Helmuth James Graf von Moltke
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Helmuth James Graf von Moltke (* 11. März 1907 in Creisau (1930 umbenannt in Kreisau) bei Gräditz, Niederschlesien; † 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Jurist, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Begründer der Widerstandsgruppe/Programmgruppe Kreisauer Kreis. Er war der Urgroßneffe des siegreichen Feldherrn der Deutschen Einigungskriege, Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke, und Eigentümer des Landguts Kreisau in Schlesien. Seine Mutter Dorothy Rose Innes war Südafrikanerin britischer Abstammung und Tochter eines Obersten Richters der Südafrikanischen Union.
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[Bearbeiten] Leben
Von 1927 bis 1929 studiert Moltke Rechts- und Staatswissenschaften in Breslau, Wien, Heidelberg und Berlin. 1931 heiratet er Freya Deichmann, die er in Österreich kennengelernt hatte. 1928 beteiligt er sich zusammen mit Hochschullehrern und Leitern der Jugendbewegung an der Organisation der „Löwenberger Arbeitsgemeinschaften“, in denen auf freiwilliger Grundlage stellenlose junge Arbeiter und Jungbauern mit Studenten zusammengeführt wurden, um voneinander zu lernen und in berufsübergreifender Fortbildung staatsbürgerliche Kenntnisse, Pflichten und Rechte einzuüben. In Kreisau stellt Moltke uneigennützig Teile seines Grundbesitzes für bäuerliche Existenzgründungen zur Verfügung, was ihm die scharfe Kritik benachbarter Grundbesitzer eintrug.
1934 besteht er sein Assessorexamen. Er verzichtet 1935 darauf, Richter zu werden, da er dann der NSDAP beitreten müsste, und eröffnet stattdessen eine Rechtsanwaltskanzlei in Berlin. Als Anwalt für Völkerrecht und internationales Privatrecht kann er einerseits zur Auswanderung gezwungenen Juden und anderen Opfern des NS-Regimes helfen und andererseits Auslandsreisen unternehmen, um Kontakte zu pflegen. Zwischen 1935 und 1938 hält Moltke sich regelmäßig in Großbritannien auf und absolviert in London und Oxford die englische Ausbildung zum Rechtsanwalt, um seine Mandanten auch vor britischen Gerichten vertreten zu können. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wird Moltke in der völkerrechtlichen Abteilung der Amtsgruppe Ausland/Abwehr tätig, dem geheimen Nachrichtendienst der deutschen Wehrmacht unter Admiral Wilhelm Canaris.
Seine Aufgaben bestehen darin, Erkenntnisse aus dem Ausland, z.B. von Militärattachés und aus ausländischen Zeitungen, zu sammeln und Nachrichten von militärpolitischer Bedeutung an die zuständigen Wehrmachtdienststellen weiterzuleiten. Weiterhin soll er die Verbindung zwischen dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) und dem Auswärtigen Amt unterhalten, vor allem aber Gutachten in Fragen des Kriegsvölkerrechts erstellen. Mit den Gutachten hofft Moltke, humanitär auf das militärische Geschehen einwirken zu können, er wird von Hitler-Gegnern wie Admiral Canaris und Generalmajor Oster, dem Chef der Zentralabteilung, unterstützt.
Moltkes Haltung und seine Einsprüche gegen völkerrechtswidrige Befehle sind nicht gefahrlos und im Januar 1944 wird er von der Gestapo verhaftet. Im Januar 1945 standen Moltke und andere Mitglieder des Kreisauer Kreises vor dem Präsidenten des Volksgerichtshofes, Roland Freisler. Da ihm eine Beteiligung an Staatsstreich-Vorbereitungen nicht nachgewiesen werden kann, stützt Freisler seine Anklage auf einen anderen Schuldvorwurf: Moltke und seine Mitstreiter hätten darüber nachgedacht, wie ein sich auf sittliche und demokratische Grundsätze zurückbesinnendes Deutschland in einer Zeit nach Hitler entstehen könnte, was Freisler als ein todeswürdiges Verbrechen ansieht.
Hanns Lilje schreibt in seiner Biografie, dass Moltke vor dem Volksgerichtshof in klarer Erkenntnis des schon beschlossenen Todesurteils den moralischen Mut zum Angriff auf Freisler und die gesamte Institution besessen habe.
Moltke wird am 11. Januar 1945 zum Tode verurteilt und zwölf Tage später im Zuchthaus Berlin-Plötzensee hingerichtet. In einem Brief aus der Haft hat Moltke für seine beiden Söhne seine Motivation zum Widerstand hinterlassen: „Seitdem der Nationalsozialismus zur Macht gekommen ist, habe ich mich bemüht, seine Folgen für seine Opfer zu mildern und einer Wandlung den Weg zu bereiten. Dazu hat mich mein Gewissen getrieben - und schließlich ist das eine Aufgabe für einen Mann.“ Als sehr religiöser Mensch war er einerseits entschieden gegen das NS-Unrechtsregime, aber auch gegen ein Attentat auf Hitler.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Veröffentlichungen
(postum)
- Bericht aus Deutschland im Jahre 1943
- Letzte Briefe aus dem Gefängnis Tegel Briefe an seine Frau Freya und seine beiden Söhne aus der Zeit des Prozesses gegen ihn, zuerst 1951 veröffentlicht, später zusammen mit dem Bericht aus Deutschland 1943 in vielen Ausgaben erschienen (zuletzt bei Diogenes, Zürich 1997 ISBN 3-257-22975-5) Engl., Verlag: Geoffrey Cumberlege, 1948; Polnische Version: Krakau 1993 ISBN 8370970206
- Briefe an Freya. 1939-1945 Hrsg. von Beate Ruhm von Oppen. 2. Aufl., Beck, München 1991; 3. Aufl. ebd. 2005 ISBN 3406352790
- Völkerrecht im Dienste der Menschen. Dokumente Hg. und Einleitung: Ger van Roon. Berlin: Siedler, 1986 (Reihe: Deutscher Widerstand 1933 - 1945) ISBN 3886801543
[Bearbeiten] Literatur
- Kurt Finker: Graf Moltke und der Kreisauer Kreis. Dietz, Berlin 1993 ISBN 3-320-01816-7
- Franz von Schwerin: Helmuth James Graf von Moltke. Im Widerstand die Zukunft denken. Zielvorstellungen für ein neues Deutschland. Schöningh, Paderborn u. a. 1999 ISBN 3-506-73387-7
- Hanns Lilje: Im finsteren Tal, Reihe Stundenbücher Bd. 25, Furche Verlag, Hamburg
- Freya von Moltke, „Erinnerungen an Kreisau, 1930-1945“, München 1987/2001
- Freya von Moltke, „Die Verteidigung europäischer Menschlichkeit“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, Hg. Bundeszentrale für Politische Bildung, Heft 27/2004, online lesbar: [1]
[Bearbeiten] Auszeichnungen
1989 - Geschwister-Scholl-Preis für Briefe an Freya 1939–1945
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Helmuth James Graf von Moltke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Biografie von Helmuth James Graf von Moltke auf www.kreisau.de
- Tab. Biografie über Helmuth James Graf von Moltke
- Wikiquote (Zitate von und über Moltke)
Personendaten | |
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NAME | Graf von Moltke, Helmuth James |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Begründer der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis |
GEBURTSDATUM | 11. März 1907 |
GEBURTSORT | Kreisau bei Gräditz, Niederschlesien |
STERBEDATUM | 23. Januar 1945 |
STERBEORT | Berlin |