Lhasa-Bahn
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Die Lhasa- Bahn, die auch Qinghai-Tibet-Bahn, Tibet-Bahn oder Qingzang-Bahn (chin. 青藏铁路/青藏鐵路, qīng zàng tiělù) genannt wird, ist eine Eisenbahnstrecke in der Volksrepublik China. Sie verbindet die Provinz Qinghai mit der Hauptstadt Lhasa des autonomen Gebietes Tibet. Mit einem Scheitelpunkt von 5.072 Metern ist sie die höchstgelegene Bahnstrecke der Erde und hat auf 5.068 Metern mit Tanggula auch den höchsten Bahnhof der Welt. In Höhen von mehr als 4.000 Metern verlaufen rund 960 der 1.956 Streckenkilometer. Die Reise von Golmud in der Provinz Qinghai nach Lhasa dauert zwölf, von Peking aus 48 Stunden.
Damit ist die Lhasa-Bahn, deren bautechnische Fertigstellung im Oktober 2005 verkündet wurde, das bisher größte Eisenbahnbauprojekt des 21. Jahrhunderts. Der technische Probebetrieb begann Anfang Februar 2006, der offizielle Eröffnungszug verließ Peking am 1. Juli 2006, dem 85. Gründungstag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), und erreichte Lhasa am 3. Juli 2006. Am August 2006 ist die Strecke in den Regelbetrieb übergegangen. Eine einfache Fahrt gibt es - je nach Sitzkomfort - ab umgerechnet 48 Euro.
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[Bearbeiten] Streckenführung
Die Strecke beginnt in Golmud, Endpunkt der in den 1980er Jahren fertiggestellten, 814 Kilometer langen Strecke aus Xining, der Hauptstadt der Provinz Qinghai. Sie führt über die kleinen Orte Budongquan, Wudaoliang, Tuotuoheyan (Gemeinde Tanggulashan) zum 5.220 Meter hohen Tanggula-Pass. An dieser Stelle befindet sich ein Tunnel auf einer Höhe von 5.072 Metern, der den Scheitelpunkt der Strecke und den Übergang ins Autonome Gebiet Tibet darstellt. Wie schon zuvor führt die Strecke zunächst weiter durch die tibetische Hochebene, bis sie nach Damshung ins Tal des Flusses Tölung Chu absteigt und schließlich in Lhasa endet.
Die Rentabilität der Strecke wird bezweifelt, dennoch wird bereits eine weitere Strecke aus dem Südosten Chinas nach Lhasa sowie zwei Verlängerungen nach Linzhi im Osten und Xigatse im Westen Lhasas geplant. Die Fertigstellung dieser Strecken ist bis 2017 vorgesehen. Auch sind eine Strecke nach Yadong an der chinesisch-indischen Grenze und eine Verlängerung nach Nepal geplant.
● HP mit Aussichtspunkt
N.B. nicht maßstabsgetreu
[Bearbeiten] Streckenbau
Bautechnisch ist die Bahn ebenfalls eine Besonderheit: Ein Viertel der Strecke wurde auf Permafrostboden gebaut. Dieser Boden taut im Sommer kurzzeitig auf, ohne dass der Boden durch Vegetation stabilisiert wird. Die Trasse kann dadurch absinken. Aus diesem Grund wurden besondere Abdeckungen entwickelt, um ein Auftauen zu verhindern.
Spezielle Stahlröhren wurden an kritischen Streckenabschnitten verlegt, um das Auftauen des Permafrostbodens zu verhindern. 10.000 solcher Kühlstäbe wurden in den Boden getrieben. Eine weitere stabilisierende Besonderheit des Dammes ist das Schotterbett, welches auf einem rund drei Meter hohen Fundament aus grob behauenen, kopfgroßen Steinbrocken, die ohne Mörtel locker übereinander geschichtet sind, liegt. So kann der Dauerwind auf dem Hochplateau durch die Ritzen pfeifen und die Steine sowie die darunter liegende Erde kühl halten. Trotzdem erklärte das chinesische Eisenbahnministerium bereits einen Monat nach der Eröffnung, dass der Permafrostboden unter der Bahnlinie sinke und erste Risse zeige, was die Bahn an manchen Stellen destabilisiert. Auch der Beton einiger Bahnkonstruktionen zeige Risse. Weitere Gefahren gingen von Wanderdünen und Yak-Herden aus, wofür die Ingenieure noch keine Lösung hätten.
Die Züge werden in Gebieten mit gefrorenem Boden 100 km/h, in anderen ohne Permafrostboden 120 km/h erreichen. Das ist die weltweit höchste Geschwindigkeit, die Züge auf gefrorenem Hochlandboden fahren.
[Bearbeiten] Ausrüstung
Die Ausstattung der 441 Personenzüge auf der Bahnstrecke ist sehr komfortabel und mit dem Komfort von Passagierflugzeugen vergleichbar. Auf Grund der großen Höhe, in der die Züge verkehren, sind Systeme zum Druckausgleich und zur Sauerstoffversorgung eingebaut. Jeder Wagen wird zentral mit Sauerstoff versorgt. Sollten sich Passagiere trotzdem unwohl fühlen, befinden sich zusätzliche Sauerstoffmasken unter den Sitzen. Auch werden die Züge von medizinischem Personal betreut.
[Bearbeiten] Steckbrief
Länge | 1.956 Kilometer |
davon über 4.000 m Seehöhe | 960 Kilometer |
davon auf Permafrostboden | 550 Kilometer |
Höchster Punkt | Tanggula-Pass, 5.072 Meter |
Höchstgelegener Bahnhof | Tanggula, 5.068 Meter |
Höchstgelegener Tunnel | Fenghuo-Shan-Tunnel, 4.905 Meter |
Längster Tunnel | Yangbajing-Tunnel, 3.345 Meter |
Anzahl Brücken | 675 mit einer Gesamtlänge von 160 Kilometern |
Bauzeit | 2001-2005 |
Eröffnung | 1. Juli 2006 |
Fahrtzeit | Golmud - Lhasa etwa 12 Stunden |
Peking - Lhasa etwa 48 Stunden | |
Geschätzte Kosten | 3,3 Milliarden € |
Fahrkartenpreise für die Strecke Peking - Lhasa | 48€ (hard seat); 76€ (soft seat); 86€ (hard sleeper); 132€ (soft sleeper) |
[Bearbeiten] Kritik
In China wird die mit einem Aufwand von 3,3 Milliarden Euro (32,4 Milliarden chinesische Yuan Renminbi, CNY) errichtete Bahn als Projekt von hoher nationaler Bedeutung, vergleichbar nur mit der Chinesischen Mauer oder dem Drei-Schluchten-Damm betrachtet. Dank der Bahn sollen sich Tibets Bodenschätze leichter abtransportieren und Grundstoffe wie Kohle, Stahl oder Baumaterial zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten nach Tibet transportieren lassen. Die meisten Experten meinen allerdings, ein Ausbau der Straße wäre wirtschaftlich sinnvoller gewesen.
Die Kritik besagt vor allem, für das tibetische Volk bringe die Bahn einen weiteren, von der Kommunistischen Partei Chinas gewollten, Eingriff in die eigene Kultur und erhöhe die politische Kontrolle durch China. Es wird aber auch mit einer Zunahme der Zuwanderung aus dem restlichen China gerechnet, was für die Bevölkerung Tibets einen ungewünschten Eingriff darstelle. Manche Menschenrechtsorganisationen erwarten zudem eine Nutzung der Bahn für militärische Zwecke, die die Transportdauer für Soldaten von Golmud nach Lhasa verkürzt.
Diesen Befürchtungen steht gegenüber, daß eine Zuwanderung bisher schon mit einem sehr gut ausgebauten und vergleichsweise billigen Bustransport erfolgt, die Logistik des Militärs stütze sich dagegen auf effektivere und flexiblere LKW-Transporte auf Straßen.
Von 2007 an soll die Qinghai-Tibet-Bahn jährlich fast eine Million Menschen und zweieinhalb Millionen Tonnen Güter transportieren. Brian Green, Eisenbahnfachmann bei der britischen Beratungsfirma GIBB Rail, schätzt, das Transportvolumen müsste viermal so hoch sein wie geplant, damit sich die Milliarden-Investition rechnet. Doch steigern lasse es sich kaum, denn in der Autonomen Region Tibet leben nur 2,5 Millionen Menschen auf einer Fläche, die dreimal so groß ist wie Deutschland.
[Bearbeiten] Weblinks
- Ansturm aufs Dach der Welt, Spiegel Online, 17. Oktober 2005
- Online-Artikel aus dem GEO Magazin Nr. 02/06 von Mario Peters
- Online-Artikel auf FAZ.NET, 14. November 2005, Petra Kolonko
- Reportage vom 20. September 2005 in der englischen Tageszeitung The Guardian
- Bericht von der Eroeffnung im ORF
- Chinesische Internetseite zur Qinghai-Tibet-Eisenbahn (in englisch)