Elfriede Lohse-Wächtler
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Elfriede Lohse-Wächtler (* 4. Dezember 1899 in Dresden-Löbtau; † 31. Juli 1940 in Pirna) war eine Dresdner Malerin der Avantgarde. Sie wurde im Rahmen der nationalsozialistischen "Euthanasie"-"Aktion T4" in der Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein getötet. In der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein wird seit 2000 in einer ständigen Ausstellung zur Dokumentation der Verbrechen an ihr Leben und Werk erinnert.
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[Bearbeiten] Leben
Elfriede Lohse-Wächtler wuchs in einem gutbürgerlichen Elternhaus auf, verließ dieses jedoch bereits mit 16 Jahren und besuchte von 1915 bis 1918 die Königliche Kunstgewerbeschule Dresden (zunächst Fachklasse Mode, ab 1916 dann Fachklasse Angewandte Graphik). Von 1916 bis 1919 belegte sie zudem Mal- und Zeichenkursen an der Dresdner Kunstakademie. Sie fand Anschluss an die Dresdner "Sezession Gruppe 1919" und Aufnahme in den Freundeskreis um Otto Dix, Otto Griebel und Conrad Felixmüller. Im Atelier des letzteren nahe des Dresdner Stadtzentrums mietete sie sich ein und erwarb sich mit Batiken, Postkarten- und Illustrationsarbeiten ihren Lebensunterhalt. Im Juni 1921 heiratete sie den Maler und Opernsänger Kurt Lohse, mit dem sie 1925 nach Hamburg zog. Diese Zeit war geprägt von ehelichen Krisen. Später trennte sich das Ehepaar. 1929 erlitt Elfriede Lohse-Wächtler einen Nervenzusammenbruch infolge von materiellen und partnerschaftlichen Schwierigkeiten und wurde in die Staatskrankenanstalt Hamburg-Friedrichsberg eingewiesen, wo sie die "Friedrichberger Köpfe" malte.
Mitte des Jahres 1931 kehrte sie wegen materieller und psychischer Probleme in das Elternhaus nach Dresden zurück. Nach Verschlechterung ihres seelischen Zustandes ließ ihr Vater sie 1932 in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf einweisen. Es wurde Schizophrenie diagnostiziert. Anfänglich hatte sie noch die Möglichkeit, kreativ zu arbeiten. Doch mit der Scheidung, Entmündigung und Zwangssterilisation 1935 schwand ihre Schaffenskraft. 1937 wurden ihre Arnsdorfer Bilder als Entartete Kunst zerstört. 1940 wurde sie in die Landes-Heil-und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein deportiert und dort im Rahmen der nationalsozialistischen Krankenmordaktion T4 getötet.
[Bearbeiten] Werke
Ihre kreativste Schaffenszeit fällt in die Zeit des Hamburger Aufenthalts. Von 1927 bis 1931 entstanden einige ihrer Hauptwerke. Außerdem entwickelte sie eine Vielzahl von Kopf- und Körperstudien psychisch Kranker, die sie während ihres Aufenthaltes in der Staatskrankenanstalt Hamburg-Friedrichsberg 1929 erlebte. Sie war Mitglied im Bund Hamburgischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen.
[Bearbeiten] Post Mortem
1989 erfolgt die Rehabilitation ihrer Werke bei einer Präsentation in Reinbek bei Hamburg. 1994 wurde der Förderkreis Elfriede Lohse-Wächtler e.V. gegründet. Mit der Herausgabe der Monographie Im Malstrom des Lebens versunken ... - Elfriede Lohse-Wächtler, 1899-1940, Leben und Werk 1996 von Dr. Georg Reinhardt und einzelnen Ausstellungen, u.a. in Dresden, Hamburg-Altona und Aschaffenburg, wird das künstlerische Werk und das Schicksal der lange vergessenen Malerin bewahrt. 1999 wird zum Gedenken an die Malerin im Sächsischen Krankenhaus in Arnsdorf eine Stele errichtet und ein Stationshaus nach ihr benannt. 2005 wird in Pirna-Sonnenstein eine Straße der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler gewidmet.
[Bearbeiten] Aktuelle Ausstellungen
In der Kunsthalle in Hamburg sind vom 3. September bis 12. November 2006 im Rahmen der Ausstellung Künstlerinnen der Avantgarde (II) in Hamburg 1890 bis 1933 auch einige Werke von Elfriede Lohse-Wächtler zu sehen. Unter anderem wird in der Ausstellung mit der "Lissy" von 1931 eines der berühmtesten Gemälde Elfriede Lohse-Wächtlers gezeigt.Seit langem ist auch "die Blumenalte" wieder zu sehen. Die Ausstellung widmet sich der Bedeutung von Frauen in der neueren Kunstgeschichte Hamburgs.
[Bearbeiten] Publikationen
- Winfried Reichert (Hrsg.): "Wider die Erwartung". Elfriede Lohse-Wächtler 1899-1940. Privatdruck, Rothenburg bei Aschaffenburg 1994, ISBN 3980380009
- Georg Reinhardt (Hrsg.): Im Malstrom des Lebens versunken ... Elfriede Lohse-Wächtler, 1899-1940, Leben und Werk. Bonn 1996. Monographie, ISBN 3-87909-471-3
- Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer Politischer Gewaltherrschaft (Hrsg.): "... das oft aufsteigende Gefühl des Verlassenseins". Arbeiten der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler in den Psychiatrien Hamburg-Friedrichsberg (1929) und Arnsdorf (1932–1940). Mit einem Beitrag von Hildegard Reinhardt und einem Vorwort von Norbert Haase. Verlag der Kunst, Dresden 2000, ISBN 90-5705-152-4 bzw. ISBN 3-86572-477-9 (Philo & Philo)
- Boris Böhm: "Ich allein weiß, wer ich bin". Elfriede Lohse-Wächtler (1899 - 1940). Ein biografisches Porträt. Hrsg. vom Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e.V., Pirna 2003. Begleitband zur Gemeinschaftsausstellung des Stadtmuseums Pirna und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten/Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein in Zusammenarbeit mit dem Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e.V.
- Heide Blum: Video "es wird schon alles wieder gut". Porträt der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler. Medienbüro Sachsen, Dresden 1997
- Hamburger Kunsthalle (Hrsg.): Künstlerinnen der Avantgarde in Hamburg zwischen 1890 und 1933. Bd. 2. Hachmannedition, Bremen 2006. Ausstellungsband, ISBN 3-939429-104 bzw. ISBN 978-3-939429-10-4
- Regine Sondermann: Kunst ohne Kompromiss. Das Leben der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler, 1899 - 1940. Hrsg. von Ralf Günther, Dresden 2006. (Gesamttitel: Dresdner Frauen-Bilder ; Bd. 1) ISBN 3-937832-13-0
- Anne Peters, Adolf Smitmans: Paula Lauenstein, Elfriede Lohse-Wächtler, Alice Sommer. Drei Dresdener Künstlerinnen in den zwanziger Jahren. Städtische Galerie Albstadt, 24. November 1996 bis 19. Januar 1997. Albstadt 1996. (Gesamttitel: Veröffentlichung der Städtischen Galerie Albstadt ; Nr. 108). Katalog, ISBN 3-923644-74-4
[Bearbeiten] Literatur
- Landeshauptstadt Dresden (Hrsg.): Straßennamen in Dresden – Reine Männersache. Dresden, 2003
- Norbert Haase/Bert Pampel (Hg.): Doppelte Last – doppelte Herausforderung. Gedenkstättenarbeit und Diktaturenvergleich an Orten mit doppelter Vergangenheit. Frankfurt/M. u. a., Peter Lang Verlag 1997, ISBN 3-631-32807-9
- Regine Sondermann: Kunst ohne Kompromiss. Die Malerin Elfriede Lohse-Wächtler, Verlag Die Scheune, Dresden 2006 ISBN 3-937832-13-0
[Bearbeiten] Weblinks
- Elfriede Lohse-Wächtler - Biographie und Galerie bei Elfriede Lohse-Wächtler e.V.
- Frauenstadtarchiv Dresden, Nicole Schönherr
- Eintrag zu Elfriede Lohse-Wächtler in FemBio, der Frauen-Biographieforschung (inkl. Literaturangaben und Zitaten)
- Ausstellungskritik: Teile des Nachlasses der Künstlerin in einer Berliner Ausstellung (inkl. nicht veröfftl. Bildmaterial)
Personendaten | |
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NAME | Lohse-Wächtler, Elfriede |
KURZBESCHREIBUNG | Malerin |
GEBURTSDATUM | 4. Dezember 1899 |
GEBURTSORT | Dresden |
STERBEDATUM | 31. Juli 1940 |
STERBEORT | Pirna |