Internationale Filmfestspiele Berlin
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Die Internationalen Filmfestspiele Berlin (Berlinale) sind ein jährlich in Berlin durchgeführtes Filmfestival der A-Kategorie; sie gelten – neben den Festivals in Cannes und Venedig – als eines der wichtigsten Filmfestivals sowie das größte Publikumsfestival weltweit.
Die Berlinale gehört zu den größten und angesehensten Ereignissen der Medienbranche und wird jährlich von rund 20.000 Fachbesuchern, darunter 4.500 Journalisten aus rund 76 Ländern, besucht. Zu den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin (5. bis 15. Februar 2004) gab es insgesamt 3.117 Anmeldungen von Filmen.
Seit 2002 sind die Internationalen Filmfestspiele Berlin ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH [1]; die öffentlichen Zuwendungen stammen also aus dem Bundes- und nicht mehr aus dem Landeshaushalt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Die Berlinale findet seit 1951 in Berlin statt, zunächst im Sommer, seit 1978 im Februar. Die Filmfestspiele gehen auf eine Initiative von Oscar Martay zurück. Er war Film Officer der amerikanischen Militärregierung und förderte und beaufsichtigte die Filmindustrie in Berlin. Dazu gehörten auch mehrere Darlehen, die Martay bei der amerikanische Militärregierung besorgte, um die Filmfestspiele in den ersten Jahren finanzieren zu können. Unter dem Motto: "Schaufenster der freien Welt" eröffnete die erste Berlinale am 6. Juni 1951 mit Alfred Hitchcocks Rebecca im Titania-Palast.
Zum ersten Festspielleiter wurde der Filmhistoriker Alfred Bauer berufen, der nach dem Krieg die britische Militärregierung beraten hatte. Seit der ersten Berlinale wird der nach einer Vorlage der Bildhauerin Renée Sintenis gestaltete Goldene Berliner Bär verliehen; die Entscheidung über die Preisvergabe wurde in den ersten Jahren jedoch durch eine Publikumsabstimmung, nicht durch eine Jury, gefällt.
1955 änderte sich dies, nachdem die FIAPF (International Federation of Film Producers Associations) die Berlinale offiziell mit den Festivals in Cannes und Venedig gleich gestellt hatten. Die Berlinale wurde zu einem A-Festival und berief 1956, entsprechend den FIAPF-Richtlinien, erstmals eine internationale Jury ein, die den "Goldenen" und die "Silbernen Bären" vergab. Die frühe Berlinale ist vor allem ein Publikums- und Glamour-Festival mit zahlreichen Filmstars wie Gary Cooper, Sophia Loren, Jean Marais, Richard Widmark, Jean Gabin, Michèle Morgan, Henry Fonda, Errol Flynn, Giulietta Masina, David Niven, Cary Grant, Jean-Paul Belmondo und Rita Hayworth.
Änderungen ergeben sich aufgrund der gesellschaftlichen und politischen Polarisierung ab Ende der 1960er Jahre; der Vietnam-Film o.k. von Michael Verhoeven führt 1970 zu einem Eklat, die Jury tritt zurück und das Wettbewerbsprogramm wird abgebrochen. 1971 wird darauf das Internationale Forum des jungen Films neben dem traditionellen Wettbewerb eingerichtet. Es soll junge und progressive Filme vorstellen.
In Folge von Willy Brandts Ostpolitik und der damit verbundenen Öffnung der Ostblockstaaten wurde 1974 erstmals auch ein sowjetischer Film, 1975 auch eine Produktion aus der DDR gezeigt.
1976 wurde der bisherige Festivalleiter Alfred Bauer durch den Filmpublizisten Wolf Donner abgelöst; Donner führte zahlreiche Änderungen und Modernisierungen des Festivals ein, so beispielsweise die Verlegung vom Sommer in den Winter. Einer der Gründe für diese Änderung ist der Termin der damaligen Filmmesse (des heutigen European Film Market), der im Winter weniger Überschneidungen mit anderen Filmmärkten hatte. Daneben wurden weitere Sektionen wie die Deutsche Reihe und das Kinder Film Fest etabliert und die ehemalige Informationsschau in das Panorama in seiner heutigen Form umgewandelt. Seit Donners Zeit gilt die Berlinale vor allem als Arbeitsfestival und weniger als Plattform für Stars und "Sternchen".
Wolf Donner wurde 1979 durch Moritz de Hadeln abgelöst, der die Berlinale bis 2001 leitete. Im Jahr 2000 wurde die bereits seit längerem geplante Verlegung der Spielstätten der Berlinale an den Potsdamer Platz umgesetzt.
Die Berliner Filmfestspiele werden seit dem 1. Mai 2001 von Dieter Kosslick geleitet. Auch unter Kosslick gab es einige Veränderungen. So wurde die neue Reihe Perspektive Deutsches Kino eingeführt und 2003 entstand zur Nachwuchsförderung der Berlinale Talent Campus.
[Bearbeiten] Sektionen
[Bearbeiten] Wettbewerb
Der Wettbewerb ist die zentrale Sektion der Filmfestspiele; im Wettbewerbsprogramm werden die Hauptpreise – der Goldene Berliner Bär und die Silbernen Bären – verliehen. Im Wettbewerb werden, entsprechend den FIAPF-Richtlinien, ausschließlich Filme gezeigt, die innerhalb der letzten 12 Monate vor Festivalbeginn produziert und noch nicht außerhalb ihrer Ursprungsländer aufgeführt wurden. Eine internationale Jury unter Führung eines Jury-Präsidenten wählt die Preisträger zum Ende des Festivals aus. Siehe: Bisherige Jury-Präsidenten des Festivals
Aktuelle Spielstätten des Wettbewerbs sind der Berlinale Palast am Potsdamer Platz sowie die Kinos CinemaxX, Urania, Kino International und Zoo Palast.
[Bearbeiten] Internationales Forum des jungen Films
Das Internationale Forum des jungen Films (kurz: Forum) findet seit 1971 statt; der inhaltliche Schwerpunkt liegt traditionell im Bereich des politisch engagierten Kinos. Das Forum geht zurück auf eine Initiative der von Ulrich und Erika Gregor gegründeten Freunde der Deutschen Kinemathek e.V.. Das Forum entdeckte Regisseure wie Raoul Ruiz, Derek Jarman und Peter Greenaway. Das Forum bietet auch Filmen mit ungewöhnlichen Formaten eine Plattform wie für die überlangen Produktionen Taiga von Ulrike Ottinger (8 Stunden 21 Minuten) oder Satantango von Bela Tarr (7 Stunden 16 Minuten). Einen weiteren Schwerpunkte des Forums bildet der außereuropäische Film (1970er/80er Jahre: US-Independents, Lateinamerika, internationaler Avantgardefilm; 1980er/90er Jahre: unabhängiges Kino der asiatischen Filmländer wie Taiwan, Japan, Hongkong, Korea, Indien, Singapur, Thailand, Philippinen, Burma und Indonesien).
Leiter ist seit 2001 der Berliner Filmjournalist Christoph Terhechte.
Das Internationale Forum, immer noch das wichtigste Nebenprogramm der Berliner Filmfestspiele, ist für die Neugierigen unter den Cineasten schon seit Jahren zu deren Hauptprogramm geworden." (Peter W. Jansen)
Spielstätten des Forums sind die Kinos Delphi, Babylon, Arsenal (mittlerweile am Potsdamer Platz), CineStar und CinemaxX.
[Bearbeiten] Retrospektive
Die filmhistorische Retrospektive wird seit 1977 von der Stiftung Deutsche Kinemathek (heute: Filmmuseum Berlin - Deutsche Kinemathek) organisiert und durchgeführt; im Rahmen der Retrospektive wird jährlich eine Hommage veranstaltet.
Leiter der Retrospektive ist Hans Helmut Prinzler.
[Bearbeiten] Verzeichnis der Retrospektiven
- 1977: "Marlene Dietrich, Teil 1" und "Liebe, Tod und Technik. Kino des Phantastischen 1933-1945"
- 1978: "Marlene Dietrich, Teil 2" und "Zensur - Verbotene deutsche Filme 1933-1945"
- 1979: "Rudolph Valentino" und "Wir tanzen um die Welt. Revuefilme 1933-1945"
- 1980: "Billy Wilder" und "3D-Filme"
- 1981: "Der Produzent: Die Filme von Michael Balcon"
- 1982: "Aufruhr der Gefühle: Curtis Bernhardt" und "Kinderfilme aus der DDR"
- 1983: "Exil - Sechs Schauspieler aus Deutschland"
- 1984: "Lubitsch 1914-1933"
- 1985: "Special Effects"
- 1986: "Henny Porten"
- 1987: "Rouben Mamoulian"
- 1988: "Color - Die Geschichte des Farbfilms"
- 1989: "Erich Pommer" und "Europa 1939"
- 1990: "Das Jahr 1945" und "40 Jahre Berlinale"
- 1991: "Kalter Krieg"
- 1992: "Babelsberg - Ein Filmstudio"
- 1993: "CinemaScope"
- 1994: "Erich von Stroheim"
- 1995: "Happy Birthday, Cinema! Buster Keaton 100, Slapstick & Co"
- 1996: "William Wyler"
- 1997: "G. W. Pabst"
- 1998: "Robert und Curt Siodmak"
- 1999: "Otto Preminger"
- 2000: "Künstliche Menschen"
- 2001: "Fritz Lang"
- 2002: "European 60s. Revolte, Phantasie & Utopie"
- 2003: "Friedrich Wilhelm Murnau"
- 2004: "New Hollywood 1967 - 1976. Trouble in Wonderland"
- 2005: "Production Design und Film"
- 2006: "Traumfrauen. Stars im Film der fünfziger Jahre"
[Bearbeiten] Verzeichnis der Hommagen
- 1977: Wilfried Basse
- 1981: Peter Pewas
- 1982: James Stewart
- 1984: Melina Mercouri/Jules Dassin
- 1986: Fred Zinnemann
- 1987: Renaud-Barrault au cinéma
- 1991: Jane Russell/Robert Mitchum
- 1992: Hal Roach
- 1993: Gregory Peck
- 1994: Sophia Loren
- 1995: Alain Delon
- 1996: Jack Lemmon und Elia Kazan
- 1997: Kim Novak
- 1998: Catherine Deneuve
- 1999: Shirley MacLaine
- 2000: Jeanne Moreau und Robert de Niro
- 2001: Kirk Douglas
- 2002: Claudia Cardinale
- 2003: Anouk Aimée
[Bearbeiten] Panorama
Das Panorama ist der Teil des offiziellen Programms der Berlinale; es wird seit 1986 veranstaltet; Vorläufer aus der Anfgangszeit der Berlinale war die Informationsschau. Leiter war zunächst Manfred Salzgeber, der 1992 von Wieland Speck abgelöst wurde.
Schwerpunkte des Panoramas sind das Arthouse-Kino und der Autorenfilm; dabei werden alle Filme als Weltpremiere oder europäische Premiere außerhalb des Ursprungslandes gezeigt; das Hauptprogramm bietet jährlich etwa 18 Spielfilme, die von zahlreichen weiteren Produktionen flankiert werden. Subsektionen sind die Reihen Dokumente, Panorama Special und Panorama-Kurzfilme.
Inhaltlich widmet sich das Panorama weniger politischen, als vielmehr gesellschaftlichen Themen; so zeigt das Panorama traditionell beispielsweise viele schwul-lesbische Filme.
Spielstätten des Panoramas sind der Zoo-Palast, das CinemaxX, das International sowie das CineStar.
[Bearbeiten] Kinderfilmfest/14plus
Das seit 1978 veranstaltete Kinderfilmfest zeigt als Sektion der Berlinale eine aktuelle Auswahl internationaler Spiel- und Kurzfilme für ein junges Publikum und gilt in diesem Bereich als eine der wichtigsten Plattformen weltweit. Im Wettbewerb des Kinderfilmfestes verleiht eine elfköpfige Kinderjury den Gläsernen Bären an je einen Spiel- und einen Kurzfilm. Eine Internationale Jury von Filmfachleuten vergibt zudem die mit Geld dotierten Preise des Deutschen Kinderhilfswerkes. 2003 kam ein eigener Wettbewerb mit Filmen für Jugendliche hinzu, genannt 14plus. Den Gläsernen Bären für den besten Spielfilm verleiht hier eine siebenköpfige Jury von Jugendlichen.
Das Kinderfilmfest wird jährlich von rund 30.000 Zuschauern besucht. In unregelmäßigen Abständen werden seit 1982 auch Retrospektiven veranstaltet. Seit Oktober 2002 wird das Kinderfilmfest/14plus von Thomas Hailer geleitet.
Hauptspielstätte von Kinderfilmfest/14plus ist der Zoo Palast, weitere Vorstellungen werden in den Kinos CinemaxX am Potsdamer Platz und im Filmtheater am Friedrichshain gezeigt.
[Bearbeiten] Berlinale Special
Berlinale Special ist eine 2004 neu eingeführte Reihe im offiziellen Programm, in der sowohl aktuelle Werke großer Filmemacher als auch Wiederaufführungen von Werken der Filmgeschichte und Produktionen zu Festivalschwerpunkten oder brisanten Themen gezeigt werden sollen. Aufführungsort ist die ehemalige Veranstaltungsstätte der Berlinale, der Zoo-Palast.
[Bearbeiten] European Film Market
Der European Film Market (EFM) ist die Nachfolgeveranstaltung der Filmmesse. Er wurde von 1980 bis 1987 von Aina Bellis geleitet; seit 1988 ist Beki Probst für diese an die Berlinale angegliederte Veranstaltung für die Filmwirtschaft zuständig. Veranstaltungsort des EFM waren bis 2000 die Räume in der Budapester Straße, seitdem fand der Filmmarkt im Atrium des debis-Gebäudes am Potsdamer Platz statt, der eine Fläche von rund 2.500 m² bietet. Seit 2005 befindet sich der Filmmarkt hauptsächlich im Grypjius-Bau. Im Rahmen des EFM werden rund 600 Vorführungen von etwa 400 angemeldeten Filme durchgeführt; dafür werden die Kinos CinemaxX und CineStar genutzt.
[Bearbeiten] Perspektive Deutsches Kino
Die unter Dieter Kosslick eingeführte Sektion Perspektive Deutsches Kino widmet sich der aktuellen deutschen Filmproduktion und ergänzt die geschlossene Reihe German Cinema; gezeigt wird rund ein Dutzend Spiel-, Dokumentar- und Experimentalfilme, die aus etwa 250 Bewerbungen ausgewählt werden.
Leiter ist Alfred Holighaus.
[Bearbeiten] Weitere Veranstaltungen
- Berlinale Talent Campus (ab 2003; Veranstaltungsort: Haus der Kulturen der Welt)
- Deutsche Reihe (German Cinema) - nur für akkreditierte Besucher; Leitung: Heinz Badewitz
- Kurzfilme - werden im Rahmen der Programme des Wettbewerbs, des Panoramas und des Kinderfilms gezeigt.
- Berlinale Sommernächte auf der Internationalen Sommerbühne auf Schloss Wolfsburg (Niedersachsen) (seit 2004)
[Bearbeiten] Preise, Ehrungen und Auszeichnungen
- Goldener Bär
- Silberne Bären
- Gläserner Bär
- Berlinale Kamera
- Goldener Ehrenbär
- AGICOA-Preis Der Blaue Engel
- Alfred-Bauer-Preis
- Teddy Award - schwul-lesbischer Filmpreis im Rahmen des Panoramas
- LVT-Manfred-Salzgeber-Preis (seit 1999)
- Panorama-Publikumspreis (seit 1999)
- Großen Preis des Deutschen Kinderhilfswerkes (Kinderfilmfest)
- Dialogue en perspective (Perspektive Deutsches Kino)
[Bearbeiten] Zusammenfassungen
Überblick zu einzelnen Festivaljahren:
- 1989
- 1990, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999
- 2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006
[Bearbeiten] Literatur
- Matthias Greuling: Cannes, Venedig, Berlin: Die großen Filmfestivals: ein Servicebuch für Filmer und Medienvertreter. Books on Demand, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-1064-7
[Bearbeiten] Weblinks
- Internationale Filmfestspiele Berlin mit umfangreichem Archiv aller Filme und Preisträger seit 1951
- Internationales Forum des Jungen Films
- "Junge Journalisten"-Projekt beim Kinderfilmfest der Berlinale
- Berlinale Talent Campus
- Presseschau auf film-zeit.de
- Festivalblog: Blog zur Berlinale 2006
- [2] Von sozialen Realitäten und poetischen Bildern. Die 56. Berliner Filmfestspiele aus der deutsch-französischen Perspektive (zweisprachig dt.-frz.)