Ekliptik
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Die Ekliptik ist die Projektion der scheinbaren Bahn der Sonne im Verlauf eines Jahres auf die Himmelskugel. Die Ekliptik ist ein Großkreis am Himmel, das heißt sie definiert eine Ebene, in der sowohl der Mittelpunkt der Erde als auch der Mittelpunkt der Sonne liegen. Diese Ebene ist damit die Bahnebene der Erde um die Sonne und wird auch Ekliptikebene oder Ekliptikalebene genannt.
„Sonne“ und „Erde“ beziehen sich hierbei auf die mittleren Körper der Himmelsmechanik, nicht auf die tatsächlichen Himmelskörper. Insbesondere steht „Erde“ für den Erde-Mond-Schwerpunkt.
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[Bearbeiten] Schiefe der Ekliptik
Die Rotationsachse der Erde steht nicht senkrecht auf dieser Ebene, sondern bildet mit ihr einen Winkel von etwa 66,56 Grad. Dadurch schließt die Ekliptikalebene mit der Ebene des Erd- bzw. Himmelsäquators derzeit einen Winkel von 23,44° ein, der Schiefe der Ekliptik genannt wird. Die Schiefe der Ekliptik ist eine der zehn wichtigsten Basisgrößen zur Definition von Koordinatensystemen und von Berechnungen in der Astronomie und Geodäsie. Sie wird meist mit ε bezeichnet.
Da die Erde von der Kugelgestalt abweicht, bewirken die Gezeitenkräfte von Mond und Sonne ein Drehmoment, das die Erdachse aufzurichten versucht. Dadurch beschreibt die Erdachse wie ein schräglaufender Kinderkreisel eine Präzession auf einem Kegelmantel mit Öffnungswinkel 2ε. Der "Erdkreisel" ist jedoch wegen seiner großen Masse (6 Mio.Mrd.Mrd. Kilogramm) so stabil, dass die Erdachse für einen Umlauf 25.780 Jahre braucht.
Jedoch auch der Winkel der Ekliptikschiefe ändert sich langperiodisch durch Gravitationseinflüsse der Körper im Sonnensystem aufeinander. Daher variiert ε innerhalb von 40.000 Jahren zwischen etwa 21°55' und 24°18'. Dieser Effekt trägt - neben zwei anderen Perioden ähnlicher Länge - zur Entstehung der Eiszeiten bei:
Als Erste Näherung wird für die Mittlere Ekliptikschiefe ε0 = 23° 26' 21.45" - 46.8"·T mit T als Zeitargument in Julianischen Jahrhunderten seit der Epoche J2000.0 (Lit.: Guthmann, S. 160) angegeben, beträgt also:
- 23° 26' 19.1" oder 23.43864° (2005).
[Bearbeiten] Ekliptikale Breite der Sonne
Streng genommen ist die Ekliptikalebene nicht genau die Bahnebene der Erde, sondern diejenige des Baryzentrums (Schwerpunkt) von Erde und Mond (Erde-Mond-Schwerpunkt), die sozusagen als Doppelplanet die Sonne umrunden.
Daher läuft die geozentrische Sonne (vom Erdzentrum gerechnet) nicht genau in der Ekliptik (ekliptikale Breite β = 0), sondern sie hat eine kleine ekliptikale Breite: Überlagert wird der Wert der mittleren Ekliptikschiefe im Monatsrhythmus von der Wirkung der Nutation in einer Größenordnung von Δε = ±9,21" (Nutation in Schiefe). In der Nutation in Schiefe sind noch etwa ±0.7" durch die Schwankungen der Erde um den Erde-Mond-Schwerpunkt eingerechnet sowie noch kleinere Schwankungen der wahren Sonne um das Baryzentrum des Sonnensystems.
Die ekliptikale Länge (im Bild λ, von 0–360°) folgt etwa den Keplerschen Gesetzen plus der Nutation in Länge. Ausfühlich erläutert wird dieser Aspekt unter Mittlere Länge der Erde im Artikel Tropisches Jahr.
[Bearbeiten] Jahreszeiten und Ekliptikschiefe
Während die Erde jährlich die Sonne umrundet, bleibt die Stellung ihrer Achse im Raum fast unverändert, wenn man von den oben beschriebenen langperiodischen Effekten absieht. Dadurch weist in den Monaten März bis September die Nordhalbkugel etwas mehr zur Sonne, in den Monaten September bis März aber die Südhalbkugel. Dieser variable Einfallswinkel der Sonnenstrahlen ist die Ursache für den Wechsel der Jahreszeiten.
Je stärker die Ekliptikschiefe, desto ausgeprägter werden die Jahreszeiten - und auch die Unterschiede zwischen dem Winter auf der Nord- und Südhalbkugel. Letztere hat strengere Winter (Juli bis September) als der Norden, weil im Juli die Erde ihren sonnenfernsten Punkt (Aphel) durchläuft. Da sich aber die „Apsidenlinie“ (Aphel - Perihel ebenfalls langperiodisch verschiebt, genügt eine relativ kleine regionale Klimaänderung, dass sich eine Art „kalte Welle“ aufschaukelt. Dies hat möglicherweise einen Einfluß auf die Eiszeiten. Ist nämlich die Erde mehr als sonst von Eis bedeckt, strahlt dieses mehr Sonnenwärme ins Weltall zurück und kühlt noch mehr aus.
[Bearbeiten] Geschichtliches zur Ekliptik-Forschung
[Bearbeiten] Etymologie und Frühe Konzepte
Der Name „Ekliptik“ ist abgeleitet von dem griechischen weiblichen Adjektiv εκλειπτική [τροχιά] ekliptikí [trochiá] „die verdeckende“ [„Umlaufbahn“] (von έκλειψη éκlιpsi – wörtlich „Überlagerung, Verdeckung, Auslöschung“; εκλειψις ekleïpsis - „Finsternis, Verdunkelung“; vergleiche Eklipse): Sonnen oder Mondfinsternisse kommen nämlich nur dann vor, wenn der Neu- bzw. Vollmond nahe (partielle Finsternis) oder sehr nahe (totale oder ringförmige Finsternis) der Ekliptik steht.
Für die frühen Astronomen war intuitiv die Mondbahn die vorrangige – weil unmittelbar zu beobachtende – Bahn, die Ekliptik aber die Bahn des Drachens, der im „Drachenpunkt“ – dem Mondknoten – Sonne oder Mond verschlingt. Der Zusammenhang zwischen Ekliptik und scheinbarer Bahn der Sonne wurde erst später erkannt:
Durch das geozentrische Weltbild der Antike verstand man, dass die Sonne auf der nächtlichen Rückkehr nach Osten nicht unabhängig unter der Erde durchwandert, sondern auf einer Sphäre genau den Sternen gegenüberliegt, die jeweils 12 Stunden später am jeweiligen Ort der Sonne stehen. Dadurch konnte die aus der Sternbeobachtung schon bekannte jährliche Verschiebung des Sternenhimmels – die Präzession – damit in Zusammenhang gebracht werden, dass die Sonne auf der Ekliptik innerhalb eines Jahres um die Erde kreist (nach heutigem Verständnis natürlich als scheinbare, geozentrische Bewegung).
Der Bereich beiderseits der Ekliptik, innerhalb dessen die scheinbaren Bewegungen von Sonne, Mond und Planeten verlaufen, wird Zodiak oder „Tierkreis“ genannt. Die Fixsterne sind bezüglich der Himmelskugel praktisch bewegungslos und bilden, von der Erde aus betrachtet, die Sternbilder. Zwölf der dreizehn Sternbilder, die von der Ekliptik geschnitten werden, wurden als Grundlage der Kalenderberechnung von den antiken Sterndeutern als Tierkreiszeichen verwendet. Aufgrund der Präzession seit der Benennung der Tierkreiszeichen sind diese und die gleichnamigen Sternbilder aber nicht deckungsgleich, sondern um etwa 30°, also ein Tierkreiszeichen verschoben.
Die Einteilung der Ekliptik in zwölf gleich grosse Tierzeichen erfolgte während der Antike. So galt die Waage lange als Teil des Skorpions. In Indien wurde die Mondbahn und somit auch die Ekliptik hingegen in 27 bzw. 28 Mondstationen (Nakshatras) aufgeteilt, ein System, welches auch von den Arabern (Manazil al-Qamar) und den Chinesen übernommen wurde. Andererseits teilten die alten Ägypter die Ekliptik in 36 Dekane ein.
[Bearbeiten] Vom Altertum bis Leonhard Euler und Laplace
Seit etwa der Zeitenwende wissen die Astronomen, dass die Erdachse mit den erwähnten 26.000 Jahren präzediert. Dass sich außer ihrer Richtung auch die Schiefe der Ekliptik verändert, ahnte man erst im Mittelalter. Man vermutete damals, dass ihr Winkel im Lauf der Jahrtausende alle Werte von 0° bis 90° annimmt (Trepidation). Erst um 1600 wurde klar, dass die Schwankungsbreite viel geringer war.
Die Ursache für die Änderungen (siehe Tabelle oben) sind die anderen 7 Planeten, deren Bahnebenen von jener der Erde um 1° (Jupiter, Uranus) bis 7° (Merkur) abweichen. Sie üben wegen der Abplattung der Erde auf sie drehende Momente aus (Abweichung von der Kugelform 0,33530 % oder 21 km).
Die erste theoretische Berechnung dieser Änderung in ε gelang Leonhard Euler im Jahr 1754. Ergebnis seiner Analyse war dε/dt = -47.5" / Jhdt, woraus er für 1817 ε = 23° 27' 47,0" zurückrechnete. Als die Massen der Planeten genauer bekannt waren, wiederholte Joseph-Louis Lagrange 1774 Eulers Berechnungen, woraus er -56,2" pro Jahrhundert und für 1817 der Wert 23° 47' 48.0" erhielt. 1782 kam er mit verbesserter Theorie auf -61,6", wogegen Jerome Lalande um 1790 in seinen Astronomie-Tafeln -33,3" / Jhdt. und 23° 47' 38,9" erhielt.
Diese doch beträchtlichen Unterschiede zwischen so hervorragenden Mathematikern veranlassten Pierre-Simon Laplace (1789-1827) zu einer noch gründlicheren Analyse, aus der ein Schwankungsbereich von ± 1,358° folgte. Er weicht vom heutigen Wert nur um 0,6° (in 20 Jahrtausenden) ab. Der Mannheimer Astronom Friedrich Nicolai - ein Schüler von Carl Friedrich Gauß - errechnete für das Jahr 1800 ε = -49,40" / Jhdt (nach heutigem Wissensstand 47"). Auch andere berühmte Himmelsmechaniker erforschten den Verlauf dieser fundamentalen Größe, und Urbain Le Verrier publizierte 1858 die theoretische Formel
ε = 23° 27' 31.83" - 47,594 T -0,0129 T²
(T zählt in Julianischen Jahrhunderten ab 1850.0). Leverrier bemerkte aber als erstes, dass seine -47,6" / Jhdt dem beobachteten Wert von etwa 45,8" leicht widersprachen.
[Bearbeiten] Die Ekliptikschiefe von Newcomb (1895) bis zur Raumfahrt
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der allgemein akzeptierte Wert jener von John Nelson Stockwell (1873), nämlich ± 1.311379° bzw. -48.968" / Jhdt. Später wurde für dieses Problem ein Preis ausgeschrieben, für den Paul Hermann Harzer 1895 alle säkularen Bahnstörungen der 8 großen Planeten berechnete. Um hierfür die (vor Albert Einstein noch unerklärliche) Periheldrehung des Merkur zu berücksichtigen, nahm er eine spezielle Massenverteilung in der Sonne an, und erhielt 47.499" (bzw. ohne die Korrektur 0.14" weniger). Im selben Jahr entwickelte Simon Newcomb seine Theorie der Fundamentalastronomie und benützte Beobachtungen vieler berühmter Sternwarten. Seine bis etwa 1970 verwendeten Werte sind:
ε = 23° 27' 08.26" - 46.844 T -0.0017 T² (T ab 1900.0).
Eine Neuberechnung von Eric Doolittle 1905 wich davon nur um 0.07" ab, was nicht viel über der damaligen Messgenauigkeit von ε lag. Das in T quadratische Polynom ist allerdings nur als Approximation zu verstehen, da sich die Ekliptikschiefe periodisch ändert. Um 1960 nahm man dafür 41050 Jahre an.
[Bearbeiten] Aktueller Stand der Theorie
Heute kennen wir durch die interplanetaren Raumsonden die Planetenmassen etwa 100mal genauer. 1970 berechnete J.Lieske den Trend zu:
dε / dt = -(46.841 ± 0.006") / Jhdt
Aus allen geeigneten Beobachtungen bis zurück zur Zeit Leonhard Eulers (s. oben) erhält man für 1817 ε = 23° 27' 47.1" - was von den Werten der damaligen Astronomen nur um 0.5" abweicht.
Um 1990 ging man auf die Bezugs-Epoche J2000.0 über:
ε = 23° 26' 21.4056" ± 0.0005"
Der Unterschied zum System 1970 liegt mit 0.008" unter der damaligen Standardabweichung.
[Bearbeiten] Wie misst man die Schiefe der Ekliptik?
Die Ekliptikschiefe wird am besten durch präzise Mittagshöhen am Meridiankreis der Sonne bestimmt, die zu verschiedenen Jahreszeiten wiederholt gemessen werden. Aus dem Höhenwinkel erhält man durch Berücksichtigung von geographischer Breite, atmosphärischer Strahlenbrechung (Refraktion) und verschiedener Eichgrößen des Fernrohrs die Deklination δ und daraus die ekliptikalen Länge λ der Sonne.
Durch den zeitlichen Verlauf der Deklination δ zwischen den Grenzen +ε und -ε erhält man ε zum mittleren Zeitpunkt der Beobachtungen. Dabei wird δ als Sinus-ähnliche Funktion von ε und der Länge λ angesetzt; letztere hängt mit den Kepler-Gesetzen zusammen. Die Bahnstörungen über diese Zusammenhänge sind allerdings nicht vernachlässigbar, sondern machen die Sache recht kompliziert: Die Theorie würde wohl einige Dutzend Seiten ausmachen. (siehe auch: Planetentheorie)
Unsere heutigen Analyse- und EDV-Methoden erlauben solche Berechnungen – unter anderem mittels Simulation der Planetenbahnen durch numerische Integration – wesentlich schneller und genauer als zu Zeiten von Newcomb. Dennoch hat man erst um 1980 und um 2000 die fundamentalen IAU-Konstanten den neuesten Resultaten anpassen müssen.
[Bearbeiten] Tabelle der Ekliptikschiefe
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Man sieht bereits aus diesen 6 von 40 Jahrtausenden, dass sich die Änderung per 500 Jahre von -3,1' auf -4,1' beschleunigt, weil die absinkende Sinuswelle noch bis ins 5. Jahrtausend steiler wird (Mittelwert ε = 23°06' um das Jahr 4300).
[Bearbeiten] Siehe auch
Chronologie, Jahreszeiten, Himmelsmechanik, Tag-Nacht-Grenze
[Bearbeiten] Literatur
- Andreas Guthmann: Einführung in die Himmelsmechanik und Ephemeridenrechnung. BI-Wiss.-Verl., Mannheim 1994, ISBN 3-411-17051-4*