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Ulrike Meinhof - Wikipedia

Ulrike Meinhof

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ulrike Meinhof (um 1964)
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Ulrike Meinhof (um 1964)

Ulrike Marie Meinhof (* 7. Oktober 1934 in Oldenburg/Niedersachsen; † 8. Mai 1976 in Stuttgart) war Journalistin und ab 1970 im illegalen Untergrund als Mitbegründerin der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) an deren ersten Aktionen beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Ulrike Meinhof als junge Journalistin (um 1964)
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Ulrike Meinhof als junge Journalistin (um 1964)

Ulrike Meinhof wurde 1934 in Oldenburg als Tochter des Kunsthistorikers Dr. Werner Meinhof geboren. 1940 starb ihr Vater; 1948 auch ihre Mutter Ingeborg Meinhof. Der Historikerin Renate Riemeck, einer engen Freundin Ingeborg Meinhofs, wurde die Vormundschaft für die damals 14-jährige Ulrike und ihre ältere Schwester übertragen.

1955 legte Ulrike Meinhof ihr Abitur am Gymnasium Philippinum in ihrem damaligen Wohnort Weilburg ab.

Nach dem Studium der Philosophie, Pädagogik, Soziologie und Germanistik in Marburg 1955/1956, wobei sie von der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert wurde, engagierte sich Meinhof zunächst in der evangelischen Reformbewegung. 1957 wechselte sie zur Westfälischen Wilhelms-Universität nach Münster und schloss sich dort dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) an. Sie wurde während der 1957 entstehenden breiten Protestbewegung gegen Pläne der CDU-Regierung unter Konrad Adenauer, die Bundeswehr atomar zu bewaffnen (vgl. auch Friedensbewegung), Sprecherin des „Anti-Atomtod-Ausschusses“ in Münster. 1958 war sie kurze Zeit Mitglied des AStA der dortigen Universität. Sie veröffentlichte Artikel in verschiedenen studentischen Blättern, u. a. in david, herausgegeben von der SDS Gruppe in Münster. 1959 trat sie der seit 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen KPD bei.

Meinhof arbeitete von 1959 bis 1969 für die linke Zeitschrift konkret, bei der sie von 1962-1964 Chefredakteurin war. In dieser Zeit wurde sie eine Symbolfigur der deutschen Linken, die an zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen und Demonstrationen teilnahm. Später gehörte Ulrike Meinhof zum Redaktionskollektiv der 883, dem Gegenblatt zur Rote Presse Korrespondenz.

1961 heiratete sie Klaus Rainer Röhl, den Herausgeber der Zeitschrift konkret. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor, die Zwillinge Regine und Bettina (Bettina Röhl ist heute Journalistin). Ende 1967 trennte sich Meinhof von Röhl und ließ sich 1968 von ihm scheiden. Beim „Frankfurter Kaufhaus-Brandstifterprozess“, über den sie publizierte, lernte sie die dort angeklagten Thorwald Proll, Horst Söhnlein sowie die späteren RAF-Gründer Andreas Baader und Gudrun Ensslin kennen.

[Bearbeiten] Aufbruch in den Untergrund

Nach dem Attentat auf Rudi Dutschke veröffentlichte Meinhof am 11. April 1968 in konkret den folgenden in Auszügen zitierten Kommentar, der exemplarisch für die spätere Radikalisierung ihrer Einstellung steht:

„‚Protest ist, wenn ich sage, das und das paßt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß das, was mir nicht paßt, nicht länger geschieht. (...)‘ So ähnlich (...) konnte man es von einem Schwarzen der Black-Power-Bewegung auf der Vietnamkonferenz im Februar in Berlin hören. (...)
Die Grenze zwischen verbalem Protest und physischem Widerstand ist bei den Protesten gegen den Anschlag auf Rudi Dutschke (...) erstmalig massenhaft, (...) tatsächlich, nicht nur symbolisch – überschritten worden. (...)
Nun, nachdem gezeigt worden ist, daß andere Mittel als nur Demonstrationen, Springer-Hearings, Protestveranstaltungen zur Verfügung stehen, andere als die, die versagt haben, weil sie den Anschlag auf Rudi Dutschke nicht verhindern konnten, nun, da die Fesseln von Sitte & Anstand gesprengt worden sind, kann und muß neu und von vorne über Gewalt und Gegengewalt diskutiert werden. Gegengewalt, wie sie in den Ostertagen praktiziert worden ist, ist nicht geeignet, Sympathien zu wecken, nicht, erschrockene Liberale auf die Seite der Außerparlamentarischen Opposition zu ziehen. Gegengewalt läuft Gefahr, zu Gewalt zu werden, wo die Brutalität der Polizei das Gesetz des Handelns bestimmt, wo ohnmächtige Wut überlegene Rationalität ablöst, wo der paramilitärische Einsatz der Polizei mit paramilitärischen Mitteln beantwortet wird. (...)
Der Spaß hat aufgehört.“ [1]

1970 produzierte Meinhof noch den Fernsehfilm Bambule, für den sie auch das Drehbuch schrieb. Hier kritisierte sie die autoritären Methoden der Heimerziehung („Fürsorgeerziehung“), die in der Handlung des Films zu einer Revolte von weiblichen Heiminsassinnen führen. Das Drehbuch gilt auch als Parabel der zu der Zeit herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse und einer neuen Art von Klassenkampf.

Meinhof wurde in der Folgezeit zunehmend radikaler und kompromissloser. Am 14. Mai 1970 nahm sie an der Befreiung Andreas Baaders teil. Dabei wurde Georg Linke, ein Angestellter des Berliner Zentralinstituts für Soziale Fragen angeschossen und schwer verletzt. Meinhof kommentierte dies in einer Erklärung mit den Worten:

„Wir sagen natürlich, die Bullen sind Schweine. Wir sagen, der Typ in Uniform ist ein Schwein, kein Mensch. Und so haben wir uns mit ihnen auseinander zu setzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden. Und natürlich kann geschossen werden. (Tonbandaufnahme aus dem Untergrund).“

Sie schloss sich Baaders Gruppe an, die sich als „Rote Armee Fraktion“ in der Tradition der lateinamerikanischen Stadtguerilla, insbesondere der Tupamaros in Uruguay, sah, und den bewaffneten antiimperialistischen Kampf der Länder des Trikont in die Metropolen der Industriestaaten tragen wollte. Im illegalen Untergrund war Ulrike Meinhof von da an an Banküberfällen und Bombenanschlägen gegen „das System“ des aus der Sicht der RAF imperialistischen Kapitalismus in der Bundesrepublik beteiligt. Anders als beispielsweise die Stadtguerilla der Tupamaros in Uruguay verlor die RAF schon bald einen konkreten Bezug zu potenziell sympathisierenden Kreisen, wodurch sie sich auch von den legalen linken Protestbewegungen der Zeit zunehmend isolierte.

Da Ulrike Meinhof die Erziehung ihrer beiden Töchter nicht dem Vater Klaus Rainer Röhl überlassen wollte, stimmte sie einem Plan zu, demzufolge die beiden Kinder in ein palästinensisches Waisenlager verschleppt werden sollten. Dieser Plan scheiterte allerdings auf Grund des Eingreifens von Stefan Aust.

Am 15. Juni 1972 wurde die Polizei in Langenhagen bei Hannover durch den Lehrer Fritz Rodewald darauf hingewiesen, dass er fürchte, Leute der RAF wollten in seiner Wohnung übernachten. Eine mutmaßliche „Quartiermacherin” der RAF wollte die Wohnung anmieten und suchte indes eine Unterkunft für Meinhof. Die Polizei war zunächst nicht zu sehr interessiert, fand in der Wohnung zunächst nichts Verdächtiges und brach schon wieder auf, als ihr zwei unbekannte Leute begegneten, die nach der Wohnung von Fritz Rodewald fragten. Das kam den Beamten merkwürdig vor. Sie verfolgten den Mann zu einer nahen Telefonzelle und nahmen ihn dort fest. Es stellte sich heraus, dass es sich um den gesuchten Gerhard Müller handelte, der auch bewaffnet war.

Unwissend, um wen es sich handelte, überwältigte die Polizei eine sich vehement zur Wehr setzende Frau dann in der Wohnung Rodewalds. Kurze Zeit später stellte sich bei einer Untersuchung heraus, dass es sich um Ulrike Meinhof handelte. Rodewald sagte später, das Paar Meinhof/Müller habe die Tür zu seiner Mietwohnung gewaltsam aufgebrochen.

Am 29. November 1974 wurde sie zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Diese verbrachte sie im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim. Am 9. Mai 1976 fand der Sekretär im Strafvollzugsdienst Peter Großmann sie in ihrer Zelle 719 in der JVA Stuttgart-Stammheim tot auf. Nach den offiziellen Untersuchungen und Angaben hatte sie sich mit einem aus dem Handtuch gedrehten Seil selbst am Zellenfenster erhängt. Mitglieder der RAF bezweifeln bis heute die offizielle Suizidversion und von den Angehörigen in Auftrag gegebene Gutachten [1] sprechen dagegen. Die Todesumstände, die Veröffentlichung des Untersuchungsergebnisses vor der Obduktion und die zeitgenössischen Meinungskämpfe sorgten für zahlreiche anderweitige Spekulationen, in denen auch ein behördlich organisierter oder staatlich sanktionierter Mord nicht ausgeschlossen wurde. Allerdings fanden weder eine Nachobduktion auf Veranlassung der Angehörigen noch eine internationale Untersuchungskommission Hinweise auf einen Tod durch Fremdeinwirkung.

Ulrike Meinhof wurde am 15. Mai 1976 unter der Anteilnahme von etwa 4000 Trauernden auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof in Berlin-Mariendorf (Planquadrat A) beigesetzt, da sich alle anderen Friedhofsgemeinden in Deutschland weigerten, ihre Beisetzung zu gestatten.

Im Herbst 2002 erfuhr ihre Tochter, die Journalistin Bettina Röhl, dass das Gehirn ihrer Mutter nicht mitbeerdigt worden war. Stattdessen war das Gehirn jahrzehntelang in Formalin aufbewahrt worden, und wurde erneut in einer Klinik in Magdeburg untersucht. Den Professoren wurde daraufhin von einer Ethik-Kommission untersagt, weiter an dem Gehirn zu forschen oder ihre bisherigen Forschungen zu veröffentlichen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart forderte das Gehirn von den Professoren zurück, äscherte es ein und übergab es den Angehörigen. Am 22. Dezember 2002 wurde das Gehirn von Ulrike Meinhof ebenfalls auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof beerdigt.

[Bearbeiten] Bedeutung

Ulrike Meinhof war als einziges RAF-Mitglied bereits vor deren Gründung prominent. Daher ging man in der Öffentlichkeit wie selbstverständlich davon aus, dass sie in der RAF eine Führungsrolle spielt, und sprach entsprechend auch von der „Baader-Meinhof-Bande“. Tatsächlich aber blieb Ulrike Meinhof in der von Andreas Baader und Gudrun Ensslin dominierten Untergrundorganisation eher eine Außenseiterin.

[Bearbeiten] Zeitzeugen über Ulrike Meinhof

„Sie war die erste Person in der Bundesrepublik, nachdem wir aus Polen 1958 nach Westdeutschland gekommen waren, die nach meiner Zeit im Warschauer Ghetto fragte. Wir trafen uns damals im Cafe Funkeck in Hamburg. Am Ende des Interviews, das viel länger dauerte, als ursprünglich geplant, hatte Ulrike Meinhof Tränen in den Augen.“ Marcel Reich-Ranicki siehe auch dazu: Interview von Bettina Röhl mit Marcel Reich-Ranicki über seine Begegnung mit Ulrike Meinhof

Ulrike Meinhof war „... die größte deutsche Frau seit Rosa Luxemburg.“ Erich Fried

„Mit allem, was sie getan hat, so unverständlich es war, hat sie uns gemeint.“ Gustav Heinemann

„Bei der ersten Begegnung mit Ulrike Meinhof sagte ich: Sie reden, wie ich es zuletzt von meinem nationalsozialistischen Führungsoffizier im Krieg gehört habe.“ Joachim Fest

[Bearbeiten] Theater und musikalische Werke

Um die Lebensgeschichte von Ulrike Meinhof geht es in Johann Kresniks gleichnamigem Stück, das 1990 im Bremer Theater uraufgeführt wurde. In der Spielzeit 2005/2006 steht es im Programm der Bonner Oper.

Die DDR-Punkband Aufbruch widmete ihr den Song "Für Ulrike".

[Bearbeiten] Werke

  • Karl Wolff oder: Porträt eines anpassungsfähigen Deutschen. Feature. Regie: Heinz Otto Müller. Prod.: hr, 1964. (Abendstudio)
  • Gefahr vom Fließband. Arbeitsunfälle - beobachtet und kritisch beschrieben. Feature. Regie: Peter Schulze-Rohr. Prod.: hr, 1965. (Abendstudio)
  • Bambule - Fürsorge - Sorge für wen? Berlin: Wagenbach, 1971. (Neuaufl. 2002 ISBN 3-803-12428-X)
  • Die Würde des Menschen ist antastbar. Aufsätze und Polemiken. Berlin: Wagenbach, 2004. ISBN 3-803-12491-3
  • Deutschland Deutschland unter anderm. Aufsätze und Polemiken, Berlin: Wagenbach. ISBN 3-803-12253-8

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Film

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Ulrike Meinhof – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Quelle

  1. Zitiert nach: Ulrike Meinhof: Die Würde des Menschen ist antastbar. Aufsätze und Polemiken. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, 2004, ISBN 3-8031-2491-3

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