Deutscher Nationalverein
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Der Deutsche Nationalverein war eine parteiähnliche Organisation, welche aus einem Zusammenschluss von Liberalen und gemäßigten Demokraten 1859 entstand und bis 1867 bestand. Das Ziel des Nationalvereins war die Schaffung eines liberalen kleindeutschen Staates unter preußischer Führung mit einem Nationalparlament. Notfalls war man bereit, eine zeitweilige Diktatur Preußens zu akzeptieren, solange sie zur Bildung eines deutschen Nationalstaates führen würde. Die "kleindeutsche" Lösung bedeutete die Abkoppelung von Österreich.
Geplant gewesen war die Gründung einer nationalen Fortschrittspartei, was aber an Meinungsverschiedenheiten zwischen norddeutschen und süddeutschen Vertretern über die Führungsrolle Preußens scheiterte.
Der Verein lehnte das Mittel der Revolution ab, nur einige Teile des demokratischen Flügels versuchten diesen Weg zu verfolgen. Stattdessen konzentrierte man sich darauf, alle gesetzlichen Wege zur Nationalsstaatsbildung zu verfolgen. Partner bei diesem Projekt sollte die preußische Regierung sein, der man als Einziger zutraute, die notwendigen Schritte zum deutschen Staat zu unternehmen.
Wichtigste Mitglieder des Vereins waren: Rudolf von Bennigsen, Hermann Schulze-Delitzsch, Ludwig August von Rochau und Fedor Streit. Hierbei ist zu erwähnen, dass Streit der einzige Demokrat in der Führung des Vereins war und bis 1865 den wichtigen Posten des Geschäftsführers inne hatte. In dem Verein dominierte das Bildungsbürgertum.
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[Bearbeiten] Gründung des Vereins
Der Verein entstand unter dem Eindruck der "Neuen Ära" in Preußen und des oberitalienischen Krieges. Vorarbeiten zur Vereinsgründung wurden 1858 auf dem Kongress der deutschen Volkswirte und 1859 im Juli in Eisenach beim Treffen der Demokraten und in Hannover beim Treffen der Liberalen geleistet worden. Am 14. August 1859 trafen sich schließlich beide Gruppen in Eisenach und verabschiedeten die 2. Eisenacher Erklärung, die als ein Programm des Vereins verstanden werden kann. Dort forderte man die Wahl eines Nationalparlamentes, die Schaffung einer Zentralgewalt, das Ende des Bundes und notfalls die Übertragung der diplomatischen und militärischen Kräfte Deutschlands auf Preußen. Jeder Mann solle das Ziel der Einheit vor jedes Ziel einer Partei stellen und die preußische Regierung, so sie für Deutschland handele, nach vollen Kräften unterstützen.
Trotz der Tatsache, dass der Verein eine klare "kleindeutsche Ausrichtung" hatte, verzichtete man mit Rücksicht auf die süddeutschen Demokraten und Liberalen auf eine negative Erwähnung Österreichs, welche sich bei den Liberalen in Hannover noch in scharfer Form gefunden hatte.
Die offizielle Gründung des Vereins wurde am 15./16. September 1859 in Frankfurt am Main vollzogen. Danach befand sich der Verein eine zeitlang im organisatorischen und programmatischen Aufbau. Aus dem Ziel eines Nationalstaates entwickelte der Verein schon bald einen Hang zu nationalen Symbolen. In diesem Zusammenhang ist sicherlich die Flottensammlung zu verstehen, welche vom Verein auf der 1. Generalversammlung beschlossen wurde. Der Verein sammelte von nun an Gelder für den Aufkauf der Deutschen Flotte von 1848 und übergab diese Gelder bis 1862 dem preußischen Kriegsminister von Roon.
[Bearbeiten] Von Ende der "Neuen Ära" bis zum Ende des Vereins
Als die "Neue Ära" 1861/62 in Preußen zu Ende ging, aber von der preußischen Regierung jegliche Versuche zur deutschen Einigung ausgeblieben waren und 1862 auch noch Bismarck als neuer preußischer Ministerpräsident berufen wurde, musste der Verein seine Strategie ändern. Da an eine Kooperation mit der preußischen Regierung nicht mehr zu denken war, nachdem Bismarck den Kampf um den Heeres- und Verfassungskonflikt eröffnet hatte, driftete der Verein 1862 nach links. Er erhob die Reichsverfassung vom 28. März 1849 zu seinem Programm und erklärte: "Darin ist im wesentlichen alles enthalten". Tatsächlich konnte sich der rechte Flügel des Vereins in der preußischen Spitze der Verfassung (in der kleindeutschen Version) wiederfinden, der linke Flügel hingegen schätzte besonders die Wahl- und die Grundrechte der Verfassung.
Daneben setzte der Verein verstärkt auf einen Druck der Vereinheitlichung. Nachdem es schon 1861 in Preußen zur Gründung der Deutschen Fortschrittspartei als einer "Exekutive des Nationalvereins" gekommen war (die Führung der DFP wurde von der preußischen Führung des Nationalvereins gestellt), kam es ab 1862 in den deutschen Mittel- und Kleinstaaten zu Gründungen von Fortschrittsparteien, wesentlich initiiert vom Nationalverein. Die Hoffnung war, dass diese Parteien ähnlich erfolgreich wie die preußische sein würden (sie gewann bereits die Wahl in ihrem Gründungsjahr). So hoffte man, die Parlamentsmehrheiten zu erreichen und die Regierungen der Staaten unter Druck zu setzen. Die Taktik war, dass die anderen deutschen Regierungen geschlossen Druck auf die preußische Regierung ausüben sollten.
Ab 1863 kam es zur Krise des Vereins. Aufgrund der Schleswig-Holstein-Krise hatte der Verein seine Agitation zu Gunsten des neu gebildeten 36er Ausschusses aufgegeben. Man erhoffte sich, dass die beiden Herzogtümer von Freiwilligenverbänden befreit würden und Teile des neuen deutschen Nationalstaates werden würden. In diesem Augenblick wurden sie von Bismarck überholt. Dieser schloss ein Bündnis mit Österreich und gemeinsam eroberten sie die Herzogtümer unter Berufung auf internationale Rechtstitel, nicht aber unter Berufung auf nationale Einigung. Damit hatte Bismarck die Agitatoren des 36er Auschusses düpiert.
Nach dem Ende der Schleswig-Holstein Krise kam es zu Bestrebungen zur Reaktivierung des Vereins, welche im Oktober 1864 erfolgte. Allerdings hatte der Verein von nun an mehr mit sich zu kämpfen, als das er sich der Verwirklichung seiner Ziele hätte widmen können. Als es zum Deutsch-Deutschen Krieg und in der Folge zum Norddeutschen Bund kam, spaltete sich der Verein und driftete nach rechts. Denn der rechte Flügel des Vereins suchte nun den Ausgleich mit Bismarck und war bereit, seiner Indemnitätsvorlage 1866 zu zustimmen. Der linke Flügel spaltete sich vom Verein ab. Der rechte Flügel hielt sich von nun für regierungsfähig, wenn auch nur als Juniorpartner. Aus dem recbten Flügel entstand die Nationalliberale Partei.
Besaß der Verein 1862 über 25.000 Mitglieder und zahlreiche Kontrollpositionen in Massenorganisationen wie Turner- oder Schützenvereinen, hatte er 1867 gerade noch 1000 Mitglieder. Dennoch gewann die Nationalliberale Partei, die aus den Resten hervorging, sowohl die Wahlen 1867 zum norddeutschen Reichstag, als auch 1871 zum gesamtdeutschen Reichtstag.
[Bearbeiten] Zeitgenössische Einschätzung
Interessant ist die zeitgenössische Einschätzung des Vereins. So ist in Meyers Konversationslexikon (1895) zu lesen: "Die preußische Regierung, welcher man im ersten Programm die Führung Deutschlands zugedacht hatte, wußte jedoch mit dieser Bewegung unglücklicherweise nichts zu machen und verhielt sich von Anfang an sehr kühl, fast ablehnend gegen sie. Noch mehr verscherzte sich Preußen das Vertrauen, als dort 1862 der Verfassungskonflikt ausbrach. Die Preußenfreunde im Nationalverein verloren mehr und mehr den Mut, offen für die preußische Hegemonie aufzutreten, und die demokratischen Elemente erlangten bald das Übergewicht. Die Flottenbeiträge, die gesammelt wurden, wurden bald nicht mehr an die preußische Regierung abgeliefert; ja, 1863 versuchte es der N. sogar, gegen Preußen aufzutreten, indem es in der schleswig-holsteinischen Frage ein eignes Programm aufstellte (...) Der N. sprach sich im offenen Bruch mit der preußischen Hegemonie sogar dahin aus, daß erst ein allgemeines deutsches Parlament über den künftigen Träger der Zentralgewalt in Deutschland entscheiden solle, und der Ausschuß verwarf Bismarcks Bundesreformvorschläge vom 9. April 1866. Indem nun Preußen wirklich im Sommer 1866 seine Bundesreform durchführte, war der N. vernichtet. Angesichts dieser unerwarteten Wendung der Dinge löste sich der N. im Herbst 1867 (...) förmlich auf."
[Bearbeiten] Organisation des Vereins
Der Ausschuss war die wichtigste Organisation des Vereins. Er wurde demokratisch auf den Generalversammlungen gewählt und wählte aus seiner Mitte den Vorstand. Die demokratischen Wahlen wurden abgeschwächt dadurch, dass der Auschuss freies Kooptionsrecht hatte. Er war die "lenkende Oligarchie" (Na'aman) des Vereins. Eine Besonderheit war die konsequente zentralistische Organistionsweise des Vereins: Jedes Mitglied war direkt der Zentrale in Coburg (später Frankfurt) unterstellt.
[Bearbeiten] Literatur
- Shlomo Na'aman: Der Deutsche Nationalverein. Die politische Konstituierung des deutschen Bürgertums 1859-1867, Verlag Droste, 1987