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Egmont Colerus - Wikipedia

Egmont Colerus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Egmont Colerus von Geldern (* 12. Mai 1888 in Linz; † 8. April 1939 in Wien) war ein österreichischer Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Geburtshaus von Egmont Colerus in Linz, Mozartstr. 21
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Geburtshaus von Egmont Colerus in Linz, Mozartstr. 21

Egmont Colerus von Geldern wurde am 12. Mai 1888 in Linz geboren. Er stammt aus einer alten niederländischen Offiziersfamilie, die um 1750 aus Holland nach Österreich eingewandert war. Auch sein Vater war nach Familientradition Berufsoffizier und entsprechend der jeweiligen Garnison des Vaters verbrachte Egmont Colerus die Volksschulzeit in Preßburg und die Gymnasialzeit in Krems an der Donau. Die Kindheit in Preßburg floss spaeter in seinen Roman Matthias Werner ein, die Kremser Gymnasialzeit in den Roman Weiße Magier. 1906 legte er am Piaristengymnasium in Krems an der Donau die Reifeprüfung mit Auszeichnung ab. In Wien promovierte er am 19. Mai 1911 zum Dr.jur. und begann 1912 seinen Militärdienst abzuleisten, von dem er aber wegen einer Herzneurose vorzeitig entlassen wurde. Im Mai 1912 begann er als Rechtspraktikant. In dieser Zeit lernte er Blanca Nagy (geboren 23. Oktober 1895 in Lemberg), die Tochter einer mit seinen Eltern befreundeten Offiziersfamilie, kennen, mit der er sich 1914 verlobte. Im selben Jahr wurde Colerus in den richterlichen Vorbereitungsdienst übernommen, legte aber die Richteramptsprüfung nicht ab, weil er 1915 zur Landsturmdienstleistung einberufen wurde und bis zum Ende des ersten Weltkriegs an einem Divisionsgericht diente. Am 24. November 1917 heirateten Blanca Nagy und Egmont Colerus.

Während des ersten Weltkriegs erkrankte Colerus an Tropendysentrie, die aber erst 1919 erkannt wurde, als er um mehr als 30 kg abgemagert war. In dieser Zeit lebte Colerus von Privatstunden, die er Jus-Studenten gab. 1920 veröffentlichte Colerus seine ersten beiden Bücher Antarktis, das er bereits 1914 verfasst hatte, sowie Sodom, das er 1917 bis 1919 verfasst hatte. Als Colerus war nach zwei Jahren wieder halbwegs arbeitsfähig war, trat er im Herbst 1921 hauptberuflich als Beamter ins österreichischen Bundesamt für Statistik, der heutigen Statistik Austria, ein. In dieser Zeit verfasste er weitere historische Romane, Sachbücher und auch Dramen. Seine Bücher schrieb er großteils in der Nacht, üblicherweise zwischen zehn Uhr und Mitternacht. 1930 wird seine Tochter Monica geboren; dieses Ereignis spiegelt sich in seinem Roman Maththias Werner im letzten Kapitel Das Gebet and der Wiege, das zugleich eine Vision des zweiten Weltkriegs beinhaltet. Ein von Dr. Walther Neugebauer geleiteter Kurs für höhere und statistische Mathematik, den er am Bundesamt für Statistik besuchte, erweckte in ihm die Liebe zur Mathematik. Um „die Abscheu vor der reinsten, fast möchte ich sagen, heiligsten aller Wissenschaften“ zu bekämpfen, schrieb er seine populärwissenschaftlichen mathematischen Sachbücher „Vom Einmaleins zum Integral und „Vom Punkt zur vierten Dimension, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden und auch heute noch für den mathematisch interessierten Laien sehr lesenwert sind. 1938 ging er als Oberregierungsrat des Bundesamtes für Statistik in Pension. Am Karsamstag, 8. April 1939 starb Egmont Colerus unerwartet an einem Herzinfarkt. Wenige Tage vor seinem Tod tauchte das Gerücht auf, dass wegen seinens judenfreundlichen Buches Der dritte Weg eine Anzeige gegen ihn erstattet werden solle.

Politisch immer zurückhaltend und — wie alle seine Werke erkennen lassen — weltanschaulich einem humanistischen Standpunkt zutiefst verbunden, ließ er sich 1938 von den Nazi-Kulturbehörden dennoch dazu bewegen, im „Bekenntnisbuch österreichischer Dichter“[1] den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich zu begrüßen. Dieses Faktum reichte aus, ihn nach 1945 als politisch anrüchig der Vergessenheit anheimfallen zu lassen. Erst in letzter Zeit beginnt man sich seiner wieder zu erinnern und seine Sachbücher neu aufzulegen.

[Bearbeiten] Anekdoten

Eine Anekdote über Egmont Colerus findet sich im letzten Kapitel von Friedrich Torbergs Die Tante Jolesch: Bei einem Schriftstellerempfang im Haus des Verlegers Paul Zsolnay tauchte die Frage auf, wie viele Juden es eigentlich gäbe. Nach einiger Diskussion einigte sich man auf 12 Millionen. Egmont Colerus schüttelte dazu den Kopf und kommentierte: Des is ausg'schlossen. Ich allein kenn mehr!

[Bearbeiten] Literarische Bedeutung

Colerus behandelte in seinen Romanen aus einer zutiefst humanistischen Weltsicht in impressionistischer, teilweise auch expressionistischer Art vielfältige Problemstellungen der Zwischenkriegszeit, teils in der Form von Zeitromanen, teils in historischer Einkleidung. Er zählte damit in der Zwischenkriegszeit zu den erfolgrechsten deutschen Schriftstellern (Gesamtauflage über 670.000 Stück!), seine Werke wurde teilweise in bis zu zehn Sprachen übersetzt.

In „Antarktis“ (1920), seinem ersten erfolgreichen Roman, siegt das Reich des Geistes über einen rein materiell ausgerichteten „Amerikanismus“, in „Sodom“ (ebenfalls 1920) prangert Colerus den Hedonismus, der zum Untergang führt, an. „Der dritte Weg“ (1921) propagiert eine Rückkehr zur Natürlichkeit und zur Humanität. „Weiße Magier“ (1922) postuliert eine neue (und doch durchaus herkömmliche) Sexualethik. Hier ist Colerus für den heutigen Leser allerdings oft schwer nachvollziehbar, ja wirkt geradezu verschroben, so wie auch „Wieder wandert Behemoth. Roman einer Spätzeit“ (1924) nur zu deutlich die Schwächen seiner Zeit verrät und wohl psychologisch interssanten Aufschluss über die Wirren der 20er-Jahre zu geben vermag, doch teilweise in seiner expressionistischen Übersteigerung kaum verständlich ist.

Die von den Akteuren, jedoch auch thematisch zusammengehörigen Romane „Die neue Rasse“ (1928) und „Kaufherr und Krämer“ (1929) schildern ein neu heraufkommendes Geschlecht, welches in innerer Freiheit aus den Traditionen er Vorkriegszeit auszubrechen vermag — wenngleich oft mit dramatischen Kämpfen und tragischem Scheitern. In „Matthias Werner oder die Zeitkrankheit“ (1932) schließlich greift Colerus das Problem eines alle Werte zersetzenden Relativismus auf, und beleuchtet die Zeitströmungen der 20er-Jahre — Militarismus, Pazifismus, Autorität, Psychoanalyse etc. — durchaus kritisch.

Seine größten Erfolge hatte Colerus jedoch mit der romanhaften Gestaltung von Kulturgemälden vergangener Zeiten, die er oft um die Biographie bedeutender Persönlichkeiten aufbaute. Der Roman „Pythagoras“ (1924) entführt die Leser ins antike Griechenland, auch Colerus' letztes Werk, „Archimedes in Alexandrien“ (1939), stellt das Ringen eines griechischen Geisteshelden in den Mittelpunkt und bietet einen faszinierenden Einblick in die hellenistisch überformte Kultur der agyptischen Ptolemäerzeit. Die dazwischen erschienene Novelle „Tiberius auf Capri“ (1927) behandelt das Problem einer schrankenlosen Willkürherrschaft und wirkt wie eine Vorahnung des heraufdämmernden Dritten Reichs.

Der große Wurf gelang Egmont Colerus mit seinem Marco-Polo-Roman „Zwei Welten“ (1926) — stilistisch wohl einem seiner reifsten Werke. Die Leser erleben Marco Polos Jugend in Venedig, seine Reise in den Fernen Osten und seine Wiederkehr als scheinbarer Triumphator und erfolgreicher Handelsherr, hinter dessen sichtbaren Erfolg sich jedoch die Niederlage im persönlichen Bereich verbirgt. „Die eine Welt wird Tat, die andre Reue“, lässt Colerus zum Schluss seines Romanes den Dante Alighieri dem in Zweifel grübelnden Marco Polo zusprechen. Im Roman „Leibniz“ (1934) wird dieser große neuzeitliche Denker und Mathematiker zum Symbol für die Möglichkeit der Überwindung deutscher, ja europäischer Zerrissenheit beschworen. Leichtergewichtig ist die Novelle „Geheimnis um Casanova“ (1936), die Giacomo Casanovas Verhaftung und Flucht aus den Bleikammern Venedigs schildert.

Die international größten Erfolge erzielte Colerus aber mit seinen populär-wissenschaftlichen Sachbüchern „Vom Einmaleins zum Integral“ (1934), „Vom Punkt zur vierten Dimension“ (1935) und „Von Pythagoras bis Hilbert“ (1937). Daneben schrieb Colerus auch drei Dramen, von denen nur zwei — „Politik“ (1927) und „Zweikampf“ (1935) — aufgeführt wurden und die sich nur kurz auf den Spielplänen halten konnten.

[Bearbeiten] Werke

Romane und Erzählungen:

  • 1920 Antarktis
  • 1920 Sodom
  • 1921 Der dritte Weg
  • 1922 Weiße Magier
  • 1924 Wieder wandert Behemoth. Roman einer Spätzeit
  • 1924 Pythagoras
  • 1926 Zwei Welten. Ein Marco-Polo-Roman
  • 1927 Tiberius auf Capri
  • 1928 Die neue Rasse
  • 1929 Kaufherr und Krämer
  • 1932 Matthias Werner oder Die Zeitkrankheit
  • 1934 Leibniz
  • 1936 Geheimnis um Casanova
  • 1939 Archimedes in Alexandrien

Dramen:

  • 1927 Politik (1928 am Wiener Burgtheater uraufgeführt)
  • 1930 Tiberius und Sejan
  • 1935 Zweikampf (2. November 1935 am Bremer Schauspielhaus uraufgeführt)

Sachbücher:

  • 1934 Vom Einmaleins zum Integral
  • 1935 Vom Punkt zur vierten Dimension
  • 1937 Von Pythagoras bis Hilbert

[Bearbeiten] Sekundärliteratur

Monographie:

  • Blanca Colerus: Egmont Colerus : Schriftsteller, Humanist, Mathematiker; 1888 - 1939. Bearbeitet und ergänzt von Monica Skidelsky-Colerus, Trauner Verlag, Linz, 2006.

Artikel etc.:

  • Die geistige Elite Österreichs. Ein Handbuch der Führenden in Kultur und Wirtschaft. Wien 1936, 114 f.
  • Eduard Castle (Hrsg.): Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Österreich-Ungarn. Wien 1937, pp. 2132, 2172, 2175, 2177 f., 2255f.
  • Josef Nadler: Literaturgeschichte Österreichs. Salzburg 1951², 488 f.
  • Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Bd. 1, Salzburg-Stuttgart 1964, 371 f.
  • Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. Nekrolog 1936-1970. Berlin-New York 1973, 100
  • Hilde Spiel (Hrsg.): Die zeitgenössische Literatur Österreichs. Zürich-München 1976, 39 f.


[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. http://www.literaturhaus.at/db/browse/BUCH/info.htm?dbid=1686004 (20. August 2006)


Andere Sprachen

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