Irische Präsidentschaftswahl
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Bei den irischen Präsidentschaftswahlen wird das Staatsoberhaupt der Republik Irland, der Präsident von Irland, gewählt.
Der Präsident von Irland wird alle 7 Jahre von den Einwohnern der Republik gewählt; für den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens muss die Wahl innerhalb von 60 Tagen danach stattfinden. In dieser Zeit übernimmt die Vorsitzenden-Kommission die Aufgaben des Präsidenten; sie gilt auch als Vertreter des Präsidenten. Die Wahl findet geheim nach dem System des Instant-Runoff-Voting statt. Während bei Wahlen zum Dáil Éireann sowohl irische als auch britische Bürger, die in Irland ihren festen Wohnsitz haben, wählen können, dürfen bei Präsidentschaftswahlen lediglich irische Bürger, die mindestens 18 Jahre alt sind, teilnehmen.
Zur Wahl aufstellen lassen, kann sich jeder Staatsbürger, der mindestens 35 Jahre alt ist. Ein Kandidat muss aber von einem der folgenden nominiert worden sein:
- von zwanzig Mitgliedern des nationalen Parlaments (Oireachtas)
- von vier Mitgliedern der Bezirksgemeinden
- sich selbst, für den Fall, dass er ausscheidender oder ehemaliger Präsident ist
Stellt sich nur ein Kandidat zur Wahl, gilt dieser automatisch (ohne tatsächliche Wahl) als gewählt. Ein Präsident kann maximal zwei Amtszeiten sein Amt ausüben.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Übersicht der Präsidentschaftswahlen von 1938 bis heute
Wahl | Weitere Kandidaten | Präsident | nominiert von |
---|---|---|---|
1938 | keine | Douglas Hyde | Fine Gael, Fianna Fáil |
1945 | Sean MacEoin (Fine Gael) Patrick MacCartan (Independent) |
Sean T. O'Kelly | Fianna Fáil |
1952 | keine | Sean T. O'Kelly | Selbstnominierung |
1959 | Sean MacEoin (Fine Gael) | Eamon de Valera | Fianna Fáil |
1966 | Tom O'Higgins (Fine Gael) | Eamon de Valera | Fianna Fáil |
1973 | Tom O'Higgins (Fine Gael) | Erskine Hamilton Childers | Fianna Fáil |
1974 | keine | Cearbhall Ó Dálaigh | Fianna Fáil, Fine Gael, Labour Party |
1976 | keine | Patrick Hillery | Fianna Fáil |
1983 | keine | Patrick Hillery | Selbstnominierung |
1990 | Brian Lenihan (Fianna Fáil) Austin Currie (Fine Gael) |
Mary Robinson | Labour Party |
1997 | Mary Banotti (Fine Gael) Adi Roche (Labour) Dana Rosemary Scallon (Independent) Derek Nally (Independent) |
Mary McAleese | Fianna Fáil |
2004 | keine | Mary McAleese | Selbstnominierung |
[Bearbeiten] Die Wahlen im Detail
[Bearbeiten] 1938
Die Präsidentschaftswahlen im Jahr 1938 waren die ersten in Irland, um das neu geschaffene Amt des Präsidenten zu besetzen. Nach Verhandlungen zwischen Fianna Fáil und Fine Gael, wurde der ehemalige unabhängige Senator und Gründer der Gaelic League Douglas Hyde nominiert. Versuche des langjährigen Dubliner Bürgermeisters Alfie Byrne ebenfalls nominiert zu werden, scheiterte an der benötigten Unterstützung. Hyde wurde daher ohne Gegenkandidat "gewählt". Er übernahm im Juni 1938 sein Amt.
[Bearbeiten] 1945
1945 fand die erste "tatsächliche" Wahl eines Präsidenten statt. Mit der Entscheidung des ersten Präsidenten Douglas Hyde nicht zur Wiederwahl anzutreten, nominierte die Partei Fianna Fáil ihren Anführer, den Tánaiste Sean T. O'Kelly als ihren Kandidaten. Der unabhängige Republikaner Patrick MacCartan hatte zuerst keinen Erfolg, die erforderlichen 4 Stimmen zu erhalten. Da die Oppositionspartei Fine Gael mit diesem Misserfolg rechnete, entschied sie sich im letzten Moment dafür, einen eigenen Kandidaten aufzustellen: General Sean MacEoin. Doch MacCartan schaffte es letzten Endes doch noch, die 20 Stimmen des Oireachtas zu erhalten, so dass die Präsidentschaftswahl unerwartet drei Kandidaten enthielt.
Bei der Wahl gewann O'Kelly erwartungsgemäß, aber erst nach der zweiten Wahlrunde (siehe Instant-Runoff-Voting). Die Tatsache, dass O'Kelly dies nicht bereits in der ersten Runde schaffte, spiegelte bereits die wachsende Opposition gegen Eamon de Valeras Regierung wieder und zeigte das Potential der Kooperation verschiedener Oppositionsparteien. De Valeras Regierung wurde bei der Wahl 1948 geschlagen und durch eine Mehrparteien-Regierung ersetzt.
Kandidat | Partei | Erststimmen | Prozent | |
---|---|---|---|---|
Sean T. O'Kelly | Fianna Fáil | 537.965 | 49.52% | |
Seán MacEoin | Fine Gael | 335.539 | 30.89% | |
Patrick MacCartan | unabhängig | 212.834 | 19.59% |
[Bearbeiten] 1952
Bei der Wahl 1952, der ersten seit des Bestehens der Republik Irland im Jahr 1949, entschied sich der amtierende Präsident Sean T. O'Kelly für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Keine Partei stellte einen Gegenkandidaten auf, lediglich der Satiriker Eoin (the Pope) O'Mahony versuchte die Nominierungskriterien zu erfüllen und scheiterte. So wurde O'Kelly automatisch erneut Präsident.
[Bearbeiten] 1959
Bei der Wahl 1959 entschied (mit Druck seiner Parteimitglieder) der Gründer und langjährige Führer der Partei Fianna Fáil, der Taoiseach Éamon de Valera, die aktive Parteipolitik zu verlassen und sich um die Präsidentschaft zu bewerben. Die Oppositionspartei Fine Gael schickte ihren geschlagenen Kandidaten von 1945 General Sean MacEoin erneut ins Rennen. Wie erwartet gewann de Valera.
Kandidat | Partei | Erststimmen | Prozent | |
---|---|---|---|---|
Eamon de Valera | Fianna Fáil | 538.003 | 56.30% | |
Seán MacEoin | Fine Gael | 417.536 | 43.70% |
[Bearbeiten] 1966
1966 entschied sich Eamon de Valera widerstrebend, aber auf Druck seiner Partei für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Die Opposition entschied sich diesmal für einen ihrer jüngeren Parlamentariern: Tom O'Higgins. Bei einer erstaunlich knappen Wahl, verpasste der Herausforderer den Sieg nur um 1% oder knapp 10.000 Stimmen. De Valera schob später dieses knappe Ergebnis auf seinen Wahlkampfmanager Charles Haughey.
Kandidat | Partei | Erststimmen | Prozent | |
---|---|---|---|---|
Eamon de Valera | Fianna Fáil | 558.861 | 50.48% | |
Tom O'Higgins | Fine Gael | 548.144 | 49.52% |
[Bearbeiten] 1973
Da Eamon de Valera verfassungsbedingt nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren durfte, sollte zuerst der ehemalige Tánaiste Frank Aiken antreten, der aber ablehnte. Unter Drucker seiner Partei trat Erskine Hamilton Childers an. Der Favorit bei der Wahl war Tom O'Higgins, der Kandidat von Fine Gael, der bei der letzten Wahl lediglich um 1% verloren hatte. Doch Childers gewann überraschend diese Wahl.
Kandidat | Partei | Erststimmen | Prozent | |
---|---|---|---|---|
Erskine Hamilton Childers | Fianna Fáil | 635.867 | 51.97% | |
Tom O'Higgins | Fine Gael | 587.771 | 48.03% |
[Bearbeiten] 1974
Durch den plötzlichen Tod des Präsidenten Erskine Hamilton Childers wurde bereits 1974 eine Präsidentschaftswahl notwendig. Ursprünglich vereinbarten alle Parteien heimlich, die Witwe des Präsidenten Rita Childers zu nominieren, doch bevor dies verkündet wurde und bevor es sogar ihr mitgeteilt wurde, führte eine Missverständnis zum Zusammenbruch dieser Vereinbarung. Der halb taube Fine Gael-Minister Tom O'Donnell verstand die Frage eines Journalisten zur angeblichen Nominierung von Mrs. Childers falsch. Er dachte, dass der Journalist bereits über die Nominierung bescheid wüsste und bestätigte, dass Rita Childers die neue Präsidentin von Irland sein würde. Die Opposition, der Meinung dass das ganze Durcheinander von der Regierung inszeniert wurde und diese daraus politische Vorteile schlagen wollte, zog sich daraufhin von der Vereinbarung zurück.
Stattdessen schlug Fianna Fáil den Kandidaten Cearbhall Ó Dálaigh vor; ein ehemaliger Präsident des obersten Gerichtshofes und Justizminister unter Eamon de Valera. Alle Parteien stimmten zu, so dass Ó Dálaigh ohne Wahl zum neuen Präsidenten erklärt wurde. Erst bei dessen Amtseinführung erfuhr der Jack Lynch, Führer von Fianna Fáil, durch Zufall bei einem Gespräch davon, dass das Wirrwarr um Mrs. Childers tatsächlich ein Missverständnis war.
[Bearbeiten] 1976
Die Wahl 1976 wurde aufgrund des plötzlichen Rücktritts von Präsident Cearbhall Ó Dálaigh im Oktober notwendig. Ó Dálaigh war zurückgetreten, nachdem der Verteidigungsminister Paddy Donegan den Präsidenten eine "kolossale Schande" (thundering disgrace) genannt und ihn als unloyal gegenüber dem Staat bezeichnet hatte1.
Der Fianna Fáil-Führer Jack Lynch schlug als Kandidaten Patrick Hillery vor, ehemaliger irischer Außenminister. Charles J. Haughey, ein Kritiker von Hillery, schlug hingegen den Parlamentarier aus Donegal Joe Brennan vor, doch Hillery gewann die parteiinterne Abstimmung problemlos.
Die Regierungsparteien Fine Gael und Irish Labour Party hätten einen Gegenkandidaten aufstellen können, entschieden sich aber aufgrund der Geschehnisse um den Rücktritt von Ó Dálaigh dagegen, so dass Patrick Hillery zum 6. Präsidenten erklärt wurde. Er übernahm am 3. Dezember 1976 sein Amt.
[Bearbeiten] 1983
1983 stimmte der aktuelle Präsident Patrick Hillery nach enormen politischem Druck zu, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Obwohl sich der Friedensnobelpreis-Träger und Träger der Lenin Friedenspreises Seán MacBride in der Zeitung Sunday Press darüber beklagte, dass er ebenfalls für das Amt kandidieren wollte, wurde lediglich Hillery nominiert, so dass dieser ohne eigentliche Wahl erneut Präsident wurde.
[Bearbeiten] 1990
Bei der Wahl 1990 verkündete die Irish Labour Party, dass sie zum ersten Mal einen Kandidaten aufstellen würde. Die Wahl fiel auf Mary Robinson, eine ehemalige Senatorin und liberale Befürworterin . Für Fianna Fáil trat der ehemalige Tánaiste Brian Lenihan an, ein ehemaliger Parlamentarier, der sich parteiintern gegen John Wilson durchsetzte. Fine Gael schickte, nachdem der ehemalige Taoiseach Garret FitzGerald und der ehemalige Tánaiste Peter Barry nicht antreten wollten, den neuen Parlamentarier und ehemaligen sozialdemokratischen Minister in Nordirland Austin Currie ins Rennen.
Brian Lenihan galt vor der Wahl als Favorit, denn kein Fianna Fáil-Kandidat hatte je eine Präsidentschaftswahl verloren. Doch Lenihan geriet ins Zwielicht, als er in einem Interview mit dem freischaffenden Journalisten Jim Duffy zugab, dass er 1982 bei der umstrittenen Auflösung des Parlaments in Versuche auf Präsident Patrick Hillery Druck auszuüben verstrickt war. Als nach seinen öffentlichen Unschuldsbeteuerungen dieses frühere Interview (aus dem Mai 1982) auftauchte, wurde er aus der Regierung ausgeschlossen.
Im ersten Wahlgang (siehe Instant-Runoff-Voting) verwies Mary Robinson den Kandidaten Austin Currie auf den dritten Platz und erreichte dann, nach Aufteilung der Zweitstimmen, überraschen den Sieg.
Kandidat | Partei | Erststimmen | Prozent | |
---|---|---|---|---|
Mary Robinson | Irish Labour Party | 612.265 | 38.88% | |
Brian Lenihan | Fianna Fáil | 694.484 | 44.10% | |
Austin Currie | Fine Gael | 267.902 | 17.02% |
[Bearbeiten] 1997
Die 11. Präsidentschaftswahl fand am 30. Oktober 1997 statt. Bei dieser Wahl traten bisher die meisten Kandidaten an; 5 Nominierte, von denen 4 Frauen waren. Die Kandidaten im einzelnen:
Mary McAleese: Mary McAleese war die Kandidatin von Fianna Fáil, obwohl sie im Vorfeld nicht als Favoritin in die parteiinterne Ausscheidung gegangen war. Neben ihr standen noch der ehemalige Taoiseach Albert Reynolds sowie Michael O'Kennedy, ein ehemaliger Minister. In der ersten Wahlrunde erreichte Reynolds 49 Stimmen, McAleese 42 und O'Kennedy 21. In der entscheidenden Wahlrunde gewann McAleese mit 62 zu 48 Stimmen.
Mary Banotti: Die Fine Gael-Kandidatin war Mary Banotti, eine Großnichte von Michael Collins und Schwester des Abgeordnetenführers der Partei Nora Owen. Sie galt als exzellente Wahl und schlug in der parteiinternen Ausscheidung knapp Avril Doyle.
Adi Roche: Adi Roche ging für die Parteien Labour Party, Democratic Left und Green Party ins Rennen. Als Wohltätigkeits-Arbeiterin und Verfechter der Menschenrechte, war Roche eine gute Wahl für die beteiligten Parteien.
Dana Rosemary Scallon: Dana Rosemary Scallon wurde von 5 Bezirksgemeinden nominiert und war somit ebenfalls berechtigt an der Wahl teilzunehmen, auch wenn diese Art der Nominierung erstmals zum tragen kam. Scallon war 1960 Gewinnerin des Eurovision Song Contest und setzte sich in erster Linie für die Familienwerte ein.
Derek Nally: Fünfter im Bunde war der einzige männliche Kandidate Derek Nally. Er war ein ehemaliger Polizist und Kämpfer für die Rechte von Opfern - auch er erhielt die Nominierung von 5 Bezirksgemeinden.
Die Wahl musste, da die amtierende Präsidentin Mary Robinson bereits 7 Jahre im Amt war, in diesem Jahr stattfinden, wurde aber aufgrund ihres Rücktritts etwas nach vorne verschoben - Robinson trat zurück, um eine Position als Hochkommisar für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen anzutreten. Vor der Wahl galt Adi Roche als mögliche Gewinnerin, doch sie geriet in Schwierigkeiten und ihr Wahlkampf war zu Ende bevor er begonnen hatte, als sie schlechtes Verständnis für das zu wählende Amt offenbarte. Banotti zeigte einen soliden Wahlkampf, während Dana mit ihrem Auftreten und ihrem Wahlkampf alle überraschte. Derek Nally's Auftreten wurde von wahlkampfinternen Problemen beeinflusst.
Die Wahlbeteiligung war mit nur 1.279.688 Wählern (48%) sehr niedrig. McAleese gewann die Wahl überraschend eindeutig vor Banotti, während Dana ebenfalls überraschend Roche auf einen beschämenden vierten Platz verwies.
Kandidat | Partei | Erststimmen | Prozent | |
---|---|---|---|---|
Mary McAleese | Fianna Fáil | 574.424 | 45.24% | |
Mary Banotti | Fine Gael | 372.002 | 29.30% | |
Dana Rosemary Scallon | Unabhängig | 175.458 | 13.82% | |
Adi Roche | Unabhängig | 88.423 | 6.95% | |
Derek Nally | Unabhängig | 59.529 | 4.69% |
[Bearbeiten] 2004
Als Datum für die Präsidentschaftswahl 2004 war der 22. Oktober 2004 vorgesehen, doch als am 1. Oktober die Frist der Nominierungen abgelaufen war, war Mary McAleese, die sich als amtierende Präsidentin selbst nominiert hatte, die einzige Kandidatin. So wurde McAleese ohne eigentliche Wahl für eine 2. 7-jährige Amtszeit gewählt. Dies war nach Sean T. O'Kelly (1952) und Patrick Hillery (1983) zum dritten Mal der Fall.
[Bearbeiten] Fußnote
- Es wurde zu dieser Zeit angenommen, auch von Ó Dálaigh, dass die tatsächlichen Worte "fucking bollocks and a thundering disgrace" (übersetzt etwa: "totaler Schwachsinn und eine kolossale Schande") waren und dass die veröffentlichte Version von den Medien verharmlost wurde. Doch der einzige Journalist, der bei dem Vorfall anwesend war, ein Korrepondent des Cork Examiner, bestand darauf, dass nur die veröffentlichten Worte gefallen sind und keine anderen. Schwerwiegender war die Aussage von Donegan, dass "die Armee hinter dem Staat stehen muss" - ein Satz, den der Präsident so auffasste, dass er als Befehlshaber der Armee dies nicht tat. Donegan, ein Alkoholiker, soll, so seine Parteikollegen, zur Zeit der Aussage betrunken gewesen sein. Er wurde aufgrund seiner Probleme behandelt und auf einen niedrigeren Posten herabgestuft.