Landkreis Marienwerder
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der preußisch-deutsche Landkreis Marienwerder bestand in der Zeit zwischen 1752 und 1945. Er umfasste am 1. Januar 1945 zwei Städte und 52 Gemeinden.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Überblick
Das Kreisgebiet gehörte auch nach der 1466 vollzogenen Teilung Preußens zum Herzogtum Preußen. Bei der 1752 von Friedrich dem Großen durchgeführten Verwaltungsreform Ostpreußens wurde der Kreis Marienwerder als einer von zehn neu eingerichteten ostpreußischen Kreisen geschaffen. Als Preußen im Jahre 1773 auch die bis dahin unter polnischer Herrschaft stehenden Gebiete des ehemaligen Ordensstaates als neugeschaffenen Provinz Westpreußen eingliederte, wurde das Kreisgebiet der neugeschaffenen westpreußischen Regierung unterstellt.
Der Kreis umfasste bis 1818 fünf königliche Immediat- und zwei adlige Mediatstädte sowie vier Domänen- bzw. Erbhaupt-Ämter. (Details)
1818 wurde der Kreis Rosenberg i. Westpr. abgetrennt und die Stadtgemeinde Rosenberg i. Westpr. zur Kreisstadt dieses neugeschaffenen Kreises erhoben. Zum Ausgleich wurde der Kreis Marienwerder um einige Gemeinden westlich der Weichsel vergrößert. Durch die deutsch-polnische Grenzziehung 1920 wurde der Kreis geteilt, nur die östlich der Weichsel gelegenen Gebiete blieben bis 1945 bei Deutschland.
Dominierender Wirtschaftszweig war die Landwirtschaft, in der 1933 rund 65% der nicht in der Kreisstadt lebenden Bewohner tätig waren.
[Bearbeiten] Verwaltungsgeschichte
Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress entstand mit dem 1. April 1816 der Kreis Marienwerder im Regierungsbezirk Marienwerder in der preußischen Provinz Westpreußen. Dieser umfasste meist ländliche Gebiete westlich und östlich der unteren Weichsel. Das Landratsamt war in Marienwerder.
Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen (nicht: Ostpreußen) und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr. Der Regierungsbezirk Marienwerder blieb dabei bestehen.
Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich.
Nach dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10. Januar 1920 gehörten alle Gebiete westlich der Weichsel nunmehr als neuer Kreis Gniew (= Mewe) dem polnischen Staat an. Dieser wurde zum 1. April 1932 aufgelöst und auf die Kreise Tczew (= Dirschau), Starogard (= Preußisch Stargard) und Swiecie (= Schwetz) verteilt.
Der vorläufig deutsch gebliebene Ostteil wurde einstweilig dem Oberpräsidenten in Königsberg i. Pr. unterstellt.
Am 24. Januar 1920 trat der Kreis unter die Interalliierte Kommission für Regierung und Volksabstimmung in Marienwerder.
Nach dem eindeutigen Ergebnis der Volksabstimmung am 11. Juli 1920 verblieb der Kreis endgültig bei Deutschland. Trotz des positiven Ausgangs des Referendums mussten am 12. August 1920 noch die ostwärts der Weichsel gelegenen Landgemeinden Außendeich, Johannisdorf, Kleinfelde, Kramershof und Neu Liebenau an Polen abgetreten werden.
Mit dem 16. August 1920 endete die Unterstellung des Kreises unter die Interalliierte Kommission für Regierung und Volksabstimmung in Marienwerder. Nunmehr konnten endgültige Regelungen hinsichtlich der Reste der Provinz Westpreußen getroffen werden. Zum 1. Juli 1922 wurde der Kreis Marienwerder förmlich in die Provinz Ostpreußen eingegliedert.
Der Regierungsbezirk „Marienwerder“ wurde aus Traditionsgründen in Regierungsbezirk „Westpreußen“ umbenannt. Der Sitz des Regierungspräsidenten blieb weiterhin in Marienwerder.
Zum 30. September 1929 fand im Kreis Marienwerder entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.
Zum 1. Januar 1939 führte der Kreis Marienwerder entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis. Zum 26. Oktober 1939 wurde der Landkreis Marienwerder Teil des neugebildeten Reichsgaus Westpreußen, später Danzig-Westpreußen. Der Regierungsbezirk führte jetzt wieder die frühere Bezeichnung „Marienwerder“.
Am 2. Dezember 1940 wurden rückwirkend die seit dem 26. Oktober 1939 mitverwalteten früher polnischen Gemeinden Burztych (= Außendeich), Janowo (= Johannisdorf), Kramrowo (= Kramersdorf), Male Polko (= Kleinfelde) und Nowe Lignowy (= Neuliebenau) des Landkreises Dirschau in den Landkreis Marienwerder eingegliedert.
Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und wurde danach ein Teil Polens.
[Bearbeiten] Kommunalverfassung
Die Landkreis Marienwerder gliederte sich zunächst in die Stadtgemeinden Garnsee, Marienwerder und Mewe, in Landgemeinden und selbstständige Gutsbezirke.
Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Die bisherigen Stadtgemeinden führten jetzt die Bezeichnung Stadt.
Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 im Deutschen Reich eine einheitliche Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden.
Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.
[Bearbeiten] Bevölkerung
Im folgenden eine Übersicht[1] nach Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen:
Jahr | 1821 | 1831 | 1841 | 1852 | 1861 | 1871 | 1880 | 1890 | 1900 | 1910 |
Einwohner | 38.089 | 41.250 | ? | 59.001 | 62.922 | 65.805 | ? | 63.675 | 66.773 | 68.426 |
Evangelische Katholiken Juden |
23.190 14.105 374 |
25.529 14.927 422 |
36.527 21.309 815 |
38.031 23.483 879 |
38.963 25.664 804 |
34.870 27.878 695 |
35.416 30.571 588 |
35.248 32.350 311 |
||
deutschsprachig zweisprachig polnischsprachig |
32.130 - 9.120 |
40.778 - 18.223 |
44.489 - 18.433 |
40.772 1.169 21.701 |
42.170 720 23.867 |
42.465 796 25.148 |
1939 waren von den Bewohnern des Landkreises 81% evangelisch und 17% katholisch.
[Bearbeiten] Ortsnamen
Die durchweg deutschen Ortsnamen wurden im wesentlichen bis 1945 beibehalten. In einigen wenigen Fällen wurden sie als „nicht deutsch“ genug angesehen und erhielten eine lautliche Angleichung oder Übersetzung, zum Beispiel:
- Baldram: Mergental,
- Bandtken: Pankendorf,
- Bialken: Weißenkrug,
- Gutsch: Zandersfelde,
- Kamiontken: Lamprechtsdorf,
- Kanitzken: Kunkenau,
- Russenau: Reussenau,
- Zigahnen: Dietmarsdorf.
[Bearbeiten] Persönlichkeiten
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.109
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.ears.de/marienwerder.html (Kreisgebiet von 1780)
- http://www.geschichte-on-demand.de/marienwerder_op.html
- Territoriale Entwicklung, Übersicht der Gemeinden und Amtsbezirke
- Kreisangehörige Gemeinden 1910 mit Einwohnerzahlen
Allenstein (Stadt) | Allenstein (Land) | Angerburg | Bartenstein | Braunsberg | Darkehmen | Elbing (Stadt) | Elbing (Land) | Fischhausen | Gerdauen | Goldap | Gumbinnen | Heiligenbeil | Heilsberg | Insterburg (Stadt) | Insterburg (Land) | Johannisburg | Königsberg (Stadt) | Königsberg (Land) | Labiau | Lötzen | Lyck | Marienburg (Westpr.) | Marienwerder | Mohrungen | Neidenburg | Niederung | Ortelsburg | Osterode i. Ostpr. | Pillkallen | Preußisch Eylau | Preußisch Holland | Rastenburg | Rosenberg i. Westpr. | Rößel | Sensburg | Stallupönen | Stuhm | Tilsit (Stadt) | Tilsit-Ragnit | Treuburg | Wehlau