Nationaltheater Mannheim
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Das Nationaltheater Mannheim ist ein Vierspartentheater in Mannheim mit eigenen Ensembles für Musiktheater (Oper, Operette, Musical), Schauspiel, Ballett und Kinder- und Jugendtheater.
Seit der 226. Spielzeit 2005/2006 ist Regula Gerber Generalintendantin des Hauses.
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[Bearbeiten] Geschichte
Der erste Bau des Nationaltheaters entstand in Mannheim auf Anregung des Kurfürsten Karl Theodor, der den Umbau des kurfürstlichen Kornspeichers unter Leitung des Baumeisters Lorenzo Quaglio veranlasste. Im Frühjahr des Jahres 1777 begann der Spielbetrieb und Theobald Marchand übernahm die Leitung. Im darauf folgenden Jahr wurde Wolfgang Heribert Freiherr von Dalberg mit der Leitung des Nationaltheaters betraut, das der Kurfürst als Ausgleich für den Wegzug des Hofes nach München in Mannheim bestehen ließ.
Besonders bemerkenswert ist, dass Friedrich Schillers Drama Die Räuber 1782 in Anwesenheit des Dichters uraufgeführt wurde und August Wilhelm Iffland, der bereits seit 1779 als Schauspieler am Nationaltheater erfolgreich war, von 1792 bis 1796 Regie führte. Friedrich Schiller war auch Mannheims erster Theaterdichter - eine Funktion, die unter der Schauspieldirektion Bruno Klimeks (1996 - 2000) wiederbelebt und fortgesetzt wurde.
Als Folge eines Streites über die Finanzierung des Theaters zwischen der Stadt Mannheim und dem Staat übergab ein Ministerialerlass vom 16. April 1839 die Verantwortung für das Theater an die Stadt, womit es das erste kommunale Theater in Deutschland wurde.
Während einer Vorstellung von Carl Maria von Webers Der Freischütz wurde Mannheim am 5. September 1943 durch die Royal Air Force bombardiert. Hierdurch wurden große Teile der Stadt und auch das Nationaltheater zerstört.
Nach dem Krieg zog man provisorisch in die Schauburg, ein ehemaliges Kino in K1. Anlässlich des 175-jährigen Jubiläums wurde der Schillerpreis der Stadt Mannheim gestiftet.
[Bearbeiten] Das Nationaltheater bis heute
1953 wurde ein Architekturwettbewerb für ein neues Theater durchgeführt, den ein Entwurf von Ludwig Mies van der Rohe gewann. Dieser Entwurf, der nicht ausgeführt wurde, gilt auch heute noch als Klassiker für moderne Theaterarchitektur.
Statt dessen wurde 1955-1957 ein neues Theatergebäude am Goetheplatz (also nicht an der Stelle des zerstörten Nationaltheaters) nach den Plänen des Architekten Gerhard Weber erbaut, das ein Großes Haus (Opernhaus, ca. 1.200 Plätze) und ein Kleines Haus (Schauspielhaus, ca. 800 Plätze mit variabler Sitzordnung) beherbergt, die sich ein gemeinsames Foyer teilen.
1957 wurde der Neubau durch gleichzeitig stattfindende Vorstellungen von Webers Der Freischütz im Opernhaus und Schillers Die Räuber im Kleinen Haus in einer Inszenierung von Erwin Piscator eingeweiht.
1972 kam als weitere Spielstätte die Studiobühne im Werkhaus dazu.
1979 wurde das Kinder- und Jugendtheater Schnawwl mit eigenem Ensemble gegründet. Es hat seine Hauptspielstätte in der umgebauten „Alten Feuerwache“ in der Mannheimer Neckarstadt.
[Bearbeiten] Das Ensemble
Berühmte Generalmusikdirektoren und Operndirektoren waren unter anderem:
- Franz und Vinzenz Lachner (1834–1872)
- Wilhelm Furtwängler (1915−1920)
- Fritz Rieger (1947−1949)
- Horst Stein (1963−1970)
- Peter Schneider
- Friedemann Layer (1987–1990)
- Miguel Gómez-Martínez (1990–1993)
- Ádám Fischer (2000–2005)
- Frédéric Chaslin (2005–2006)
Bemerkenswerte Schauspieldirektoren waren unter anderem:
- Jürgen Bosse (1975–1988)
- Nicolas Brieger (1988–1992)
- Bruno Klimek (1996–2000)
Zum Ensemble gehörten u. a.
Sänger
- Hannelore Bode
- Diana Damrau
- Luana De Vol
- Janice Dixon
- Inessa Galante (1991–1999)
- Waltraut Meier
- Deborah Polaski
- Gabriele Schnaut (1980–1986)
- Daniela Sindram
- Jean Cox
- Franz Mazura
- Robert Dean Smith
Schauspieler
- Willy Birgel
- Jürgen Holz
- Nina Kunzendorf
- Matthias Brandt
- Christina Rubruck
- Detlev Greisner
[Bearbeiten] Technische Daten
Das große Haus hat 1.200 Sitze und eine der größten Bühnen in Deutschland. Sie ist 25 Meter breit. Es besitzt eine Drehscheibe mit integriertem Schrägsteller und 6 herausfahrbaren Doppelstöcken. Das Schauspielhaus besitzt etwa 800 Sitzplätze. Durch die Veränderbarkeit von Bühne und Zuschauerraum ist die Zahl variabel. Beide Häuser besitzen eigene Bühnentürme mit jeweils 25 Metern Höhe über Bühnenboden. Das Haus verfügt über eine hydraulische Hebebühne, mit der Sattelzüge von Straßenniveau auf Bühnenniveau (2.OG) gehoben werden können. Diese Hebebühne ist für die tägliche An- und Abfuhr von Bühnenbildern inzwischen unerlässlich. Das Nationaltheater unterhält über Mannheim verteilt mehrere Lagerstätten für Bühnenbilder, sowie ein Probenzentrum, in dem auf 6 Bühnen neue Produktionen einstudiert werden. Die Werkstätten befinden sich im Werkhaus, das derzeit neu gebaut wird. Das Theater steht auf einem ehemaligen Bunker des 2. Weltkriegs, der jetzt als Lagerstätte genutzt wird.
[Bearbeiten] Wirtschaftliche Daten
Das Nationaltheater erhält im Jahr 26,0 Mio Euro von der Stadt und 11,7 Mio Euro vom Land Baden-Württemberg Betriebskostenzuschuss. Bis 2007 werden die Werkstätten für 7 Mio Euro komplett neu gebaut. 2002/03 besuchten 319.619 Zuschauer die Aufführungen des Theaters.
[Bearbeiten] Literatur
- Anton Pichler: Chronik des Großherzoglichen Hof- und Nationaltheaters in Mannheim. Zur Feier seines hundertjährigen Bestehens am 7. October 1879 . Bensheimer, Mannheim 1879
- Ernst Leopold Stahl: Das Mannheimer Nationaltheater. Ein Jahrhundert deutscher Theaterkultur im Reich. J. Bensheimer, Mannheim 1929
- Ernst Leopold Stahl: Die klassische Zeit des Mannheimer Theaters. Band 1. Das europäische Mannheim: Die Wiege zum deutschen Nationaltheater. Hakenkreuzbanner-Verlag, Mannheim 1940 (nur Band 1 erschienen)
- Claus Helmut Drese: Das neue Nationaltheater. Festschrift. Heidelberg 1957
- Herbert Meyer: Das Nationaltheater Mannheim. 1929–1979. Bibliographisches Institut, Mannheim 1979, ISBN 3-411-01563-2
- Oscar Fambach: Das Repertorium des Hof- und Nationaltheaters in Mannheim. 1804–1832. Bouvier, Bonn 1980, ISBN 3-416-01570-7 (mit formal falscher ISBN ausgeliefert und katalogisiert, suche über KVK möglich) (umfangreiche Aufführungslisten)
- Michael Caroli (Red.), Barbara Becker: Das Nationaltheater Mannheim. Abriß seiner Geschichte und Führer zu den im Stadtarchiv Mannheim verwahrten Unterlagen. Von Brandt, Mannheim 1996, ISBN 3-926260-26-2
- Liselotte Homering, Karin von Welck (Hrsg.): Mannheim und sein Nationaltheater. Menschen – Geschichte(n) – Perspektiven. Palatium-Verlag, Mannheim 1998, ISBN 3-920671-27-9
- Alfried Wieczorek (Hrsg.): SchillerZeit in Mannheim. Ausstellungskatalog der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim. Von Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3554-7 bzw. ISBN 3-8053-3555-5
[Bearbeiten] Weblinks
Koordinaten: 49° 29′ 16″ N, 8° 28′ 41″ O