Essex (Walfänger)
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Die Essex war ein amerikanischer Walfänger im 19. Jahrhundert, der unter dem Kommando von George Pollard stand und seinen Heimathafen auf Nantucket hatte.
Die Essex ist der einzige bekannte Fall, bei dem ein Schiff von einem Wal angegriffen und versenkt wurde. Berichte darüber liefern die Tagebücher des Obermaats Owen Chase und des Schiffsjungen Thomas Nickerson. Dieser Vorfall war die historische Vorlage für Herman Melvilles Roman Moby Dick.
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[Bearbeiten] Untergang
Die Essex startete zu ihrer Fangfahrt am 19. August 1819 von Nantucket. Nachdem er im Atlantik nur einen Teil des Laderaumes mit Waltran hatte füllen können (sieben- bis achthundert Barrels), entschloss sich Kapitän George Pollard Kap Hoorn zu umsegeln und in den Paarungsgebieten der Wale im Pazifik weiter zu jagen.
Am Morgen des 13. November 1820 hatte die Besatzung auf der Position 47° Süd / 118° Ost im Südpazifik (etwa 3.000 km südlich von Pitcairn) eine Schule von Walen entdeckt und die Fangboote ausgebracht. Eines der Boote wurde beim Harpunieren von einem Wal attackiert, sodass die Besatzung gezwungen war die Leine zu kappen. Daraufhin rief Kapitän Pollard die Boote zurück an Bord. Als sie sich der Essex näherten, sahen sie, dass das Schiff bei Windstille und ruhiger See ohne erkennbaren Grund so stark krängte, dass der Unterboden zu sehen war. Die Boote gingen längsseits und die Besatzung versuchte das vollaufende Schiff durch Kappen der Maste und des Tauwerkes wieder aufzurichten. In diesem Augenblick tauchte ein riesiger Spermwal auf und rammte die Essex. Nachdem er einige Augenblicke wie betäubt neben dem Schiff gelegen hatte, attackierte der Wal den Bug. Dann tauchte er unter dem Schiff hindurch und begann aus einigen hundert Metern Entfernung einen erneuten Angriff vom Bug her. Der Zusammenstoß war so heftig, dass mehrere Planken barsten. Wasser drang in großer Menge in die Laderäume und das Schiff begann zu sinken. Der Wal tauchte nicht mehr auf, offenbar hat er den Angriff nicht überlebt.
Die Mannschaft rettete sich mit wenig Proviant in zwei der mitgeführten Fangboote. Das dritte war bei dem Walangriff unbrauchbar geworden. Da zu dieser Jahreszeit in diesen Breiten vorwiegend Ostwind herrscht, sahen sie ihre einzige Überlebenschance darin, weiter nördlich in die Nähe der polynesischen Inseln zu segeln. Sie hofften, dort weitere amerikanische Walfangschiffe zu finden, die sich in dieser Region aufhalten mussten.
Nach einer entbehrungsreichen Fahrt von zwei Monaten erreichten die Schiffbrüchigen die unbewohnte Pitcairn-Insel Henderson. Auf Henderson gibt es nur eine spärlich rinnende Frischwasserquelle am Nordstrand, die zudem bei Flut noch unter dem Wasserspiegel liegt. Einen längeren Aufenthalt auf der unwirtlichen Insel fanden sie daher nicht sinnvoll. Um dem Tod durch Hunger und Durst zu entgehen, brachen sie nach etwa einer Woche in Richtung Osten auf und hofften, mit den beiden zusammen gebundenen Booten die südamerikanische Küste zu erreichen. Drei Besatzungsmitglieder blieben auf Henderson zurück. Eines der Boote muss sich in einer Nacht losgerissen haben, Boot und Besatzung blieben verschollen. Da keine Nahrungsmittel mehr zur Verfügung standen, war es der Besatzung des verbliebenen Bootes nur durch Kannibalismus möglich, zu überleben. Sechzig Tage nachdem sie Henderson verlassen hatten, wurden die Schiffbrüchigen von dem zufällig vorbei kommenden britischen Schiff Surry gerettet. Nur Kapitän Pollard und ein Schiffsjunge waren übrig geblieben.
Die drei auf Henderson zurückgebliebenen Besatzungsmitglieder der Essex konnten 1821 von der Besatzung der Surry noch lebend aufgefunden und gerettet werden, nachdem sie mehr als vier Monate auf der unwirtlichen Insel verbracht hatten.
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Primärquellen
- Owen Chase: Narrative of the Most Extraordinary and Distressing Shipwreck of the Whale-Ship Essex, of Nantucket; Which Was Attacked and Finally Destroyed by a Large Spermaceti-Whale, in the Pazific Ocean; with an Account of the Unparalleled Sufferings of the Captain and Crew during a Space of Ninety-Three Days at Sea, in Open Boats; in the Years 1819 & 1820. - New York 1824 (reprint 1999 ISBN 0-15-600689-8, deutsch: Der Untergang der Essex. - Piper 2002, ISBN 0-15-600689-8)
- Thomas Nickerson: The Loss of the Ship »Essex« Sunk by a Whale and the Ordeal of the Crew in Open Boats. - Nantucket, Massachusetts 1984, ISBN 0140437967
- Artikel von J.E. Calder in der Zeitung Mercury vom 7. Juni 1873, Hobart Tasmanien
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- Nathanael Philbrick: In The Heart of the Sea : The Tragedy of the Whaleship Essex. - Viking Penguin, New York, 2000. - ISBN 0670891576 (dt.: Im Herzen der See. Die letzte Fahrt des Walfängers Essex. Karl Blessing 2000, ISBN 3-89667-093-X )
- A.J. Villiers: Vanishesd Fleets. - Garden City Publishing Co., New York, 1931