Ventilsteuerung
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Eine Ventilsteuerung ist ein Mechanismus, der bei einem Hubkolbenmotor den Gaswechsel bewirkt.
Die einzelnen Bauarten unterscheiden sich im mechanischen Aufwand und der Drehzahlfestigkeit. In jedem Fall geschieht das Steuern der Ventile über eine oder mehrere Nockenwelle(n), die von der Kurbelwelle angetrieben werden. Die Unterschiede liegen in der Anordnung und Anzahl der Nockenwellen sowie der Art der Kraftübertragung von der Kurbelwelle zur Nockenwelle und zu den Ventilen.
Eine sehr einfache, heute nur noch bei Stromgeneratoren und Rasenmähern übliche Bauweise ist der SV-Motor (side valves/stehende Ventile). Die Ventile stehen neben den Zylindern,und werden über Stößel von der „untenliegenden“ Nockenwelle angetrieben. Sie öffen nach oben in den Zylinderkopf hinein. Der Gasstrom muss mehrmals die Richtung ändern bis er im Zylinder angelangt ist. Bei derartigen Maschinen hat der Brennraum eine zerklüftete und große Oberfläche. Dementsprechend ist diese Art der Ventilsteuerung nur für niedrige Drehzahlen und Verdichtungen geeignet. Vorteil ist jedoch die flache Bauweise des Motors, der einfache Guss des Zylinderkopfes und dass sie ohne Ölpumpe auskommen können.
Bei IOE-Motoren (Inlet over Exhaust) liegt der Einlass über dem Auslass - die Brennraumform ist etwas besser und bei ganz alten Motoren mit ungesteuertem Einlass (Schnüffelventil) sind die Kosten kaum höher als bei SV-Motoren.
Beim OHV-Motor (overhead valves) liegen die Ventile im Zylinderkopf, die Nockenwelle liegt jedoch unten, im Kurbelgehäuse, und wird direkt über Zahnräder oder Kette von der Kurbelwelle angetrieben. Man spricht auch von untenliegender Nockenwelle. Die Ventile werden über Stößel, Stoßstangen und Kipphebel angetrieben. Diese Bauweise wird im Pkw- und Motorradbau teilweise noch heute bei älteren Konstruktionen verwendet, z.B. bei einigen amerikanischen V8-Motoren oder bei Harley-Davidson-Motorradmotoren. Durch die relativ großen oszillierenden Massen ist der OHV-Motor nicht für sehr hohe Drehzahlen geeignet.
Die Stoßstangen entfallen, wenn die Nockenwelle „oben“ liegt, d.h. im Zylinderkopf oberhalb des Verbrennungsraumes, und die Ventile entweder über Kipphebel, Schlepphebel oder direkt über Tassen- oder Hydrostößel betätigt werden. Heute (2006) werden die meisten Motoren mit obenliegender Nockenwelle gebaut.
Für die Übertragung der Rotationsbewegung von der Kurbelwelle zur obenliegenden Nockenwelle gibt es verschiedene Möglichkeiten. Weit verbreitet sind Steuerkette oder Zahnriemen. Andere Möglichkeiten sind Stirnräder, Schubstangen oder (hauptsächlich bei Motorrädern) die Königswelle. Sind pro Zylinderreihe zwei Nockenwellen vorhanden (DOHC: double overhead camshaft), so ist eine Nockenwelle für die Einlassventile und eine für die Auslassventile zuständig.
Die Ventile werden in der Regel mit Ventilfedern in geschlossener Stellung gehalten. Einige Motoren haben zwangs- oder desmodromisch gesteuerte Ventile, bei denen die Nockenwelle für jedes Ventil einen Schließnocken hat (Mercedes 300 SL, Ducati), oder eine Ventilfederung mit Pressluft (z.B. Formel 1-Motoren).
Die Wärmeausdehnung der Ventile im Betrieb muss in geeigneteter Weise ausgeglichen werden. Moderne Motoren haben dazu Hydrostößel, bei älteren Konstruktionen muss im kalten Zustand Spiel zwischen dem Ventilschaftende und dem Betätigungselement vorhanden sein. Es wird entweder mit Stellschrauben oder mit auswechselbaren kalibrierten Plättchen eingestellt und liegt im Bereich einiger Hundertstel- bis Zehntelmillimeter. Das Ventilspiel soll in Zeitabständen kontrolliert und ggf. nachgestellt werden. Wenn der Ventilsitz schneller verschleißt als der Nocken und das Spiel zu Null wird, droht das Verbrennen des Ventilsitzes oder des Ventiltellers, da das Ventil kaum noch Wärme an den Zylinderkopf ableiten kann. Zu großes Spiel ergibt Leistungsverlust, starke Geräuschentwicklung und Verschleiß des Ventiltriebs.