlebte er folglich nicht mehr.

[Bearbeiten] Literatur

  • Hammer-Purgstall, Joseph v. 1827-1836. Geschichte des Osmanischen Reiches. 10 Bde. Wien und Pesth.
  • Majoros, Ferenc; Rill, Bernd. 2004. Das Osmanische Reich 1300-1922. Die Geschichte einer Großmacht. Wiesbaden: Marix Verlag.
  • Noradounghian, Gabriel Effendi. 1897. Recueil d’actes internationaux de l’Empire Ottoman 1300-1789. Tome I. Paris, Neufchâtel.
  • Parry Vernon John. 1976. A history of the Ottoman Empire to 1730 : chapters from the ’Cambridge history of Islam’ and ’New Cambridge modern history’. Bde 1-5. Cambridge : Cambridge University Press .
  • Werner, Ernst. 1985. Die Geburt einer Grossmacht - Die Osmanen. Ein Beitrag zur Genesis des türkischen Feudalismus. Wien: Hermann Böhlaus Nachfolger 1985.
  • Werner, Ernst; Markov Walter 1979. Geschichte der Türken von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin: Akademie Verlag.


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