Eisenmangelanämie
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Die Eisenmangelanämie ist weltweit die häufigste Form der Anämie und wahrscheinlich auch die häufigste Mangelkrankheit überhaupt. Ihre Prävalenz wird auf ca. 600 Millionen Menschen weltweit geschätzt. Durch Eisenmangel wird die Produktion des roten Blutfarbstoffes, des Hämoglobins gestört. Menschen mit einer Eisenmangelanämie fühlen sich oft müde und schlapp und neigen zu einer blassen Gesichtsfarbe.
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[Bearbeiten] Häufigste Ursachen
Die häufigsten Ursachen der Eisenmangelanämie sind Mangelernährungen und Blutungen. Säuglinge, die Milchersatzprodukte auf Kuhmilchbasis erhalten, zumindest wenn diese nicht mit Eisen angereichert sind, sind stärker gefährdet als gestillte Säuglinge, denn Kuhmilch ist eisenärmer als menschliche Muttermilch, und weist eine deutlich schlechtere Resorptionsrate auf. Entgegen landläufiger Meinung erkranken Vegetarier nicht häufiger an Eisenmangelanämie als Mischköstler [1]. Dabei sind im Zweifel Ovo-Lakto-Vegetarier stärker gefährdet als Veganer, da Kuhmilchprodukte nicht nur eisenarm sind, sondern ebenso wie Eier die Eisenresorption hemmen. Aus dem selben Grund ist Kalbfleisch so hell: Die Tiere werden in einem Alter, in dem sie in der Natur längst angefangen hätten, zu äsen, fast ausschließlich mit Milch gefüttert. So bleibt ihnen der Eisengehalt des Grases und anderen Blattmaterials unzugänglich, und sie werden anämisch.
Blutungen kommen bei Männern und Frauen häufig im Magen-Darm-Trakt, häufig auch als Blutungen von Tumoren vor, bei jungen Frauen kann auch eine zu starke Menstruation Ursache der Eisenmangelanämie sein. In der Schwangerschaft ist der Eisenbedarf sogar um fast 100 % erhöht. Auch regelmäßige Blutspender haben einen erhöhten Bedarf, da durch die Entnahme von etwa einem halben Liter Blut auch ca 250 mg Eisen verloren gehen.
[Bearbeiten] Behandlung
Lebensmittel | Eisen (mg/100g) |
---|---|
Schweineleber | 22,1 |
Kakaopulver | 12 |
Schweineniere | 10,0 |
Hirse | 9,0 |
Sojabohnen | 8,6 |
Kalbsleber | 7,9 |
Pfifferlinge | 6,5 |
Blutwurst | 6,4 |
Sonnenblumenkerne | 6,3 |
Weiße Bohnen | 6,1 |
Austern | 5,8 |
Leberwurst | 5,3 |
Erbsen | 5,0 |
Knäckebrot | 4,7 |
Haferflocken | 4,6 |
Spinat | 4,1 |
Brennnessel | 4,1 |
Corned Beef | 4,1 |
Haselnuss | 3,8 |
Vollkornbrot | 3,3 |
Rindfleisch | 3,2 |
Schweinefleisch | 3,0 |
Geflügel | 2,6 |
Da eine bestehende Anämie schwerwiegende Erkrankungen zur Ursache haben kann, ist die Konsultation eines Arztes empfehlenswert. Durch eine eisenreiche Ernährung kann aber einer Unterversorgung vorgebeugt werden. Sofern eine ausreichende Versorgung allein aus der Nahrung sichergestellt werden kann, ist eine Einnahme von Eisenpräparaten nicht anzuraten, denn diese können leicht überdosiert werden. Immer wieder kommt es auch zu schweren Vergiftungen, wenn kleine Kinder an solche Präparate gelangen, und sie reihenweise verzehren. Ab ca. 500-1000 mg verzehrtem Eisen kann ein Kleinkind schwerwiegend vergiftet werden, 2000 bis 3000 mg können tödlich sein. Diesen Gehalt weisen bereits 20-30 hochdosierte (100 mg/Dosis) Kapseln oder Tabletten auf. Derartige Dosen lassen sich nicht durch die Nahrung erreichen, weswegen diese Option immer die sicherere Variante ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt den Eisenbedarf für Männer mit 10 mg/Tag und für Frauen mit 15 mg/Tag an. Das Verdauungsystem kann im Normalfall aber nur 10% davon und 5mg maximal, aufnehmen. Während der Schwangerschaft, oder bei einem bestehenden Eisenmangel erhöht sich die Resorptionsrate auf bis zu 40 %. Bei einem Überangebot sinkt sie auf 5 %.
Eine indische Studie an unter Eisenmangel leidenden vegetarischen Kindern zeigte, dass Eisenmangel durch verbesserte Vitamin C-Zufuhr behandelt werden kann. Nachdem – ohne sonstige Änderung der Ernährungsgewohnheiten – für 60 Tage zu Mittagessen und Abendessen 100 mg Vitamin C (Ascorbinsäure) zugegeben wurden, trat bei allen Probanden der mit Vitamin C versorgten Gruppe eine deutliche Besserung des Hämoglobinstatus ein. Die Mehrzahl dieser Kinder genas sogar vollständig [2].
Aus methodischen Gründen wurde in dieser Studie künstliche Ascorbinsäure zugegeben. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass natürliche und künstliche Ascorbinsäure die gleiche Steigerung der Eisenresorption (bis zu Faktor 7) bewirken. Die oben angegebene Menge ist beispielsweise in ca. 200 ml frisch gepresstem Orangensaft, 100 g Brokkoli oder wenigen Streifen roter Paprika enthalten, jedoch reicht auch die Hälfte aus, um eine große Steigerung der Resorption zu bewirken. Allerdings nur, wenn zwischen dem Verzehr von ascorbinsäurehaltigen Lebensmitteln und eisenreichen Lebensmitteln höchstens wenige Stunden vergehen, das Vitamin C sich also noch im Verdauungstrakt befindet. Optimal ist die Einnahme zur gleichen Mahlzeit.
[Bearbeiten] Vegetarische Ernährung
Die wichtigsten Eisenquellen stellen für viele Mischköstler Fleisch, Wurst und Leber dar, denn Milch und Eier hemmen die Aufnahme, und die reichlich verzehrten Weißmehlprodukte weisen bei zwar guter Resorptionsrate einen Eisengehalt von nur ca. 10 % des Gehalts in Vollkorngetreide auf.
Da Vegetarier kein Fleisch, keinen Fisch und keine tierischen Organe verzehren, benötigen sie andere Eisenquellen. Eine Vielzahl pflanzlicher Nahrungsmittel enthält mitunter sehr viel Eisen, vor allem Gewürze (wie getrockneter Koriander, Petersilie, schwarzer Pfeffer und Zimt), Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Ölsaaten (z. B. Sesam und Mohn) und Nüsse. Beispielsweise enthalten weiße Bohnen und Sojabohnen auf 100 kcal bis zu achtmal so viel Eisen wie Rindfleisch, Zimt sogar mehr als die zwanzigfache Menge. Gleichzeitig reagiert Nonhäm-Eisen, wie es in pflanzlichen Lebensmitteln, Milch und Eiern vorkommt, stärker auf gleichzeitig in der Nahrung aufgenommene Förder- und Hemmstoffe sowie auf die Regulationsmechanismen des Körpers.
Förderstoffe der Eisenresorption:
- Vitamin C ist der wirksamste bekannte Förderstoff der Eisenresorption. Er vermag den eisenhemmenden Effekt vieler Hemmstoffe vollständig aufzuheben.
- weitere organische Säuren wie Äpfelsäure, Weinsäure und Zitronensäure; möglicherweise auch Essigsäure und Milchsäure
- Fruktose (Fruchtzucker), in schwächerem Maß auch andere Zucker
Allgemein also vor allem die Inhaltsstoffe von Früchten und Fruchtgemüsen sowie Kohlgemüse.
Hemmstoffe:
- Tannin in Kaffee und schwarzem Tee ist neben Phytinsäure der stärkste Eiseninhibitor
- Phytinsäure in unfermentiertem Vollkorngetreide und manchen (unfermentierten) Hülsenfrüchten
- Ballaststoffe, allerdings in geringerem Maß als ursprünglich angenommen
- Kalzium, Magnesium in größeren Mengen
- unbekannte Substanzen in Eiern
- Antazida Magensäure neutralisierende Medikamente
- Phosphate in Fleisch, Käse und mehreren Lebensmittelzusatzstoffen
- Oxalsäure wie z. B. in Rhabarber, Kakao und Spinat (dem mit bis zu 4 mg/100 g Frischware ansonsten eisenreichsten Gemüse)
Durch mikrobielle Fermentation wird der Phytinsäuregehalt von Lebensmitteln reduziert, wodurch die Resorptionsrate von Eisen und Zink steigt. Deswegen sind unter Hefeteigführung und speziell Sauerteigführung gebackene Vollkornbrote eine bessere Eisenquelle als mit mineralischen Backtriebmitteln hergestellte Brote.
[Bearbeiten] Beispiele für Kombinationen
- Bohneneintopf (eisenreiche Hülsenfrüchte) mit Kartoffeln und Paprika (ascorbinsäurehaltig)
- Bohnenpfanne mit Sauerkraut (Ascorbinsäure + Milchsäure)
- Vollkorn-Sauerteigbrot (eisenreich, Milchsäure) mit Hagebuttenmarmelade (Ascorbinsäure + Zucker)
- Spinat (eisenreich) mit Zitronensaft (Ascorbinsäure + Zitronensäure)
- Hummus enthält Kichererbsen, Sesam und oft Petersilie (alle eisenreich) + Zitronensaft (Ascorbinsäure)
[Bearbeiten] Laborwerte
Typisch für die Eisenmangelanämie ist ein erniedrigter Hämoglobinwert, dabei ist auch der Hämoglobinwert im einzelnen Erythrozyten niedriger als normal (hypochrome Anämie). Beweisend für den Eisenmangel ist ein zusätzlich zum Hämoglobinmangel erniedrigter Ferritinwert. Eine Anämie bei normalem Ferritinwert deutet auf andere Ursachen hin, wie beispielsweise einen Mangel an Vitamin B6 oder der Vitamine B12 und Folsäure, die für die Blutbildung notwendig sind. (siehe Anämie)
[Bearbeiten] Literatur
- A. Draper, E. Wheeler: The diet and food choice of vegetarians in Greater London. Centre of Human Nutrition, London 1989
- B. Anderson, et al.: The iron and zinc status of long-term vegetarian women. In: American Journal of Clinical Nutrition. 6/34/1981, S. 1042–1048
- S. Seshadri, A. Shah, S. Bhade: Haematologic response of anaemic preschool children to ascorbic acid supplementation. (Online bei PMID 4019257)
[Bearbeiten] Quellen
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