Fortpflanzungsstrategien
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In der Populationsdynamik und Demökologie gibt es zwei grundlegende Strategien zur Besiedelung eines Biotops durch Fortpflanzung. Man unterscheidet zwischen den zwei Extremen r- Strategie und K- Strategie.
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[Bearbeiten] r-Strategie
Die sog. r-Strategie orientiert sich an der Wachstumsrate r einer Population, die in der Formel N(t + 1) = N(t) + rN(t) zur Berechnung der Folgegenerationen verwendet wird. Die Wachstumsrate ergibt sich aus der Differenz von Geburtenrate (Natalität) und Sterberate (Mortalität).
r-Strategen erzeugen in der Regel sehr viele Nachkommen, investieren jedoch wenig in die Aufzucht, mit der Folge, dass oft nur ein geringer Teil der Nachkommenschaft überlebt. Tiere, die typische r-Strategen sind, sind die meisten Mikroorganismen sowie kleine Formen der höher entwickelten Organismen (Kleinkrebse, Blattläuse, Blaumeisen, Sperlinge, Mäuse).
Bei einer r-Strategie ist das Populationswachstum im Idealfall exponentiell (Bsp. Bakterien).
[Bearbeiten] Eigenschaften
- raschere Individualentwicklung
- geringere Körpergröße
- kürzere Lebensspanne
- höhere Vermehrungsraten
- früherer Fortpflanzungsbeginn
- kürzere Geburtenabstände
- höhere Wurfgröße
- geringere elterliche Fürsorge
- kleineres (leistungsschwächeres) Gehirn
[Bearbeiten] r-Selektion
- Klimabedingungen variabel und wenigvorhersehbar
- variable Sterblichkeitsverhältnisse, häufig katastrophale Bevölkerungseinbrüche, häufig extreme ===Kindersterblichkeit===
- Mortalitätsfaktoren weitgehend unabhängig von der Populationsdichte
- Populationsgröße extrem schwankend selten an Tragekapazität K grenzend
- häufig Möglichkeit der Neu- o. Wiederbesiedlung von Habitaten durch räumliche Ausbreitung („opportunistische Habitatnutzung“)
- eher neuere Habitate
[Bearbeiten] Zusammenfassend
- variable Umwelt
- Anzahl der Individuen weit unter K
- interspezifische Konkurrenz stark ausgeprägt
[Bearbeiten] K-Strategie
Natürlich kann es nicht unendlich viele Individuen pro Lebensraum geben. Jedes Habitat/Ökosystem hat eine Maximalgrenze an Tieren einer Spezies. Diese Grenze bezeichnet man mit der Kapazität K eines Lebensraumes.
Wenn eine Population also bereits die Kapazität des Lebensraumes erreicht hat, ergibt es kaum einen Sinn, sich weiter explosionsartig zu vermehren. Vielmehr wird nun die Anzahl der Individuen über einen langen Zeitraum nahezu konstant bleiben und der Schwerpunkt wird bei den Nachkommen auf eine bessere Qualität gesetzt. K-Strategen passen oft beispielsweise über ihr Verhalten die Zahl der Nachkommen an Umweltbedingungen an und investieren im Vergleich zu r-Strategen viel in die Aufzucht der Jungen. Die meisten Vögel sind K-Strategen und auch der Mensch ist ein (extremer) K-Stratege.
[Bearbeiten] Eigenschaften
- langsamere Individualentwicklung
- höhere Körpergröße
- längere Lebensspanne
- geringere Vermehrungsraten
- späterer Fortpflanzungsbeginn
- längere Geburtenabstände
- geringere Wurfgröße
- ausgeprägtere elterliche Fürsorge
- größeres (leistungsstärkeres) Gehirn
[Bearbeiten] K-Selektion
- Klimabedingungen konstant / vorhersehbar schwankend
- Sterblichkeit abhängig von der Populationsdichte
- relativ stabile Sterberaten, relativ geringe Kindersterblichkeit
- Populationsgröße relativ konstant, an der Grenze der Tragekapazität K
- gesättigte Habitate, keine Erschließung neuer Habitate möglich („konsistente Habitatnutzung“)
- kaum räumliche Ausbreitung
- eher ältere Habitate
[Bearbeiten] Zusammenfassend
- stabile Umwelt
- Anzahl der Individuen konstant nahe K
- intraspezifische Konkurrenz stark ausgeprägt
[Bearbeiten] Relativität
Die Strategien lassen sich vereinfacht also mit der Frage "Quantität (r-Strategie) gegen Qualität (K-Strategie)" beschreiben. Ein absolutes Maß für die Ausprägung der Strategie gibt es jedoch nicht - so ist ein Hase im Vergleich zum Menschen eindeutiger r-Stratege, im Vergleich zu Bakterien aber eindeutig K-Stratege.
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Literatur
- Bayrhuber, H.; Kull U. (Hrsg.): Linder Biologie; Schroedel, Hannover 1998
- Hornung, G.; Miram, W.; Paul, A.: Verhaltensbiologie; Schroedel, Hannover 1998