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Mathilde Ludendorff - Wikipedia

Mathilde Ludendorff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Mathilde Friederike Karoline Ludendorff, geborene Spieß (* 4. Oktober 1877 in Wiesbaden; † 24. Juni 1966 in Tutzing) wurde besonders bekannt als eine der Vordenkerinnen der völkischen Bewegung. Ihre Philosophie entsprang demselben geistigen Nährboden wie der Nationalsozialismus, propagierte aber transzendenten Elemente stärker als die damalige NSDAP. Ihre Vorstellungen von „geheimen überstaatlichen Mächten“ und die zunehmende geistige Verwirrung ihres Mannes Erich Ludendorff sorgten ab 1925 für eine Abkühlung der bis dahin engen Beziehungen zu Adolf Hitler. Mathilde Ludendorff wurde nach dem Krieg in dem Entnazifizierungsverfahren vor der Spruchkammer „wegen außerordentlicher Begünstigung des Nazismus“ als Hauptschuldige eingestuft. In zwei weiteren Verfahren wurde dieses Urteil allerdings erst abgemildert und dann aufgehoben.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Mathilde Spieß wurde als Tochter eines protestantischen Pastors geboren. Trotz der bescheidenen Verhältnisse ermöglichten die Eltern ihr und ihren Schwestern eine Ausbildung. Dies bestärkte sie im Streben nach Berufstätigkeit. Sie absolvierte einen Schnellkurs für Lehrerinnen, wie sie damals üblich waren, und nahm darauf eine Stelle in einem Mädchenpensionat an. Hier schienen ihr die Arbeitsbedingungen so entwürdigend, dass sie nur solange blieb, bis sie genug Geld gespart hatte, um das Abitur nachzumachen und dann ein Medizinstudium in Freiburg zu beginnen. In diesem hörte sie auch die berühmten "Vorlesungen über Deszendenztheorie" von August Weismann, die später zu Ausgangspunkten ihrer eigenen Philosophie werden sollten.

1904 heiratete sie den Zoologen und Anatom Gustav Adolf von Kemnitz. Nach ihrer Promotion im Jahre 1913 in München arbeitete sie als Assistenzärztin bei dem Psychiater Emil Kraepelin, bis sie 1915 in Garmisch-Partenkirchen die Leitung des Offiziersgenesungsheimes übernahm und eine eigene Nervenarztpraxis eröffnete. Zu dieser Zeit war die Ehe mit von Kemnitz bereits zerbrochen, da dieser ein Verhältnis mit einer anderen Frau pflegte. Ab 1916 beschäftigte sie sich zunehmend mit Philosophie (Kant, Schopenhauer) 1917 gründete sie eine private Kurklinik.

Im gleichen Jahr verstarb ihr Ehemann bei einem Bergunfall. Sie setzte ihr Vermögen ein, um dessen Leichnam in den Alpen auffinden und dort „auf Bergeshöh“ bestatten zu lassen.

Ihre 1919 mit Edmund Georg Kleine geschlossene zweite Ehe wurde bereits nach zwei Jahren wieder geschieden.

[Bearbeiten] Engagement für die Rechte der Frau

In den folgende Jahren engagiert sie sich stark für die Rechte der Frau, wobei sie die Ursachen für die Ungleichbehandlung der Geschlechter auf die christliche Religion und evolutionspsychologische Zusammenhänge zurückführte. Sie beschäftigte sich vor allem mit der Psychologie der Geschlechter, mit einer von christlicher Moral losgelösten Minnekultur und mit den Rechten der Frauen in der Gesellschaft. In ihrer Doktorarbeit beschäftigte sie sich mit geschlechtsspezifischen Unterschieden der geistigen Fähigkeiten von Mann und Frau.

Seitens der internationalen Frauenbewegung wurden ihre Aktivitäten jedoch ignoriert und eine Zusammenarbeit mit ihr abgelehnt da sie sich seit 1923 immer mehr im „völkischen Kampf“ engagierte. 1920 gründete sie in Vorträgen an der Münchner Universität einen "Weltbund nationaler Frauen", der aber bedeutungslos geblieben ist.

Schon als Kind soll sie sich in der Schule über die Herabsetzung des weiblichen Geschlechtes empört haben. Sie setzte sich für Frauenbildung ein, konnte aber mit der Frauenbewegung wenig anfangen.

Um die 'Frauenrechte' der 'Emanzipierten' war es mir außer dem Rechte zum Studium nicht zu tun. Ja, ich habe mich an den heißen Kämpfen der Frauen, 'Stimmvieh' sein zu dürfen, nicht beteiligt sondern habe im Gegenteil schon in jungen Jahren den Frauen gezeigt, dass die Kernfragen der Freiheit des Weibes die Mündigkeit in der Ehe und die Pflichten am Volke seien, das Wahlrecht aber nichts anderes als Trug am Volke, doppelter Trug aber an den Frauen sei.

Daneben setzte sie sich für die wirtschaftliche Unabhängigkeit erziehender Mütter ein, die nach ihrer Meinung für die Ausübung ihres „Mutterberufes“ eine Entlohnung verdienten. Sie wandte sich gegen die „poetische“ Verklärtheit des damaligen Familienideals, weil sie darin eine Benachteiligung der Frauen sah.

Schon während des Krieges hatte sie begonnen, Bücher über Frauenfragen zu veröffentlichen (Das Weib und seine Bestimmung, Der Minne Genesung, Des Weibes Kulturtat). 1920 organisierte sie ein "Frauenkonzil" in München und trug damit zur Gründung des „Weltbundes nationaler Frauen“ bei. 1921 erschien ihr Hauptwerk Werk Triumph des Unsterblichkeitwillens.

[Bearbeiten] Stellung zum Nationalsozialismus

Während der Novemberrevolution engagierte sie sich gegen die Abspaltung einer bayrischen Räterepublik vom Deutschen Reich. In der völkischen Bewegung lernt sie General Erich Ludendorff und Hitler kennen. Erich Ludendorff vertraute ihr die Pflege seiner morphiumsüchtigen Ehefrau an. Bald darauf wurde diese in eine Klinik eingewiesen, und im Jahre 1925 ließ Ludendorff sich von ihr scheiden. 1926 erfolgte dann die Hochzeit von Mathilde und Erich Ludendorff.

Gemeinsam mit ihrem Mann hielt sie zahlreiche Vorträge auf Veranstaltungen der völkischen Bewegung und der „Nationalsozialistischen Freiheitsbewegung“. Nach der Entlassung Hitlers aus dem Gefängnis erfolgte der Bruch zwischen Hitler und Ludendorff. Die Ludendorffs bekämpften in ihrer Zeitschrift Ludendorffs Volkswarte mit einer Auflage von bis zu 100.000 Exemplaren, öffentlich den Nationalsozialismus und kritisierten das totalitäre System. 1933 wurde Ludendorffs Volkswarte nach mehreren Androhungen verboten.

Mathilde Ludendorff publizierte neben ihren philosophischen Werken auch viele politische Schriften, Bücher, Aufsätze und Essays, überwiegend völkischen, gegen internationale Machtinteressen gerichteten Inhalts, geprägt von Verschwörungstheorien gegen Juden, Jesuiten und Freimaurer, von denen gegen jede historische Evidenz angenommen wird, sie würden zusammenarbeiten, um Deutschland in den Ruin zu treiben. Neuheidnische religiöse Vorstellungen spielen ebenfalls eine große Rolle im Denken der Ludendorffs. Grundlage der Gotteserkenntnis von Mathilde Ludendorff ist ihre Überzeugung, dass jeder Rasse sich die Erkenntnis Gottes auf eine jeweils besondere Weise offenbare. „Rassenvermischung“ führe zum Verlust dieser speziellen Gotteserkenntnis.

1930 wurde der philosophische Verein Deutschvolk gegründet, der Vorläufer des heutigen Bundes für Gotterkenntnis. Konstantin Hierl gründete den Tannenbergbund (1925), dessen Schirmherrschaft Erich Ludendorff übernahm. Dies war ein politischer Kampfbund, der nicht direkt mit dem Deutschvolk verknüpft war. Konstantin Hierl verließ 1927 den Tannenbergbund. Beide Organisationen wurden 1933 verboten. Zwischen 1929 und 1933 bestand eine heftige politische Gegnerschaft zwischen den Nationalsozialisten und den Ludendorffs.

Hitler erteilte Erich Ludendorff kurz vor dessen Tode die Erlaubnis zur Neugründung eines nationalreligiösen Vereines, der 1937 den Namen Bund für Deutsche Gotterkenntnis erhielt. Dies steht im Zusammenhang mit der Kirchenaustrittsbewegung der Jahre 1936 bis 1940, deren zahlenmäßiger Umfang erst nach 1968 wieder erreicht wurde.

Als Ludendorff 1937 starb, bereitete die Führung der NSDAP gegen dessen ausdrückllichen Willen ihrem „großen Patrioten“ ein Staatsbegräbnis.

Mathilde Ludendorff soll eine der wenigen Frauen gewesen sein, die Hitler öffentlich Feindseligkeit entgegenbrachten. Daraus leiten einige ihrer Anhänger einen Führungsanspruch auf die „wahre Linie“ der Nationalsozialisten ab.

[Bearbeiten] Aktivitäten nach dem Krieg

1949 wurde gegen Mathilde Ludendorff ein Verfahren eröffnet, in dem sie sich von den Verbrechen des Dritten Reiches distanziert haben soll. Sie versuchte sich damit von Hitler abzugrenzen, dass ihre Vorstellungen eine Moral beinhalteten und jedem Volk eine „völkische Identität“ zubilligten und das Prinzip der "Lebensheiligkeit" vertrete: "Aller Menschen Dasein ist heilig." Sie sei nicht Antisemitin aus „Barbarei“. Auf über 80 Seiten ihrer Verteidigungsschrift legte sie dar, welche Haltung sich aus den religiösen Vorschriften der Juden gegenüber Nichtjuden ergeben und bekräftigte damit ihre völkische Einstellung. Sie sprach von den "entsetzlichen Verbrechen" der Nationalsozialisten, rechnete die Nazis aber zugleich den „geheimen überstaatlichen Mächten“ zu, die gegen das „Deutschtum“ wirkten und deshalb von vornherein zu verachten seien.

In einem Revisionsverfahren in der Entnazifizierungsentscheidung erreichte die ursprünglich als Hauptschuldige bezeichnete Mathilde Ludendorff 1951 eine Abschwächung des Urteils zu einer Belasteten. 1963 wurde dieses Urteil dann aufgehoben.

Der „Bund für Deutsche Gotterkenntnis“ wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von Mathilde Ludendorff zunächst als Ludendorffbewegung (auch: „Ludendorffer“), im Jahre 1951 als Bund für Gotterkenntnis auch juristisch wieder gegründet.

Sie blieb auch weiterhin ihren Überzeugungen treu und gründete 1955 in Tutzing eine Schule der Gotterkenntnis. Im Jahre 1961 wurde der Bund für Gotterkenntnis (Ludendorffer) als verfassungsfeindlich eingestuft und verboten. Mathilde Ludendorff gelang es, bis zu ihrem Tod immer wieder ergebene Gefolgsleute an sich zu binden.

Im Jahre 1977 erfolgte die Aufhebung des Verbots der Ludendorffer wegen Verfahrensfehlern, jedoch wird der Bund bis heute vom Verfassungsschutz beobachtet, die ihn als rechtsextrem einschätzen. Nach Eigenangabe hatte der Bund 12.000 Mitglieder, nach Angaben des Verfassungsschutzez Schleswig-Holstein 240 Mitglieder (2002).

Der Bund und dessen Verlag Hohe Warte wurden bis 2003 von ihrem Schwiegersohn Franz Karg von Bebenburg geleitet. Der Verlag verbreitet die antiparlamentarischen, rassistischen und antisemitischen Ideen der Ludendorffs, wonach die Geschicke der Welt seit Jahrhunderten dem konspirativen Wirken überstaatlicher Mächte, den Juden, Jesuiten und Freimaurern unterworfen seien.

Ein prominentes Mitglied der Ludendorffer aus dem rechtsextremen Bereich ist Roland Bohlinger, Inhaber des Verlags für ganzheitliche Forschung und Kultur in Viöl/Nordfriesland.

[Bearbeiten] Werke

  • Triumph des Unsterblichkeitwillens (Erstauflage 1921; 46. - 57. Tausend 1959, 425 Seiten)
  • Der Seele Ursprung und Wesen
    • 1. Teil Schöpfungsgeschichte (Erstauflage 1923; 19. - 20. Tausend 1954, 160 Seiten)
    • 2. Teil Des Menschen Seele (Erstauflage 1925; 22. - 24. Tausend 1941, 292 Seiten)
    • 3. Teil Selbstschöpfung (Erstauflage 1927; 19. - 20. Tausend 1954, 285 Seiten)
  • Der Seele Wirken und Gestalten
    • 1. Teil Des Kindes Seele und der Eltern Amt – Eine Philosophie der Erziehung (Erstauflage 1930; 19. - 20. Tausend 1953, 475 Seiten)
    • 2. Teil Die Volksseele und ihre Machtgestalter – Eine Philosophie der Geschichte (Erstauflage 1933; 13. - 15. Tausend 1955, 516 Seiten)
    • 3. Teil Das Gottlied der Völker – Eine Philosophie der Kulturen (Erstauflage 1935; 7. - 8. Tausend 1955, 462 Seiten)
  • Der Siegeszug der Physik — Ein Triumph der Gotterkenntnis meiner Werke (Erstauflage 1941; 295 Seiten)
  • Wunder der Biologie im Lichte der Gotterkenntnis meiner Werke
    • Band 1 (Erstauflage 1950; 362 Seiten)
    • Band 2 (Erstauflage 1954; 260 Seiten)
  • Das Hohe Lied der göttlichen Wahlkraft (Erstauflage 1957; 264 Seiten)
  • In den Gefilden der Gottoffenbarung (Erstauflage 1959; 370 Seiten)
  • Das Jenseitsgut der Menschenseele
    • 1. Teil Der Mensch, das große Wagnis der Schöpfung (Erstauflage 1960; 281 Seiten)
    • 2. Teil Unnahbarkeit des Vollendeten (Erstauflage 1961; 300 Seiten)
    • 3. Teil Von der Herrlichkeit des Schöpfungszieles (Erstauflage 1962; 380 Seiten)

[Bearbeiten] Literatur

  • Hering, Sabine: „Deutsch und nichts als Deutsch“ – Mathilde Ludendorff ohne „Heiligenschein und Hexenzeichen“. In: Ariadne – Almanach des Archivs der deutschen Frauenbewegung. Heft 18 (1990?) (Thema: Schnittstellen und Schmerzgrenzen. Die „alte“ und die „neue“ Frauenbewegung im Nationalsozialismus)., S. 40 – 46
  • Korotin, Ilse Erika: Am Muttergeist soll die Welt genesen. Philosophische Dispositionen zum Frauenbild im Nationalsozialismus. Böhlau-Verlag Wien, Köln, Weimar 1992
  • Korotin, Ilse: Die Konstruktion einer nationalen Ethik am Beispiel von Mathilde von Kemnitz-Ludendorff. In: Peter Muhr u. a. (Hrsg.): Philosophie, Psychologie, Emigration. Fest-schrift für Kurt R. Fischer. Wien 1992, S. 148 – 179
  • Korotin, Ilse: Die politische Radikalisierung der Geschlechterdifferenz im Kontext von „Konservativer Revolution“ und Nationalsozialismus. Mathilde Ludendorff und der „Völkische Feminismus“. In: Eickhoff, Volker; Korotin, Ilse (Hrsg.): Sehnsucht nach Schicksal und Tiefe. Der Geist der Konservativen Revolution. Picus-Verlag, Wien 1997, S. 105 – 127
  • Meyer, Ursula I.: Mathilde Ludendorff – das nationalistische Menschenbild. In: diess.: Die Welt der Philosophin. 4. Teilband: Moderne Zeiten: Das 20. Jahrhundert. ein-FACH-verlag, Aachen 1998, S. 87 – 104
  • Schnoor, Frank: Mathilde Ludendorff und das Christentum. Eine radikale völkische Position in der Zeit der Weimarer Republik und des NS-Staates. Deutsche Hochschulschriften, Kiel 1998. ISBN 3-8267-1192-0
  • Leupold, Hermin: Philosophische Erkenntnis in ihrer Beziehung zur Naturwissenschaft. Aufsätze zur geschichtlichen Entwicklung der Erkenntnistheorie, zur Evolution des Weltalls und des Bewußtseins. Die Deutsche Volkshochschule, Bühnsdorf 2001
  • Ludendorff, Erich und Mathilde: Die machtvolle Religiosität des deutschen Volkes vor 1945. Dokumente zur Religions- und Geistesgeschichte 1933 - 1945 zusammengestellt von Erich Meinecke. Verlag Freiland, Viöl 2004

[Bearbeiten] Weblinks

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