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Dora-Mittelbau - Wikipedia

Dora-Mittelbau

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Konzentrationslager Dora, auch Dora Mittelbau oder Mittelwerk genannt, wurde am 28. August 1943 als Außenlager von Buchenwald am Südhang des Kohnsteins bei Nordhausen in Thüringen gegründet. In dem Werk wurde vor allem die „Vergeltungswaffe 2” (V2) produziert.

Die Anlage im Kohnstein war die größte unterirdische Rüstungsfabrik des Zweiten Weltkrieges. Noch heute zählt der Dora-Mittelbau zu den größten unterirdischen Anlagen der Welt.

Ursprünglich lagen Forschung und anfängliche Produktion der Rakete auf Usedom bei der dortigen Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Nach deren Bombardierung („Operation Hydra”) durch britische Bomber in der Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 sollte die eigentliche Produktion der V2 unter die Erde verlegt werden, um sie vor weiteren Bombenangriffen zu schützen und möglichst geheim zu halten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Bau des Lagers

Als Produktionsort wählte man den Kohnstein (Nordhausen, Thüringen), wo bereits im Jahre 1936 eine unterirdische Anlage im Auftrag der Wifo (Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft) angelegt worden war; ursprünglich sollte hier ein unterirdisches Treibstofflager entstehen. Die bereits existierenden Stollen wurden dann ab 1943 zum Produktionsort für die V2 umgebaut.

Der erste Häftlingstransport mit 107 Häftlingen erreichte den Kohnstein am 28. August 1943, nur zehn Tage nach der Zerstörung der Anlagen in Peenemünde. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt noch kein Lager. Es existierte lediglich der Stollen, der anfangs auch zur Unterkunft für die Häftlinge wurde. Es wurde nicht gleich mit der Produktion begonnen, sondern zunächst die Böden in den Stollen betoniert, Straßen gebaut, Gleise verlegt, weitere Kammern angelegt und die großen Produktionsmaschinen eingebaut. Sämtliche Arbeiten wurden durch die Häftlinge ausgeführt, meist ohne besondere Hilfsmittel.

In der Anfangszeit waren die Lebensbedingungen für Häftlinge sehr schlecht. In den ersten Monaten starben bereits tausende von ihnen an Entkräftung, Unterernährung, sowie an Lungenkrankheiten durch den Staub der Sprengungen. In dieser ersten Phase war auch die medizinische Versorgung für die Häftlinge unzureichend. Man hatte eine Kammer als Ambulanz eingerichtet, was jedoch nicht ausreichte, um die Kranken zu behandeln.

[Bearbeiten] Produktion der V2

Die eigentliche Produktion der V2 begann erst ein halbes Jahr nach der Gründung des Lagers, im Januar 1944. Arthur Rudolph setzte die Zwangsarbeiter des KZ zum Bau der V2 ein. Erst im Nachhinein wurde ein Lager für die Häftlinge errichtet, die dieses im Frühjahr beziehen konnten. Durch den Umzug der Häftlinge aus dem Stollen in das Lager verbesserten sich die Lebensbedingungen etwas. Im Sommer kam die Produktion der Flügelbombe „V1” hinzu.

Im Herbst 1944 wurde das Außenlager Dora verselbständigt und umbenannt in „Konzentrationslager Mittelbau”. Bis zum April 1945 wurde in der Region ein dichtes Netz von Außenlagern aufgebaut. Jedes dieser Lager hatte in dem Komplex seine Funktion, wobei Mittelbau als Zentrale funktionierte.

Hierbei gab es drei verschiedene Arten von Lagern: Produktions-, Bau- und Sterbelager. Häftlinge, die in Produktionskommandos (z.B. Rottleberode, Kleinbodungen, usw.) „abgearbeitet” waren, wurden in die Baulager (z.B. Ellrich, Harzungen, usw.) verlegt und mussten dort Schwerstarbeit auf den einzelnen Baustellen leisten, z.B. beim unvollendeten Bau der Helmetalbahn, mit der der überregionale Verkehr der Südharzstrecke um den Bereich des KZ herum geführt werden sollte. Aufgrund der schweren körperlichen Arbeit wurden die Häftlinge auch hier sehr schnell „unbrauchbar” und wurden anschließend in sogenannte Sterbelager (z.B. Boelcke-Kaserne) abgeschoben, wo sie zum größten Teil ohne medizinische Betreuung sich selbst überlassen wurden.

Das Lager wurde schließlich am 11. April 1945 durch die 1. US-Armee befreit. Allerdings kam für die Mehrheit der Häftlinge die Hilfe zu spät, da sie bereits auf Evakuierungstransporte und sogenannte Todesmärsche geschickt worden waren. Lediglich die Kranken und Sterbenden wurden zurückgelassen. Diese Todesmärsche führten zu den Konzentrationslagern Bergen-Belsen, Sachsenhausen (Oranienburg) und auch in die Lübecker Bucht (siehe Cap Arcona), wo zahlreiche Lagerinsassen bei der Versenkung der dortigen Schiffe durch alliierte Bombardierungen ums Leben kamen. 1.016 Häftlinge wurden in einer Scheune bei Gardelegen bei lebendigem Leib verbrannt.

Während der 18 Monate, die das Lager existierte, haben etwa 60.000 Häftlinge aus 21 Nationen den Komplex Mittelbau passiert; 20.000 von ihnen sind in dem Lager gestorben.

Viele Technikbegeisterte sehen in der Raketenproduktion in Dora-Mittelbau eine technische Meisterleistung. Bei Betrachtung der Opferzahlen wird jedoch deutlich, dass hier Entwicklung und Fortschritt rücksichtslos mit dem Leben und der Gesundheit von Menschen bezahlt wurden. Unter normalen – menschlichen – Umständen hätten sich die ehrgeizigen „Raketenpioniere” kaum ihren „zehnjährigen technischen Vorsprung” verschaffen können. Dieser Schatten wird für immer über der „Wiege der Raumfahrt” liegen bleiben.

Heute steht das Konzentrationslager Mittelbau als Paradigma für die Zwangsarbeit, die während der Zeit des Nationalsozialismus geleistet wurde.

[Bearbeiten] Nutzung nach dem Krieg

Nach der Räumung des Inventars durch US- und Sowjet-Kräfte und der kurzzeitigen Nutzung als Flüchtlingsunterkunft blieb Mittelbau-Dora lange Jahre unbeachtet. Lediglich am 11. April 1946 wurde am Krematorium von der sowjetischen Besatzungsmacht ein Mahnmal errichtet, sowie 1954 das Krematorium selbst als Ehrenmal eingeweiht.

Nachdem die Sowjets die Demontage der Anlagen beendet hatten, versuchten sie, das komplette Stollensystem von Mittelbau-Dora zu sprengen. Dies scheiterte jedoch, da der Explosionsdruck durch die Lüftungsschächte entwich und nur die Stollen einstürzten, in denen die Sprengladungen gezündet wurden. Daraufhin sprengte man nur die vier Nord- und Südeingänge der Hauptstollen A und B.

Platz und Denkmal vor dem Krematorium des KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen, hier bei einer Gedenkveranstaltung
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Platz und Denkmal vor dem Krematorium des KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen, hier bei einer Gedenkveranstaltung

Erst 1966 wurde die „Mahn- und Gedenkstätte Mittelbau-Dora” eröffnet. Die Ausstellungen im zum Museum umgebauten Krematorium fokussierten sich jedoch auf das Thema des 'antifaschistischen Widerstand' und überdeckten damit andere, nicht-politische Schicksale. Zum 50. Jahrestag 1995 wurde die Gedenkstätte mit einem neuen Konzept, welches allerdings bewusst auch weiter Elemente aus der DDR-Zeit enthält, wieder eröffnet. Durch einen neu angelegten Zugang, mit dessen Bau bereits 1988 begonnen worden war, ist seitdem auch ein sehr kleiner Teil des Stollensystems mit Schlaf- und Produktionsräumen wieder für die Öffentlichkeit im Rahmen von Führungen zugänglich.

Im Frühjahr 2005 wurde das neue Hauptgebäude eingeweiht, in dem im September 2006 eine neue Dauerausstellung eröffnet wurde.

Von den oberirdischen Gebäuden ist mit Ausnahme des Krematoriums, eines Feuerwehrhauses und einer Baracke nichts oder nur noch die Grundmauern zu sehen. Die Stollenanlage selbst ist in weiten Bereichen vom Grundwasser geflutet und möglicherweise in Folge des industriellen Bergbaus der näheren Umgebung eingestürzt.

Die heute sichtbare Baracke wurde aus Teilen mehrerer Originalgebäude wiedererrichtet. In den 1950er Jahren wurden zwei Baracken auf dem ehemaligen KZ-Gelände abgebaut und auf dem Gelände einer nahegelegenen Zigarettenfabrik wieder aufgebaut, wo sie lange Zeit als Betriebskindergarten bzw. Kegelbahn dienten. Erst Anfang der 90er Jahre wurden die Baracken wieder an ihren Ursprungsort zurückgebracht, wo dann aus beiden eine möglichst originalgetreue Baracke zusammengebaut wurde.

Das Tunnel-System war nach der Wiedervereinigung Deutschlands Schauplatz zahlreicher Plünderungen durch Schatzsucher und Trophäensammler die sich Einlaß über den ungesicherten Zugang des Bergwerkes im nördlichen Teil des Kohnstein verschafften. Willi Kramer, ein deutscher Archäologe der 1992 und 1998 Tauchgänge im Tunnelsystem absolvierte, schätzt, daß bisher ca. 70 Tonnen Material gestohlen wurden. Erst 2004 als der Betreiber des Bergwerkes Konkurs anmeldete konnte auch der Hintereinang versperrt werden.[1]

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Jens-Christian Wagner: Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora, Wallstein 2001
  • Frank Baranowski: Die verdrängte Vergangenheit. Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit in Nordthüringen, Mecke, Duderstadt 2000, 192 Seiten
  • Joachim Neander: „Hat in Europa kein annäherndes Beispiel”, Metropol 2000
  • Rainer Eisfeld: Mondsüchtig. Wernher von Braun und die Geburt der Raumfahrt aus dem Geist der Barbarei, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000, 285 Seiten
  • Manfred Bornemann: Geheimprojekt Mittelbau, Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1994, 238 Seiten
  • André Sellier Zwangsarbeit im Raketentunnel. Geschichte des Lagers Dora Lüneburg: Zu Klampen, 2000 ISBN 3924245959 (Sellier war selbst Häftling in D-M.) Aus dem Franz.(1998)- Engl. A History of the Dora Camp Chicago: Dee, 2003 ISBN 156663511X
  • dsb. und Yves le Maner Bilder aus Dora: Zwangsarbeit im Raketentunnel 1943-1945 Hg. Deutsches Museum, München, Übers. Waltraud Gros; Bad Münstereifel: Westkreuz, 2001 (Images de Dora, dt.) ISBN 3929592592
  • Angela Fiedermann, Torsten Hess, Markus Jäger: Das Konzentrationslager Mittelbau Dora. Ein historischer Abriss Westkreuz-Verlag, Bad Münstereifel 1993, 112 Seiten
  • Alvin Gilens: Discovery and despair: Dimensions of Dora. Aufbruch und Verzweiflung: Dimensionen von Dora Westkreuz-Verlag, Bad Münstereifel 1995

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Mittelbau-Dora – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Quellen

  1. Sebastian Christ: Überreste eines Mordregimes Spiegel Special, 03/2006

Koordinaten: 51° 32′ 7" n. Br., 10° 44′ 55" ö. L.

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