Direktes Produkt
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In der Mathematik ist ein direktes Produkt eine mathematische Struktur, die mit Hilfe des kartesischen Produkts aus vorhandenen mathematischen Strukturen gebildet wird. Wichtige Beispiele sind das direkte Produkt von Gruppen, Ringen und anderen algebraischen Strukturen, sowie direkte Produkte von nichtalgebraischen Strukturen wie topologischen Räumen.
Allen direkten Produkten algebraischer Strukturen Xi ist gemeinsam, dass sie aus einem kartesischen Produkt der Xi bestehen und die Verknüpfungen komponentenweise definiert sind. Wir betrachten hier Beispiele solcher Produkte.
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[Bearbeiten] Direktes Produkt von Gruppen
[Bearbeiten] Direktes Produkt von zwei Gruppen
Sind (X, * ) und (Y, + ) Gruppen, so lässt sich auf dem kartesischen Produkt eine Verknüpfung definieren:
Hier werden also jeweils die beiden ersten Komponenten miteinander verknüpft und die beiden zweiten Komponenten miteinander. Es ergibt sich wieder eine Gruppe, die man als schreibt.
Da man oft eine Gruppe (G, * ) mit ihrer Grundmenge G gleichsetzt, verwendet man für das kartesische Produkt der Grundmengen G und H dasselbe Zeichen wie für das direkte Produkt der Gruppen (G, * ) und (H, * ), nämlich .
Die Gruppe enthält einen Normalteiler der zu G isomorph ist, dieser besteht aus den Elementen der Form (g,1H), und einen zu H isomorphen Normalteiler, der aus den Elementen der Form (1G,h) besteht. Dabei bezeichnen 1G und 1H die neutralen Elemente von G und H.
Unabhängig davon, ob die Gruppen G und H abelsch (kommutativ) sind, kommutieren die Elemente der Form (g,1H) mit denen der Form (1G,h). Daraus folgt, dass sich jedes Element von eindeutig schreiben lässt als Produkt .
[Bearbeiten] Direktes Produkt von endlich vielen Gruppen
Für beliebig endlich viele Gruppen erfolgt die Definition ihres direkten Produkt analog: Das direkte Produkt ist die Menge mit der Verknüpfung
Es ergibt sich auch hier wieder eine Gruppe.
Auch hier enthält das direkte Produkt zu jeder Gruppe Gi einen Normalteiler, der zu Gi isomorph ist, er besteht aus den Elementen der Form
- .
Jedes Element des direkten Produkts lässt sich als Produkt von Elementen dieser Form darstellen.
[Bearbeiten] Direktes Produkt von unendlich vielen Gruppen
Analog zum Fall endlich vieler Gruppen definiert man das direkte Produkt unendlich vieler Gruppen als ihr kartesisches Produkt mit komponentenweiser Verknüpfung .
Die Menge der Elemente des direkten Produkts, die sich als Produkt von Tupeln schreiben lassen, welche in nur einer Komponente vom neutralen Element verschieden sind, ist hier eine echte Teilmenge des gesamten direkten Produkts. Diese Teilmenge nennt man die direkte Summe der Gruppen.
[Bearbeiten] Direktes Produkt von Ringen und Vektorräumen
Analog zum direkten Produkt von Gruppen kann man auch das direkte Produkt von Ringen definieren, indem man Addition und Multiplikation komponentenweise definiert. Man erhält dabei wieder einen Ring, der aber kein Integritätsring mehr ist, da er Nullteiler enthält.
Wie bei Gruppen unterscheidet sich auch das direkte Produkt unendlich vieler Ringe von der direkten Summe der Ringe.
Das direkte Produkt von Vektorräume über demselben Körper definiert man ebenfalls als kartesisches Produkt mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation.
Für endlich viele Vektorräume stimmt das direkte Produkt
mit der direkten Summe
überein. Für unendlich viele Vektorräume unterscheiden sie sich dadurch, dass das direkte Produkt aus dem gesamten kartesischen Produkt besteht, während die direkte Summe nur aus den Tupeln besteht, die an nur endlich vielen Stellen i vom Nullvektor in Vi verschieden sind.
Das direkte Produkt
ist der Vektorraum aller rationalen Zahlenfolgen, er ist überabzählbar.
Die direkte Summe
ist der Vektorraum aller rationalen Zahlenfolgen, die nur endlich viele Nicht-Nullen enthalten, d.h. der Raum aller abbrechenden rationalen Zahlenfolgen. Er ist abzählbar.
[Bearbeiten] Direktes Produkt von topologischen Räumen
Für das direkte Produkt von topologischen Räumen bilden wir wieder ein kartesisches Produkt
- ,
doch die Definition der neuen Topologie ist schwieriger.
Für endlich viele Räume definiert man die Topologie des Produkts als die kleinste Topologie (d.h. die mit den wenigsten offenen Mengen), die die Menge
aller "offenen Quader" enthält. Diese Menge bildet damit eine Basis (s. Topologie-Glossar) der Topologie des Produkts. Die so erhaltene Topologie nennt man die Produkttopologie.
Die Produkttopologie, die auf dem kartesischen Produkt erzeugt wird, wenn man auf die gewöhnliche Topologie wählt (in der die offenen Mengen von den offenen Intervallen erzeugt werden), ist gerade die gewöhnliche Topologie des euklidischen Raumes .
Für die Definition der Produkttopologie für unendlich viele Räume und weitere Eigenschaften siehe den Artikel Produkttopologie.
[Bearbeiten] Weblinks
- Eric W. Weisstein et al.: Direct Product (from MathWorld--A Wolfram Web Resource)
[Bearbeiten] Literatur
- K. Meyberg: Algebra, Teil 1, Hanser Verlag, München, 2. Aufl., 1980, ISBN 3-446-13079-9