Paronym
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Als Paronyme bezeichnet man verwechselbar ähnliche Worte innerhalb einer Sprache und ihrer Dialekte. Ein Paronym wird auch als Falscher Bruder bezeichnet in Analogie zu dem ähnlichlautenden Falscher Freund, der sich auf Fremdsprachen bezieht, zurückgehend auf einen Vorschlag von J. Bertrand (Siehe Literatur).
Sie entfalten ihre Wirkung in:
- häufigen oder geläufigen Missverständnissen,
(wie der Ökonom der DDR-Ausbildung, der dem westdeutschen Kaufmann entspricht, von unkundigen Westdeutschen jedoch oft für einen Hochschullehrer der Ökonomie gehalten wird)
- die regelmäßig wiederkehren,
(wie der österreichische (Gymnasial)professor, der dem deutschen Studienrat entspricht, in Deutschland aber immer wieder mit einem Hochschulprofessor verwechselt wird)
- oft lange bestehen bleiben
(wie die durch Fernsehwerbung verursachte ubiquitäre Fehlbezeichnung Zellulitis für richtig: Orangenhaut; der Doktor, der keinesfalls Arzt sein muss; das Gleiche auch umgekehrt)
- oder auch punktuell auftreten können,
(Der Stasimann deutet auf eine geschlossene graue Mappe: "Hier Ihre Akte, meine Gnädigste, komplett." Die Schauspielerin ist empört: "Ich habe mich niemals in meinem Leben für Nacktaufnahmen hergegeben!")
- das Lernen der Sprache erschweren (und auch erheitern) können.
(z.B. Sechs-Gänge-Getriebe und Viergangmenüs im Angebot von Migrantenbetrieben oder die Dreijährige zur Mutter, nach einem Versprecher: "Oh, ich habe mich versagt." und nachdem sie sich verlaufen hat: "Jetzt habe ich mich vergangen.")
Welche Wörter im einzelnen als paronym zueinander empfunden werden, hängt auch vom Ausbildungsstand und vom sozialen, regionalen wie sprachlichen Umfeld der beteiligten Sprecher ab.
Paronyme eignen sich wunderbar für Witze und Sprachspiele, weil sich ihre eine Sinngebung leicht in einem Zusammenhang scheinbar unterstellen und dem Hörer suggerieren lässt, aus dem sie danach aber überraschend wieder herausgeholt wird. (Siehe: Pointe)
Eine Unterklasse der Paronyme sind die Homophone, die in Anlehnung an ein Ratespiel unter Kindern auch Teekesselchen genannt werden.
[Bearbeiten] Beispiele
- Standarddeutsch:
- Adoptieren - adaptieren
- Antarktika - Antarktis
- Cellulite - Zellulitis
- Erhebung (Aufstand) - Erhebung (Gelände) - Erhebung (Steuer, Abgaben, Gebühr, Porto, Fahrpreis) - Erhebung (von Informationen) - Erhebung (Rang, Stand, Amt, Dienstgrad)
- Parodontose - Parodontitis
- Versprecher - Versprechen - Verbrecher - Verbrechen - Erbrechen
- versprochen (verlobt) - versprochen (einen Fehler beim Sprechen gemacht)
- Worte - Wörter
- versch. Deutsche Sprachen:
- abtreiben (1) - abtreiben (2) - abtreiben (3)
(1) Standarddeutsch: eine Schwangerschaft künstlich beenden
(2) Österreichisch-küchenfachsprachlich: Butter schaumig rühren und Eier zugeben
(3) Nautische Fachsprache und auch Standardsprache: von Wind oder Strömung vom Weg abgebracht werden - abschießen (1) - abschießen (2) - abschießen (3)
(1) Standarddeutsch und Jägersprache: töten
(2) Fachsprache unter Fotografen und Klatschjournalisten: unbemerkt fotografieren
(3) Machistischer Soziolekt: ficken - Festessen (1) - feste Essen (2)
(1) Standarddeutsch: Festliches Mahl
(2) Ripuarisch: sich den Bauch vollschlagen
[Rund 50% der Zweitkläßler einer Schule erklärten 1961 das Festessen bei einer Befragung so: "Da muß_de feste! essen"] - heben (1) - hebben (2) - heben (3)
(1) Standarddeutsch: heben für auf- oder hochheben
(2) Plattdüütsch: haben (auch zur Vergangenheitsbildung)
(3) Vorderpfälzisch: halten, tragen
[Zahlreiche Flexionsformen dieser drei Verben sind klangleich abgesehen von der regionalen Intonation] - mäht (1) - määt (2) - mährt (3) - mäht (4)
(1) Deutsche Standardsprache: z.B. schneidet Gras oder Korn
(2) Ripuarisch: tut, macht, erledigt
(3) Thüringisch: wühlt, treibt Aufwand mit wenig Ergebnis, vergeudet
(4) Standarddeutsch: Lautäußerung von Ziege oder Schaf - Preis (1) - Preiß (2)
(1) Deutsche Standardsprache: zu zahlender Geldbetrag
(2) Boarisch: Preuße
[Zitat: "Der Preis mocht mi scho narrisch, oba der Preiß treibt mi gonz in'n Wohnsinn eini!"]
- abtreiben (1) - abtreiben (2) - abtreiben (3)
- Englisch:
- Französisch:
- Litauisch:
- Polnisch:
- Bulgarisch:
- Russisch:
- Ungarisch:
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Wolfgang Müller: Leicht verwechselbare Wörter, Duden-Taschenbücher, Band 17, 1973.
- J. Bertrand: Dictionnaire Pratique des Faux Freres - mots a ne pas confondre entre eux (1979)