Pflanzenheilkunde
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Pflanzenheilkunde oder Phytomedizin ist die Lehre der Verwendung von Heilpflanzen als Medikament.
Sie umfasst:
- Die Heilpflanzenkunde (Phytoharmakognosie), die die botanischen Aspekte der Heilpflanzen und ihren Anbau untersucht
- Den Teilen der Pharmakologie, Pharmazeutik und Phytochemie, die sich mit pflanzlichen Drogen und der Eignung pflanzlicher Wirkstoffe als Arzneistoff in Medikamenten sowie deren Synthetisierung beschäftigen
- Der Therapeutik der Medikamente pflanzlicher Herkunft und deren Einsatz als Therapatikum, die Phytotherapie.
Die Pflanzenheilkunde gehört zu den ältesten medizinischen Therapien und ist auf allen Kontinenten und in allen Kulturen beheimatet.
Phytotherapie im engeren Sinne verwendet ganze Pflanzen (Kraut) und deren Teile (Blüten, Blätter, Wurzel), die auf verschiedene Weise (als Frischkraut, als Aufguss, als Dekokt (Auskochung) oder Kaltwasserauszug) zubereitet werden. Auch die Pulverisierung und Trockenstandardisierung ist möglich.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Pflanzenheilkunde
[Bearbeiten] Naturwissenschaftliche Medizin
Die Pharmakologie bemüht sich oft um die Untersuchung des hauptsächlich wirksamen Bestandteiles einer Pflanze in chemisch getrennter und gereinigter Form als Arzneistoff. Diese Nutzungsstrategie von Wirkstoffen pflanzlicher Herkunft war und ist sehr erfolgreich; sie kann Vorteile gegenüber Extrakten haben, etwa wenn auf diesem Weg Nebenwirkungen (beispielsweise durch Entfernen unerwünschter Stoffe) verringert werden können oder der Gehalt des Wirkstoffes in einem Medikament konstant gehalten werden kann. Eventuell können die Wirkstoffe auch chemisch modifiziert und verbessert werden.
[Bearbeiten] Besondere Therapieformen
Inn Deutschland gibt es die im Sinne des Sozialgesetzbuches anerkannte besondere Therapieform. Seit 1978 bekennt sich der deutsche Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz zum Wissenschaftspluralismus der Medizin. Darunter werden derzeit die als Schulmedizin bezeichnete streng wissenschaftlich orientierte Medizin einerseits und andererseits drei besondere Therapierichtungen verstanden:
- anthroposophisch erweiterte Medizin
- Homöopathie
- Phytotherapie im engeren Sinne
Die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dürfen verordnet werden, auch ohne einen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis gebracht zu haben.
In Österreich und der Schweiz wurde die Trennung in Schulmedizin und Phytotherapie nie so streng vollzogen, die hausärztliche und allgemeinmedizinische Versorgung umfasst auch die Pflanzenheilkunde, die Präparate sind in Apotheken erhältlich.
[Bearbeiten] Therapierichtung Phytotherapie
Bei der reinen Phytotherapie werden meist Stoffgemische verwendet, sei es, weil der Wirkstoff bisher unbekannt ist, oder sei es, weil bekannte Präparate gut wirksam sind.
Da zumindest ein Teil der Phytotherapie eine naturwissenschaftliche Basis besitzt, tritt ein wesentlicher Dissens zwischen Vertretern der naturwissenschaftlichen Medizin und der Therapierichtung Phytotherapie erst dann auf, wenn bei einzelnen Wirkstoffen beziehungsweise Präparaten Nachweise der Wirksamkeit fehlen beziehungsweise umstritten sind oder Nebenwirkungen unbeachtet bleiben.
Zu Auseinandersetzungen wird es auch dann kommen, wenn die Ganzheitlichkeit der Präparate das Konzept des Wirkstoffes verdrängt.
[Bearbeiten] Sino-japanische Phytotherapie
Die traditionelle sino-japanische Phytotherapie hat den Namen Kampo. Dieser Begriff leitet sich von den Worten „Han“, das durch Lautverschiebung zu „Kan“ wurde, und „Ho“ ab. Han bezeichnet die chinesische Han-Dynastie (206 v.Chr. bis 220 n.Chr.), Ho umfasst Begriffe wie Technik und Verfahren.
Auch die chinesische Heilkunde (TCM, Traditional Chinese medicin) verwendet zum größten Teil Pflanzen und deren Bestandteile, wobei die Wirkungsmechanismen dieser teils exotischen und in Mitteleuropa nicht vorkommenden Pflanzen von der abendländischen Pharmakologie noch wenig erforscht sind.
[Bearbeiten] Methoden der Phytotherapie
[Bearbeiten] Zubereitung
Bei allen Zubereitungsarten spielt die Auslösungszeit eine besondere Rolle, da sich abhängig von der Zeit bestimmte Stoffe aus den Pflanzen lösen. Bei der Zubereitung als Aufguss und Dekokt ist darüber hinaus von Bedeutung, dass die Pflanzen mit geschlossenem Deckel ziehen beziehungsweise auskochen, da sich bei diesem Vorgang meist therapeutisch besonders wirksame ätherische Öle bilden, die besonders flüchtig sind und ansonsten verloren gehen würden.
Die Zubereitung und Dosierung entsprechender Präparate bedarf Expertenwissens, eventuell besteht die Gefahr von tödlichen Vergiftungen.
[Bearbeiten] Schulmedizin und Homöopathie
Schulmedizin und Homöopathie nutzen gleichermaßen die Erkenntnisse der Phytotherapie, wobei die schulmedizinische Nutzung der pflanzlichen Wirkstoffe sich im Bereich von naturwissenschaftlich anerkannten Konzepten bewegt, die Nutzung durch Homöopathie diesen Rahmen allerdings verlässt.
In der Schulmedizin werden zunehmend auch phytotherapeutische Produkte eingesetzt, wenn ihre Wirksamkeit erwiesen ist (beispielsweise Gelomyrtol).
[Bearbeiten] Systematisierung der pflanzlichen Inhaltsstoffe
Durch pharmakologische Untersuchungen konnten viele Inhaltsstoffe in ihrer chemischen Struktur geklärt werden. Es lassen sich dabei verschiedene Gruppen zusammenfassen:
- Ätherische Öle
- Alkaloide
- Glykoside
- Bitterstoffe
- Polysaccharide
- Anorganische Stoffe
- Hormone, hormonartige Stoffe
- Vitamine
[Bearbeiten] Pflanzenheilkunde in der Geschichte
- Hippokrates
- Dioscurides
- Karl der Große
- Matthiolus (1501 - 1577)
- Tabernaemontanus (1522 - 1590)
- Hieronymus Bock (1498 - 1554)
- Hildegard von Bingen
- Leonhard Fuchs
- Sebastian Kneipp
- Johann Künzle
- Maurice Mességué
[Bearbeiten] Siehe auch
- Heilpflanzen
- Liste der Heilpflanzen
- Ernährungswissenschaft
- Ökotrophologie
- Phytotherapie bei Magen-Darm-Erkrankungen
- Rheuma-Phytotherapeutikum
[Bearbeiten] Literatur
- Richard Willfort: Gesundheit durch Heilkräuter . Rudolf Trauner Verlag
- Rudolf Franz Weiß, Volker Fintelmann: Lehrbuch der Phytotherapie. Hippokrates-Verl. in Med.-Verl., Stuttgart 2002 ISBN 3830452438
- Heinz Schilcher, Susanne Kammerer, Daniela Volkmann: Leitfaden Phytotherapie. Urban & Fischer, München 2003 ISBN 3437553410
- Karin Kraft: Checkliste Phytotherapie, Thieme, Stuttgart 2000 ISBN 3131245514
[Bearbeiten] Weblinks
- Institut für Pharmakognosie, Universität Wien
- Komitee Forschung Naturmedizin e. V. – medizinische Studienergebnisse zu Heilpflanzen, auch für Laien
- Gesellschaft für Phytotherapie e. V. (Deutschland)
- Österreichische Gesellschaft für Phytotherapie
- Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie