Mathematikdidaktik
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Mathematikdidaktik ist Fachdidaktik für das Fach Mathematik, also die Lehre vom Lehren und Lernen mathematischer Inhalte.
- Ein Überblick über die Inhalte der Schulmathematik wird im Artikel Mathematik für die Schule gegeben.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Motivation
Die Aufgaben des Mathematikunterrichts werden im Ansatz von Heymann (siehe Literatur) in nachfolgende Bereiche unterteilt. Der Ansatz von Heymann ist relativ breit akzeptiert und kann auch allgemein für Schule gedacht werden.
[Bearbeiten] Lebensvorbereitung
Schüler sollen mehr Aufmerksamkeit für elementare Anwendungen der Mathematik erlangen und auch die so genannte "weichere Mathematik" im Alltag kennen lernen (zum Beispiel Abschätzungen, Umgang mit Größenordnungen, Interpretation von Tabellen und Diagrammen).
Diese Aufgabe erhält weitgehend öffentliche Zustimmung, da sie Schüler auf absehbare Lebenssituationen vorbereitet.
[Bearbeiten] Stiftung kultureller Kohärenz
Es soll eine Verständigung zwischen Generationen möglich bleiben. So möchten Eltern die Mathematik der ersten Schuljahre verstehen und ihren Kindern helfen können. Die von vielen als überstürzt erlebte Einführung der Mengenlehre in den 70er Jahren in der Grundschule kann in dieser Hinsicht als unglücklich angesehen werden.
Zudem sollen sich die Jugendlichen als Teil einer gewachsenen Kultur begreifen. Bezogen auf den Mathematikunterricht bedeutet dies, die Universalität der Mathematik, also die zentralen Ideen der Mathematik zu erfahren. (Idee der Zahl, Idee des Messens, Idee des räumlichen Strukturierens, Idee des funktionalen Zusammenhangs, Idee des Algorithmus, Idee des mathematischen Modellierens).
[Bearbeiten] Weltorientierung
Die Weltorientierung entspricht der landläufigen Vorstellung des Charakters der Bildung. Schüler sollen einen Überblick erlangen und über die Welt Bescheid wissen. Dazu gehört die Einsicht, dass unsere Sicht der Welt ohne die Mathematik nicht möglich wäre, auch wenn wir die Mathematik in der Regel im Alltag nicht (mehr) sehen und unser Wissen auch nach Ablösen von der Mathematik noch tragfähig ist.
[Bearbeiten] Anleiten zum kritischen Vernunftsgebrauch
Der Umgang mit vernünftigem Argumentieren, Begründen und Anzweifeln soll erfahrbar gemacht werden. Mathematik führt dabei nicht von selbst zu einer Verbesserung der allgemeinen Denkfähigkeit. Aber mithilfe geeigneter mathematischer Inhalte ist eine Förderung der allgemeinen Denkfähigkeit möglich. Solche Inhalte sollten möglichst lebensnützlich sein, exemplarisch für Mathematik als kulturelle Errungenschaft sein und möglichst viel Gelegenheit zur Modellierung und Variation geben. Für den Unterricht kann dies Lebendigkeit bedeuten in Form von kooperativer Arbeit, praktischer Arbeit und spielerischem Problemlösen.
[Bearbeiten] Entfaltung von Verantwortungsbereitschaft
Verantwortliches Leben bedeutet, sich der Verantwortung für sich und andere bewusst zu werden und diese Verantwortung auch zu tragen. Aus dem Alltag ist zu erfahren, dass Unwahrheit negative Konsequenzen haben kann. Die offiziell akzeptierte und vertretene Moral unterscheidet sich oft stark vom tatsächlichen Verhalten. Dies bedeutet für die Jugendlichen, dass sie sich ihrer Kompetenzen bewusst werden müssen, um diese für sich effektiv nutzen zu können.
[Bearbeiten] Einübung von Verständigung und Kooperation
Verständigung und Kooperation sind unverzichtbar. Verständigung bedeutet dabei interaktives Verhalten und das Gewinnen von Einsicht in fremde Standpunkte. Kooperation ist die Arbeit auf ein gemeinsames Ziel hin. Beides kann zum Beispiel durch entsprechende projektorientierte Einheiten im Unterricht oder durch gut organisierten Schüleraustausch gelingen.
[Bearbeiten] Stärkung des Schüler-Ichs
Auch (oder gerade) im Mathematikunterricht soll das Selbstbewusstsein der Schüler gestärkt und eine personale Identität entwickelt werden. Dies ist unter anderem durch Gewährung von Freiräumen persönlicher Entfaltung und gegenseitigen Respekt zu erreichen. Dazu zählt zum Beispiel die Unterrichtskultur, unfertige Gedanken aussprechen und Fragen stellen zu dürfen, sowie auf unterschiedlichen Niveaus zu reflektieren. Durch den häufigen Einsatz offener Aufgaben kann individuellen Lösungsansätzen begegnet werden.
[Bearbeiten] Kritische Anmerkungen
Diesen Ausführungen scheint jeglicher Bezug zur Wirklichkeit zu fehlen, zu den strukturellen Zwängen der Institution Schule, zu den höchst unterschiedlichen Anforderungen seitens der Eltern, den sozial(-psychologisch) bedingten Unterschieden in der Biografie der Jugendlichen etc etc
Der Anspruch, der Mathematikunterricht soll die Entwicklung einer personalen Identität als Ziel verfolgen, ist schlicht als totalitär zu bezeichnen.
Leider ist der Beitrag repräsentativ für das übersteigerte Selbstbewusstsein der Didaktiker: dem Unterricht würde eine (bescheidene) Besinnung auf das Kernanliegen jeglicher Mathematikdidaktik guttun - den Unterricht verbessern.
Zum desolaten Zustand der Mathematikdidaktik: Theories that Gyre and Gimble in the Wabe
[Bearbeiten] Weiterführende Information
[Bearbeiten] Mathematik-Didaktiker
- Hans Freudenthal
- Heinrich Winter
- Hans-Joachim Vollrath
- Hans Schupp
- Peter Gallin
- Hans Werner Heymann
- Martin Wagenschein
- Erich Ch. Wittmann
[Bearbeiten] Lehrpläne
[Bearbeiten] Fachdidaktik-Lehrbücher
- Heinz Jörg Claus: Einführung in die Didaktik der Mathematik. Wiss. Buchges. Darmstadt.
- Lutz Führer: Pädagogik des Mathematikunterrichts. Vieweg 1997
- Gaidoschik, Michael: Rechenschwäche - Dyskalkulie. Eine unterrichtspraktische Einführung für LehrerInnen und Eltern. Wien 2002, öbv&hpt VerlagsgmbH&Co.KG, ISBN 3-209-03858-9
- Gerster, Hans-Dieter / Schultz, Rita: Schwierigkeiten beim Erwerb mathematischer Konzepte im Anfangsunterricht. Bericht zum Forschungsprojekt: Rechenschwäche - Erkennen, Beheben, Vorbeugen. PH-Freiburg, Freiburg im Breisgau 2000 Uni-Freiburg: Abstract und kostenloser Volltext-Download
- Ginsburg, Herbert P. / Jacobs, Susan F. / Lopez, Luz Stella: The Teacher's Guide to Flexible Interviewing in the Classroom. Learning what Children know about Math. Needham Heights 1998, Allyn&Bacon, ISBN 0-205-26567-7
- Hans Werner Heymann: Allgemeinbildung und Mathematik. Belz-Verlag, Weinheim, 1996.
- Krauthausen, G. und Scherer, P.(2003): Einführung in die Mathematikdidaktik, Heidelberg und Berlin: Spektrum Akademischer Verlag
- Timo Leuders (Hrsg.): Mathematik-Didaktik. Cornelsen Scriptor, Berlin, 2003.
- Walther Lietzmann (1880-1959), Methodik des mathematischen Unterrichts, 2 Auflagen zwischen ca. 1916 und 1926, Neubearbeitung mit neuer Auflagenzählung 1951, posthum fortgeführt von Richard Stender (3. Auflage 1961), Horst Jahner (1968), H. Jahner und Dietrich Pohlmann (5. Auflage 1978). Zuletzt unverändert nachgedruckt (6. Auflage 1985).
- Lorenz, Jens Holger: Lernschwache Rechner fördern. Ursachen der Rechenschwäche. Frühhinweise auf Rechenschwäche. Diagnostisches Vorgehen. Lehrer-Bücherei: Grundschule, Cornelsen-Scriptor Berlin 2003, ISBN 3-589-05072-1 Rezension
- Uwe-Peter Tietze, Manfred Klika, Hans Wolpers (Hrsg.): Mathematikunterricht in der Sekundarstufe II. 3 Bände (2000 - 2002).
- Hans-Joachim Vollrath: Grundlagen des Mathematikunterrichts in der Sekundarstufe (2001)
- Erich C. Wittmann: Grundfragen des Mathematikunterrichts. Vieweg immerfort
- Friedrich Zech, Grundkurs Mathematikdidaktik. Theoretische und praktische Anleitungen für das Lehren und Lernen von Mathematik. Weinheim und Basel: Beltz (1977). 10. Auflage (2002). (schrecklich langweilig, aber ein Klassiker)
- Vollrath, Hans-Joachim, Weigand, Hans-Georg, Algebra in der Sekundarstufe 3.A., Elsevier - Spektrum Akademischer Verlag (2006), ISBN: 3-8274-1803-8. Sehr interessante Website: http://www.schulalgebra.de/.
[Bearbeiten] Fachzeitschriften
Eher forschungsorientiert:
- Journal für Mathematik-Didaktik (JMD)
- Zentralblatt für Didaktik der Mathematik (ZDM)
- mathematica didactica (mathematica didactica)
Eher lehrerorientiert:
- Der Mathematikunterricht (MU)
- mathematik lehren (ml) Friedrich Verlag
- Praxis der Mathematik (PM) Aulis Verlag
- Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht (MNU) MNU
- Verein für Lern- und Dyskalkulietherapie Wien: Österreichisches-Rechenschwäche-Magazin
- Verein für Lerntherapie und Dyskalkulie e.V. - Journal in Zusammenarbeit mit den Mathematischen Instituten zur Behandlung der Rechenschwäche: Kopf und Zahl
Übersicht über Fachzeitschriften zur Mathematikdidaktik mit weiterführenden Links
[Bearbeiten] Fachverbände
Im deutschen Sprachraum:
- Gesellschaft für Didaktik der Mathematik (GDM), primär eine Vereinigung universitär tätiger oder ambitionierter Fachdidaktiker
- Deutscher Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU)
- MUED e.V. Mathematik-Unterrichts-Einheiten-Datei, gegründet 1977, eine Selbstorganisation von Mathematiklehrern, die sich vor allem den Austausch von Unterrichtsmaterialien zum Ziel gesetzt hat; Unterrichtshilfen für Nichtmitglieder gebührenpflichtig
Anderswo:
[Bearbeiten] Unterrichtshilfen für Lehrer
- www.mathe-erleben.de unterstützt Lehrkräfte bei der Vorbereitung und Durchführung des Mathematikunterrichts
- www.geogebra.at eine mehrfach international ausgezeichnete kostenlose Unterrichtssoftware für dynamische Geometrie, Algebra und Analysis
- geonext.uni-bayreuth.de ein Geometrieprogramm zum Erstellen interaktiver Seiten für den MU
- Schinköthe, H.: Mengen und Längen, Volxheim (RESI) 2000, ISBN 3-8311-0701-7, altbewährtes didaktisches Lehrbuch, ursprünglich für KindergärtnerInnen konzipiert
- Rechnen mit Cuisenaire-Stäbchen, eine Einführung von Dr. Arthur Brühlmeier
[Bearbeiten] Fortbildungsangebote für Lehrer
Neben den staatlichen Fortbildungsangeboten der Lehrerfortbildung zu Fachfragen bzw. methodisch-didaktischen Fragen des Mathematikunterrichts werden Fortbildungen durch sogenannte freie Träger der Lehrerfortbildung angeboten.
Als freier Träger ist bundesweit das Projekt "Teachers Teaching with Technology Deutschland" (kurz: T³ Deutschland) tätig (siehe www.t3deutschland.de)