FARC
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Die FARC, eigentlich F.A.R.C.-E.P. (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo – Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens / Volksarmee), ist eine kolumbianische, linksgerichtete Guerillabewegung, die sich selbst als marxistisch bezeichnet. Sie ist seit 1964 aktiv und damit die älteste noch aktive lateinamerikanische Guerillaorganisation.
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[Bearbeiten] Vorläufer, Gründung und ideologische Grundlagen
Die FARC entstand im Kontext der seit 1948 andauernden gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der liberalen und der konservativen Partei Kolumbiens. Im Laufe dieser Auseinandersetzungen wurden 1949 die sogenannten unabhängigen Republiken (repúblicas independientes) von der kommunistischen Partei Kolumbiens sowie liberalen und radikalen Bauern in Teilen des Landes gegründet. 1964 eroberte das kolumbianische Militär die República de Marquetalia. Die überlebenden Bewohner um Manuel Marulanda und Jacobo Arenas hielten am 20. Juli des selben Jahres in Marquetalia eine Konferenz ab, auf der sie die Guerillaorganisation Bloque Sur gründeten. 1966 ging der Bloque Sur in der FARC auf, die am 5. Mai offiziell als militärischer Arm der kommunistischen Partei Kolumbiens gegründet wurde. Sie verstand sich als bäuerliche Selbstverteidigungsgruppe gegen die von Großgrundbesitzern und Militär ausgehende Gewalt und hatte sich eine „revolutionäre Landreform“ zum Ziel gesetzt. Bis heute bezeichnet die FARC sich selbst als marxistisch-leninistisch und bolivaranisch [1].
[Bearbeiten] Entwicklung bis 1980
Während sich die Aktivitäten der FARC bis Ende der 1970er Jahre ausschließlich auf ländliche Gebiete beschränkte und die Organisation fast ausschließlich aus Bauern bestand, reisten einige Mitglieder durch Lateinamerika, um sich über die Strategien anderer kommunistisch orientierter Guerillaorganisationen zu informieren und um die Ausbildung der FARC-Kämpfer zu verbessern. Ende der 1960er Jahre wurde eine Schulungsstätte für Ideologie ins Leben gerufen, 1973 wurde das Generalkommando der FARC gegründet, dem Manuel Marulanda seitdem angehört. Trotzdem ging das politische Programm bis 1980 nicht über Agrarthemen hinaus.
[Bearbeiten] Modernisierung und Internationalisierung (1980-1996)
Beeinflusst durch die sandinistische Revolution in Nicaragua 1979, wurden ab diesem Zeitpunkt zunehmend Studenten aus den größeren Städten Mitglieder der FARC. Dadurch geriet die Beschränkung der FARC auf ausschließlich landwirtschaftliche Forderungen etwas in den Hintergrund, und die ideologischen Grundlagen der Gruppierung wurden ausgebaut. Auf Initiative von Jacobo Arenas wurde 1982 die Siebte Guerilla-Konferenz abgehalten, auf der eine neue Strategie beschlossen wurde, die das Einbeziehen aller Arten von Kampf (politisch und militärisch) zum Erreichen der revolutionären Ziele vorsah. Im Zuge dieser strategischen Neuausrichtung benannte sich die FARC in FARC-EP (EP: Ejército del Pueblo, Volksheer) um; es wurden nicht mehr nur Taktiken des Guerillakampfes eingesetzt, sondern auch größere Operationen nach militärischem Vorbild durchgeführt. Die Verbindungen der FARC zu anderen lateinamerikanischen Guerillaorganisationen wurden ausgeweitet, und als marxistische Gruppierung wurde die FARC von Kuba und (in geringerem Maße) von der Sowjetunion finanziell unterstützt. In den 1980er Jahren wurde Kolumbien zu einem der größten Kokainproduzenten weltweit. Die FARC war zu diesem Zeitpunkt noch nicht direkt in den Drogenanbau verwickelt, gewann aber unter den Kokabauern neue Anhänger. In einigen Gebieten des Landes erfüllte sie ab Mitte der 1980er Jahre quasi staatliche Funktionen, durch Erhebung von Steuern z.B. Außerdem verbreiterte die FARC ihr finanzielles Fundament dadurch, dass sie Sicherheitsdienste und Infrastruktur für die Drogenhändler bereitstellte. 1984 äußerte sich die FARC erstmals mit allgemeineren politischen Forderungen in Form eines Offenen Briefes. Im selben Jahr nahm sie Verhandlungen mit dem damaligen kolumbianischen Präsidenten Belisario Betancur auf, die zu einem Waffenstillstand führten, der - mit mehreren Unterbrechungen - bis 1987 anhielt.
[Bearbeiten] Unión Patriota
1985 gründeten Mitglieder der FARC und der kommunistischen Partei eine neue Partei, die „Patriotische Union“ (Unión Patriota), um ihre Ziele auf legalem Wege durchzusetzen, anstatt den bewaffneten Kampf weiterzuführen. 1986 wurde die UP als legale Partei anerkannt. Im selben Jahr trat sie zu den Parlamentswahlen an und erlangte 1,4% der Stimmen. Bei den Präsidentschaftswahlen bekam ihr Kandidat Jaime Pardo Leal 4,5% der Stimmen. Auch an den Gouverneurswahlen 1988 nahm die UP teil. In den folgenden Jahren wurden 2000-3000 der Mitglieder der UP (die FARC spricht von bis zu 5000), insbesondere solche mit öffentlichen Funktionen, von paramilitärischen Gruppierungen und Todesschwadronen systematisch ermordet. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Pardo Leal wurde 1987 von einem 14-Jährigen getötet. Amnesty International machte im April 1988 auf Beteiligungen des Militärs an diesen Tötungsaktionen aufmerksam, was die Regierung Virgilio Barco Vargas heftig abstritt. Die meiste Morde wurden nie offiziell aufgeklärt. Nachdem am 22. März 1990 auch der neue UP-Präsidentschaftskandidat Bernardo Jaramillo Ossa ermordet wurde, trat die UP stark geschwächt zu den Wahlen 1991 an. Sie existierte noch bis 2002 offiziell als Partei, war allerdings spätestens seit Anfang der 1990er Jahre bedeutungslos.
Nach Verabschiedung der neuen Verfassung 1991 nahmen die FARC und die kolumbianische Regierung unter venezolanischer und mexikanischer Vermittlung die Verhandlungen wieder auf; sie blieben allerdings ergebnislos. Am 4. September 1996 griff die FARC eine Militärbasis in Guaviare an; bei den drei Wochen andauernden Kämpfen starben über 130 Personen. Anfang der 1990er Jahre bestand die FARC aus schätzungsweise 7.000-10.000 bewaffneten Kämpfern, die in über 60 regionalen Fronten organisiert waren.
[Bearbeiten] Ziele
1993 stellte die FARC im Rahmen der Plattform für eine Regierung der des Wiederaufbaus und der nationalen Aussöhnung einen Zehnpunkteplan auf, der als Gesprächsgrundlage mit der Regierung dienen sollte und folgende Forderungen beinhaltete:
- Die Lösung des Konflikts mit politischen Mitteln
- Die Armee darf keine innenpolitische Funktionen wahrnehmen
- Durchsetzung der Gewaltenteilung zwischen Justiz und Politik, Pressefreiheit und demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten auf allen Ebenen
- Stärkung des internen Konsums, Schutz der einheimischen Industrien vor ausländischer Konkurrenz sowie staatliche Kontrolle über den Energiesektor
- Verwendung von 50% des Staatshaushaltes für Sozialausgaben und 10% für die Förderung der Wissenschaften
- Einführung eines progressiven Steuersystems
- Entwicklungsprogramme für ländliche Regionen
- Revision der Energiepolitik und Neuverhandlung der Verträge zur Ausbeutung der Bodenschätze mit den multinationalen Unternehmen
- Aufbau souveräner, auf dem Recht auf Selbstbestimmung basierender Beziehungen zu allen Ländern der Welt
- Nicht-militärische Lösung des Drogenproblems
[Bearbeiten] 1996-2002
Unter Präsident Andrés Pastrana (1998-2002) kam es zu Friedensverhandlungen zwischen Regierung und FARC. Im Zuge dieser Verhandlungen wurde der FARC ein etwa 40.000 km² großes Gebiet zur Verfügung gestellt, die so genannte Zona de despeje, das die FARC de facto vollständig unter ihrer Kontrolle hatte. In diesem offiziell als neutral deklarierten Gebiet sollten die Verhandlungen stattfinden, und das kolumbianische Parlament musste alle sechs Monate über die Verlängerung der Aufrechterhaltung der Verhandlungszone abstimmen. Während der Verhandlungen intensivierte die FARC ihre Offensiven gegen das kolumbianische Militär. Außerdem entführte sie mehrere Politiker und kidnappte ein Passagierflugzeug. Am 21. Februar 2002 erklärte die Regierung die Friedensverhandlungen für gescheitert und begann eine Militäroffensive in der Verhandlungszone. Kurz darauf wurde die Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt von der FARC entführt. Trotz Vermittlungsversuchen Frankreichs ist sie immer noch in der Gewalt der Gruppierung.
Seit der Zerschlagung der beiden großen Drogenkartelle Ende der 1990er Jahre hat die FARC ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit der Kokainproduktion verstärkt. Anstatt lediglich Hilfs- und Schutzleistungen für die Drogenproduzenten anzubieten, begann die FARC, selbst Koka anzubauen und eigene Labore für die Weiterverwertung zu betreiben. (Die FARC dementiert diese Aussage. Sie sagt vielmehr, dass sie die wirtschaftlichen Aktivitäten in ihren Regionen besteuere, also auch den Koka-Anbau. Die FARC sagt, dass sie den Koka-Anbau dulde, um den Bauern nicht die Lebensgrundlagen zu entziehen.) Die Drogenanbaufläche in Kolumbien hat sich während der 1990er Jahren auf rund 120.000 Hektar versechsfacht.
[Bearbeiten] Entwicklung und Struktur seit 2002
Mit der Forderung, drastisch gegen die FARC vorzugehen gewann Pastranas Nachfolger Álvaro Uribe die Wahlen 2002. Er gab also den Verhandlungskurs auf und strebt aktuell eine militärische Lösung des Konflikts an.
Die FARC wird bis heute von Manuel Marulanda, dem mittlerweile ältesten Guerillaführer Lateinamerikas, kommandiert. Weitere Mitglieder des Generalkommandos sind u.a. José Briceño alias Mono Jojoy, Tomás Medina Caracas alias Negro Acacio und Leon Saenz Vargas alias Alfonso Cano. Die Truppenstärke wird auf 10.000 - 20.000 bewaffnete Kämpfer geschätzt, wobei der Frauenanteil bei etwa 40% liegt.
Die FARC kombiniert in ihrem Kampf gegen den kolumbianischen Staat und die paramilitärische Autodefensas Unidas de Colombia Guerilla-Taktiken mit „konventionellem“ militärischen Kampf. Etwa 35% des Landes befinden sich unter ihrer Kontrolle; in den betroffenen Gebieten besitzt sie weitgehende Bewegungsfreiheit und bestimmt die lokale Gesetzgebung.
Die FARC finanziert sich hauptsächlich aus Lösegeldzahlungen und aus der Besteuerung des Koka-Anbaus. Die Einnahmen werden auf jährlich über 300 Millionen US-Dollar geschätzt, andere Quellen gehen von bis zu 980 Millionen US-Dollar aus. Im Jahr 2000 hat die FARC mit ihrem „Gesetz 002“ festgelegt, daß jeder Kolumbianer mit einem Vermögen von über einer Million Dollar eine „Revolutionssteuer“ von zehn Prozent zahlen muss. Entführungen sieht sie dabei als Druckmittel an.
Die permanenten Verstöße der FARC gegen das Völkerrecht sind seit Jahren bekannt und belegt. Selektive Morde und Massaker an Zivilisten, die Verwendung von Antipersonenminen, Geiselnahmen, Verletzungen der Menschenrechte und ihr autoritärer, militärischer Regierungsstil in den von ihr kontrollierten Gebieten stehen im krassen Widerspruch zu ihrem demokratischen Anspruch.
Die Europäische Union[2] und die USA haben die FARC auf ihre Liste der Terrororganisationen aufgenommen. In Kolumbien ereignen sich fast die Hälfte aller weltweit registrierten Geiselnahmen. Berüchtigt sind die pescas milagrosas, die „wundersamen Fischzüge“, bei denen Straßensperren errichtet werden, um potenzielle Entführungsopfer abzupassen.
[Bearbeiten] Neueste Entwicklungen
- Am 13. Juli 2004 verurteilte der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte aus dem Anlass eines Massakers die anhaltende Gewalt der FARC und die Vertreibungen, die dadurch entstehen. Er wies darauf hin, dass die FARC damit Artikel 17 des Zweiten Zusatzprotokolls der Genfer Konventionen verletze.
- Im Februar 2005 begann die FARC mit militärischen Offensiven im Südwesten Kolumbiens, bei denen es etwa 40 Tote und Verletzte auf Seiten des kolumbianischen Militärs gab. Viele Beobachter werteten dies als ein Indiz für die Wiedererstärkung der FARC und Ende ihrer strategischen Rückzugsphase. Sie vermuteten, dass die FARC mit dieser offensiven Taktik die Wiederwahl des derzeitigen Präsidenten Uribe im Jahr 2006 verhindern wolle.
- Am 20. Februar 2005 meldet die Zeitung El Tiempo, dass der Sprecher des Oberkommandos der FARC, Raúl Reyes, in einem Rundfunkinterview erklärt habe, die Zeit der Zurückhaltung und der militärischen Regeneration der FARC sei vorbei und man strebe nach wie vor die Machtübernahme im Land an, wie das auch die Angriffe auf militärische Ziele in jüngster Zeit gezeigt hätten. Anfang Oktober 2005 blockierte die FARC den Verkehr in der Provinz Arauca, dem Haupterdöllieferanten Kolumbiens. In der Provinz Putumayo nahe der Grenze mit Ecuador verursachte die FARC in der selben Woche einen Stromausfall durch einen Bombenanschlag auf einem Hochspannungsmast.
- Am 5. April 2006 meldete die Presse und das deutsche Auswärtige Amt, dass nach fünf Jahren Geiselhaft ein Deutscher in Kolumbien freigelassen worden sei. Lothar Hintze war 2001 von der Rebellenorganisation FARC entführt worden.
- Am 31. Juli 2006 wurden in Tibú 15 Soldaten in einen Hinterhalt gelockt, indem ein anonymer Anrufer auf eine Autobombe hinwies. Die Soldaten wurden durch Sprengsätze und einen darauf folgenden Schusswechsel getötet. Am selben Tag explodierte ein Mazda 626 in Bogotá und riss einen 50 Jahre alten Mann in den Tod. Weitere 21 Verletzte wurden bekannt, unter anderen Kinder aus einer nahe liegenden Kindertagesstätte. Das verfehlte Ziel war ein Truppentransport mit 45 Soldaten.[3] Seit dem 9. September 2006 läuft ein Verfahren gegen zwei elite Offiziere des kolumbianischen Militärs, die direkt an den Anschlägen in Bogotá beteiligt sein sollten. In einem Video erscheinen diese mit Mitglieder der FARC. [4]
- 17 Polizisten und zwei Zivilisten wurden in mehreren Hinterhalten am 1. November 2006 von den 5., 18. und 58. Brigaden der FARC in Tierradentro, Córdoba ermordet. Es wird geschätzt das sich an den Attentaten 450 Mitglieder der FARC beteiligten. Dies ist die stärkste Niederlage der Regierung in der zweiten Amtszeit von Uribe, da diese Terroranschläge mitten im ehemaligen Gebiet der aufgelösten Paramilitärs (AUC) stattfanden. Die Guerilleros hatten die Polizeistation mit Gaszylindern und Sturmgewehren beschossen und die 50 Polizisten, die als Verstärkung kamen, in einem Hinterhalt gelockt. Ein Polizist starb in der Polizeistation und 16 weitere als Teil der Verstärkung. Dies ist der zweite Vorfall in dieser Gegend. Im Jahr 2000 starben 36 Soldaten als sie aus ihren Hubschraubern ausstiegen.[5]
Siehe auch:
Ejército de Liberación Nacional (ELN)
[Bearbeiten] Weblinks
- Offizielle Website der FARC
- FARC-nahe Website
- http://www.farc.de – Kritische Seite zweier ehemals entführter Mitarbeiter der GTZ über die FARC
- Ein BBC-Spezial zum 40. Geburtstag der FARC (spanisch)
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Miguel Urbano Rodrigues: Las FARC reafirman la opción comunista y responden a campañas difamatorias. Entrevista con el comandante Ricardo González, del Estado Mayor Central de las FARC-EP, 7.4.2004 [1]
- ↑ europa.eu EU-Liste der Terrororganisationen vom 29. Mai 2006 30. Mai 2006
- ↑ Las Farc eligieron objetivos militares para despedir a este Gobierno, 31.07.2006 [2]
- ↑ Dos oficiales de grupo elite del Ejército, tras falsos atentados terroristas en Bogotá [3]
- ↑ Ataque a Tierradentro (Córdoba) es un desafío de las Farc en zonas dejadas por los paramilitares, El Tiempo [4]