Seggenrohrsänger
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Seggenrohrsänger | ||||||||||
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Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Acrocephalus paludicola | ||||||||||
(Vieillot, 1817) |
Der Seggenrohrsänger (Acrocephalus paludicola) ist eine sehr seltene, weltweit vom Aussterben bedrohte Rohrsängerart, die dem Schilfrohrsänger (A. schoenobaenus) recht ähnlich ist. Es werden weder geographische Variationen noch Unterarten unterschieden.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Aussehen
In Größe und Aussehen ist der Seggenrohrsänger dem viel häufigeren Schilfrohrsänger sehr ähnlich, doch bestehen einige deutliche Unterscheidungsmerkmale, die eine sichere Bestimmung fast immer möglich machen sollten: Insgesamt ist das gesamte Gefieder des Seggenrohrsängers kontrastreicher gezeichnet als das des Schilfrohrsängers. Die Schwarzzeichnungen auf Rücken, Flügel und Armdecken sind deutlicher, die Brust ist bei ausgefärbten Vögeln im Gegensatz zum Schilfrohrsänger fein schwarz gestrichelt. Besonders auffällig ist das Oberkopfmuster: Zwei relativ breite, schwarze (bzw. schwarzbraune) Streifen ziehen sich vom oberen Schnabelansatz breiter werdend zum Nacken; sie werden von einem beigen bis rahmgelben schmalen Medialstreifen getrennt. Die deutlichen Überaugstreifen sind ebenfalls meist beige oder etwas heller, aber niemals weiß. Die Beine dieser Art sind orangegelb bis fleischfarben beim Schilfrohrsänger sind sie dunkelbräunlich. Die Geschlechter ähneln einander sehr, doch sind die Weibchen unauffälliger, weniger kontrastreich gezeichnet.
[Bearbeiten] Stimme
Sehr gut lassen sich Seggenrohrsänger und Schilfrohrsänger anhand ihrer Stimme unterscheiden: Die Gesangsstrophen des Seggenrohrsängers dauern kaum länger als drei Sekunden. Vor allem wird er während der ersten Nachtstunden bzw. wieder ein, zwei Stunden vor der Morgendämmerung vorgetragen, während der Schilfrohrsänger ein Morgendämmerungs- und Morgensänger ist. Meist besteht der Gesang aus einem eintönigen Schnarren, das von kurzen Pfeiftönen unterbrochen wird. Vollständige Strophen des Schilfrohrsängers dauern dagegen über 20 Sekunden. Außer den Schnarr- und Quetschlauten sowie den Pfeiftönen sind in seiner Strophe vielfältige für das menschliche Ohr wohltönende Elemente, sowie Sequenzen aus anderen Vogelstrophen enthalten; letztere fehlen beim Seggenrohrsänger fast vollständig.
[Bearbeiten] Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet liegt in einem schmalen Gürtel im wesentlichen zwischen 50° und 60° Nord, beginnend im gemäßigten Osteuropa und – inselartig aufgesplittert – sich bis West-und Zentralasien fortsetzend. Daneben bestehen isolierte Verbreitungsinseln in der Ukraine sowie in Ungarn. Die deutschen und ungarischen Vorkommen bilden die westliche Verbreitungsgrenze der Art.
In Deutschland gibt es eine kleine Population (1996: 35 Brutpaare, 1999: 10 Bp.) im unteren Odertal nahe der polnischen Grenze. Ein gegen Ende der 80er Jahre mit fast 30 Brutpaaren gut besetztes Verbreitungsgebiet nahe Greifswald ist seit 1998 erloschen. Ebenso erloschen ist ein noch um 1940 bestehendes Vorkommen am Neusiedler See in Österreich. Die ungarischen Bestände in der Hortobagy sind leider seit einigen Jahren wieder rückläufig.
[Bearbeiten] Wanderungen
Der Seggenrohrsänger ist ein obligater Langstreckenzieher. Genaue Erkenntnisse über Zugverlauf und die Überwinterungsgebiete fehlen, doch dürfte zumindest ein Teil der Population küstennah nach West und dann nach Süden ziehen. Die Hauptüberwinterungsgebiete scheinen in den westafrikanischen Staaten südlich der Sahara und nördlich des Äquators zu liegen.
[Bearbeiten] Bestandssituation
Die Bestandssituation der Art ist sehr ernst. Besonders verheerend wirken sich die Meliorationen in Weißrussland aus, die die Verluste an landwirtschaftlichen Nutzflächen nach der Katastrophe von Tschernobyl ausgleichen sollen. So gingen seit den 90er Jahren allein in diesem Staat etwa 90% der geeigneten Bruthabitate verloren.
Letzte Bestandseinschätzungen ergeben ein etwas erfreulicheres Bild. Allein in den Pripjet-Feuchtgebieten wurden zumindest 6.000 singende Männchen festgestellt. Auch die polnischen Bestände dürften bei etwa 4.000 singenden Männchen liegen. Auch die Tatsache, dass fast 75% der europäischen Gesamtbestände erst seit 1995 entdeckt wurden, lässt auf weitere, bisher noch unbekannte Verbreitungsgebiete insbesondere in Westsibirien hoffen. Die Gesamtzahl der singenden Männchen in Europa wird auf ungefähr 15.000 Exemplare geschätzt. Auf der Roten Liste der IUCN wird die Art mit V (Vulnerable) klassifiziert.
[Bearbeiten] Literatur
- Benedikt Gießing: Viele Väter für eine Brut – vorteilhaft oder unausweichlich für das Weibchen?: zum Paarungssystem und zur Populationsgenetik des Seggenrohrsängers (Acrocephalus paludicola). Diss. Univ. Köln., 2002, 160 S.
- Heinz Wawrzyniak / Gertfred Sohns: Der Seggenrohrsänger Acrocephalus paludicola. Die Neue Brehm-Bücherei Bd.504, 1977 / 2004
[Bearbeiten] Weblinks
- Acrocephalus paludicola in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. eingestellt von: BirdLife International, 2004. Version vom 11. Mai 2006