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Johannes Tauler - Wikipedia

Johannes Tauler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Johannes Tauler (* um 1300 in Straßburg; † 15. Juni 1361 in Straßburg) war ein deutscher Theologe und Mystiker.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Tauler stammte aus einer vermutlich wohlhabenden Straßburger Familie, deren Name verschiedentlich in den zeitgenössischen städtischen Urkunden nachweisbar ist. Ein Klaus Tauler, welcher der Vater Johannes Taulers gewesen sein könnte, war Ratsherr.

Tauler trat in den Dominikanerkonvent seiner Heimatstadt ein. Wahrscheinlich durchlief er den für Priester des Dominikanerordens üblichen Ausbildungsgang, also ein Studium von mindestens sechs bis höchstens acht Jahren, das umfangreiche philosophische und theologische Kenntnisse vermittelte. Nach seiner Ausbildung war Tauler vor allem in der Seelsorge für geistlich lebende Frauen (Ordensschwestern und Beginen) tätig. Für diese schrieb er auch seine deutschsprachige mystische Predigtsammlung (etwa 80 Predigten), die als einziges authentisches Werk bis heute überliefert ist.

Während des Konflikts zwischen Kaiser Ludwig dem Bayern und Papst Johannes XXII. entschied sich Straßburg für die Seite des Kaisers und wurde vom Papst mit dem Interdikt belegt. Da sich die papsttreuen Dominikaner dementsprechend weigerten, für die Bürger weiterhin die Messe zu zelebrieren, mussten sie 1338 die Stadt verlassen. Mit ihnen ging auch Tauler nach Basel, wo er bis 1342/43 blieb.

Außerdem sind mehrere Aufenthalte Taulers in Köln bezeugt, wo er auch seiner Predigttätigkeit nachging, wie Bezüge auf Kölner Gegebenheiten in einer Predigt zeigen.

[Bearbeiten] Lehre

Taulers Lehre steht in der Tradition des "Vaters" der christlichen Mystik Dionysius Areopagita und wurde von Meister Eckhart beeinflusst, den er in seinen Predigten auch namentlich erwähnt. Als weitere Quellen seines Denkens sind u.a. Augustinus, Bernhard von Clairvaux, Hildegard von Bingen und Mechthild von Magdeburg erkennbar.

Tauler geht es darum, seinen Zuhörer(innen) den Weg zur Unio mystica, zur Vereinigung der Seele mit Gott schon in diesem Leben, zu eröffnen. Voraussetzung dafür, dass dies überhaupt möglich ist, ist die Vorstellung eines inneren quasi-göttlichen Kerns in der Seele. Dieser "Grund der Seele" (Meister Eckhart nennt den gleichen Sachverhalt "Seelenfünklein") stamme nach Tauler direkt aus Gott und strebe zu ihm zurück.

Der spirituelle Weg Taulers führt über eine intensive Leidens- und Christusfrömmigkeit zu einem allmählichen "Leerwerden" der Seele von allen "Bildern". Dies ermöglicht dann die Erfahrung der Gottesfülle, die "Unio". Bevor diese jedoch eintritt, muss der Gottsucher erst noch eine Phase innerer Gottverlassenheit durchleiden, in der ihm alle spirituellen Tröstungen entzogen sind.

Taulers Gottesbild ist durch zwei Aspekte bestimmt: Auf der einen Seite ist die durch (Pseudo-)Dionysius Areopagita und auch Augustinus vermittelte neuplatonische Tradition wichtig: Gottes Sein geht über alle Begrifflichkeit hinaus, er ist viel mehr, als wir aussagen können, man kann ihn eigentlich noch nicht einmal als seiend bezeichnen, noch viel weniger allerdings als nicht-seiend. Gott ist das "ungeschaffene Nichts", das nur im "geschaffenen Nichts" des "Seelengrundes" unmittelbar erfahren werden kann.

Auf der anderen Seite ist Gott für Tauler aber in Jesus Christus präsent und kann und muss hier mittelbar erfahren werden. Eine unmittelbare Erfahrung des "bildlosen Gottes" ist denkbar und anstrebenswert, darf aber nicht losgelöst von der Christusnachfolge gesucht werden, sondern ist nur zusätzlich als letzte Stufe des inneren spirituellen Weges gnadenhaft erreichbar.

Neben den eigentlichen mystischen Aspekten werden in den Predigten auch zahlreiche andere Seiten des religiösen Lebens thematisiert, so setzt sich Tauler etwa für die religiöse Aufwertung der Nichtgeistlichen und ihrer weltlichen Arbeit ein.

[Bearbeiten] Nachwirkung

Taulers Predigtsammlung verbreitete sich nach seinem Tod kontinuierlich vor allem in den Klöstern der Ordensreformbewegung, wo sie bald auch von männlichen Ordensmitgliedern rezipiert wurden. 1498 und 1508 erschienen die ersten Drucke, die u.a. für den jungen Martin Luther bedeutsam wurden. Es folgten bis in die Gegenwart zahlreiche weitere Ausgaben.

Weiterhin gilt Tauler als Schöpfer der Urfassung des Textes des Adventsliedes "Es kommt ein Schiff, geladen" (Evangelisches Gesangbuch Nr. 8).

Einen wunderbaren Text hat er in einer seiner Predigten geschrieben: «Das Pferd macht den Mist in dem Stall, und obgleich der Mist Unsauberkeit und üblen Geruch an sich hat, so zieht dasselbe Pferd denselben Mist mit großer Mühe auf das Feld; und daraus wächst der edle schöne Weizen und der edle süsse Wein, der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da. Nun, dein Mist, das sind deine eigenen Mängel, die du nicht beseitigen, nicht überwinden kannst, die trage mit Mühe und Fleiss auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit deiner selbst. Streue deinen Mist auf dieses edle Feld, daraus sprießt ohne allen Zweifel in demütiger Gelassenheit edle, wonnigliche Frucht auf.» (vgl. Predigten. Vollständige Ausgabe, Herder 1961, S. 43-44).

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Textausgaben:

a) Mittelhochdeutsch

b) Einige seiner Werke oder ihm zugeschriebenen Werke wurden im 19. Jahrhundert neu herausgegeben

  • Nachfolgung des armen Lebens Christi. Hrsg. von Nikolaus Casseder, Luzern: Anich, 1823
  • Johann Tauler's Medulla animae, oder von der Vollkommenheit aller Tugenden, Übersetzt und bearbeitet von Nikolaus Casseder, Lucern, Anich, 1823

c) Moderne Übertragungen

  • Johannes Tauler: Predigten. Übertragen und herausgegeben von Georg Hofmann, Freiburg i. Br. 1961, Neudruck in zwei Bänden, Einsiedeln 1979 (Christliche Meister, Band 2 und 3).
  • Johannes Tauler: Predigten (Gotteserfahrung und Weg in die Welt). Herausgegeben und übersetzt von Louise Gnädinger, Olten 1983 (Auswahl).

[Bearbeiten] Sekundärliteratur:

  • Gnädinger, Louise: Johannes Tauler. Lebenswelt und mystische Lehre. München 1993.
  • Leppin, Volker: Artikel „Tauler Johannes“, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 32, Berlin/ New York 2001, S. 745-748.
  • Eck, Suzanne: Gott in uns. Hinführung zu Johannes Tauler. Übersetzt von Viktor Hofstetter OP und Hildegard Stoffels (Dominikanische Quellen und Zeugnisse Bd. 8). Leipzig 2006.

[Bearbeiten] Weblinks


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