Finkenbach-Gersweiler
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Wappen | Karte |
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Basisdaten | |
Bundesland: | Rheinland-Pfalz |
Landkreis: | Donnersbergkreis |
Verbandsgemeinde: | Alsenz-Obermoschel |
Geografische Lage: | Koordinaten: 49° 41' N, 7° 45' O 49° 41' N, 7° 45' O |
Höhe: | 190–230 m ü. NN |
Fläche: | 7,73 km² |
Einwohner: | ca. 360 (31. Dezember 2005) |
Bevölkerungsdichte: | 46 Einwohner je km² |
Postleitzahl: | 67822 |
Telefonvorwahl: | 06362 |
Kfz-Kennzeichen: | KIB |
Gemeindeschlüssel: | 07 333 01 021 |
Ortsteile: | Finkenbach, Gersweiler und Bergmühle |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Neugasse 6 67822 Finkenbach-Gersweiler |
Webpräsenz: | www.finkenbachgersweiler.de |
Ortsbürgermeister: | Willi Becker |
Orts- und Kirchenchronist: | Torsten Schlemmer, Inselstr. 10, 67822 Waldgrehweiler, torstenschlemmer@web.de |
Finkenbach-Gersweiler ist eine Ortsgemeinde im Donnersbergkreis in Rheinland-Pfalz.
Inhaltsverzeichnis |
Daten
Die Gemeinde Finkenbach-Gersweiler liegt im mittleren Moscheltal im Westen des Donnersbergkreis (Rheinland-Pfalz). Die Talsenke wird von den Höhen des Nordpfälzer Berglandes umschlossen. Die Ortslage wird von Mischwäldern bedeckten Bergen, Ackerland, Wiesen und Streuobstflächen beherrscht. Der bereits 1384 belegte Weinbau kam in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zum Erliegen. Auch ist nur noch ein Vollerwerbslandwirt übrig geblieben.
Kleine Handwerksbetriebe wie die Kunstschmiede und Bauschlosserei Köhler, das Natursteinwerk Werrmann Inh. Jud, der Steinmetz- und Steinbildhauer Meisterbetrieb Graf, die Baudektorations- und Malerfirma Mierzwa, Pit-Electronic's Neumann, die Metallverarbeitung Hilgert, die Werbeagentur, Akustik und Trockenbaufirma Heintz, die Detektei Berger, die Baggerbetriebe Eckhardt und Schlemmer, die Getränkehandlung Bernhard, die landwirtschaftliche Selbstvermarktung Becker, die Bäckerei und Lebensmittelhandlung Sattler, die Imkerei Köhler, die Jagdhundezucht Hedfeld, die Vermögensberatung Rahm und andere prägen das Ortsbild. Banken, Metzger, Obst- und Gemüsehändler, sowie Bäcker kommen regelmäßig mit mobilen Verkaufswagen in die Gemeinde. Auch ein Neubaugebiet ist erschlossen worden.
Ortsgeschichte
Geschichte der beiden Ortsteile als selbständige Dörfer
Das 1190 erstmals erwähnte Gersweiler und das am 25. Februar 1236 erstmals erwähnte Finkenbach sind fränkische Gründungen der Aufbauzeit des 6. bis 7. Jahrhunderts. Im Frühmittelalter gehörten die Orte zum Nahegau, später zum Stammesherzogtum Franken. Ihre Geschichte ist zum größten Teil gemeinschaftlich. Sehr prägend war die Zugehörigkeit zur freien Reichsherrschaft Hohenfels-Reipoltskirchen (1304-1602).
Für diese waren die Dörfer von hoher Bedeutung. Neben mehreren Gerichtssitzen besaß die, ringsum von kurpfälzischem und veldenzischem Hoheitsgebiet umgebene reipoltskirchische Enklave bereits um 1300 Marktrechte. Das Finkenbach auch kirchlich schon im frühen Mittelalter eine nicht unbedeutende Rolle spielte, zeigt noch heute der wuchtige Trutzbau der 1304 erstmals erwähnten ehemaligen Wehrkirche. 1409 wurde diese sogar Wallfahrtskirche für Quatembermessen.
Nach dem Aussterben der Dynastie Reipoltskirchen (1602) erbte die Tochter des Grafen Johann III. von Dhaun-Falkenstein die Orte. Doch bereits 1603 fallen Finkenbach und Gersweiler wieder durch Testament an die Grafen Johann Casimir und Steino von Löwenhaupt. Nun begann eine unglückliche Entwicklung einmal wurde die Hälfte, ein anderes Mal ein Viertel der Gemeinde verkauft oder vererbt.
Im Jahre 1611 gehen beide Dörfer in den Besitz der Fürstin Karoline von Isenburg und der Gräfin Charlotte von Hillesheim über. In deren Eigentum bleiben sie bis zur französischen Revolution. Wegen dieser Frauenherrschaften werden die Bewohner noch heute als „Isenburger“ geuzt. Nach dem Zusammenbruch der feudalen Herrschaften mit der Eroberung durch französische Revolutionstruppen 1792 erfolgte 1797 der faktische Anschluss der Pfalz an Frankreich.
Seit 1798: Geschichte als Finkenbach-Gersweiler
1798 wurden Finkenbach und Gersweiler ohne Rücksicht auf die Meinung der Bevölkerung zu einer Gemeinde vereinigt. Sie war Bestandteil des Kantons Rockenhausen im „Departement Du Mont Tonnerre“ (Departement Donnersberg) und ab 1800 auch des „Arrondissement Kaiserslautern.“ Am 20. April 1798 wurde Adam Goedel gemeinschaftlicher Adjunkt (Ortsbürgermeister) der Gemeinde „Finkenbach et Gersweiler.“ Der Rückzug der Franzosen hatte zunächst die gemeinsame Verwaltung der Pfalz durch Österreich und Bayern (1814-1816) und danach gemäß dem Wiener Kongress ihre Angliederung an das Königreich Bayern zur Folge. 1818 dem Landkommissariat (seit 1862 Bezirksamt) Kirchheimbolanden zugeordnet, wurde Finkenbach-Gersweiler 1900 Gemeinde des neuentstandenen Bezirksamtes Rockenhausen, welches im 1946 errichteten Bundesland Rheinland-Pfalz als Landkreis aufging.
Im Rahmen der Verwaltungsreform vereinigten sich 1969 die beiden Landkreise Rockenhausen und Kirchheimbolanden zum Donnersbergkreis. Nach Auflösung der Bürgermeisterei Bisterschied (gegründet 1802) kam Finkenbach-Gersweiler 1972 zur Verbandsgemeinde Alsenz-Obermoschel. So hat die kleine Nordpfalzgemeinde bis heute insgesamt zwölf Mal die Herrschaft gewechselt.
Sehenswürdigkeiten
Das Ortsbild prägen Bauerngehöfte und kleine Taglöhnerhäuser aus der Zeit zwischen 1750 und 1900, sowie die Sandsteinvilla des ehemaligen Steinbruchbesitzers Werrmann (1908, die Turnhalle von 1925 und das Pfarrhaus von 1830 mit angrenzendem Pfarrhof. Als Fachwerkbauten sind lediglich zwei Anwesen erhalten geblieben. Am Ortseingang von Gersweiler richtet sich der Blick auf die riesige schloßartige Dreiflügelanlage des sogenannten Viktoriastiftes (1919-21). Der Ortskern von Finkenbach, mit dem Lindenplatz als Mittelpunkt, ist als Denkmalzone erfasst. Als besonderes Kleinod gilt die historische Wehrkirche mit ihren einzigartigen spätgotischen Wandmalereien der Passion Christi und der Stumm-Orgel.
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Kirchengeschichte
Allgemeinde Kirchengeschichte
Das Finkenbach auch kirchlich schon im frühen Mittelalter eine nicht unbedeutende Rolle spielte, beweist noch heute der wuchtige Trutzbau der ehemaligen Wehrkirche. Bereits im Jahre 1384 hören wir von einem eigenen Pfarrer, einem gewissen Pastor Thomas. Wann die erste gottesdienstliche Handlung auf dem Kirchberg, dem sogenannten Veitsberg, in Finkenbach ausgeübt wurde, wird wohl für alle Zeiten ein Rätsel sein. Es ist jedoch denkbar, dass sich dort schon in der Frankenzeit eine heilige Stätte befand. Die erste urkundliche Erwähnung unserer Kirche stammt aus dem Jahre 1304. Ihre Schutzpatronen waren im Laufe der Zeit die heilige Maria, der heilige Vitus, der heilige Nikolaus und Johannes der Täufer. Im Mittelalter bestand eine Bruderschaft „unserer lieben Frauen“ mit eigenem Altar. 1401 kam die Kirche zum Landkapitel Münsterappel. Im Jahre 1409 wurde sie zur Wallfahrtskirche erhoben. Die Menschen unserer Region unternahmen zu Beginn der vier Jahreszeiten (1. Fastenwoche, Pfingstwoche, nach dem 14. September und nach dem 13. Dezember) hierher Wallfahrten zu den Quatembermessen. An diese Zeit erinnern vor allem die wunderschönen Wandmalereien von um 1470 im Chor der Kirche. 1540 wurde Finkenbach lutherische Pfarrei, 1818, mit der Kirchenreformation in der Pfalz, schließlich eine protestantische Kirchengemeinde. Von 1684 bis 1888 hatte die sehr kleine Minderheit der Katholiken ein eingeschränktes und umstrittenes Simultanrecht in der Kirche.
Die historische Wehrkirche
Wer nach Finkenbach kommt, ist vom Kirchturm am südlichen Ortsausgang fasziniert. Er gilt als ältester Zeuge kirchlicher und weltlicher Vergangenheit in der kleinen Nordpfalzgemeinde. Der burgartige Wehrturm wurde vermutlich Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut. Zusammen mit der Kirche, welche inmitten eines mit einer ovalen Ringmauer ummauerten Friedhofs stand, diente die Anlage in rauhen Zeiten als letzter Zufluchts- und Verteidigungsort für die dörfliche Bevölkerung. Der mächtige Turm ist 22 Meter hoch, umfasst drei Stockwerke und hat 1,30 Meter starke Grundmauern. Schießkammern, Schießscharten, Pechnasen und die Überreste des ehemaligen Wehrganges erinnern noch heute an seine frühere Funktion. Die in unserer Region einmalige Barockhaube in Form eines achteckigen Helmes trat erst 1757 ihren Dienst als Wetterschutz und Glockenstuhl an. Zuvor zierte eine Wetterfahne mit Hohenfels-Reipoltskircher Wappen die Plattform. Bereits 1518 hören wir vom ersten Glockenguss in Finkenbach. Infolge der beiden Weltkriege ist der Kirchengemeinde heute nur noch eine historische Glocke von I. M. Stocki von 1759 erhalten geblieben. Im Turmuntergeschoss sind der alte Turmhahn (1873-1992), sowie ein, von Torsten Schlemmer 1996 restauriertes, Turmuhrwerk von Peter Lanzer aus Bisterschied von 1823 zu sehen. Der spätgotische Chor und Westturm wurden 1469 repariert und 1743 durch ein, dem Chor angepasstes, barockes Kirchenschiff verbunden. Der ursprüngliche Langbau war viel schmäler und niedriger. Durch die Baumaßnahmen wurde leider 1469 das einstige Kreuzgewölbe im Chorraum (vgl. Münsterappel, Oberndorf, Alsenz und Imsweiler) durch eine Flachdecke ersetzt. Im Barock erfolgte schließlich der Einbau der heutigen Tonnendecke. Den Chor zieren drei Maßwerkfenster mit Fischblasenmotiven und Butzenglas. Die Holz-Empore, das Gestühl und Kanzel mit vergittertem Pfarrstuhl sind im schlichtem Barockstil gehalten. Die Orgel stammt aus der berühmten Orgelbauwerkstatt Gebrüder Stumm aus Sulzbach im Hunsrück (1743). Leider ist nur noch das Prospekt original erhalten, das Orgelwerk wurde 1919 und 1962 durch Umbauten der Firmen Friedrich Walcker und Gebrüder Oberlinger erneuert. Auch der Spieltisch ist leider durch einen modernen Klapptürentisch ersetzt worden. 1998 erfolgte eine aufwendige Restaurierung.
Die spätgotischen Wandmalereien
Einzigartig für die Pfalz sind die spätgotischen Wandmalereien an der Nordwand des Chores. Der Passionszylus, von um 1470, besteht aus 17 Einzelbildern in Seccotechnik. Er wurde vermutlich 1743 zugetüncht. Bei der jüngsten Kirchenrenovierung 1983 wurden die Malereien durch einen Zufall wiederentdeckt und 1997/’98 nach Vorgaben des Landesdenkmalamtes aufwendig restauriert. Sie bieten für die Pfalz erstmals, die einmalige Möglichkeit, einen unverfälschten Zyklus dieser Epoche bewundern zu können und gilt deshalb als sehr bedeutend für die Kunstgeschichte in Rheinland-Pfalz. Die Bildreihenfolge lautet: Einzug nach Jerusalem, Säuberung des Tempels/Judasgeld, Heiliges Abendmahl, Gebet am Ölberg, Gefangenahme / Judaskuss, Vor Kaiphas, Vor Pilatus, Geißelung/Entkleidung, Dornenkrönung, Verspottung, Kreuztragung, Kreuzigung, Kreuzabnahme/Beweinung, Grablegung, Höllenfahrt, Schweißtuch der Veronika, Auferstehung, Engelmotive an der Sakramentsnische.
Pfarrhaus, Pfarrhof, Friedhof und Ehrenmal
Etwas unterhalb der Kirche befindet sich das Pfarrhaus von 1830/31 mit dem ehemaligen Stall, der Waschküche und der Scheune (1894/95). Ursprünglich befand sich das Pfarrhaus mit Backofen gegenüber dem Wirtschaftsgebäude. Hiervon ist lediglich ein Fenstergewand im Pfarrstall übrig geblieben. Die Scheune ist ebenso ein Neubau von 1843, die Vorgängerbauten waren baufällig bzw. eingestürzt. Der Torbalken, datiert 1757, stammt von der alten Scheune und wurde wiederverwendet. In unmittelbarer Nähe des Pfarrhofes stehen zwei Naturdenkmäler, eine 12 Meter hohe und 3,15 Meter starke Akazie (ca. 120 Jahre) und eine 10 Meter hohe und 1,55 Meter starke Eiche (ca. 230 Jahre). Südlich der Kirche schließt seit 1878 der neue Friedhof mit herrlichem alten Baumbestand an. Der alte Ehrenfriedhof für die Gefallenen der Weltkriege ist teilweise erhalten. Ebenso ein Ehrenmal aus den Jahre 1921, umgeben von 18 Lebensbäumen, für die Opfer beider Weltkriege. Es wurde aus Niedereisenbacher Sandstein hergestellt.
Das Viktoriastift
Es ist mit „Lug und Trug“ erbaut und mit „Lug und Trug“ verfällt es wieder
Die Geschichte des Viktoriastift in Finkenbach-Gersweiler - Von der Erbauung bis zum Verfall
Allen Nordpfälzern ist es ein Begriff: Das Viktoriastift in Finkenbach-Gersweiler. Das wohl bedeutendste und größte Landgut des Donnersbergkreises steht dort am nördlichen Ortsausgang in Richtung Schiersfeld, direkt am Lauf des Baches Moschel, an den Fuße des Hahnscheides geschmiedet. Das ehemals prächtige Hofgut des Finkenbacher Kaufmannes Heinrich Lieser und spätere Kindererholungsheim, NSV-Müttergenesungsheim, Landesumschulungshof, sowie Altenheim und Siechenhaus, lässt heute leider nur noch den Glanz und Prunk seiner einstigen Blütezeit erahnen.
Das Bauwerk
Diese schlossartige, großzügige Dreiflügelanlage, die wohl alle Bauwerke der 360 Seelengemeinde mit ihrer Größe vollends übertrifft, wurde in den Jahren 1919 bis 1922 nach den Plänen des Ludwigshafener Architekten August Greifzu für den gebürtigen Finkenbach-Gersweilerer Kaufmann Heinrich Lieser im neubarocken Stil erbaut. Das großartige Bauwerk besteht aus zwei landwirtschaftlichen Zweckbauten, links eine riesige Scheune mit bergseits befahrbaren Hochtennen, rechts ein großes Verwaltungsgebäude mit ausgedehnten Stallungen und Schlachthaus, sowie das höhergelegene, alles überragende Herrenhaus. Das prächtige Herrenhaus vereinigt auf klassische Weise Stilelemente der Epoche des Historismus. Ein barock anmutender sechseckiger Dachreiter beherrscht mit einem Drittel der Gesamthöhe majestätisch das ganze Gebäude und prägt das Aussehen. Die Veranda misst mehrere hundert Quadratmeter.
Eine sehr aufwendig gearbeitete Sandsteinbrüstung mit Blumenbecken und Vasenbekrönung zierte sie einst. Das Portal mit der schweren Eichenholztür, etwas in die Gebäudefront zurückversetzt und durch eine offene Vorhalle mit vier geschosshohen Halbsäulen betont und gegliedert, wird von einem schmal überstehenden Balkon optisch hervorgehoben und außerdem durch einen barock geschwungenen Giebel in der Wirkung verstärkt. Gleich dahinter im Innern der Villa schreitet man in eine doppelgeschosshohe Empfangshalle, die an Rücken und Seite eichenholzvertäfelt, mit reichen Stuckarbeiten und einer Kaminimitation aus Sandstein versehen ist. Vier neubarocke Rundsäulen fangen unter zwei Gewölben die ganze Last des Dachgeschosses ab. Ein Blick nach oben zeigte eine riesige Stuckdecke mit Verzierungen und Kronleuchter. Durch eine Holztreppe gelangt man ins erste Geschoss. Dort gruppieren sich rund um die Halle, fasst wie in einer großen Galerie gegliedert, die einzelnen, mit hölzernen Kassettendecken und Parkettböden ausgeschmückten Räume.
Heinrich Lieser - Vom armen Bauernsohn zum Hofgutbesitzer
Heinrich Lieser, der Erbauer des späteren Viktoriastiftes, wurde im Dezember 1891 als Sohn armer Taglöhnerleute in Finkenbach-Gersweiler geboren. Er verlor früh den Vater und musste wegen der Not der Mutter außer Haus gehen. Wie in den dörflichen Solidargemeinschaften damals noch üblich, fand er bei der Bauernfamilie von Friedrich Schmitt, auf dem Finkenbacher Hasenberg Aufnahme. Der Junge machte sich dort wohl so gut in der Landwirtschaft, dass gewisse Talente des Zöglings nicht länger im Verborgenen bleiben konnten. Das Eisenwarengeschäft Braunwell in Kirchheimbolanden sah deshalb den 17jährigen Heinrich Lieser bald als Kaufmannslehrling. Nach der Lehre landete er in Ludwigshafen in einem jüdischen Geschäft der gleichen Branche, wo er während des Ersten Weltkrieges angestellt war. Dort arbeitete bald auch seine spätere Frau, eine fünf Jahre ältere Kontoristin, die ihm einen Sohn gebar. Diese ermöglichte ihm durch ihre Herkunft und die guten Verbindungen ihrer Familie die Selbständigkeit.
In Mannheim blühte bald darauf das eigene Geschäft, mit Hilfe dessen er besonders während des Krieges viel Geld verdiente. Lieser lieferte Schrauben an die Badische Anilin- und Sodarfabrik (BASF) in Ludwigshafen und brachte, auch durch diverse Kriegsspekulationen, während der Revolutionszeit, binnen kurzer Zeit ein solches Vermögen zusammen, dass er in Finkenbach circa 120 Tagewerk Feld kaufte, sein Hofgut erbaute und auch in Ludwigshafen mehrere Häuser kaufte. 1924 lies Lieser ein eigenes geräumiges Haus für seine Angestellten und Arbeiter am Ortsausgang errichten, dass heute im Volksmund als „Zoll“ bezeichnet wird. Doch bald darauf wurde er, wie das Finkenbacher Schultagebuch und andere Aufzeichnungen berichten, wegen Bestechung der BASF-Beamten vor Gericht gestellt und erhielt zwei Jahre Gefängnis. Nichts zum Trotz zeigte sich Lieser sehr wohltätig. Er stiftet das neue Werk für die Kirchenorgel und gab enorme Zuschüsse für die neuen Glocken und das imposante Kriegerdenkmal. Für die Volksschule stiftete er einen neuen Ofen und 250 Mark zur Anschaffung eines Lichtbilder- und Kinoapparates. Im Jahre 1925 erbaute er die Turnhalle, die den örtlichen Vereinen, der Schule und der Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung stand. Er wollte der Bevölkerung zeigen, dass auch aus einem bettelarmen Bauernsohn ein reicher Mann werden kann, der es zu etwas bringt. Noch während des Krieges hatte er sich von Frau und Sohn getrennt und heiratete nochmals. Diesmal bekam er eine Tochter geschenkt. Doch das neue Glück hielt nicht lange an. Im Januar 1926 hatte Lieser Geschäftsaufsicht.
Am 4. Februar wurde er zum zweiten mal verhaftet und zwar wegen betrügerischem Konkurs. Da ihm keine Betrügereien nachgewiesen werden konnten, wurde er Anfangs Mai freigelassen und der Konkurs aufgehoben. Seine Schulden beliefen sich nach verschiedenen Aussagen auf rund 300.000 Mark. In 1 ½ Jahren verschleuderte er durch Spekulationen, Bürgschaften, glänzende Hofhaltung und anderes diese hohe Geldsumme. Die Hauptgläubiger waren die Darmstädter Bank mit 93.000 Mark, die Bayrische Hypothekenbank mit 63.000 Mark, die Sparkasse Mannheim mit 50.000 Mark, die Sparkasse Finkenbach mit 23.000 Mark und viele Einzelgläubiger. Das Geld der Sparkasse Finkenbach erhielt Lieser durch die Gutmütigkeit des Rechners Heinrich Herr, der es ihm ohne Bürgschaften und ohne Mitwissen der Vorstandschaft überlies. Durch rastlose Tätigkeit der Vorstandschaft und des Rechners gelang es schließlich für die angegebene Summe Sicherheiten in Form von Hypotheken zu erlagen. Es war jedem klar, dass Lieser sein „Lustschloss“, wie es spotthaft genannt wurde, nicht mehr länger halten konnte. 1926 wurde das Hofgut mit dem Einverständnis der Sparkasse Finkenbach, die das Vorkaufsrecht hatte, an die Kinderheilanstalten in Bad Kreuznach verkauft. Die Turnhalle verkaufte Heinrich Lieser für 6.000 Mark an die Gemeinde. Dann verließ er seinen Heimatort wieder und arbeitete in seinem erlernten Beruf weiter. Später kaufte er das Haus neben seinem Elternhaus an der Hauptstraße als Alterswohnsitz. 1959 verstarb Lieser und wurde auf dem Finkenbacher Friedhof beigesetzt. Nach Ablauf der Liegezeit spendeten die Hinterbliebenen 25.000 Mark an die Ortsgemeinde, so dass Heinrich Lieser umgebettet werden durfte.
Vom Kindererholungsheim bis hin zum Altenheim und Siechenhaus
Nachdem Heinrich Lieser 1926 bankrott ging kam die protestantische Kinderheilanstalt Viktoriastift in den Besitz des Anwesens. Sie richtete im selben Jahr noch eine 25 Kilometer vom Haupthaus in Bad Kreuznach entfernte Zweiganstalt in Finkenbach-Gersweiler ein, in der Kinder zur Nachkur untergebracht wurden. Das Kindererholungsheim verfügte über 80 Betten. Die Kinder waren in dem neuen, schlossähnlichen Herrenhaus und den zu diesen Zwecken umgebauten Nebengebäuden des 250 Morgen großen Hofgutes untergebracht. Breite Terrassen mit Liegestühlen, Spielplätze, Parkanlagen und Waldwege dienten zur Durchführung einer ausgiebigen Klima-Sonnenbehandlung. Buben und Mädchen waren in getrennten Häusern sorgsam untergebracht. Großartige Schlafräume zu fünf bis sechs Betten mit fließendem Wasser, Baderäumen und Duschanlagen mit Planschbecken, sowie allen Anforderungen entsprechende Quellwasserleitungen waren vorhanden. Für gute Verpflegung sorgte das mit den modernsten landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten ausgestattete Hofgut. 50 Kühe, 100 Schweine, eine besondere Hühnerfarm mit etwa 500 Hühnern und sonstiges Kleinvieh wurden gehalten.
Eine elektrische Melkmaschine mit Tiefkühlung gewährleistete gute Milcherzeugnisse wie Joghurt, Buttermilch und Butter. Eine saubere und große Schlachterei sowie große Obst- und Gartenanlagen lieferten den nötigen Bedarf an Fleisch, Obst und Gemüse. Das Hofgut gab einfach soviel an Nahrung ab, dass die Anstalt in Bad Kreuznach leicht mitversorgt werden konnte. Die Betreuung der Kinder erfolgte durch ausgebildete Kinderpflegerinnen und Hortgerinnen. Die ärztliche Leitung lag in den Händen eines Doktors und die Vorsteherin des Kinderheims war eine erfahrene Diakonissenschwester. Wanderungen, Ausflüge, spielen im nahen Wald und auf Wiesen, Gartenarbeit und turnen standen auf dem Erholungsprogramm. Das Kinderheim nahm während des gesamten Sommers erholungsbedürftige Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren auf, für die eine Kurdauer von vier Wochen vorgesehen war. Sie kamen zum größten Teil aus dem Koblenzer Raum und waren über das damalige Landesjugendamt Koblenz zugestellt. Für die Kinder fand ein 14-tägiger Aufenthalt in Bad Kreuznach und ein 14-tägiger Aufenthalt in Finkenbach statt. Am zweiten Sonntag im September 1928 brannte das Verwaltungs- und Stallungsgebäude bei einem Großfeuer bis auf die Grundmauern nieder und musste wieder neu errichtet werden. Bereits fünf Jahre später, 1933, wurde das Kinderheim geschlossen.
Statt dessen wurde nun im Juni 1934 in der Villa ein NSV-Müttergenesungsheim eingerichtet. Die Mütter kamen aus allen Gebieten der Pfalz um hier im naturbelassenen und ruhigen Nordpfälzer Bergland Erholung zu finden. Auch diesmal wurde eine Bettenzahl von 80 Stück vorgehalten. Im Obergeschoss des Verwaltungsgebäude entstand ein Erholungsheim für circa 120 erholungsbedürftige Reichsbahnkinder. Sie kamen vor allem aus dem Großraum Berlin und verbrachten in den Sommermonaten eine vierwöchige Freizeit in der Nordpfalz. Hingegen dem Kinderheim war das Müttergenesungsheim ganzjährig offen. Im Winter sorgte eine moderne Heizungsanlage für warme Räume. Vor Beginn des Westfeldzuges diente das Stift sogar kurzzeitig als Stabsquartier für durchziehende Truppenverbände und nach dem Zusammenbruch der Westfront als Auffanglager für die heimkehrenden Soldaten. Im Jahre 1943 folgte wieder ein Wechsel. Im Verwaltungsgebäude wurde ein Landesumschulungshof für junge Burschen eingerichtet, in dem diese bis 1957 in der Landwirtschaft angelernt wurden. Das Müttergenesungsheim im Herrenhaus wurde aufgelöst und in ein Altenheim und Siechenhaus verwandelt.
Das Altenheim hatte es sich zur Pflicht gemacht alle gebrechlichen Menschen die ohne Heimat waren aufzunehmen und zu pflegen. Der Kriege hatte solche bedauernswerte Opfer in großer Zahl hervorgebracht. Die Greise, fasst alle zwischen 70 und 80 Jahren alt, waren oft nur mit der notdürftigsten Kleidung versehen. Viele erreichten das Heim nur in Decken gehüllt und mussten mit Kleidung versehen werden. Eine Handtasche war oft ihr einziges Hab und Gut. Sie waren gebrechlich, ausgebombt, aller Habseligkeiten beraubt und ohne Heimat. Zweidrittel, der zum größten Teil Frauen, stammten aus der stark ausgebombten Stadt Saarbrücken und das restliche Drittel aus Ludwigshafen, sowie dem gesamten pfälzischen Raum. Das Altenheim war eine Zweiganstalt des Viktoriastiftes in Bad Kreuznach. Die Belegzahl belief sich immer zwischen 50 und 85 Personen. Die Pfleglinge waren in zwei großen Gemeinschaftsschlafräumen, unten links in der Villa, untergebracht. Das Pflegepersonal wohnte im Obergeschoss des Gebäudes. Zur Pflege der alten Leute standen zwei Diakonissenschwestern und anderes Pflegepersonal zur Verfügung. Die Versorgung war recht schwer, da das Heim so arm war und man oft nicht wusste, wie man die Mahlzeiten gestalten sollte. Es fehlte an fasst allem. Die sanitären Anlagen ließen auch zu wünschen übrig. Gebadet wurde in hölzernen Waschzubern im Keller der Villa, wo gleich nebenan die verstorbenen Heiminsassen aufgebahrt wurden. Im Durchschnitt starben sechs bis zehn Insassen pro Jahr. Kühlschränke und sonstige elektrische Geräte waren eine Seltenheit. Das Geld war oft so knapp, dass man sogar mit dem Taschengeld der Heiminsassen wirtschaftete. Spaziergänge und Ausflüge waren in der Kriegszeit nicht möglich gewesen, da die „Jabbos“, wie die tieffliegenden Flugzeuge genannt wurden, auf alles schossen was sich bewegte. Selbst Versorgungsgänge nach Obermoschel waren sehr gefährlich. Die Wäsche musste mit einem Pferdegespann in die Wäscherei nach Odernheim gebracht werden. Die alten Menschen bewegten sich tagsüber in den hauseigenen Park- und Gartenanlagen und halfen bei der Essenzubereitung mit.
Erst in dem letzten Kriegsjahr wurden die Verhältnisse etwas besser. Die Amerikaner brachten ständig Kisten mit Nahrung und Kleidung. An den Festen und Feiertagen wurde mit Schallplattenspielern Musik gemacht und gefeiert. Die Schüler der Volksschule spielten Theater und manchmal fanden Schlachtfeste im Landesumschulungshof statt. Über 40 Personen standen für die Betreuung der Hilfsbedürftigen zur Verfügung. Bei fahrenden Händlern konnten die Heiminsassen 14-tägig persönliche Dinge von ihrem Taschengeld kaufen. Eine Ölzentralheizung wurde eingebaut um im Winter bessere Wärme zu liefern. In der Küche kochten drei bis vier Frauen in großen Töpfen auf Kohleherden das Essen. Ab den 50er Jahren halfen an den Werktagen sieben bis acht Frauen in Bad Kreuznach bei Garten- und Küchenarbeiten mit. Als Dank erhielten sie ein Stück Seife oder kleine Geschenke. Jeden Monat wurde Großvieh geschlachtet und jede Woche vier Schweine, erinnerte sich der ehemalige Bedienstete Max Schmidtbauer. Das Brot und andere Lebensmittel lieferten die Bäckereien Franz Handel, Eugen Schmidt und später auch die Bäckerei und Gemischtwarenhandlung Erwin Sattler. Gegessen wurde anfangs im Speisesaal und im Sommer manchmal auf der Terrasse. Später wurden auch Frauen von der Landesnervenklinik Klingenmünster nach Finkenbach eingewiesen und das Viktoriastift als Nebenstelle eingerichtet. Sie waren entmündigt und wurden vom Amtsarzt Dr. Dörr betreut. Es waren Personen mit leichten nervlichen Störungen, die nicht in eine geschlossene Anstalt mussten.
Im Jahre 1957 wurden die Wirtschaftsgebäude des Landesumschulungshofes wegen Unrentabilität geschlossen. Die kriegsbedingten wirtschaftlichen Verhältnisse hatten sich soweit stabilisiert, dass das Land keine jungen Männer mehr an die Landwirtschaft heranführen musste. Die landwirtschaftlichen Zweckbauten wurden schließlich für zwölf Jahre an die Ostdeutsche Familie Hainke verpachtet. Die Beschäftigten wurden teilweise vom Pächter übernommen. 1970 kam das Altenheim in die Schlagzeilen. Angeblich sollte die Heimleiterin Margarethe Putzler sechs Jahre lang die Heiminsassen gequält und misshandelt haben. Schließlich schaltete sich auch die Staatsanwaltschaft ein und die Leiterin wurde vom Dienst suspendiert. Doch Ende 1971 konnte auch das Altenheim nicht mehr gehalten werden. Es war unmöglich geworden dieses in der Abgeschiedenheit Finkenbachs zu erhalten. Aber auch die Kosten für die Erneuerung sanitärer Anlagen und die Bauunterhaltung waren Immens. Hinzu kam, dass kein geeignetes Pflegepersonal mehr zur Verfügung stand. Die Pfleglinge wurden auf die Alten- und Pflegeheime in Heidesheim, Klingenmünster-Landeck und Dierdorf verteilt und das Heim geschlossen.
Vom Verkauf bis zur Gegenwart
Nach der Schließung des Altenheimes folgte 1972 die Veräußerung der Hofanlage, zusammen mit über 60 Hektar Land, der Arbeiterwohnung „Zoll“ und Teilen des zu Schiersfeld gehörenden Sulzhofes. Hans Schecker aus Griesheim durfte sich stolzer Käufer und Eigentümer nennen. Der neue Eigentümer erwies sich als großer Planer. Doch seine großen Sanierungs-, Umbau- und Erweiterungspläne scheiterten kläglich. Schecker schob die Schuld auf die mangelnde Zusammenarbeit mit den Behörden, diese konterten, dass die Finanzierung und die Sicherheitsleistungen nicht erbracht werden könnten. Schließlich, nach einiger Zeit des Ungewissen, wurde das Anwesen gesplittet. Das Herrenhaus konnte Gladys Louise Williscroft, geborene Buck, aus Erzenhausen, wohnhaft in Kalifornien ihr Eigen nennen. Das Verwaltungsgebäude mit den ausgedehnten Stallungen behielt Hans Schecker. Eigentümer der riesigen Scheune wurde das christliche Sozialwerk für Bildungs- und Lebenshilfe in Frankfurt/Main mit seinem Leiter Willi H. Weißensee. Große Teile der Landwirtschaftlichen Flächen wurden veräußert und verpachtet. Anfang der 90er Jahre waren die Familien Hans und Udo Schecker in Darmstadt und Alfred-André, Heinz-Dennis, Lars und Marc Nagtegaal in Taunusstein als Eigentümer des gesamten Komplexes eingetragen. Ab der Zeit als das Bauwerk in Privatbesitz gelangte, ging es sichtlich stetig abwärts. Pläne von einem Kur- und Erholungsgebiet im oberen Moscheltal mit über 80 Einfamilienhäusern im Landhausstil, einem Sportzentrum, einer Seniorenresidenz mit Restaurant, Hotel, Weinkeller, Beauty Farm, Tennisplätzen, Reitstall samt Gestüt und einer Golfanlage, für das Projekt „Betreutes Wohnen“ und anderes scheiterten immer wieder wegen Mangel an Investoren oder Uneinigkeiten zwischen den verschiedenen Eigentümern. 1977 wurde sogar ein Abrissantrag gestellt. Doch für die Bürger Finkenbach-Gersweiler waren diese Pläne schon „eh und je“ nur fragwürdige Visionen.
Die seit 1993 als Denkmalzone unter Schutz stehenden Gebäude sollten restauriert und mit neuem Leben gefüllt werden. Doch statt dessen wurde nichts getan. Regen und Witterung hatten freien Lauf und der Zahn der Zeit nagte weiter an der historisch so bedeutsamen Bausubstanz. Auf Vorbringen der Situation durch den Landtagsabgeordneten Rudolf Franzmann schaltete sich 1990 sogar der damalige Ministerpräsident in das Geschehen ein und wollte sich um eine schnelle Lösung bemühen. Doch lediglich die Neueindeckung des ehemaligen Herrenhauses mit Schiefer wurde 1992 veranlasst und mit großer Unterstützung des Landesamtes für Denkmalpflege verwirklicht. Doch für die Regenbeseitigung schien das Geld nicht mehr gereicht zu haben. Fünf Jahre lang waren keine Regenfallrohre an die neuen Regenrinnen der Villa angebracht, so dass das Wasser am Mauerwerk herunterlief. Im November 1995 erließ die untere Denkmalschutzbehörde der Kreisverwaltung erstmals unter Androhung eines Zwangsgeldes eine Renovierungsverfügung, nach welcher alle Regenrinnen auf Funktion und Dichtigkeit zu prüfen, sämtliche Regenrinnen anzuschließen, fehlende und defekte Glasscheiben der Fensteranlagen zu ergänzen, die schadhaften Mauern zu erneuern, fehlende Ziegeln der Dachflächen zu ergänzen, Ortgänge herzustellen und Holzgesimse zu erneuern sind. Doch erst im Winter 1996 hatte der Miteigentümer Udo Schecker aus Darmstadt eine Baufirma mit der Teilausbesserung aller Dachflächen, der Vernagelung aller Türen und Fenster mit Holz, der Neuerrichtung der zusammengefallenen Stützmauer an der Grubstraße und einiger kleiner Mauerwerkausbesserungen beauftragt. Die Miteigentümer-Familie Alfred-André Nagtegaal aus Taunusstein beteiligte sich nach Aussage Udo Scheckers jedoch nicht daran.
Somit verfällt das Anwesen nach und nach. Doch von der Straße aus gesehen sind die Schäden noch nicht einmal so groß. Der Schein trügt. Erst bei einem genaueren Hinsehen kommen vielen der einstigen Angestellten und Heiminsassen, die immer wieder einmal vorbeischauen, die Tränen in die Augen. Im Innern der Villa wurden die neubarocken Säulen durch mutwilligen Ausbruch der beiden Stützbalken am Kapitell stark beschädigt. Die Stuckdecke wurde heruntergeschlagen, Fliesen von den Wänden geklopft, Sanitäre Anlagen und Wasserleitungen aus den Wänden gerissen. Die Decken sind durchnässt und drohen herunterzubrechen. Der Treppenaufgang zum Herrenhaus ist total zerstört. Mauerausbrüche sind die Regel. Doch das Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude ist am stärksten betroffen. Hier fehlen sämtliche Regenrinnen und Fallrohre. Auf der Gebäuderückseite mangelt es auf mehreren Quadratmetern Fläche an einer Dacheindeckung. Die notdürftig aufgelegten Plastikplanen sind schon zerrissen und verfault. Durch den immensen Regeneinfall brechen im Innern sämtliche Mauern und Decken langsam aber sicher wegen Nässe zusammen. Der Speisesaal ist komplett zerstört. Die Decke hängt herunter und ist teilweise schon herabgefallen. Im Innern befindet sich ein großer Müllberg aus alten Decken, Matratzen, Schränken und Betten. Die Stützmauern zum Bach Moschel hin sind ausgespült und durch Baumbewuchs ausgebrochen. Sogar die Hauptbrücke ist durch Schäden gefährdet. Lediglich die Scheune ist in einem relativ guten Zustand. Doch auch hier treten immer mehr Schäden durch fehlende Regenbeseitigung auf.
Ende Dezember 2002 konnte man ein recht trauriges Schauspiel beobachten. „Vom Anwesen zur Ruine“ könnte der Titel lauten. Das Dach des Wirtschafts- und Stallungsgebäudes stürzte zum Großteil ein. Die ohnehin brüchigen Balken des verwahrlosten Schmuckstücks des Moscheltals konnten dem Wind und Winterwetter nicht mehr standhalten. Ein riesiges Loch bietet nun Wind und Regen freien Einlass. Wird nichts getan, so ist dies der sichere Anfang des Endes für dieses Gebäude. Täglich rutschte das Dach noch etwas nach. Auch im auf der Vorderseite zum Moschel zu, hängt das Dach nur noch lose auf den Balken. Am 6. Februar folgte schließlich ein Ortstermin mit den Eigentümern, sowie Vertretern der Kommune und des Denkmalamtes. Die Eigentümer wurden aufgefordert binnen vier Wochen eine Stellungnahme abzugeben bezüglich der Sanierung und Instandhaltung. Doch allzu viel erhoffte sich keiner der Beteiligten. Nach kurzer Zeit folgte auch schon, wie erwartet der Antrag auf Fristverlängerung. Im Oktober 2003 folgte zur Verwunderung aller Beteiligten schließlich eine Notsicherung des Anwesens durch Schecker. Das entstandenen Loch im Dach der Stallungen wurde geschlossen und neu eingedeckt und fehlerhafte Dachstellen gesichert. Doch seit dem ruht wieder alles. Seit Anfang 2005 droht die gesamte Scheune einzustürzen. Die Dachmitte und die rückseitigen Hochtennen sind eingebrochen, das Mauerwerk hat sich auf allen Seiten nach außen gedrückt und wird nur noch durch ein „Stutzkorsett“ aus Strebebalken und Brettern zusammengehalten. Mittels Ersatzmaßnahme hat das Landesamt für Denkmalpflege im Herbst 2005 damit begonnen das Hauptdach der Scheune mit samt dem Gebälk zu erneuern. Der eingestürzte Keller soll verfüllt werden. Man will die Kosten von den Eigentümern rückwirkend anfordern. Die Eigentümer haben eine gerichtliche Klage angekündigt. Die Einwohner Finkenbach-Gersweilers haben schon lange die Hoffnung abgegeben, dass das Gut noch gerettet werden könnte.
Verkaufen wollen die Eigentümer das Anwesen jedoch nicht. Udo Schecker meinte: „Man habe noch Pläne damit.“ Schon über 4 Millionen Euro wurden den Eigentümern für das Viktoriastift geboten, wie Interessenten berichteten. Zuletzt war die Walldorfschule daran interessiert, um ein Heim für Behinderte Kinder einzurichten. Nach Auskunft eines der Verantwortlichen der Stiftung hätte Geld für sie „keine Rolle“ gespielt. Also lassen wir uns Überraschen, was die Eigentümer Nagtegaal und Schecker für weitere Pläne haben und was mit der Verwirklichung dieser Neuen Ideen wird. Angeblich seien unlängst. Verhandlungen mit russischen Finanziers im Gange gewesen. Die Bürger Finkenbach-Gersweilerers haben jedoch nur noch sehr wenig Hoffnung, dass hier ein positiver Wandel geschehen wird. Ein in der Bevölkerung weit verbreiteter Spruch lautet jedenfalls: „Es ist mit Lug und Trug erbaut und mit Lug und Trug verfällt es wieder“...
Regelmäßige Veranstaltungen
Ein reges Vereinsleben zeugt von einer weitesgehend harmonischen Dorfgemeinschaft. Gesangverein, Tanzgruppe, Turn- und Sportverein, Feuerwehrförderverein, DRK-Ortsverein, Landfrauenverein, VdK-Ortsverein, die Kerwejugend und die SPD-Ortsgruppe sind aktiv. Die Landjugendgruppe ruht seit einigen Jahren.
Das höchste Fest im Jahr ist die traditionelle Kerwe am ersten Wochenende im September. Auch das Rinderschlachtfest und Erntedankfest des Gesangvereins erfreut sich jährlich einer Schar von Besucher. Turnusgemäß findet auch ein Dorffest in der Lindenstraße statt. Die Kirchengemeinde veranstaltet in Zusammenarbeit mit Vereinen und Gemeinde einen Laternenumzug, eine Altenfeier sowie Adventskonzerte. Der TuS Finkenbach-Waldgrehweiler veranstaltet eine Nikolausfeier, eine Kinderfastnacht und den Kerwetanz. Die Gemeinde richtet einen Lumpenball am Fastnachtdienstag aus. Ein großer Anziehungsmagnet ist auch das Weideabtriebsfest der Familie Becker, am letzten Samstag im Oktober.
Weblinks
- http://www.swr.de/hierzuland-rp/archiv/2002/10/25/index.html
- http://www.hefersweiler-berzweiler.de/html/chronik/finkenbach/finkenbach.html
- http://www.bilderbuchkirchen.de/index.php/Finkenbach-Gersweiler_%28PLZ_67822%29
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