Die Küchenuhr
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Die Küchenuhr ist eine Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert, die der Trümmerliteratur zugeordnet wird. Sie ist 1949 erschienen.
[Bearbeiten] Inhalt
Die Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert spielt in der Nachkriegszeit und handelt von einem zwanzig Jahre alten Mann, der sich zu einem Mann und einer Frau auf eine Bank setzt. Er zeigt ihnen eine defekte Küchenuhr und berichtet, dass sie übrig geblieben sei. Das Besondere an der Uhr sei auch, dass sie um halb drei stehen geblieben sei. Dies sei immer der Zeitpunkt gewesen, an dem er nachts nach Hause gekommen sei. Seine Mutter habe ihm dann immer etwas zu essen gemacht.
Seine Familie hat der junge Mann im Krieg verloren. Das einzige, was ihm geblieben ist, ist die Uhr. Der Alltag vorher erscheint ihm heute als das Paradies. Er verstummt. Der Mann neben ihm starrt auf seine Schuhe und muss immer an das Wort „Paradies“ denken.
[Bearbeiten] Interpretation
Schwerpunkte:
Wolfgang Borchert ist ein Vertreter der so genannten „Trümmerliteratur“. Er möchte in all seinen Texten die Erfahrungen des Krieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit verarbeiten. Auch in „Die Küchenuhr“ folgt er diesem Prinzip. Unmittelbarer Anfang: Der vorliegende Text ist eine typische Kurzgeschichte. Der Leser weiß nicht, wer die Person ist, um die es geht. Auch das Ende ist offen. Man weiß nicht, wie die Geschichte weitergeht. Einheit von Ort und Zeit: Wie in Kurzgeschichten üblich handelt die Geschichte in einem begrenzten Zeitraum. Außerdem erfährt man nur etwas über andere Schauplätze, wenn die Hauptperson über diese erzählt.
Gegensätze:
In der Geschichte wird mit Gegensätzen gearbeitet. Die Hauptperson hat ein altes Gesicht, obwohl sie als jung vorgestellt wird. Die Aussagen der Hauptperson passen auch nicht zu der Tatsache, dass sie ihre ganze Familie und auch all ihren materiellen Besitz verloren hat. Diese Gegensätze lassen Zweifel aufkommen, ob der Protagonist noch geistig gesund ist.
Die Anderen:
Es findet keine wirkliche Kommunikation zwischen den Charakteren statt, somit erfährt man auch nichts über die „anderen“, obwohl die beiden Figuren miteinander sprechen. Die „Anderen“ sind wahrscheinlich des Redens überdrüssig, denn sie haben die Schrecken des Krieges genauso gesehen wie die Hauptfigur.
Die Küchenuhr:
In der Geschichte liegt das Hauptaugenmerk auf einem Gegenstand. Wie in der Überschrift zu sehen, handelt es sich um die „Küchenuhr“. Nach einer kurzen Beschreibung stellt die Hauptfigur fest: „Innerlich ist sie kaputt, das steht fest. Aber sie sieht noch aus wie immer.“ Diese Beschreibung trifft auch auf viele Menschen zu, die den Zweiten Weltkrieg überlebt haben. Somit steht sie für den Verlust des Alltags und des Gewohnten, an dessen Platz die Schrecken des Krieges getreten sind.
Der Kinderwagen:
Ein Kinderwagen in einer Kurzgeschichte steht meist für neues Leben und Hoffnung für die betroffenen Personen. Der erwähnte Kinderwagen in der Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert bedeutet jedoch Armut. Sie wurden früher als Transport für Nahrungsmittel und verbotene Waren verwendet.
Personifizierung:
Wie wichtig die Uhr für die Hauptperson ist, sieht man dadurch, dass sie wie eine Person dargestellt wird, zum Beispiel in folgendem Satz: „Da nickte er der Uhr zu“.
Aussage: Wolfgang Borchert zeigt mit seiner Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“, wie unsicher das Alltägliche ist. Selbst was äußerlich in Ordnung scheint, ist innerlich beschädigt. Der Zweite Weltkrieg hat vielen jungen Menschen die Unbeschwertheit weggerissen und sie trotz ihrer Jugend als geistige Wracks heimkehren lassen. Der Mann auf der Bank muss zum Schluss „immerzu an das Wort Paradies“ denken. Der Leser wird durch dieses offene Ende dazu gebracht, sich über sein eigenes „Paradies“ Gedanken zu machen.