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Landsmannschaft (Studentenverbindung) - Wikipedia

Landsmannschaft (Studentenverbindung)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Bologna, 15. Jahrhundert: Aufnahme eines Studenten in die "Germanische Nation"
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Bologna, 15. Jahrhundert: Aufnahme eines Studenten in die "Germanische Nation"

Landsmannschaft (lat. „natio“, Plural „nationes“) ist an deutschen Universitäten ein alter Ausdruck für einen (zumindest theoretisch) nach Herkunftsland ausgerichteten Zusammenschluss von Universitätsangehörigen, später nur von Studenten, also eine bestimmte Art von Studentenverbindung. Heute ist „Landsmannschaft“ auch eine Bezeichnung für die nach dem 2. Weltkrieg entstandenen Vertriebenenverbände der deutschen Heimatvertriebenen.

Es gab in der Geschichte der Universitäten in Deutschland und Österreich vier verschiedene Arten von universitären bzw. studentischen Zusammenschlüssen, die sich als "Landsmannschaften", bzw. "Nationes" bezeichnet haben.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Nationes als Unterteilung der mittelalterlichen Universitas

Die "nationes" waren an den mittelalterlichen Universitäten eine Möglichkeit, die Gesamtheit ("universitas") der Professoren und der Studenten nach der Herkunft weiter zu gliedern. So war das zum Beispiel an den frühen hohen Schulen in Ravenna, Bologna, Salerno und Padua, aber auch in Paris üblich.

Ursprünglich war die territoriale Einordnung der Landsmannschaften sehr grob, man richtete sich nach den vier Himmelsrichtungen. So gab es an der Universität Paris die englische Nation für die Nord- und Osteuropäer, dazu die normannische, die pikardische und die gallische Nation. An der Karls-Universität Prag gab es eine böhmische Landsmannschaft (zu der Deutsche und Tschechen gehörten) dazu eine bayrische, eine polnische und eine sächsische. Die Mitglieder der Universität schlossen sich der Nation an, die ihrer Herkunft am ehesten entsprach. Das hatte wenig mit Heimatgefühl zu tun, das damals kaum ausgeprägt war, da Studenten und Professoren in jener Zeit sehr mobil waren und selbst die Muttersprache oder die Sprache des Universitätsstandortes wegen des allgemein verwendeten Lateins keine Rolle spielten.

Bald zeichnete sich ab, dass die Professoren eigene Zusammenschlüsse nach Fachgebieten gründeten, die dann „facultates“ genannt wurden. Das geschah zuerst in Paris und wurde dann bis heute für ganz Europa prägend. (Siehe dazu auch Universität#Nationen und Fakultäten !)

[Bearbeiten] Landsmannschaften in der frühen Neuzeit

Johann Georg Puschner, "Der Rauffende Student", Kupferstich von 1725
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Johann Georg Puschner, "Der Rauffende Student", Kupferstich von 1725

Vor allem für das 17. und das 18. Jahrhundert gibt es danach zahlreiche Belege für rein studentische Zusammenschlüsse, die Landsmannschaften genannt wurden. Diese selbstverwalteten Vereinigungen standen nicht mehr unter der Aufsicht der Universitätsbehörden und machten sich verdächtig, für Auswüchse und Exzesse unter den Studenten verantwortlich zu sein. Die damals üblichen ausufernden Trinkgelage, das oft ungezügelte Duellwesen und Prügeleien mit Handwerksgesellen wurden diesen studentischen Gemeinschaften angelastet.

Die damaligen Landsmannschaften waren praktisch ständig verboten, wobei diese Verbote aber nur mehr oder weniger streng umgesetzt wurden. Meistens gab es aktuelle Anlässe für Verfolgungen, die sich dann wieder beruhigten.

Die Zahl der Landsmannschaften hing stark von der Größe der Universität ab. Die meisten Hochschulen hatten in dieser Zeit nur einige hundert Studenten, die größten rund tausend. Deshalb gab es nicht für jedes Territorium eine eigene Landsmannschaft. Bei den großen Ländern mit starken Herrscherdynastien (Preußen „Borussia“, Bayern „Bavaria“) war das unproblematisch, fragmentierte Gebiete mit vielen Kleinstaaten (Rheinland, Westfalen, Schwaben, Franken) wurde auch gern nach den seit dem 15. Jahrhundert existierenden Reichskreisen zusammengefasst (Rhenania, Guestphalia, Suevia, Franconia). Der junge Johann Wolfgang Goethe aus Frankfurt zum Beispiel war als Student in Leipzig Mitglied der Landsmannschaft der Bayern.

Die kleinen Ostseeuniversitäten (Kiel, Rostock, Greifswald, Königsberg) hatten in der Regel keine Landsmannschaften. Hier waren alle Studenten in der „Allgemeinheit“ oder „Burschenschaft“ zusammengefasst, also der Gesamtheit der Burschen, der Studenten. Dieser Begriff „Burschenschaft“ wurde dann später ab 1815 von den Studenten in Jena als Bezeichnung für ihre Neugründung einer allumfassenden, politisch ausgerichteten Verbindungsform wieder aufgegriffen, die sich bewusst gegen die landsmannschaftliche Gliederung der Studentenschaft wandte.

Bis zum letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts trug der Student im Alltag jederzeit eine Waffe. Neben den halbwegs regulären Duellen, die auf Ehrenstreitigkeiten beruhten und bei denen Kartellträger, Sekundanten und Unparteiische zum Einsatz kamen, gab es oft auch spontane Auseinandersetzungen, die an Ort und Stelle ausgetragen wurden, in der Form des so genannten Rencontre (frz. „Zusammentreffen, Gefecht“). Ab 1794 wurde das Recht zum Waffentragen für Studenten im Heiligen Römischen Reich zivilisatorisch eingeschränkt, Fechtwaffen durften nur noch auf Reisen von Stadt zu Stadt zur Selbstverteidigung mitgenommen werden, bei Gängen innerhalb der Stadt oder bei Spaziergängen oder –ritten außerhalb der Stadt waren sie verboten. Dies führte zu einer Verfeinerung und gesteigerten Formalisierung des Duellwesens.

Vor allem im 18. Jahrhundert trugen Mitglieder von Landsmannschaften eine Art „Uniform“. So war in der Regel die Farbe des Rockes und die Farbe der Rockaufschläge einheitlich. Teilweise wurde ein- oder zweifarbige „Nationalkokarden“ am Hut getragen. Diese Einheitlichkeit wurde von den Universitätsbehörden als Abzeichen "geheimer Gesellschaften" verfolgt.

Bei der Gestaltung der Uniformen spielten auch die im 18. Jahrhundert von den Herrschern eingeführten "Civiluniformen" eine Rolle, die von den Amtsträgern des jeweiligen Landes in Landesfarben getragen werden mussten. So wurde es üblich, dass die Erben dieser Würdenträger schon an der Universität mit der Uniform ihrer Väter einheitlich auftraten. Das konnte dann allerdings schlecht als Abzeichen einer „geheimen Gesellschaft“ verboten werden.

Der Zusammenschluss der Landsmannschaften war aber noch sehr lose, eine "verschworene" Gemeinschaft, gar mit Lebensbundprinzip, gab es nicht. Das führten dann die Studentenorden ein, die mit ihrer straffen Ordnung, ihren Zeremonien und ihren "Ordensgesetzen" die Landsmannschaften aushöhlten und zum Untergang brachten.

[Bearbeiten] "Corpslandsmannschaften“

Aus der Gegnerschaft zu den Orden mit einem "Rückfall" in das landsmannschaftliche Konzept (aber mit Übernahme der straffen Ordnung und der Reglements der Orden) entstanden um das Jahr 1800 die frühen Corps, die sich aber zum Leidwesen der Corpshistoriker die unterschiedlichsten Namen gaben: "Gesellschaft", "Kränzchen", gar "Clubb" und zur allgemeinen Sprachverwirrung auch "Landsmannschaft". Um hier Verwechslungen zu vermeiden, sprechen Corpshistoriker gern von "Corpslandsmannschaften", obwohl das kein zeitgenössischer Ausdruck ist. Manche Corps gaben sich gar erst in den 1860er Jahren den Namen „Corps“.

Innerhalb der frühen Corps ("Corpslandsmannschaften") entstand um 1815 die Idee der Urburschenschaft in Jena.

[Bearbeiten] Heutige Landsmannschaften

Im Zuge der "Progress"-Bewegung im Vormärz (vor 1848) gründeten sich auch Progressverbindungen, die den alten Namen "Landsmannschaft" (neben Turnerschaft, Sängerschaft etc.) wieder aufgriffen, aber mit gänzlich neuen Inhalten auffüllen wollten. Das ursprüngliche Prinzip war, die damals sehr spezifischen studentischen Sitten und Gebräuche aufzugeben und sich den allgemeinen bürgerlichen Gepflogenheiten im Alltag anzupassen. Das Überlegenheitsgefühl der Studenten gegenüber den Bürgern (auch Philister genannt) galt als antiquiert. Daher auch die Parallelität zu den damals von Bürgern erstmals gegründeten Turnvereinen und Gesangsvereinen.

Diese Bewegung legte sich dann aber – die studentische Kultur war offensichtlich zu stark –, und die alten Traditionen, wie sie mal von den Corps definiert worden waren, wurden wieder übernommen. Dazu gehörten auch das Prinzip der unbedingten Satisfaktion mit der Waffe, die Pflichtmensur, das Farbentragen und das Toleranzprinzip.

Diese Landsmannschaften gründeten im Laufe des 19. Jahrhunderts verschiedene Dachverbände, darunter die Deutsche Landsmannschaft, die sich im Jahre 1951 mit den pflichtschlagenden Turnerschaften im Coburger Convent zusammenschloss. Der Coburger Convent ist freundschaftlich verbunden mit der Deutschen Sängerschaft, die auch in dieser Zeit ihre Wurzeln hat.

[Bearbeiten] Katholische und schlagende Landsmannschaften in Österreich nach 1918

Nach dem Ersten Weltkrieg schlossen sich in Österreich katholische Akademiker (vereinzelt auch Gymnasiasten) zu Studentenverbindungen zusammen, die als das "fünfte" Prinzip eine besondere Verbundenheit mit dem Haus Habsburg pflegten und pflegen. Es sind nicht-schlagende Verbindungen in starkem Gegensatz zu deutschnationalen: Akademischer Bund Katholisch-Österreichischer Landsmannschaften (KÖL). Bekannte Landesmannschaften sind die "Maximiliana Wien", "Starhemberg Wien", "Ferdinandea Graz" oder "Josephina Wien." Auf Gymnasialebene bestehen unter anderem die KÖML Tegetthoff zu Wien im MKV, die KÖML Leopoldina zu Graz, außerhalb des MKV das landsmannschaftliche Corps Victoria.

Eine Sonderentwicklung nahmen die monarchistischen schlagenden Landsmannschaften - hier wird nur das Corps Ottonen erwähnt (genannt nach Otto von Habsburg, Kaiser Karl war Ehrenmitglied). Diese Verbindungen saßen sozusagen "zwischen zwei Sesseln": Von den (deutschnationalen) Burschenschaften und den "alten" Corps (siehe oben) wurden ihnen wegen ihrer politischen Einstellung mißtraut; von den katholischen Landsmannschaften (und dem CV) wurden sie zwar kaum offen angefeindet, aber doch distanziert betrachtet. Unter dem Nationalsozialismus mussten sie einen besonders hohen Blutzoll leisten (so sollen vom Corps Ottonen nur zwei Angehörige die Konzentrationslager überlebt haben.) Nach dem zweiten Weltkrieg wurden sie nicht reaktiviert.

[Bearbeiten] Literatur

  • Fritz, Herbert/Handl, Reinhart/Krause, Peter/Taus, Gerhard: Österreichischer Verein für Studentengeschichte (Hrsg.): Farbe tragen, Farbe bekennen. 1938–1945. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Österreichischer Agrarverlag, Wien 1988.
  • Hein, Robert: Marchia, Raetia, Ottonen und Carolina als anschlußfreudige Studentenverbindungen im Jahre 1938 - Die "Historikerin" Brigitte Lichtenberger–Fenz und die Wahrheit. in: Wiener Senioren–Convent (Hrsg.): Wiener Corps–Briefe, 6. Jahrg. Nr. 4/1986, Wien 05.1986, S. 33–40.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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