Wasserspeier
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Wasserspeier sind architektonische Elemente – zumeist Rohre oder Rinnen – zur Wasserableitung an Dächern, häufig in Verbindung mit aus Stein gemeißeltem Bauschmuck, der motivisch meist Tierformen darstellt. Sie dienen dazu, das in den Dachrinnen gesammelte Regenwasser vom Gebäude weg zu Boden fließen zu lassen, damit es nicht in Mauerwerk und Fundament eindringt.
Im Springbrunnenbau werden die wasserspeienden Figuren und die wasserspeienden Rohre ebenfalls Wasserspeier genannt.
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[Bearbeiten] Formensprache und Motive
In der Antike waren sie vor allem in Form von Löwenköpfen, denen das Wasser aus dem Maul spritzt, auf der als Sima bezeichneten Traufrinne angeordnet.
Bereits in der Romanik und später in der Gotik und Renaissance verwendete man, besonders bei größeren Kirchengebäuden, häufig dämonische Gestalten oder Tiere in einer symbolischen Bedeutung. Sie befinden sich an der Außenfassade der Kirchen, niemals innen. Damit symbolisieren sie den Einfluss des Teufels auf die irdische Welt, der in Kontrast zur Reinheit des Himmelsreiches (symbolisiert durch das Innere der Kirche) steht.
Gargoyles (auch Gargylen) haben des Weiteren den Ruf, Beschützer zu sein. Ihr dämonisches Aussehen soll den Geistern und Dämonen einen Spiegel vorhalten und sie vergraulen und somit Kirchen und Klöster vor bösen Mächten schützen; siehe auch: Neidkopf.
Neben den steinernen gab es später auch Wasserspeier aus Metall. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verloren sie aber meist ihre Funktion, da man dazu überging, das Regenwasser in Dachrohren nach unten zu führen. In schmuckloser, einfacher Form als Röhre oder Rinne wird der Wasserspeier auch Ablaufrinne, Abtraufe oder Ansetztraufe genannt.
Bei modernen Flachdachgebäuden ist er generell als Notüberlauf zu finden, um eine Überlastung des Daches bei verstopften Regenabläufen zu verhindern.
[Bearbeiten] Wasserspeier außerhalb des Bauwesens
Die französische Bezeichnung für Wasserspeier ist Gargouille, und die englische Gargoyle, verwandt mit dem deutschen gurgeln. Über das Englische hat der Begriff als Gargoyle durch die Verwendung in der Fantasy-Literatur und Computerspielen, (z.B. in der Ultima-Rollenspielserie von Richard Garriott), auch in den deutschen Sprachgebrauch Einzug gefunden. Dort beschreibt er in der Regel magische Wesen, die tagsüber Steinstatuen sind, bei Sonnenuntergang zum Leben erwachen und bei Sonnenaufgang wieder zu Stein werden. Die Herkunft von Gargoyles wird in mythologischen Legenden auf sehr spirituelle Weise dargestellt.
Als Fantasy-Kreaturen tauchen Wasserspeier bzw. Gargoyles auch in den Scheibenwelt-Romanen von Terry Pratchett, in der Zeichentrickserie Gargoyles von Disney, in einigen Horrorfilmen, sowie in weiteren Fantasyserien und Romanen auf. In den meisten Fällen werden die Gargoyles aufgrund ihres Aussehens gern als „Feindbild“ genutzt, ganz entgegen ihrem eigentlichen Zweck, dem Beschützen und Verteidigen der Schwächeren.
Siehe auch: Liste von Fabelwesen
[Bearbeiten] Erscheinungsform
Gargoyles werden oft mit animalischem Körper und Gesicht dargestellt, seltener mit humanoidem Körper und dämonischen Gesichtszügen. Häufig haben sie Schwingen, mit denen sie aber laut Mythologie nicht fliegen, sondern nur gleiten können. Gargoyles besitzen mächtige, dreifingrige Klauen und sind, wie Drachen, 6-gliedrige Lebewesen. Als siebtes Glied könnte man den Schweif dazuzählen, der die selbe „Funktion“ hat wie bei den Dinosauriern.
[Bearbeiten] Literatur
- Birgit Bergander: Wasserspeier am Ulmer Münster. (Fotos: Marcellus Kaiser) Laupheim. C & S, 2004. 168 S., zahlr. Ill. ISBN 3-937876-09-X
- Regina E.G. Schymiczek: Die Siegburger Wasserspeier und der Kölner Dom. Eine Analyse im Spiegel neuer Forschungsergebnisse. In: Heimatblätter des Rhein-Sieg-Kreises, 73. Jahrgang; Siegburg 2005, zahlr. Ill. ISBN 3-938535-02-4
- Regina E.G. Schymiczek: Über deine Mauern, Jerusalem, habe ich Wächter bestellt... Zur Entwicklung der Wasserspeierformen am Kölner Dom. (= Europ. Hochschulschriften: Reihe 28, Kunstgeschichte, 402). Frankfurt/M., Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Europ. Verlag der Wissenschaften 2004, zugl. Diss. Bochum 2003, 246 S., zahlr. Ill., 1 Faltblatt. ISBN 3-631-52060-3
- Regina E.G. Schymiczek, Heribert Schulmeyer: Willibrord der Wasserspeier. Köln: Verlag Kölner Dom 2002. 44 Seiten, zahlr. farbige Illust.,fester Einband. ISBN 3-922442-46-3
- Regina E.G. Schymiczek: Höllenbrut und Himmelswächter - Mittelalterliche Wasserspeier an Kirchen und Kathedralen. mit einem Geleitwort von Barbara Schock-Werner. Regensburg: Verlag Schnell + Steiner. ca. 120 S., ca. 100 meist farb. Abb., Hardcover, 21 x 26 cm, fadengeheftet. ISBN 3-7954-1807-0.
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Wasserspeier – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
Commons: Wasserspeier – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |