Erdwerk
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Erdwerk bezeichnet in derArchäologie runde oder ovale, zumeist große Anlagen mit Gräben, und Wällen (mit oder ohne Palisaden) in Mitteleuropa, deren Durchlässe (Torbauten) mitunter nach den Himmelsrichtungen orientiert sind.
Erdwerke wurden in Mitteleuropa über 2000 Jahre und auf den Britischen Inseln über längere Zeiträume errichtet und dienten hier wie dort vermutlich ähnlichen Zwecken, da die Besiedlung der Britischen Inseln zeitnah mit dem Erscheinen der Erdwerke vom Kontinent aus erfolgte. Der mediterrane Peribolos der dortigen Temenoi könnte eine frühgeschichtliche Entsprechung der Erdwerksidee darstellen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Neolithikum
[Bearbeiten] Altneolithikum
Erdwerke tauchen mit der Bandkeramischen Kultur 5.500 v. Chr. in Mitteleuropa auf. Sie sind in Eilsleben (Sachsen-Anhalt) bereits seit der ältesten Bandkeramik belegt, aber besonders in der späten Bandkeramik häufig:
- Darion (Belgien)
- Erkelenz-Kückhoven (Nordrhein-Westfalen)
- Esbeck (Niedersachsen)
- Heilbronn-Neckargartach (Baden-Württemberg)
- Köln-Lindenthal (Nordrhein-Westfalen)
- Langweiler 3, 8 und 9 (Nordrhein-Westfalen)
- Schletz (Österreich)
- Vaihingen a. d. Enz (Baden-Württemberg)
Derzeit sind beinahe 100 belegt. Da die Zahl in Deutschland mit mehr als 60 den Löwenanteil ausmacht, gehen die Zahlen für Österreich 4, Belgien 6, Frankreich 4, Ungarn 2, Niederlande 3 und Tschechien 4, wohl zumindest zum Teil auf Forschungslücken zurück. Grabungen in Herxheim Rheinland-Pfalz und in Rosheim (Elsass) belegen für die Bandkeramik, dass ihre Grabensysteme nie als Ganzes existierten sondern unterbrochen waren und aus sukzessiv ausgehobenen Gruben bestanden, die mit organischem oder anderem Material, einschließlich menschlicher Knochen und schließlich mit Erde aufgefüllt wurden. Sie können somit keine fortifikative Funktion besessen haben, daher ist, und darauf weisen auch spektakuläre Leichenfunde eine kultische Bedeutung, z.B. als Opferplatz wahrscheinlich. Erdwerke zeigen eine Innenbebauung wie Vaihingen an der Enz, oder sie waren nahezu fundleer. Ihre Grubenwerke hatten jeweils nur eine kurze Lebensdauer.
[Bearbeiten] Mittelneolithikum
In der Stichbandkeramik werden über einen relativ kurzen Zeitraum Kreisgrabenanlagen mit meist vier Öffungen und Pfahlsetzungen errichtet. Bekannte Beispiele sind Künzig-Unternberg (Bayern) und Goseck (Sachsen-Anhalt).
[Bearbeiten] Jungneolithikum
Früher wurden die Erdwerke der Michelsberger Kultur als Verteidigungsanlagen oder Viehgehege gedeutet. Die Erdwerke der Michelsberger Kultur, des Chasséen bzw. des britischen Frühneolithikums (Causewayed camps) haben aber von vorne herein zahlreiche Unterbrechungen, was sie als Verteidigungsanlage ungeeignet erscheinen lässt. Forscher wie Dixon interpretieren die Unterbrechungen jedoch trotzdem als Ausfalltore und verweisen auf die zahlreichen Funde von Pfeilspitzen z.B. in Crickley Hill als Beleg der fortifikatorischen Funktion.
Von den im Jahre 1996 bekannten 31 Erwerken der Trichterbecherkultur liegen 4 in Schleswig-Holstein, je eins in Niedersachsen und Schweden. Die 25 dänischen Anlagen verteilen sich auf Jütland (11), Seeland (7) und Fünen (4). Je eines liegt auf Alsen, Bornholm und Langeland.
[Bearbeiten] Eisenzeit
Die spät-eisenzeitlichen Viereckschanzen (4.-2. Jh. v. Chr.) werden als Hof- oder Kultplätze gedeutet.
[Bearbeiten] Britische Inseln
Auf den Britischen Inseln existieren folgende Erdwerktypen
- Causewayed camps, heute als causewayed enclosures bezeichneten (s. Bild).
- Henges, z.B. in Avebury und Durrington Walls
- Hillforts, also Höhenbesfestigungen, die sich meist der Form der Hügel oder Sporne anpassen
- Die in Irland Rath genannten Anlagen sind zum Teil sehr klein und bestehen in manchen Landesteilen aus Trockenmauern. Insgesamt gibt es mehr als 35.000 Exemplare.
- Die in Irland und Wales als Early ecclesiastical enclosures bezeichneten Umwallungen, die es unter anderem Namen auch um geschichtliche Plätze Kalvarienberge etc. in der Bretagne gibt, sind die jüngste Gattung eingehegter Plätze mit kultischer Bedeutung, sieht man von befestigten Kirchen (Wehrkirchen) ab.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Koch, Robert: Das Erdwerk der Michelsberger Kultur auf dem Hetzenberg bei Heilbronn-Neckargartach, Theiss, 2001, ISBN 3806216401
- Mercer R. J. Causewayed Enclosures (1990) ISBN 0747800642
- Raetzel-Fabian, Dirk und Kappel, Irene Erdwerk und Megalithgrab bei Calden - Mittelpunkt einer Region vor 5000 Jahren : Die Ergebnisse der Ausgrabungen 1988-1990 bei Calden, Krs. Kassel, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, ISBN 3898220915
- Schmidt K. Bandkeramische Erdwerke - Verteidigungsanlagen? In: In: Varia neolithica IV, 2006. ISBN 3-937517-43-X
- Schyle, D.: Das jungneolithische Erdwerk von Salzkotten-Oberntudorf, Kr. Paderborn, Zabern, 1997, ISBN 3805324227