Gabriel Biel
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Gabriel Biel (* um 1415 in Speyer, † 7. Dezember 1495 auf dem Einsiedel bei Tübingen). Scholastischer Philosoph, seit 1484 Professor der Philosophie und Gründungsmitglied der Universität Tübingen. Von seinen Zeitgenossen der "letzte Scholastiker" genannt, führte er den Nominalismus Ockhams zu systematischer Entwicklung und übte dadurch auf Luther und Melanchthon großen Einfluss aus.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben, Werk, wichtige Gedanken
Gabriel Biel studierte in Heidelberg und Erfurt. Nach seiner Zeit als Domprediger im Dom zu Mainz (1457 bis 1466) wurde er zunächst Propst des Brüderhauses St. Markus in Butzbach (Hessen). Den Brüdern vom gemeinsamen Leben blieb Biel zeitlebens verbunden. 1479 wurde er zum Probst der Kirche in Urach ernannt. Graf Eberhard im Bart von Württemberg berief ihn 1476 zur Mitarbeit an der Kirchenreform in seinem Land. Er beteiligte sich an der Gründung der Universität Tübingen. Am 22. November 1484 wurde er dort auf den ersten Lehrstuhl der via moderna der neu gegründeten Universität berufen und blieb bis zu seinem Tod das prominenteste Mitglied seiner Fakultät. 1485 und 1489 war er Rektor der Universität.
Sein erstes Buch behandelte den Kanon der katholischen Messe. Sein zweites und wichtigstes Werk ist ein Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus. Obwohl er sich hierin ausdrücklich auf Wilhelm von Ockham beruft, erweisen seine letzten drei Bücher Biel doch eher als Scotist denn als Nominalist. Seine theologischen Schriften wurden wiederholt auf dem Trienter Konzil zu Rate gezogen.
Biel lebte in einer Epoche des Übergangs. Sein Denken weist folglich Merkmale zweier intellektueller Zeitalter auf und steht zwischen spätem Mittelalter und früher Neuzeit. Er erkannte beispielsweise die höchste Autörität des Papstes an, postulierte aber, wie viele Theologen seiner Zeit, die Überlegenheit allgemeiner Konzile zumindest insofern, als diese berechtigt seien, den Papst abzusetzen.
Wichtige Thesen Biels sind:
- Alle Gewalt des Kirchenrechts, sogar die der Bischöfe, ist mittelbar oder unmittelbar vom Papst abgeleitet. Seine Verteidigung des Diether von Ysenburg auf der Basis dieses Arguments brachte ihm den Dank des Papstes Pius II. ein.
- Die Vollmacht, die Absolution zu erteilen, ist dem Priesterstand inhärent.
- Wer die Taufe spendet, braucht nur die Absicht zu haben, das zu tun, was die Gläubigen (also die Kirche) damit meint.
- Der Staat darf Juden, Ungläubige und deren Kinder nicht zwingen, sich taufen zu lassen.
- Ein "Contractus trinus" (Versuch, das kirchliche Zinsverbot zu umgehen, indem durch Koppelung eines Gesellschaftsvertrages mit zwei Versicherungsverträgen eine feste Gewinnbeteiligung und die Rückgabe des geliehenen Betrages vereinbart wurden) ist moralisch gerechtfertigt.
Auf dem Gebiet der Nationalökonomie entwickelte Biel sehr fortschrittliche Ideen. Ausgehend von der Frage nach dem "gerechten Preis" eines Gutes definiert Beil diesen als bestimmt vom Bedarf an einem Gut, von dessen Seltenheit und vom Aufwand zu seiner Produktion. Biel sieht im Handel nichts Verwerfliches, sondern hält ihn für etwas Gutes in sich und gesteht dem Kaufmann einen Lohn zu, da er die Arbeit, das Risiko und die Ausgaben tragen müsse. Man findet diese Thesen in seinem Sentenzenbuch. Er schrieb ein eigenes Werk über die Währung, "Ein wahrhaft goldenes Buch", in dem er die Münzverfälschung durch die Fürsten als unehrenhafte Ausbeutung des Volkes verurteilte. Im gleichen Buch tadelt er in ernster Form auch diejenigen Herrscher, die das Allmenderecht an Wald, Weide und Wasser einschränkten, willkürlich die Steuerlasten erhöhten und beschwert sich über reiche junge Sportler, die die Äcker der Landbevölkerung leichtsinnig verwüsten. Steuerpolitik und Zinsverbot stellen auch für die Reformatoren (Luther, Zwingli) wichtige Probleme dar.
Von besonderer bedeutung für das Verständnis von Gabriel Biels Rechtfertigungslehre sind die Gedanken, die er in seinen Predigten (Sermones, 1585) entwickelte. Sie stellen eine wichtige eigenständige Leistung Biels dar, bieten eine Zusammenfassung der spätmittelalterlichen Theologie vor Einsetzen der Reformation und beeinflussten die nachfolgende Generation der Theologen nachhaltig.
1492 zog sich Biel in das Brüderhaus St. Peter auf dem Einsiedel bei Tübingen zurück, wo er 1495 starb.
[Bearbeiten] Werke
- Sacri canonis Missae expositio resolutissima literalis et mystica ("Gründliche wörtliche und mystische Auslegung des heiligen Meßkanons"). Brixen, 1576
- Epitome expositionis canonis Missae ("Kurzfassung der Auslegung des Meßkanons"). Antwerpen, 1565
- Sermones ("Predigten"). Brixen, 1585
- Collectorium sive epitome in magistri sententiarum libros IV ("Sammelband oder Kurzfassung der Sentenzen der Kirchenlehrer in vier Bänden"). Brixen, 1574
- Tractatus de potestate et utilitate monetarum ("Abhandlung von der Macht und dem Nutzen der Währungen"). Herausgegeben 1516
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- Oberman, Heiko Augustinus: Spätscholastik und Reformation. Band 1: Der Herbst der mittelalterlichen Theologie. Aus dem Engl. übers. von Martin Rumscheid u. Henning Kampen. Mohr Siebeck, Tübingen 1965. ISBN 3-16-129542-0
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Gabriel Biel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
Personendaten | |
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NAME | Gabriel Biel |
KURZBESCHREIBUNG | Scholastischer deutscher Philosoph |
GEBURTSDATUM | um 1415 |
GEBURTSORT | Speyer |
STERBEDATUM | 1495 |
STERBEORT | Tübingen |