Chaperon (Protein)
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Chaperone (französisch Anstandsdamen) sind Proteine, die neu synthetisierten Proteinen "helfen", sich korrekt zu falten. Die Bezeichnung wurde gewählt, da sie "unreife Proteine vor schädlichen Kontakten bewahren".
[Bearbeiten] Funktion
Neu synthetisierte Proteine müssen zunächst ihre spezifische, native Konformation finden. Diese ist zwar grundsätzlich in der Primärstruktur angelegt, und kleinere Proteine können sich auch spontan in der richtigen Weise falten (das klassische Beispiel für spontane Faltung ist die Ribonuklease). Vor allem bei größeren, komplexeren Proteinen sind aber oft weitere Hilfsmittel zur korrekten Faltung nötig. Ansonsten neigen solche Proteine zur Bildung von unerwünschten Aggregationen.
Zellen haben einen Weg gefunden, die Aggregation von neu synthetisierten Proteinen von Beginn an zu minimieren. Dafür bedient sich die Zelle einer komplexen, hochkonservierten Proteinmaschinerie, den molekularen Chaperonen. Diese Proteine interagieren spezifisch mit aggregationsanfälligen Proteinen und treten somit direkt in Konkurrenz zu Aggregationsreaktionen.
Das folgende Schema beschreibt grob die Funktion der Chaperone, wobei U das neu synthetisierte, noch ungefaltene Protein darstellt, das in einer Zufallsknäuel-Struktur vorliegt. Ein Weg führt nun zur Aggregation des Proteins (A), der andere Weg aber unter Vermittlung des Chaperons zum nativen Protein N:
.
Die Chaperone beschleunigen dabei die korrekte Faltung und Assoziation der Proteine, ohne selbst Teil der Struktur zu werden. Beeinflusst werden nur nicht-kovalente Wechselwirkungen.
Der mit Abstand am besten studierte Chaperon-Mechanismus, der der Gruppe Hsp60 (GroEL in Bakterien) wird bildlich als "hydrophobic donut hole" beschrieben: Das Chaperon ähnelt einem Fass oder Donut mit Deckeln an beiden Seiten. An der Innenseite des Fasses sind hydrophobe Ketten lokalisiert, die mit den hydrophoben Bereichen des darin befindlichen ungefaltenen Proteins wechselwirken und es so an der unerwünschten Aggregation hindern. Sobald das Protein seine native Konformation erreicht hat, sind die hydrophoben Bereiche im Protein selbst abgesättigt. Unter ATP-Verbrauch wird der "Deckel" geöffnet und das fertige Produkt wieder aus dem "Fass" oder "Donut" entlassen.
Chaperone sind nicht nur deswegen so wichtig, da sie neu-synthetisierten Proteinen ihre funktionelle Struktur geben, sondern sind auch später noch von großem Interesse. Da Proteine nur als lange Aminosäurekette ohne jegliche Wasserstoff- und Schwefelbrückenbindungen die Tunnelproteine der Zellmembranen (z.B. in ein Mitochondrium) passieren können, müssen sie nach dem Durchqueren der Zellmembran wieder zurückgefaltet werden, sodass sie ihre Funktion wiedererlangen. Dies ist ebenfalls Aufgabe der Chaperone.
[Bearbeiten] Klassifizierung von Chaperonen
Viele Chaperone werden benötigt, um neue Aminosäureketten überhaupt zu ihrer physiologischen Sekundärstruktur zu verhelfen. Das Bakterienchaperon GroEL beispielsweise hilft schätzungsweise der Hälfte aller mittelgroßen (30 - 60 kDa) neusynthetisierten Bakterienproteine bei der Faltung. Der enorme ATP-Verbrauch (also Energieverbrauch), der dies mit sich führt, unterstreicht die Wichtigkeit dieses Prozesses.
Andere Chaperone weisen bei unphysiologisch hohen Temperaturen eine erhöhte Syntheserate auf und gehören damit zu den klassischen Hitzeschockproteinen. Allerdings können auch andere Faktoren wie oxidativer Stress oder zellschädigende Substanzen zu einer Anhäufung von Proteinaggregaten führen und dadurch das Auftreten von Hitzeschockproteinen auslösen. Bereits 1988 konnte nachgewiesen werden, dass eine klare Korrelation zwischen der Expression von Hitzeschockproteinen und dem Auftreten von Thermotoleranz bzw. der Fähigkeit, Stresssituationen bis zu einem gewissen Ausmaß zu tolerieren, besteht.
Bei der Klassifikation der Hitzeschockproteine spielen Sequenzhomologien und ihr Molekulargewicht eine entscheidende Rolle. Mit Hilfe dieser Kriterien konnten bisher fünf universelle Klassen von Chaperonen unterschieden werden:
- die Hsp100/Clp Familie,
- die Hsp90 Familie,
- die Hsp70 Familie,
- die Hsp60/GroEL Familie und
- die kleinen Hitzeschockproteine.
Man kann die Chaperone nicht auf ein gemeinsames Urprotein zurückführen. Sie stellen eine heterogene Klasse dar, deren Mitglieder zu verschiedenen Zeitpunkten der Evolution entstanden.
[Bearbeiten] Literatur
- J. Buchner: Introduction: the cellular protein folding machinery. Cell Mol. Life Sci 59. 2002, 1587-1588
- H. Wegele; L. Muller; J. Buchner: Hsp70 and Hsp90 - a relay team for protein folding. Rev Physiol. Biochem. Pharmacol. 151. 2004, 1-44 (Springer Verlag)