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Deutsche Schrift - Wikipedia

Deutsche Schrift

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Schlagwort deutsche Schrift betont den besonderen Stellenwert einiger gebrochener Schriften für die geschriebene deutsche Sprache des 16. bis 20. Jahrhunderts. Als Druckschriften waren diese bis Anfang des 20. Jahrhundert auch in anderssprachigen Ländern durchaus gebräuchlich, wurden aber von der Antiqua verdrängt. In Deutschland hat sich nicht nur eine aktive Zweischriftigkeit bis Mitte des 20. Jahrhunderts gehalten, als einziges Land bevorzugte es selbst im 20. Jahrhundert noch gebrochene Schreibschriften.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Schriftformen

Die wichtigsten Druck- und Schreibschriften in diesem Zusammenhang:

  • Die Schwabacher war im 15. und 16. Jahrhundert die vorherrschende Druckschrift im deutschsprachigen Raum, bevor sie durch die Fraktur abgelöst wurde.
  • Die Fraktur ist die „Deutsche Schrift“ im engeren Sinne. Sie war zu verschiedenen Zeiten die offizielle Amtsschrift für Drucksachen im Deutschen Reich.
  • Die deutschen Kanzleischriften waren bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich für amtliche Schriftstücke.
  • Die deutsche Kurrentschrift war im 18. und 19. Jahrhundert die übliche Verkehrsschrift.
  • Die Sütterlinschrift war in den 1920er und 1930er Jahren offizielle Schulausgangsschrift.
  • Die Offenbacher Schrift wurde nach 1945 an einigen deutschen Schulen als zweite Schreibschrift gelehrt.

Die meisten der im modernen Buchdruck verwendeten Schriften werden als Antiqua-Schriften klassifiziert. Diese Bezeichnung bedeutet im wörtlichen Sinne „alte Schriften“. In Deutschland werden die Druckschriften durch DIN 16518 (Klassifikation der Schriften) in 11 Klassen eingeteilt, von denen allein 8 Klassen den so genannten Antiqua-Schriften zugeordnet sind.

[Bearbeiten] Hintergrund

Der Gegenbegriff zur deutschen Schrift ist die humanistische oder lateinische Schrift. Während der Gotik verbreiteten sich die gebrochenen Schriftformen in ganz Europa, in Deutschland hauptsächlich die Textur, in Italien und Spanien gerundetere Varianten wie die Rotunda. Der Bruch kam mit der Renaissance. Die Abkehr von der Gotik und Rückbesinnung auf die Antike zeigte sich auch in den Schriften venezianischer Drucker. Aus der karolingischen Minuskel entstand die Antiqua. Diese setzte sich von Italien ausgehend im größten Teil Europas schnell durch.

Die Frakturschrift aber behauptete sich als Schrift der Reformation im Gegensatz zur von der römisch katholischen Kirche verwendeten Antiqua. In Deutschland wurden die „gotischen“ Schriften immer wieder als wesentliches äußeres Kennzeichen deutscher Kultur verstanden und politisch instrumentalisiert. Auch wenn es immer wieder Reformbewegungen gab, zog sich der deutsche Antiqua-Fraktur-Streit bis ins 20. Jahrhundert.

Die gebrochenen Schriften verloren erst während Hitlers Regierungszeit an Bedeutung. Der Normalschrift-Erlass erklärte 1941 die gebrochenen Druckschriften – kurz darauf auch die gebrochenen Schreibschriften – als offizielle Schriften im deutschen Reich für abgeschafft. Die Antiqua wurde zur neuen „Normalschrift“. Kurz darauf wurden auch die Schullehrpläne entsprechend geändert. Auch die nachfolgenden Regierungen haben diese Regelung beibehalten.

[Bearbeiten] Geschichte

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Die Frakturschrift geht über verschiedene Zwischenstufen mit ihren Kleinbuchstaben auf die sogenannte karolingischen Minuskeln (Kleinbuchstaben) und mit ihren Großbuchstaben auf die lateinischen Kapitalien (Majuskeln) zurück.

Aus der karolingischen Minuskel entwickelte sich schon im 12. Jahrhundert die gotische Schrift, deren Name mit der Volksgruppe der Goten nichts zu tun hat, sondern in Analogie zur kunsthistorischen Stilbezeichnung der Gotik gebildet ist. Insbesondere darauf, dass die von Bischof Wulfila (Wulfila-Bibel) erarbeitete Misch-Schrift des tatsächlichen Gotischen Alphabets sich ebenfalls gebrochener Buchstaben bediente, sich in der Ausprägung der Buchstaben jedoch am altgriechischen Alphabet orientierte und nicht am lateinischen. „Gotisch“ konnte deswegen auch zu einem Synonym für „unverständlich“ oder „schwer lesbar“ werden. Daher ist schriftgeschichtlich streng zwischen der nach dem Volk der Goten benannten und der nach der Gotik benannten „Gotischen Schrift“ zu unterscheiden.

Die gemeinhin als „deutsche Schrift“ bezeichneten Schriftformen haben von der gotischen Schrift die Tendenz übernommen, einzelne Schäfte zu brechen. Die Mehrzahl dieser Schriften beruht aber auf einer jüngeren Entwicklung, der gotischen Kursiven, d. h. einer verbundengeschriebenen Variante der gotischen Schrift, die seit dem 13. Jahrhundert im Gebrauch war.

Die DIN-Klassifikation fasst diese in die Klassen X als „gebrochene Schriften“ zusammen, die ihrerseits in die Unterklassen Xa (gotische Schrift), Xb (rundgotische Schrift), Xc (Schwabacher Schrift) und Xd (Fraktur (Schrift)) untergliedert sind, die in einem historischen Entwicklungszusammenhang stehen.

[Bearbeiten] Gegenwart

Im germanischen und teilweise auch im slawischen Sprachraum beherrschten die gebrochenen Schriften das Druckbild seit dem ausgehendem Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Die deutsche Schreibschrift ist aus dem Alltag fast gänzlich verschwunden. Für die deutsche Sprache war bis 1941 Fraktur die beherrschende Druckschrift, die erst 1941 durch Anordnung 2/241 der Reichsleitung der damaligen Staatspartei NSDAP bekämpft und untersagt wurde. Sie wurde nach Kriegsende 1945 – bis in die siebziger Jahre – in einigen Bundesländern zwar noch in der Grundschule gelehrt (ansatzweise und nach Erlernen der lateinischen Schreibschrift), jedoch nicht mehr als Schrift für die Praxis, sondern nur noch, um die Kenntnis dieser Schrift nicht gänzlich untergehen zu lassen und zumindest ein Lesen der Schrift zu ermöglichen. Von praktischer Bedeutung ist die Kenntnis deutscher Schriften heute hauptsächlich für Historiker und Familienforscher. Ihre wissenschaftliche Aufbereitung ist Aufgabe der Paläografie.

Im heutigen Alltag werden gebrochene Schriften fast nur noch als historisierende Zierschriften genutzt. Einige Schriftgestalter setzen sich im Interesse der Schriftenvielfalt für den Erhalt der gebrochenen Schriften ein und digitalisieren diese für den Computerschriftsatz.

Für den Erhalt der deutschen Schriften als „europäischen Kulturguts ersten Ranges“ setzt sich der Bund für deutsche Schrift und Sprache ein. Sein Ziel ist es, „einer Verdrängung der in acht Jahrhunderten gewachsenen sichtbaren Ausdrucksform der deutschen Sprache entgegenzuwirken“.

[Bearbeiten] Einfluss der Rechtschreibreform

Viel Schreiber empfinden das Schriftbild der deutschen Schrift als besonders ästhetisch und benutzen die deutsche Schreibschrift deshalb z.B. in handgeschriebenen Briefen oder Rezeptbüchlein. Durch die Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 wurde an vielen Stellen das ß durch ss ersetzt, was das Schriftbild verändert. Die überwiegende Mehrheit der aktiven Schreiber umgeht dieses Problem durch Anwendung der alten Regelungen. Möchte man die neuen Regelungen anwenden, gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten:

  • Der Ersatz von ß durch ss (z.B. Nuss statt Nuß). Der Nachteil dieser Schreibweise ist, dass das tradtionelle Schriftbild diese Kombination sogar verbot.
  • Der Ersatz von ß durch ſſ (z.B. Nuſſ statt Nuß). Auch diese Schreibweise bricht mit dem alten Schriftbild, innerhalb von Silben gab es sie aber bereits (z.B. in Waſſer).
  • Der Ersatz von ß durch ſs (z.B. Nuſs statt Nuß). Einerseits ist es logisch, die Ligatur ß wieder in ihre ursprünglichen Bestandteile langes s (ſ) und rundes s (s) zu zerlegen. Diese Kombination sieht für Leser, die das lange s nur aus deutschen Text kennen, etwas befremdlich aus, in anderen Sprachen ist sie allerdings üblich. Benutzt man das lange s im Englischen, schreibt man z.B. happineſs (englisch für Glück).

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Geschichte der deutschen Schrift

  • Albert Kapr: Fraktur. Form und Geschichte der gebrochenen Schriften. Verlag Hermann Schmidt, Mainz, 1993, ISBN 3-87439-260-0Enthält vielzitierten Aufsatz von Hans Peter Willberg
  • Peter Bain, Paul Shaw (Hrsg.): Blackletter: Type and National Identity, Princeton Architectural Press, 1998, ISBN 1-56898-125-2Umfangreiche Gesamtdarstellung (englisch)
  • Christina Killius: Die Antiqua-Fraktur Debatte um 1800 und ihre historische Herleitung. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, 1999, ISBN 3-447-03614-1Sehr umfangreich
  • Hans Foerster, Thomas Frenz: Abriss der lateinischen Paläographie, Anton Hiersemann Verlag, 2004, ISBN 3777204102Kapitel „Die Schriften der Neuzeit“
  • František Musika: Die schöne Schrift in der Entwicklung des Lateinischen Alphabets, Zwei Bände, Verlag Werner Dausien, Hanau, 1965 — Band I, Seiten 501 bis 542
  • Hans Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1958 — Seiten 505–518
  • Wilhelm H. Lange: Von der Schwabacher Judenletter und einer kleinen Widerstandsbewegung… in: Festschrift zum 80. Geburtstag von Karl Klingspor, 25. Juni 1948. — Typographen wehren sich gegen Bormann

[Bearbeiten] Leselehrbücher

  • Fritz Verdenhalven: Die deutsche Schrift. Ein Übungsbuch, Degener Verlag, 1991, ISBN 3-7686-1040-3
  • Paul Arnold Grun: Leseschlüssel zu unserer Alten Schrift, Limburg an der Lahn, 2002 (Reprint der Originalauflage von 1935), ISBN 3-7980-0358-0Schriftproben 14. bis 19. Jahrhundert

[Bearbeiten] Schreiblehrbücher

  • Harald Süß: Deutsche Schreibschrift. Lesen und Schreiben lernen, Verlag Droemer Knaur, 2002, ISBN 3-4266-6753-3Deutsche Kurrent, Sütterlinschrift, Offenbacher Schrift
  • Helmut Delbanco: Schreibschule der deutschen Schrift. Eine Anleitung zum selbständigen Erlernen der deutschen Schreibschrift, Verlag Bund für deutsche Schrift und Sprache e. V., 2005, ISBN 3-930540-23-1Sütterlinschrift

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen

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