Tempo (Zeitschrift)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Tempo war eine deutsche Lebensart-Zeitschrift, die von 1986 bis 1996 erschien.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Mit der Gründung von Tempo im Hamburger Jahreszeiten Verlag kam der New Journalism nach Deutschland. Die Gründungsmannschaft gruppierte sich um den österreichischen Journalisten Markus Peichl und den österreichischen Art Director (dt. künstlerischer Leiter) Lo Breier, die zuvor den Wiener gegründet hatten. Vorbild waren dabei Tom Wolfe und Hunter S. Thompson, Zeitgeistmagazine wie twen, New York Magazine und Vanity Fair, aber auch die neuen „Stilbibeln“ wie das britische Magazin Face und das französische Actuel.
Die Zeitschrift definierte nach Meinung ihrer Anhänger verbindlich den urbanen Lebensstil der jungen Generation. Thematisch befasste sich Tempo mit Themen zwischen Konsum und Rebellion, AIDS und Armani sowie Pop und Hochkultur.
Großes Aufsehen erregte die Zeitschrift mit einer gefälschten Ausgabe der Zeitung Neues Deutschland, die 1988 in Ost-Berlin kostenlos verteilt wurde. Die Ausgabe berichtete vom angeblich neuen politischen „Glasklar-Kurs“ der damaligen DDR-Regierung, die durch den Glasnost-Kurs des sowjetischen Regierungschefs Gorbatschow unter Druck geraten war. Der Bericht war vollkommen frei erfunden, es gab nie eine derartige Strategie seitens der DDR-Führung. Die Aktion wollte versuchen, den Druck auf die Regierung erhöhen. Schließlich war das Neue Deutschland das publizistische Organ der Staats- und Regierungspartei SED. Die Falschzeitung wurde einer Tempo-Ausgabe beigelegt, um die Aktion für die westdeutschen Tempo-Leser zu dokumentieren.
1996 wurde Tempo eingestellt. Die Einbrüche im Anzeigengeschäft durch das Privatfernsehen und Konkurrenzobjekte wie Max, Coupé und Deutscher Wiener hatten Tempo finanziell schwer angeschlagen. Häufige Richtungswechsel durch wechselnde Chefredakteure hatten das Blatt Leser gekostet.
Zum zwanzigsten Gründungsjubiläum soll nun eine einmalige Sondernummer produziert werden. Als Startauflage werden nun 240.000 Exemplare gedruckt und der Heftumfang wurde wegen der großen Nachfrage aus der Werbewirtschaft nun auch auf über 300 Seiten erweitert. Erscheinen soll das Heft am 24. November 2006. Der ehemalige Chefredakteur und "Erfinder" von Tempo, Markus Peichl produziert die einmalige Ausgabe mit seinem Team in eigener Regie und bringt das Magazin gemeinsam mit dem Jahreszeiten Verlag heraus, wo es schon von 1986 bis 1996 erschienen ist.
[Bearbeiten] Stil und Auswirkung
Für die traditionellen Journalisten und Popkritiker war Tempos Methode, ernsthafte Inhalte mit anarchischem Gonzo-Journalismus, opulenter Optik und Popintellektualismus zu kombinieren, journalistischer Frevel. Anfang der 1990er Jahre begann allerdings Die Zeit, aus ihrem Magazin eine Art Tempo für die ältere Generation zu machen. Die Süddeutsche Zeitung brachte das Jugendmagazin jetzt heraus, das sich eng an Tempo anlehnte. Der Stil der Tempo-Autoren fand viele Nachahmer und prägte nachhaltig ein neues, „junges“ Feuilleton.
[Bearbeiten] Team
Unter Leitung Markus Peichls arbeiteten Autoren wie Christian Kracht, Jörg Böckem, Helge Timmerberg, Marc Fischer, und Claudius Seidl. Beliebt wurde auch KGB – die Kolumnisten Kopf, Glaser und Biller.
Die meisten Mitarbeiter landeten nach dem Ende des Magazins schon bald bei anderen Medien. Markus Peichl hatte mit 0137 die erste tägliche Talkshow, sowie mit der deutschen Version von MTVs The Real World das Realityfernsehen nach Deutschland gebracht und produziert heute Talkshows. Maxim Biller und Claudius Seidl schreiben für die FAZ, Andrian Kreye für die Süddeutsche Zeitung. Christoph Dallach, Thomas Hüetlin und Moritz von Uslar arbeiten für den Spiegel, Alf Burchardt und Jochen Siemens für den Stern, David Pfeifer war Chefredakteur des Stern-Ablegers Konr@ad und des Magazins Qvest, Adriano Sack war Chefredakteur von Prinz und Kulturchef der Welt am Sonntag. Der letzte Chefredakteur Walter Mayer ist heute Chefredakteur der Berliner B.Z..
[Bearbeiten] Kritik
Der Vorwurf als Vorreiter der Spaßgesellschaft die Ernsthaftigkeit der deutschen Medienwelt „verraten“ zu haben, haftet Tempo bis heute an. Der „New Journalism“, der in den USA seit den 1960er Jahren als literarischer Journalismus in Magazinen wie New Yorker, Vanity Fair oder Atlantic Monthly gepflegt wird, gilt in Deutschland sowohl in der Literatur, als auch im Journalismus weiterhin als unseriös. Ein Vorwurf, den der Skandal um die gefälschten Hollywoodinterviews, die der ex-Tempo-Autor Tom Kummer an mehrere deutsche Zeitschriften verkauft hatte, bei den Traditionalisten nur noch zementierte.