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Trancetanz - Wikipedia

Trancetanz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Roy Sesana, Träger des Alternativen Nobelpreises 2005 beim Trancetanz
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Roy Sesana, Träger des Alternativen Nobelpreises 2005 beim Trancetanz

Trancetanz bezeichnet eine Praktik, bei der durch Tanzen eine Trance herbeigeführt wird. Diese Praktik ist in vielen Kulturen anzutreffen und ist oftmals mit ekstatischen Zuständen verbunden. In den verschiedenen Kulturen wird der Trancetanz zumeist im religiösen Kontext ausgeführt und ist mit Kulthandlungen verbunden; er kann auch als Gemeinschaftstanz eines indigenen Volkes stattfinden.

Religionen, in denen der Trancetanz eine Rolle spielt, sind z. B. der Schamanismus, der Sufismus sowie afrikanische oder afroamerikanische Religionen, beispielsweise Voodoo oder Candomble, in denen es während des Trancetanzes zu „Besessenheit durch die Götter“ kommt. Auch im Bereich der westlichen Esoterik und in alternativen psychotherapeutischen Ansätzen des New Age wird Trancetanz im "Westen" praktiziert.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Trancetanz im Paläolithikum

Höhlenbild "Zauberer von Trois-Freres"
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Höhlenbild "Zauberer von Trois-Freres"

Einige Anthropologen und Ethnologen vermuten, dass der Trancetanz bereits im Paläolithikum praktiziert wurde. Mit Methoden der kognitiven Archäologie wurde versucht, diese These zu belegen.

Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Höhlenmalereien, in denen tanzende tiermenschliche Mischwesen abgebildet sind. Dass einige Höhlen eine kultische Funktion hatten, wird von diesen Wissenschaftlern als sehr wahrscheinlich angenommen. Andere Höhlen sollen dazu gedient haben, religiöses Wissen in Form von Bildern aufzuzeichnen, da die Gänge zu eng sind, um als Ritualschauplatz zu dienen. Es sind mehr als 50 Figuren aus prähistorischer Zeit bekannt, die tiermenschliche Mischwesen abbilden, von denen mehrere tanzend dargestellt sind. Nach David Lewis-Williams war die zentrale kultische Handlung der Jägerreligionen des Paläolithikums der Trancetanz. Daher wird - aufgrund neurologischer Vergleiche - vermutet, dass viele der Höhlenbilder Trancevisionen darstellen. Zudem sind in vielen Höhlen Pfeifen und Flöten aus Knochen gefunden worden, was auch auf eine musikalische Begleitung von (Tanz-)Ritualen hindeutet.

Ein weiteres Argument, das für die Praxis des Trancetanzes im Paläolithikum spricht, ist die Analogie zu heutigen Jägerreligionen. Da zu vermuten ist, dass gleichartige psychische und soziale Komponenten auch ähnliche geistige Praktiken und Vorstellungen hervorbringen, kann von der Praxis des Trancetanzes in heutigen Ethnien auf den Trancetanz im Paläolithikum geschlossen werden. Einige Wissenschaftler vermuten auch, dass der Schamanismus direkt von den religiösen Vorstellungen des Paläolithikums abstammt, so dass es wahrscheinlich sei, dass der Trancetanz zu dieser Zeit schon praktiziert wurde.

[Bearbeiten] Trancetanz im Schamanismus

Im Schamanismus dient der Tanz als Mittel zum Eintritt in die Trance. Er wird zumeist von schnellen Trommeln und Rasseln (vom Schamanen selbst gespielt), Glöckchen und Gesang begleitet. Oft dreht sich der Schamane während des Tanzes entgegen dem Uhrzeigersinn. Zumeist ist der Tanz verbunden mit einer rituellen Ekstase, einem veränderten Bewusstseinszustand und damit einhergehend einer „Seelenreise“ in geistige Welten. Oft wird der Trancetanz auch genutzt, um mit „Hilfsgeistern zu verkehren“ oder zu heilen.

Im schamanischen Trancetanz wird häufig eine bestimmte Kosmologie ausgedrückt. Manchmal werden auch fördernde psychoaktive Substanzen eingesetzt.

[Bearbeiten] Trancetanz der San

Als Beispiel für Trancetänze indigener Völker soll der Trancetanz der San beschrieben werden. Der Trancetanz wird bei den San zu verschiedenen magischen Zwecken benutzt, etwa um Regen zu machen, zu Heilen oder um Jagdwild anzulocken. Der Tanz wird in der Gemeinschaft ausgeführt. Während die Frauen um ein Feuer sitzen, einen bestimmten Rhythmus klatschen und singen, tanzen die Männer im Kreis um sie herum, wobei sie manchmal Fußrasseln tragen. Bei den Trancetänzen sind Personen anwesend, die selbst nicht tanzen, um den Tänzern zu helfen, da diese manchmal ihre Trance nicht kontrollieren können und ohnmächtig werden. Wenn die Tänzer in Trance gefallen sind, gehen sie herum und berühren die anderen mit den Händen, um sie zu heilen. Nach ihrer Ansicht nehmen sie dabei das Üble selbst auf und stoßen es durch ein Loch im Nacken wieder aus, von einem Schrei begleitet.

Nach Angaben der Trancetänzer machen diese außerkörperliche Reisen und verfügen über eine Kraft, mittels derer sie andere und ihre Umwelt positiv beeinflussen können. Manchmal verwandelt sich ein Trancetänzer aufgrund dieser Kraft nach Angaben der San in ein Mischwesen aus Löwe und Mensch, das Unheil bringt. Ein Trancetänzer hat eine Lehrzeit von einigen Jahren bei einem erfahrenen Tänzer, bis er sich entscheidet, ob er mit der Kraft umgehen kann. Bei den San sind heutzutage ein Drittel der Frauen und die Hälfte der Männer Trancetänzer.

[Bearbeiten] Trancetanz der Derwische

Derwische beim Tanz, für die Kamera posierend
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Derwische beim Tanz, für die Kamera posierend

Einige Sufi- bzw. Derwischorden praktizieren Trancetanz, um ekstatische Zustände hervorzurufen (hal oder ahwal), in denen sich die höchste mystische Erfahrung, die Begegnung und Einswerdung mit dem Göttlichen, ereignet. Diese Tanzrituale beinhalten drei Elemente: Tanz (Raqs), Andacht (Dhikr) und „Hören“ (Sama).

Der Trancetanz der Derwische besteht in einem fortgesetzten Drehen um die eigene Körperachse mit ausgebreiteten Armen, am bekanntesten ist hier der Mevlevi-Orden. Es gibt jedoch auch andere Sufigruppen, die Tanzen (auch ohne Derwischdrehungen); teilweise verbunden mit Atemübungen, bestimmten Bewegungen und Rezitation eines Gottesnamens. Der ekstatische Zustand kann sich durch Taumeln, Bewegungsstarre, Schreien oder unartikulierte Laute zeigen. In der Literatur wird oft von Visionen berichtet, die während der Rituale bzw. des Tanzens auftreten.

Der Derwischtanz war immer wieder der Kritik der orthodoxen Muslime ausgesetzt. Der Tanz wurde jedoch damit gerechtfertigt, dass er dazu diene, die Liebe zu Gott auszudrücken und die Seele von den Fesseln des Körpers zu befreien, um in die himmlischen Sphären, dem Ursprung des menschlichen Geistes, zu gelangen.

Einige Wissenschaftler führen den Trancetanz der Derwische auf vorislamische Praktiken zurück, in denen eine Kosmologie der tanzenden Sterne, Sonnen und Planeten ausgedrückt werden sollte. Diese betrachten den Derwischtanz als ein Erbe des zentralasiatischen Schamanismus.

[Bearbeiten] Westlicher Trancetanz

In Bereich der alternativen Psychotherapie und Esoterik spielt Trancetanz seit dem Ende der 1960er Jahre wieder eine Rolle, oft als freier Ausdruckstanz, bei dem manchmal eine Augenbinde getragen wird, um die Versenkung zu fördern. Er wird teilweise mit Körperpsychotherapie, Körperarbeit, Meditation, Atemübungen und Neoschamanismus verbunden. Der Trancetanz im Westen dient als Entspannungstechnik, Ausdruck von Kreativität und Spiritualität und hat zum Ziel andere Bewusstseinszustände zu induzieren, mit dem „höheren Selbst“, oder archaischen Schichten des Unbewussten zu verbinden, Selbstheilung zu fördern oder auch in andere geistige Realitäten einzutreten. Es werden inzwischen viele Seminare und Workshops zum Trancetanz, u. a. mit Lifemusik angeboten.

Im Bereich der Jugendkultur können beim Tanzen ebenfalls tranceartige Zustände auftreten. Diese besitzen jedoch im Gegensatz zu anderen Formen des Trancetanzes oft keine explizit religiöse oder spirituelle Ausrichtung. Siehe hierzu auch Freetekno, Psytrance bzw. Goa (Musik).

[Bearbeiten] Literatur

  • Dirk Patrick Hengst: Tanz, Trance und Ekstase; Die rituellen Wurzeln der Kreativität. Horlemann, Bad Honnef 2003.
  • Kaye Hoffman: Tanz, Trance, Transformation. Dianus-Trikont, München 1984.
  • Frank Natale: Trance Dance, der Tanz des Lebens. Simon & Leutner 1993, ISBN 3922389570

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