Grameen Bank
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Die Grameen Bank (bengali: গ্রামীণ ব্যাংক, Grāmīṇ Byāṃk; übersetzt etwa Dörfliche Bank) ist ein 1983 gegründetes Mikrofinanz-Kreditinstitut, das v.a. ohne klassische Sicherheiten Mikrokredite an arme Menschen in Bangladesch vergibt, um so die Armut der Bevölkerung zu bekämpfen.
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[Bearbeiten] Gründung und Idee
Die Grameen Bank wurde 1983 von dem aus Bangladesch stammenden Wirtschaftswissenschaftler Professor Muhammad Yunus gegründet. Nach einer großen Hungersnot in Bangladesch suchte Yunus seit 1976 nach einer Lösung, um die Situation der Armen in dem Land zu verbessern. Seine Beobachtungen zeigten, dass die armen Menschen für ihren wirtschaftlichen Erfolg nur ein kleines Kapital brauchten, um Materialien oder Rohstoffe für ihr Handwerk zu erwerben. Da sie aber Kredite nur von Geldverleihern mit Wucherzinsen aufnehmen konnten oder von ihren Rohstofflieferanten abhängig waren, erwirtschafteten die ärmsten Menschen trotz harter Arbeit kaum einen Gewinn. Die großen Banken waren aufgrund fehlender Sicherheiten nicht bereit, armen Menschen Kredite zu gewähren.
Yunus selbst beschrieb die Situation folgendermaßen:
- Ich sah, dass die Leute hart arbeiteten, aber trotzdem blieben sie arm. Warum? Sie sagten mir, es läge daran, dass sie kein Kapital hätten. Um also Materialien zur Herstellung einfacher Möbel zu erstehen oder Zutaten für das Essen, das sie an der Straße kochten und verkauften, mussten sie sich Geld leihen: entweder bei jenen Menschen, die ihnen die Rohstoffe zur Verfügung stellten und sie dann gleich auch für die fertigen Produkte bezahlten, oder beim Geldverleiher, der horrende Zinsen verlangte. So oder so – ihnen selber blieb am Ende eines langen Arbeitstages kaum etwas übrig.[1]
1976 begann Yunus zunächst damit, eigenes Geld zu verleihen. Seine Erfahrungen waren positiv und bald erhielt er die ausgezahlten Kredite mit Zinsen wieder zurück. Er entwickelte ein System, in dem sich die Kreditnehmer aufgrund persönlicher Bindungen zur Rückzahlung verpflichtet fühlten. Deswegen wurden Kredite seiner Grameen-Bank (gram heißt „Dorf“; komplett übersetzt bedeutet der Begriff soviel wie: „Bank auf dem Land“) nur unter der Voraussetzung angeboten, dass sich in den Dörfern kleine Gruppen zusammenschlossen und füreinander bürgten. Erst wenn die ersten zwei Gruppenmitglieder ihren persönlichen Kredit eine Weile regelmäßig zurückgezahlt hatten, erhielten die nächsten ihrerseits ein Darlehen, so dass eine pünktliche Rückzahlung in aller Interesse war. Über 90 % aller Kredite, oft in einer Höhe von weniger als 50 Dollar, wurden so zurückgezahlt.
Yunus setzte für die Vergabe der Kredite zwei Bedingungen:
- Der Antragsteller muss erklären, wofür er das geliehene Geld einsetzen will
- Der Erwerb von Radio- oder Fernsehgeräten mit diesem Geld ist untersagt
[Bearbeiten] Heutige Situation
Das von der Grameen Bank praktizierte System erwies sich als erfolgreich, da es vielen Kreditnehmern ein besseres Leben und eine größere Unabhängigkeit ermöglicht. Am meisten profitieren von diesem System Frauen in Entwicklungsländern.
Im August 2006 hatte die Bank nach eigenen Angaben 6,61 Millionen Kreditnehmer, davon 97 % Frauen. Die Gesamtsumme des bisher verliehenen Geldes beläuft sich auf über 2,75 Milliarden Dollar. Die Bank unterhält 2.226 Zweigstellen mit 18.795 Mitarbeitern, die über 70 % (71.371) der Dörfer in Bangladesch betreuen. 98,85 % der vergebenen Kredite werden wieder zurückgezahlt. Seit 1995 bedarf die Bank keinerlei Finanzhilfen von außen mehr, die Einnahmen stammen komplett aus den Kreditrückzahlungen, welche von den Kreditnehmern selber betreut werden. Somit befindet sich die Bank zu 90 % im Besitz der Kunden, zu 10 % im Besitz des Staates.
Das Konzept der Bank wird heute in 60 Entwicklungsländern angewandt.
[Bearbeiten] Würdigungen
Gründer Yunus wurde unter anderem 1994 mit dem Welternährungspreis, 1998 der Sydney-Friedenspreis und 2006 mit dem ersten ITU World Information Society Award (ITU) ausgezeichnet. Im gleichen Jahr wurden der Grameen Bank und ihrem Gründer Yunus für die Förderung wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung von unten zu gleichen Teilen der Friedensnobelpreis des Jahres 2006 zuerkannt.
[Bearbeiten] Literatur
- Muhammad Yunus: Grameen – Eine Bank für die Armen der Welt. ISBN 378570948X.
- Jens Schröder, GMB Akash: Die Barfüßer-Bank. Nazma Begums Anleihe auf die Zukunft. GEO 10/2006, S. 94-102, Gruner + Jahr, Hamburg
[Bearbeiten] Weblinks
- Die Grameen-Bank – Deutsche Webseite
- Grameen-Banking for the poor – Offizielle Webpräsenz (englisch)
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 2006 für die Grameen Bank (englisch)
- Anna von Pfeil: Die Grameen Bank in Bangladesh und deren Auswirkung auf das Empowerment von Frauen. HU Berlin WiSe 01/02 (PDF, www.leistungsschein.de)
- Grameen heißt Dorf – In Bangladesch wird eine Idee geboren (Organisation für Eine solidarische Welt, 11. Januar 2005)
- Hintergrundinformationen zu Kleinkrediten in Bangladesch http://www.bangladesch.org
[Bearbeiten] Quellennachweise
- ↑ Quelle: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.): Armutsbekämpfung – warum, wozu und vor allem: wie?, Bonn 1995, S.72 ff.