Fallstudie
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Überschneidung mit Einzelfallstudie!
Von Fallstudie wird in zweierlei Zusammenhängen gesprochen, (1) Einerseits im Rahmen der empirischen/qualitativen Sozialforschung, (2) anderseits im Zusammenhang mit handlungs- und entscheidungsorientiertem Unterricht.
(1) Eine Fallstudie ist eine besondere Methode, die zur Erforschung von Einzelpersonen oder Gruppen genutzt wird. Durch die Fallstudie versucht der Forscher explorativ und beschreibend Aussagen über den Untersuchungsgegenstand zu erlangen und keine generalisierbaren Aussagen. Dabei versucht die Fallstudie durch die Methode der Dichten Beschreibung ein holistisches Verständnis des Untersuchungsgegenstandes unter der Einbeziehung von so vielen als relevant erkannten Variablen wie möglich zu erreichen. Fallstudien werden mit Methoden der Ethnographie, Feldstudie und teilnehmenden Beobachtung in Verbindung gebracht.
(2) Um den Unterricht der Jugendlichen- wie der Erwachsenenbildung zu bereichern, werden häufig Fallstudien eingesetzt. Die Lösung wird dabei in der Regel offen gelassen, die Lernenden sollen selbst ein plausibles Ergebnis erarbeiten. Auch gibt es Fallstudien, welche die Lösung mitliefern und die Lernenden zur Diskussion darüber und zur Suche nach Alternativen ermuntern sollen. Eine Fallstudie (Fall, case, case study) ist daher eine für Unterrichtszwecke erstellte Schilderung einer Situation und ihrer Einflussfaktoren, welche sowohl die aktive Auseinandersetzung mit dem Inhalt als auch konkretes Handeln des Lernenden bezweckt. Eine solche Fallstudie ist daher nicht Synonym für Beispiel.
An Fallarten gelangen im Unterricht zum Einsatz:
- Problemfindungsfall (case study method)
- Entscheidungsfall (case method)
- Beurteilungsfall (case problem method, stated problem method)
- Informationsfall (case incident method)
- Untersuchungsfall (stated problem method)
Die Fallarten unterscheiden sich durch folgende Lerneffekte von einander:
- Information: Die für die Falllösung relevanten Daten können vollständig, lückenhaft oder auch gar nicht gegeben sein.
- Problem: Das der Fallstudie zugrunde liegende Problem bzw. die zugrunde liegenden Probleme können ausdrücklich benannt werden. Im Gegensatz dazu kann aber auch der Lernende gefordert sein, die Probleme eigenständig zu erkennen und ihre Relevanz abzuwägen.
- Lösung: Lösungsalternativen sind vom Lernenden zu suchen, er kann aufgefordert sein, sich für eine zu entscheiden. Ebenso kann aber die Lösung vorweggenommen und zum Diskussionsgegenstand gemacht werden.
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[Bearbeiten] Ursprung der Fallmethode
Die „Case Study Method“, also direkt übersetzt die Fallstudienmethode, hat ihren Ursprung in der Ausbildung von Studenten der Rechtswissenschaften an der Harvard Graduate School of Business Administration (vgl. Schönfeld, Hanns-Martin in: Die Führungsausbildung im betrieblichen Funkionsgefüge, 1967). Nach einem Bericht des Harvard Magazine aus dem Jahre 2003 von Davis A. Garvin, wurde die Fallstudie bereits im Jahre 1870 durch einen neuen Dozenten an der Law School eingeführt. Dieser war der Überzeugung, dass in den Rechtswissenschaften Gesetzmäßigkeiten herrschen, die durch praktische Gerichtssituationen an Beispielen induktiv vermittelt werden konnten. Er ersetzte die ursprüngliche Vortrags- und Drillmethode durch eine berufungsfähige, exemplarische Unterrichtsmethode, der Case Study Method. Der Dozent setzte zudem die sokratische Frage-Antwort Technik ein, um sicher zu stellen, dass die Unterrichtszeit effizient genutzt wurde (vgl. Harvard Magazin, September/Oktober 2003, S.56).
Die Harvard Business School folgte im Jahre 1920 mit ersten Fallstudien. Der stellvertretende Dekan, ein Absolvent der Law School, setzte sich für die Einführung der Fallstudienmethode ein. Nachdem ein Professor überzeugt wurde eine erste Sammlung von Fällen anzulegen, wurde die Sammlung durch zusätzliche Mittel des Dekans erweitert (ebd.). Heute zählt die Sammlung an Fallstudien an der Harvard Business School mehr als 1000 erprobte Exemplare (vgl. Kaiser, 1983, S.12).
Im Jahre 1985 folgte die Harvard Medical School der Case Study Tradition. Auch hier war die Überzeugung, dass ganz typische und repräsentative Beispiele aus der Praxis sich gut eigenen um Studenten für die Praxis zu wappnen.
[Bearbeiten] Typen von Fallstudien
Man kann verschiedene Arten von Fallbeispielen unterscheiden:
- Illustrative Fallbeispiele
- Explorative Fallbeispiele
- Kumulative Fallbeispiele
- Fallbeispiele kritischer Ereignisse
- Individuelle Theorien
- Organisationale Theorien
- Soziale Theorien
[Bearbeiten] Daten in Fallstudien
Man unterscheidet sechs verschiedene Arten von Daten im Rahmen von Fallbeispielen:
- Dokumente
- Archiveinträge
- Interviews
- Direkte Beobachtung
- Teilnehmende Beobachtung
- Artefakte
[Bearbeiten] Literatur zu Fallstudien in der empirischen Sozialforschung
- Borchardt, Andreas, Göthlich, Stephan E.: Erkenntnisgewinnung durch Fallstudien, in: Albers, Sönke, Klapper, Daniel, Konradt, Udo, Walter, Achim, Wolf, Joachim (Hrsg.): Methodik der empirischen Forschung, Wiesbaden 2006, Deutscher Universitäts Verlag, S. 133-150: ISBN 3835000594.
- Eisenhardt, Kathleen M.: Building Theories from Case Study Research, in: Academy of Management Review, vol. 14 (1989), no. 4, S. 532-550.
- Scholz, Roland W., Tietje, Olaf: Embedded Case Study Methods. Integrating Quantitative and Qualitative Knowledge, Thousand Oaks u. a. 2002, Sage: ISBN 0761925538
- Stake, Robert E.: The Art of Case Study Research, Thousand Oaks u. a. 1995, Sage: ISBN 0803957661.
- Yin, Robert K.: Case Study Research: Design and Methods, 3rd edition, Applied Social Research Methods Series, vol. 5, Thousand Oaks u. a. 2003, Sage: ISBN 0761919465.
[Bearbeiten] Literatur zu Fallstudien im Unterricht
- Kaiser, Franz-Josef: Grundlagen der Fallstudiendidaktik – Historische Entwicklung – Theoretische Grundlagen – Unterrichtliche Praxis. In: Kaiser, Franz-Josef (Hrsg.): Die Fallstudie – Theorie und Praxis der Fallstudiendidaktik. Bd. 6, Bad Heilbrunn, 1983, S. 9-34
- Kaiser, Franz-Josef/ Kaminski, H.: Methodik des Ökonomie-Unterrichts: Grundlagen eines handlungsorientierten Lernkonzepts. Bad Heilbrunn. 1999
- Garvin, Davis A.: Making The Case. In: Harvard Magazine, Heft 106, 2003, S. 56 ff., im Internet unter: http://www.harvardmagazine.com/on-line/090322.html 01.10.2006
- Peter Heimerl/Oliver Loisel: Lernen mit Fallstudien in der Organisations- und Personalentwicklung. Anwendungen, Fälle und Lösungshinweise, Linde, Wien 2005.
- Michael Bannach: Selbstbestimmtes Lernen. Baltmannsweiler 2002 (S. 141ff.)
siehe auch: Einzelfallstudie