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Johannes Reuchlin - Wikipedia

Johannes Reuchlin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Johannes Reuchlin
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Johannes Reuchlin
Johannes Reuchlin Detail eines Holzschnitts aus einem Einblattdruck 1516
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Johannes Reuchlin Detail eines Holzschnitts aus einem Einblattdruck 1516
Johannes Reuchlin im Kreise bedeutender Vertreter seiner Zeit, antirömischer Holzschnitt Straßburg 1521
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Johannes Reuchlin im Kreise bedeutender Vertreter seiner Zeit, antirömischer Holzschnitt Straßburg 1521
De arte cabbalistica, Hagenau 1530, Titelseite mit dem Wappen Reuchlins
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De arte cabbalistica, Hagenau 1530, Titelseite mit dem Wappen Reuchlins

Johannes Reuchlin (* 22. Februar 1455 in Pforzheim; † 30. Juni 1522 in Stuttgart, auch: Johann Reichlin), gräzisiert Kapnion, Capnio, war ein deutscher Philosoph und Humanist.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Studien und Lehre

Reuchlin wurde in Pforzheim als Sohn eines Klosterverwalters geboren. Im Alter von nur 15 Jahren schrieb er sich nach dem Besuch der Elementar- und Lateinschulen des Pforzheimer Dominikanerklosters St. Stephan anno 1470 an der Universität zu Freiburg ein, wo er zunächst Grammatik, Philosophie und Rhetorik studierte.

Mit abgeschlossenem Magister Artium begann er 1477 seine erste akademische Tätigkeit.

In Orléans erlernte er die Griechische Sprache, begann sein Jurastudium und beendete dieses in Poitiers mit dem Lizenziat. 1481 nahm er unter Eberhard von Württemberg (Eberhard im Bart) seine Arbeit als Ratgeber und Orator am Stuttgarter Hof auf.

Von Februar bis April 1482 begleitete Reuchlin Graf Eberhard auf seiner Reise nach Rom. Er verhandelte dort mit Papst Sixtus IV. über Existenz und Organisation der Universität Tübingen, die Eberhard 1477 gegründet hatte. Entscheidende Einflüsse erhielt er durch seine Studien und Begegnungen in Rom und Florenz, wo er unter anderem bei Angelo Poliziano studierte.

1482 Einschreibung an der Universität Tübingen, über deren Existenz und Organisation er zuvor mit Papst Sixtus IV. in Rom debattiert hatte. Im gleichen Jahr begleitete er Eberhard von Württemberg nach Rom und blieb als Mitglied des Hofgerichts und Berater des Grafen in württembergischen Diensten.

1484 erfolgte die Promotion zum „Doktor des kaiserlichen Rechts“ (Dr. legum). Mehrfach musste Reuchlin Württemberg wegen Kriegswirrungen verlassen, so lehrte er an der Universität Ingolstadt Griechisch und Hebräisch; ein Jahr vor seinem Tod kehrte er an die Universität Tübingen zurück.

Bezüglich des Studiums des Hebräischen ist darauf hinzuweisen, dass Reuchlin dann der erste deutsche Hebraist war. Sein Lehrer des Hebräischen war Jacob Ben Jehiel Loans, der jüdische Leibarzt Kaiser Friedrichs III. Möglicherweise hat Reuchlin diesem in seinem Werk „De arte cabbalistica“ ein literarisches Denkmal gesetzt: Zwei christliche Schüler des gelehrten Juden Simon bedauern, dass dieser wegen des Sabbats ihr erstmaliges Zusammentreffen beenden musste. Nachdem er gegangen war, preisen sie seine Weisheit in vielfältigen Worten und einer ruft schließlich aus:

„Gute Götter, ein Jude, von Juden geboren, ernährt, erzogen und unterwiesen, ein Volk, das überall von den Völkern als barbarisch, abergläubisch, gemein, verworfen und dem Glanz aller guten Wissenschaften abgeneigt angesehen wird - glaube mir, ich hätte ihn in meiner Sehnsucht diesem Mann gerne die ganze lange Nacht ins Antlitz gesehen und seinen Worten gelauscht, wenn nicht dieser unglückselige Sabbatabend dazwischen gekommen wäre“.

Ein schönes Beispiel für Reuchlins ungewöhnliche Toleranz in einer Zeit, in der sich auch gelehrte Geister kritiklos zu einer religiös bedingten totalen Verachtung der Juden bekannt haben.

1492 wurde er vom Kaiser Friedrich III. geadelt. Der Mord an Hans von Hutten durch Ulrich von Württemberg ließ ihn Stuttgart verlassen. In Heidelberg fand er beim Kanzler des Kurfürsten Philipp, dem Wormser Bischof Johann von Dalberg und am Pfälzer Hof Asyl. Bei einer dritten Italienreise im Auftrag Philipps 1498 erwarb er hebräische und griechische Werke und nahm Kontakt mit Aldus Manutius auf. Nach seiner Rückkehr nach Stuttgart betätigte er sich als Rechtsanwalt und schwäbischer Bundesrichter. Verarmt floh er 1520 vor Krieg und Pest nach Ingolstadt, wo er von Johannes Gussubelius zum ersten Professor für die Sprachen Griechisch und Hebräisch bestellt wurde. 1521 kehrt er nach Tübingen zurück. Luthers Kirchenreform lehnte er ab. Ab 1516 lebte er als Konfrater mit dem Augustiner-Orden und ließ sich schließlich als Priester weihen.

[Bearbeiten] Werk und Wirken

Neben Erasmus von Rotterdam gilt Johannes Reuchlin als der deutsche Humanist. Von seinem älteren, holländischen Kommilitonen Rudolf Agricola beeinflusst, entwickelte er sich zum deutschen Repräsentanten des Renaissance-Platonismus. Er entdeckte die mystische und theologische Grundhaltung bei den chaldäischen Orakeln und in der Kabbala („De verbo mirifico“ von 1494 und „De arte cabbalistica“ von 1517), bei Zoroaster und Pythagoras.

Als neu-lateinischer Dichter unternahm er den Schritt vom Dialog zum Drama und wurde so Begründer des neueren deutschen Dramas und des Schuldramas. In Heidelberg entstanden 1496/97 seine dramatisierte „Satire Sergius“ und „Scaenica Progymnasmata (Henno)“, letzteres von Hans Sachs als Fastnachtsspiel bearbeitet. Er greift thematisch die italienische Commedia dell'arte auf.

Seine Übersetzungen, Textausgaben und persönliche Anregungen förderten die Kenntnis des Griechischen. Durch sein in Deutschland damals außergewöhnliches Studium des Althebräischen erschloss er der Wissenschaft das Alte Testament. Für die Folgezeit wurde sein Buch „De rudimentis hebraicis“ Grundlage.

[Bearbeiten] Konflikt mit den Dominikanern

Der in Köln zum Christentum konvertierte Judenhasser und Metzger Johannes Pfefferkorn veröffentlichte 1505 als Strohmann der Kölner Dominikaner zunächst mehrere Schmähschriften gegen Juden und erlangte dann ein Mandat von Kaiser Maximilian I. zur Beschlagnahme aller jüdischen Schriften, die er verbrennen wollte. Er beantragte auch das Verbot aller jüdischen Bücher. Der Mainzer Erzbischof Uriel von Gemmingen beauftragte Reuchlin, im Jahr 1510, den Einfluss der jüdischen Bücher auf den christlichen Glauben zu beurteilen. Reuchlin trat daraufhin in Publikationen in Opposition zu Pfefferkorn, woraus sich ein mehrjähriger Streitschriftenkrieg entwickelte, in dem Reuchlin seine Ablehnung des Verbots im Augenspiegel 1511 verteidigte. Die Auseinandersetzung gipfelte in den „Dunkelmännerbriefen“. Die öffentliche Meinung in Deutschland folgte der Auffassung von Reuchlin, dieser musste sich dennoch 1513 in Rom als vermeintlicher Ketzer der Inquisition stellen.

Das 5. Laterankonzil (1512-1517) sprach sich einerseits zugunsten der Auffassung Reuchlins aus, im Talmud keine gegen das Christentum gerichteten Stellen finden zu können, andererseits verurteilte Papst Leo X. eben diese Auffassung als ketzerisch. Denkbarer Hintergrund könnte sein, dass ohne eine solche Vernichtungsaktion insbesondere jüdischer Schriften die Hegemonie der katholischen Kirche über historische Aufzeichnungen und ihre Deutung nicht sichergestellt werden könnte.

1520 verbot der Papst schließlich die weitere Verbreitung der „Dunkelmännerbriefe“, mutmaßlich im Zuge der durch Luther im Vatikan ausgelösten, beginnenden Gegenreformation.

[Bearbeiten] Nachwirken

Seit 1955 verleiht die Stadt Pforzheim alle 2 Jahre für Arbeiten im Sinne des Humanismus den Reuchlinpreis. Außerdem erinnern in seiner Heimatstadt das „Reuchlinhaus“, die „Freimaurerloge Reuchlin“ und das „Reuchlin-Gymnasium“ an ihn. Ebenso existiert in Ingolstadt, dem Ort seines Wirkens als Professor, ein Reuchlin-Gymnasium.

[Bearbeiten] Weblinks

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