Bahkauv
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Bahkauv (althochdeutsch Bachkalb) war im Mittelalter ein fiktives Ungeheuer in der Stadt Aachen. Es soll einem großen Kalb mit scharfen Zähnen und schuppigem Fell ähneln.
Es soll nachts betrunkene Männer erschrecken und sie auffordern, es auf ihren Schultern zu tragen, sodass die Männer es schwer haben, heimzugehen. Flehten oder beteten die betrunkenen Männer, so wurde das Gewicht des Bahkauvs schwerer. Fluchten oder schimpften sie, dann wurde die Last leichter.
Frauen und Kinder belästigt das Bahkauv aber nie. Ihm zu Ehren errichteten die Aachener eine Brunnenanlage am Büchel (auch Kolbert genannt), wo es wohnt. Heute gibt es dort eine moderne Brunnenanlage, welche das Bahkauv zeigt. Das Wasser kommt allerdings nicht aus dem Maul, sondern aus Düsen im Schwanz des Tieres.
Einer aus dem 17. Jahrhundert stammenden Sage zu Folge soll das Bachkalb irgendwann einmal als ein Straßenräuber in Verkleidung enttarnt worden sein. Als das Untier einmal versehentlich einen kräftigen Schmied anfiel, schleuderte dieser es zu Boden und verprügelte es, bis aus dem Kostüm ein vor Schmerzen jammernder Torwächter kroch, der seine berufliche Stellung dazu genutzt hatte, in der Nacht unerkannt und ohne Verdacht zu erregen betrunkene Passanten ausraubte.
Angeblich soll Pippin der Jüngere, der Vater von Karl dem Großen, gegen das Bahkauv gekämpft haben.
Mythengeschichtlich ist das Bachkalb eine interessante Figur, denn im Rheinland gibt es zahlreiche Sagen über dämonische Wesen, die in der Nacht an einem Bach hocken, einsamen oder betrunkenen Wanderern auflauern und ihnen auf den Rücken springen. In der Gegend um Aachen und Düren sind dies vornehmlich zwei Unholde - einmal der Werwolf, der hier Stüpp heißt, und eben das Kalb. Hinter diesem Spukwesen, das übrigens kein Gespenst ist, sondern ein sehr körperhafter Unhold, verbirgt sich vermutlich ein Wiedergänger, d. h. ein Verstorbener, der aus dem Jenseits bzw. aus dem Grab zurückkehrt, um die Lebenden zu plagen. Insgesamt gehört das Bachkalb (im Grenzgebiet zu den Niederlanden auch "Grachtkalb" genannt), zur Klasse der unter dem Namen Aufhocker bekannten Spuk- und Plagewesen. Warum eine Transformation des untoten Wanderleichnams in ein Tier stattgefunden hat, ist eine von der Sagenforschung noch ungelöste Frage.
[Bearbeiten] Bahkauv in der Literatur
Es gibt ein Gedicht in der Aachener Mundart, auch "Öcher Platt" genannt, in dem das Bahkauv vorkommt, und in dem der Erlkönig von Goethe parodiert wird:
Et Bakauv
We patscht (1) esou spieh dörch Reen en Wenk? -
Et es äne Vadder met si Kenk;
Et Jöngsje helt an der Vadder sich faas,
Et hat völ Schloff en es ganz naas.
"Och Vadder! - och Vadder bliev doch merr ens stoh
Ich zedder en rasel (2), ich kann net mieh goh! -
Hürsch (3) du dann net dat Kettegeross (4)?
Ich gläuv et Bakauv es egen Stross."
"Ich kick (5) at wat ich kicke kann,
Doh henge steht der Tütemann. (6)"
"Och Vadder - och Vadder wie bevt mich et Hatz,
Nun stipt (7) et de Mul op en schwenkt met der Statz,
Ich siehn sing fürige Oge ganz klor,
Et es et Bakauv - et es em vörwohr!"
"Schwigg stell doch, du machs dich merr selver bang,
Wür send jo bau Heem, et duhrt (8) net mieh lang!"
"Och Vadder - nun strekt et de Klaue att us!
ojömich! Ogei! - der Ohm (9) geht mich us!
Ich kann net mieh goh, ich ben ganz stief,
Et Bakauv - et Bakauv setzt mich op ge Liev!"
"Schwig stell, ich krig dich op gen Aerm,
Dann hast du ouch die Köppche wärm."
Der Vadder leif en zauet (10) sich gau,
Et Jöngsge open Aerm he Hau -
Et Bakauv hau em zwor net gepackt,
Merr et Joengsge hau - egen Bocks ge...
(1) schreitet, (2) ich zittere und bebe, (3) hörst, (4) Kettengerassel, (5) schaue, (6) Nachtwächter, (7) sperrt auf, (8) dauert (zeitl.), (9) Atem, (10) beeilte,
Siehe auch: Wolpertinger, Kryptozoologie, Liste von Fabelwesen
[Bearbeiten] Literatur
- Peter Kremer, Wo das Grauen lauert. Blutsauger und kopflose Reiter, Werwölfe und Wiedergänger an Inde, Erft und Rur. Düren: PeKaDe-Verlag 2003 (kommentierte Sagensammlung aus dem westlichen Rheinland). ISBN 3-929928-01-9