James Nachtwey
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
James Nachtwey (* 1948 in Syracuse, N. Y., andere Quellen: Massachusetts) ist ein amerikanischer Dokumentarfotograf, Kriegsberichterstatter und Fotojournalist.
Nachtwey zählt zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen Dokumentarfotografie, insbesondere der Kriegsfotografie.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Biographie
Nachtwey wuchs auf in Leominster, Massachusetts, USA und studierte Kunstgeschichte (Art History) und Politikwissenschaft (Political Science) in Dartmouth von 1966–1970. Nach dieser Zeit arbeitete er auf Handelsschiffen und als Lastwagenfahrer; etwa 1972 entschloss er sich – unter Einfluss der Studentenbewegung und des Vietnamkriegs – Fotograf zu werden. Dieses Ziel verfolgte er über nahezu zehn Jahre, jedoch vorerst ohne Bilder zu publizieren; während dieser "Vorbereitungszeit" brachte sich Nachtwey die Fotografie autodidaktisch bei durch das Studium von Fotobüchern und Dunkelkammerarbeit; zu den Fotografen, deren Arbeiten er studierte, gehören u.a. Henri Cartier-Bresson, William Eugene Smith, Josef Koudelka und Don McCullin.
Zunächst lernte er den Alltag eines Reporters kennen als Assistent eines Nachrichten-Redakteurs bei der US-Fernseh-Gesellschaft NBC in New York. Ab 1976 fotografierte er selbst erstmals regionale Ereignisse in New Mexico; ab 1980 arbeitete er dann als freier Fotograf in New York.
Seine erste Fotoreportage entstand 1981 in Nordirland, wo er die Unruhen in Belfast dokumentierte. Nachtwey arbeitet seit dieser Zeit fast ausschließlich in den jeweiligen Krisengebieten der Welt unter dem Motto des "Witness" ("I have been a witness, and these pictures are my testimony. The events I have recorded should not be forgotten and must not be repeated"). Was ihn antreibt, ist nach eigenen Aussagen die Suche nach einem Antidot gegen Krieg und die Hoffnung darauf, etwas verändern zu können.
In den achtziger Jahren bereiste er dann als Dokumentarfotograf die lateinamerikanischen Länder (El Salvador, Nicaragua, Guatemala, Brasilien u.a.), den Nahen Osten (Libanon, Israel und die besetzten Gebiete (West Bank), Kurdistan u.a.) sowie Afrika (Ruanda, Somalia, Südafrika (1994) u.a.).
Anschließend folgten zahlreiche Reisen in das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und die Länder des Ostblocks wie Bosnien, Rumänien und Tschetschenien. Auch in Afghanistan entstand 1996 eine Fotodokumentation des Krieges. In Asien entstanden zunehmend Reportagen, die sich mit der Armut und den Lebensumständen der dortigen Bevölkerung beschäftigten (Indonesien, Thailand, Indien, Sri Lanka, Philippinen, Südkorea u.a.)
Nachtwey wurde am 11. Dezember 2003 in Bagdad bei einer Explosion schwer verletzt, als er amerikanische Soldaten bei einer nächtlichen Patrouille begleitete. Seit 1984 steht Nachtwey unter Vertrag beim Time Magazine; zwischen 1980 und 1985 kooperierte er mit Black Star. Zwischen 1986 und 2001 war James Nachtwey Mitglied der Fotoagentur Magnum; seit 2001 arbeitet er für die Agentur VII, zu deren Gründungsmitgliedern er gehört.
Nachtwey wohnt am Rand von Manhattan. Als Augenzeuge der Terroranschläge auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001 begleitete er die Einstürze der Türme und die Rettungsarbeiten am Ground Zero mit der Kamera.
[Bearbeiten] Methodik und Technik
James Nachtwey fotografiert nach der Maxime, möglichst dicht am Motiv zu sein; er ist "within a rifle butt's reach, sitting upright, his finger poised above the shutter" (Chris Wright). Nachtwey vermeidet Teleobjektive und spektakuläre Aufnahmestandpunkte; stattdessen bevorzugt er Weitwinkelobjektive und begibt sich auf Augenhöhe der von ihm fotografierten Subjekte, er geht "nah ran", ganz nach Robert Capas "goldener Regel" der Reportagefotografie: "If your pictures aren't good enough, you're not close enough".
Nachtweys Methodik hat sich im Laufe seiner mehr als zwei Jahrzehnte umfassenden Tätigkeit als Fotograf verändert; in den 80er Jahren versuchte er noch, archetypische Einzelbilder zu finden, die komplexe Geschehnisse in ein einziges Bild komprimieren konnten. Heute arbeitet er dagegen überwiegend in Serien, die auch den Kontext zeigen, und nur noch selten in alleinstehenden Einzelbildern.
Er fotografiert sowohl digital (Canon EOS-1Ds) als auch mit analogem Film (Canon EOS-1Vs und 1Ns, Fujifilm für Farbfotos und Kodak Tri-X für Schwarzweissbilder), bevorzugt jedoch Negativfilm. Digitale Fotos werden für ihn jedoch zunehmend notwendig, um knappe Termine für Auftragsarbeiten erfüllen zu können. Unterwegs führt er dann ein Apple PowerBook G4 mit sich, während er im Studio einen Apple Power Mac G4 nutzt. Nachtwey betont jedoch die überragende Bedeutung des geschulten Auges gegenüber der Technik: "documentary photography and photojournalism are based on perception, not on technology".
[Bearbeiten] Wirkung, Bedeutung und Kritik
Nachtwey ist derzeit einer der erfolgreichsten Kriegsberichterstatter; seine Bilder werden in zahlreichen Zeitungen, Magazinen und Illustrierten veröffentlicht. Nachtwey fühlt sich der concerned photography verpflichtet und seine Bilder zeigen Mitgefühl für die Opfer von Kriegen und sozialer Ungerechtigkeit; er interessiert sich zunehmend für Armut und sozialkritische Themen. Er behauptet, "ein Journalist, der sich in eine Kriegszone begibt, übt die höchste Form von Journalismus aus". Nach seiner Auffassung hat die Presse die Möglichkeit, Ereignisse wirkungsvoll zu beeinflussen; Kriegsreportagen sollten daher nicht unterhalten oder nur informieren, sondern "Instinkte berühren und Politiker zum Handeln antreiben".
Seine Arbeit ist jedoch auch umstrittenen. So kritisiert Richard B. Woodward in The Village Voice, Nachtwey bilde den Schrecken von Krieg und Tod als "ästhetisches Wunder" ab; Nachtwey sei eben so anti-war wie der Modefotograf Herb Ritts anti-fashion sei und Nachtwey habe – im Gegensatz zu Robert Capa – kein Anliegen. Er wirft dem Fotografen vor, bei dem sensationslüsternen Publikum den "Appetit" auf immer grauenvollere Bilder zu befriedigen und sich dabei in der Rolle des "Heiligen" zu gefallen. Deshalb sprechen einige Kritiker im Zusammenhang mit Nachtweys Kriegsfotos auch von war pornography.
[Bearbeiten] Werk
Nachtweys Werk ist vielfach publiziert, ausgestellt und ausgezeichnet worden.
[Bearbeiten] Ausstellungen
Auswahl einiger Ausstellungen:
- International Center of Photography, New York
- Museum of Photographic Arts, San Diego
- Culturgest, Lissabon
- Bibliothèque nationale de France, Paris
- Palazzo Esposizione, Rom
- El Círculo de Bellas Artes, Madrid
- Galerie Fahey/Klein, Prag
- Carolinum, Prag
- Hasselblad Center Schweden
- Canon Gallery, Amsterdam
- Nieuwe Kerk, Amsterdam
- Massachusetts College of Art, Boston
- Hood Museum of Art, Dartmouth College
- C/O Berlin, Berlin.
- Stadtmuseum Göhre, Jena
[Bearbeiten] Buchpublikationen
Auswahl einiger Buchpublikationen:
- 2001: L´Occhio Testimone
- 2000: Inferno (Phaidon Press; ISBN 0714838152) - das "am schönsten fotografiertes Buch über den Tod" (Bosten Globe); 480 grossformatigen Schwarzweissbilder
- 1999: Civil Wars
- 1997: Ground Level
- 1989: Deeds of War (Thames and Hudson; ISBN 0500541523) - Fotografien aus Nicaragua, El Salvador, Libanon, der West Bank, Afghanistan und Nordirland.
[Bearbeiten] Film
Der Autor und Regisseur Christian Frei drehte den Dokumentarfilm War Photographer über die Arbeit von James Nachtwey (Schweiz 2002, 96 Minuten, 35 mm, Dolby Stereo), der 2001 für den Academy Award in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" (Best Documentary Feature) nominiert wurde.
[Bearbeiten] Auszeichnungen, Preise und Ehrungen
- Dan David Prize - für sein Gesamtwerk (2003)
- World Press Photo Award (1992, 1994, 1999),
- Robert Capa Gold Medal des Overseas Press Clubs (5x),
- International Center of Photography Infinity Award, New York (3x)
- Leica Award (2x)
- Bayeaux Award für Kriegsberichterstatter (2x)
- Magazine Photographer of the Year in den USA (6x)
- Alfred Eisenstaedt Award
- Canon Photo Essayist Award
- W. Eugene Smith Memorial-Stipendium für humanistische Fotografie
- Fellowship der Royal Photographic Society
- Ehrendoktor der Fine Arts vom Massachusetts College of Arts.
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über James Nachtwey im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Homepage von James Nachtwey (englischsprachig)
- Offizielle Homepage 'warphotographer' Dokumentarfilm, Schweiz 2001
- James Nachtwey's Photo Gallery (englischsprachig)
- Interview mit James Nachtwey - von Elizabeth Farnsworth, 16. Mai 2000 (englischsprachig)
- James Nachtwey: "Kriegsjournalismus ist die höchste journalistische Form" - Interview von Peter Hossli, 2002.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Nachtwey, James |
KURZBESCHREIBUNG | amerikanischer Dokumentarfotograf, Kriegsberichterstatter und Fotojournalist |
GEBURTSDATUM | 1948 |
GEBURTSORT | Syracuse, N. Y., andere Quellen: Massachusetts |